| Titel: | Die Einwirkung der Kälte auf Eisen und Stahl. | 
| Fundstelle: | Band 200, Jahrgang 1871, Nr. CII., S. 366 | 
| Download: | XML | 
                     
                        CII.
                        Die Einwirkung der Kälte auf
                           								Eisen und Stahl.
                        Aus dem polytechnischen
                                 										Centralblatt, 1871 S. 476.
                        Ueber Einwirkung der Kälte auf Eisen und
                           								Stahl.
                        
                     
                        
                           Nachstehend soll in Kürze der Inhalt mehrerer Abhandlungen über
                              									diesen Gegenstand wiedergegeben werden, welche in einer
                              									Versammlung der Manchester Literary and
                                 										Scientific Society vorgelesen wurden, und worüber die
                              									englische Zeitschrift Engineering,
                              									Februar 1871, S. 82 ausführlich berichtet. In der ersten dieser
                              									Abhandlungen berichtete William Brockbank zunächst über eine Anzahl von Versuchen
                              									hinsichtlich der Biegungsfestigkeit von Gußeisen, welche von ihm
                              									selbst auf den Werken von P. R. Jackson und Comp. zu
                              									Salford am 3. Januar 1871 angestellt worden waren. Zum Gusse der
                              									Versuchsstäbe waren folgende Eisensorten gemischt worden:
                              									Cleator Hämatit-, kalt erblasenes Pontypool-, kalt
                              									erblasenes Blaenavon- und heiß erblasenes
                              									Glengarnock-Eisen (lauter vorzügliche
                              									Sorten) und etwas gutes Brucheisen. Alle Stäbe wurden aus
                              									derselben Gießpfanne gegossen, nach demselben Modelle, und waren
                              									bemerkenswerth gleichmäßig in der Qualität. Die Resultate der
                              									Versuche zeigten eine fortschreitende und bedeutende Abnahme der
                              									Tragkraft der Stäbe mit der Erniedrigung der Temperatur unter
                              									den Gefrierpunkt. In ähnlichem Maaße verloren die Stäbe auch
                              									ihre Elasticität. Weiterhin führt der Vortragende an, daß in
                              									Walzwerken, und zwar speciell in solchen welche Hartwalzen
                              									verwenden, bei frostigem Wetter besonders dafür Sorge getragen
                              									werden müsse, die Walzen vor der Benutzung zu erwärmen, und
                              									während des Gebrauches gegen die kalte Luft geschützt zu halten,
                              									indem dieselben sonst zu Brüchen sehr geneigt seyen. Als ein
                              									eclatantes Beispiel der Schwächung des Gußeisens durch die Kälte
                              									dient folgender Vorfall: In den Werkstätten von Peel, Williams und Peel wurde ein hydraulischer
                              									Preßcylinder über eine hohle Kernstange gegossen, welche bei 7
                              									Zoll Durchmesser 1 1/4 Zoll Wandstärke besaß, und 1 1/2 Zoll
                              									dick mit Lehm und Heu bedeckt war. Derselbe wurde nach dem Gusse
                              									zum Abkühlen bei starkem Froste in's Freie gelegt; als nun die
                              									Kernstange heraus gezogen werden sollte, brach sie durch die
                              									bloße Torsion ab, und erwies sich als völlig spröde. Die
                              									niedrigste Temperatur an diesem Tage war – 7 1/2°
                              									C.; das Gußstück war derselben mehrere Stunden lang ausgesetzt.
                              									Nachdem ein Stück der gebrochenen Kernstange erwärmt worden war,
                              									zeigte es sich als vollkommen fest und dicht. Aehnliche Fälle
                              									können in großer Zahl nachgewiesen werden, so daß also kaum ein
                              									Zweifel bestehen kann, daß die Festigkeit des Gußeisens durch
                              									starke Kälte wesentlich beeinträchtigt wird.
                           Was das Schmiedeeisen anbelangt, so erwähnt der Vortragende, daß
                              									alle Versuche, mittelst einfacher Belastung oder Torsion die
                              									Festigkeit desselben bei großer Kälte festzustellen, resultatlos
                              									geblieben seyen, indem die Stäbe sich unter dem Einfluß der
                              									Belastung sofort erwärmen. Ja es ergaben sogar in diesen Fällen
                              									Versuche, welche mit Drahtstücken von einem Yard Länge, Nr. 5
                              									1/2 der Birminghamer Drahtlehre, von Hrn. William Johnson zu Bradford vorgenommen
                              									wurden, im Mittel etwas höhere Festigkeit für die kalt geprüften
                              									Stücke, als für die warmen. Es betrug nämlich die Festigkeit der
                              									24 geprüften Stücke, von welchen je 6 auf Zug und auf Torsion
                              									untersucht wurden:
                           
                           Zugversuche.
                           
                              
                                 bei 20° F. (– 6 2/3° C.)
                                 bei 80° F. (26 2/3° C.)
                                 
                              
                                 1)      
                                    											2142 Pfund
                                        2142
                                    											Pfund
                                 
                              
                                 2)      
                                    											2114     „
                                       
                                    											2058     „
                                 
                              
                                 3)      
                                    											2114     „
                                       
                                    											2086     „
                                 
                              
                                 4)      
                                    											2142     „
                                       
                                    											2086     „
                                 
                              
                                 5)      
                                    											2114     „
                                       
                                    											2128     „
                                 
                              
                                 6)      
                                    											2114     „
                                       
                                    											2086     „
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––
                                 –––––––––––––––
                                 
                              
                                 Mittel 2123,3 Pfund
                                       
                                    											2097,6 Pfund
                                 
                              
                           Torsionsversuche.
                           
                              
                                 bei 20° F. (– 6 2/3° C.)
                                 bei 80° F. (26 2/3° C.)
                                 
                              
                                 1)       16
                                    											1/2°
                                        14
                                    											1/2°
                                 
                              
                                 2)       15
                                    											1/2°
                                        14
                                    											1/2°
                                 
                              
                                 3)        
                                    											9°
                                        13
                                    											1/2°
                                 
                              
                                 4)       14
                                    											1/2°
                                        14
                                    											1/2°
                                 
                              
                                 5)      
                                    											16°
                                        12
                                    											1/2°
                                 
                              
                                 6)       18
                                    											1/2°
                                       
                                    											14°
                                 
                              
                                 ––––––––––––
                                     –––––––
                                 
                              
                                 Mittel 15°
                                       
                                    											13,9°
                                 
                              
                           Aehnliche Resultate erhielt auch Hr. F. Monks auf den Whitecroß Drahtwerken zu Warrington bei
                              									Versuchen mit Draht. Da diese Resultate als ungenügend angesehen
                              									werden müssen, veranstaltete der Vortragende eine Reihe von
                              									Versuchen nach anderer Richtung; wenn nämlich die Kälte das
                              									Eisen schwächer und spröder macht, so muß der richtige Weg,
                              									dieses zu prüfen, der einer plötzlichen Inanspruchnahme durch
                              									Stoß seyn. Der einfachste, freilich auch roheste Weg hierzu
                              									waren Hammerschläge, und nach dieser Methode wurden die
                              									nachstehenden Versuche durchgeführt. Hierbei wurde stets darauf
                              									Bedacht genommen, die einzelnen Hammerschläge so genau gleich
                              									stark als möglich zu führen; die ganzen Versuche wurden auf das
                              									Sorgfältigste überwacht. 1) William Bouch, Ingenieur der Stockton- und
                              									Darlington-Eisenbahn, ließ am 29. December 1870, bei
                              									– 4 1/2° C. eine Stange 1 1/2zölliges Rundeisen
                              									bester Qualität von dem offenen Hofe nehmen, auf welchem sie
                              									eine Woche lang hartem Froste ausgesetzt war. Die Stange war mit
                              									Eis bedeckt. Dieselbe wurde über die Kante eines Ambosses
                              									gehalten, und mit einem einzigen Schlage eines 12pfündigen
                              									Hammers brach ein Zuschläger ein Stück von 4 Zoll Länge kurz
                              									weg, so daß es 12 Yards weit davon flog. Nachdem dieselbe Stange
                              									nur so weit erwärmt worden war, daß man sie noch mit der Hand
                              									anfassen konnte, und sich wieder auf die Temperatur der
                              									Werkstätte abgekühlt hatte, hielt sie ohne das geringste
                              									Anzeichen von Bruch 14 Schläge desselben Zuschlägers mit
                              									demselben Hammer aus, wobei sie sich über 2 Zoll zur Seite bog.
                              										2) Eine ähnliche Probe mit Kesselblech auf den Werken von Peel, Williams und Peel zu Manchester gab ähnliche
                              									Resultate, namentlich brach ein Stück Low Moor Kesselblech
                              									bester Qualität auf den ersten Schlag eines 14pfündigen Hammers,
                              									wobei der Bruch zwar noch sehniges, aber doch im Allgemeinen
                              										„kurzes“ Ansehen, mit eingestreuten
                              									krystallinischen Stellen zeigte; nach Erwärmung bis auf die
                              									Temperatur der bewohnten Räume waren 6 Hammerschläge,
                              									abwechselnd auf die entgegengesetzten Seiten des Bleches,
                              									erforderlich, um den Bruch herbeizuführen, bei welchem jedoch
                              									die beiden Theile noch mit einer dünnen Haut zusammenhängend
                              									blieben. Diese Bruchstelle zeigt eine vortreffliche Qualität mit
                              									nach beiden Richtungen hin und her gebogenen Fasern in Folge des
                              									Hin- und Herbiegens durch die Hammerschläge. 3)
                              									Eisenstäbe von 1 1/4 Zoll im Quadrat, zur Anfertigung von Draht
                              									bestimmt, von ganz vorzüglicher Qualität, welche 22 Schläge
                              									eines 15pfündigen Hammers ausgehalten hatten, ohne zu brechen,
                              									wurden mit einem Schrotmeißel ein wenig eingehauen, und brachen
                              									nun (bei 10 bis 30° F. = – 12 bis –
                              									1/2° C.) auf den ersten Schlag; nach vorhergegangenem
                              									Erwärmen waren bei drei Versuchen beziehungsweise 11, 10 und 6
                              									Schläge zum Zerbrechen erforderlich. Die kalten Stäbe zeigten
                              									sich krystallinisch, ohne Anzeichen von Faser; die anderen Stäbe
                              									dagegen erwiesen sich gehörig sehnig, und nur in den
                              									Bruchstellen etwas krystallinisch.
                           Auf den Werken der Darlington Eisen-Compagnie wurden am
                              									30. November 1869 zehn Schienen aus einem Posten von 1000 Stück
                              									ausgewählt, um zur Prüfung verwendet zu werden. Diese Schienen
                              									waren für die ostindischen Eisenbahnen bestimmt, und von sehr
                              									guter Qualität: bereits hatten viele derselben die
                              									vorschriftsmäßige Probe bei kaltem Wetter nicht ausgehalten,
                              									während bei gewöhnlichen Temperaturen ein Nichtbestehen der
                              									Probe nur sehr selten vorkam. Die vorerwähnten zehn Schienen
                              									sollten zur Entscheidung der Frage dienen, ob niedrige oder
                              									höhere Temperatur die Festigkeit derselben beeinträchtige. Vier
                              									derselben wurden auf 120° F. (50° C.) erwärmt, die
                              									sechs anderen kalt geprüft; die Lufttemperatur war 26° F.
                              									(– 3 1/3° C.). Alle erwärmten Schienen hielten
                              									zwei Schläge von 5 Fuß Fallhöhe, und einen von 7 Fuß aus;
                              									während von den kalten Schienen zwei die beiden Schläge von 5
                              									Fuß Höhe aushielten, drei Stück beim zweiten 5fußigen Schlage,
                              									und eine beim ersten zerbrach. Bei 60° F. (15° C.)
                              									würden wohl alle die Probe ausgehalten haben, wie bereits viele
                              									Tausende derselben Schienenlieferung vorher gethan hatten.
                           Aus allen diesen Thatsachen schließt der Vortragende, daß
                              									intensive Kälte das Eisen sehr wesentlich schwäche, es
                              									insbesondere spröde gegen stoßweise Einwirkungen mache, und die
                              									Structur desselben aus der sehnigen in eine krystallinische
                              									verwandle.
                           Diesen Ausführungen gegenüber behauptet Sir W. Fairbairn in einer Abhandlung
                              										„über die Eigenschaften von Eisen und Stahl in
                                 										ihrer Anwendung beim Betriebsmaterial der
                                 										Eisenbahnen,“ daß, seinen Erfahrungen zu Folge,
                              									die Temperatur wenig oder nichts mit der Veränderung des Gefüges
                              									von Eisen und Stahl zu thun habe, wie sehr auch die Meinung im
                              									Publicum verbreitet seyn möge, daß starke Kälte diese Metalle
                              									spröde mache. Seit langen Jahren habe er sich bemüht, durch
                              									fortgesetzte Reihen sorgfältiger Versuche diese Frage zu lösen,
                              									und daraus das Resultat erhalten, daß die Widerstandsfähigkeit
                              									des Eisens gegen Zug eben so groß bei 0° F. (–
                              									18° C.) sey, wie bei 60° (15° C.) und
                              									höher, bis das Metall eine kaum sichtbare Rothglühhitze
                              									erreicht. Es beträgt beispielsweise die mittlere Bruchfestigkeit
                              										per Quadratzoll bei 0°
                              									21,879 Tonnen, bei 60° 19,930 Tonnen, also ist die
                              									Festigkeit bei 0° im Verhältnisse von 1,098 zu 1 größer
                              									als bei 60°. Die Versuche mit Schmiedeeisenplatten,
                              									welche in Oel- und Wasserbädern, resp. in einem auf
                              									0° reducirten Schneebade vorgenommen wurden, sind völlig
                              									entscheidender Natur für alle Temperaturgrade bis zu beginnender
                              									Rothglühhitze. Bei dieser Temperatur verliert das Eisen nahezu
                              									seine halbe Festigkeit; es wird außerordentlich dehnbar, und
                              									läßt sich in der Richtung der Fasern sehr beträchtlich
                              									ausdehnen, ehe es zerreißt. Eine zweite Versuchsreihe mit
                              									Stabeisen ergab etwas verschiedene Resultate. Hierbei erreichten
                              									die Versuchsstäbe (von dem gleichen Werke) die größte Festigkeit
                              									von 39,072 Tonnen per Quadratzoll
                              									bei 415° (213° C.); bei 0 und 60° war wenig
                              									oder gar kein Unterschied, indem die Festigkeit hierbei 28,419
                              									Tonnen betrug. Die bedeutende Erhöhung der Festigkeit bei
                              									415° mag auf Rechnung der Ausbildung der Faser durch das
                              									viele Auswalzen nach derselben Richtung zu setzen seyn. Mit
                              									Stahl sind bisher keine Versuche gemacht worden; doch läßt sich
                              									annehmen, daß derselbe ein ähnliches Verhalten zeigt.
                           Sir W. Fairbairn hält in Bezug auf das
                              									Verhalten von Radreifen die Versuche mit Blech für die
                              									entscheidenderen, weil die Structur desselben der der Reifen
                              									(aus homogenem Eisen, ohne Schweißung) am nächsten komme. Er
                              									bezweifelt die Richtigkeit der allgemeinen Ansicht, daß im
                              									Winter durch Springen von Reifen die meisten Unglücksfälle
                              									geschehen, indem eine große Zahl hiervon auch im Sommer und
                              									Frühling stattfinde, freilich ohne daß dann die öffentliche
                              									Meinung die Ursache hiervon in der Kälte suchen könnte. Weit
                              									mehr scheint ihm die in England sehr allgemein befolgte, sehr
                              									rohe Praxis des Reifenaufziehens die Schuld zu
                              									tragen, durch welche die Reifen von Anfang an sehr ungleichen,
                              									und in vielen Fällen bei weitem zu großen Spannungen ausgesetzt
                              									werden. Die Mehrzahl, wenn nicht alle Radreifen, mit Ausnahme
                              									der für Maschinen und Tender, werden nämlich nicht ausgedreht,
                              									sondern nur ungefähr passend ausgewählt, erhitzt und aufgezogen,
                              									mit irgend einem Grade von Spannung, wie es gerade den Arbeitern
                              									paßt. Beträgt diese Spannung vielleicht die Hälfte oder 3/4 von
                              									der Bruchspannung, so muß sie schließlich in Folge der
                              									unregelmäßigen Bewegung auf den Schienen, sowie der wiederholten
                              									Vergrößerung und Verringerung der Last zum Bruche führen, dessen
                              									Eintreten dann nur eine Frage der Zeit ist. Das einzige Mittel,
                              									diese Uebelstände zu vermeiden, besteht darin, sowohl den
                              									Radumfang als die Innenseite des Reifens auf ein genau
                              									berechnetes Maaß abzudrehen, so daß das nöthige Festsitzen des
                              									Reifens innerhalb genügender Sicherheitsgrenzen für die Spannung
                              									erreicht wird.
                           Weiterhin gelangte eine Abhandlung von J. P. Joule zum Vortrage. Dieselbe ist
                              									betitelt „über die angebliche Wirkung der Kälte, Eisen
                                 										und Stahl spröde zu machen.“
                              									„Wie gewöhnlich,“ sagt der gelehrte
                              									Verfasser derselben, „haben wir kürzlich von
                                 										verschiedenen schweren Unglücksfällen gehört, welche durch
                                 										Bruch von Eisenbahnwagen-Radreifen entstanden sind,
                                 										und deren Grund der allgemeinen Ansicht nach in der starken
                                 										Kälte zu suchen seyn soll. Diese Ansicht, obwohl durch Alles
                                 										widerlegt, was wir über die Eigenschaften der Materialien
                                 										kennen, sowie durch die Erfahrung des täglichen Lebens, ist
                                 										doch so weit verbreitet, daß es zweckmäßig seyn mag,
                                 										dieselbe durch einfache Versuche zu prüfen.
                              								
                           Erster Versuch. Auf einen Tisch wurde
                              									ein Gefäß mit einer Kältemischung aus Schnee und Kochsalz
                              									gesetzt, und nun Stahl- und Eisendrähte in der Weise
                              									Zugversuchen unterworfen, daß ein Theil derselben in die
                              									Kältemischung eingetaucht, der andere außerhalb derselben war.
                              									In jedem einzelnen Falls zerrissen die Drähte an einer außerhalb
                              									der Kältemischung befindlichen Stelle. – Zweiter Versuch. Hierzu dienten zwölf
                              									Stopfnadeln von guter Qualität, 3 Zoll lang, 1/24 Zoll dick,
                              									deren Enden gegen Stahlstifte, 2 1/8 Zoll von einander entfernt,
                              									angelegt wurden. Bei Abführung eines Versuches wurde ein Draht
                              									in der Mitte der Nadel befestigt, dessen anderes Ende an einer
                              									Federwaage befestigt war. Diese wurde sodann angespannt, bis die
                              									Nadel brach. Sechs von den Nadeln, aufs Gerathewohl heraus
                              									genommen, wurden bei 55° F. (13° C.) geprüft, die
                              									übrigen sechs in einer Kältemischung, welche ihre Temperatur auf
                              									12° F. (– 11° C.) erniedrigte. Das Resultat
                              									war, daß die kalten Nadeln im Mittel bei 59 5/6 Unzen, die
                              									warmen bei 58 1/3 Unzen Belastung brachen.
                              									Irgendein Unterschied in der Elasticität der warmen und kalten
                              									Nadeln war nicht bemerkbar. – Dritter Versuch. Da man behaupten kann, daß
                              									die Beanspruchung von Eisenbahnwagenrädern mehr einem Stoße, als
                              									einem stetigen Zuge ähnlich erfolge, und da insbesondere die
                              									behauptete Sprödigkeit mehr beim Gußeisen, als an anderen
                              									Eisenarten auftreten soll, so wurde noch eine Reihe von
                              									Versuchen an gußeisernen Gartennägeln, 1 1/4 Zoll lang und 1/8
                              									Zoll in der Mitte stark, angestellt. Dieselben wurden in
                              									Abtheilungen von je acht kalten und gleich viel warmen Stücken
                              									in der Weise geprüft, daß die stumpfe Kante eines Stahlmeißels,
                              									der mit einem Gewichte von 4 Pfd. 2 Unzen verbunden war, aus
                              									einer gewissen Höhe auf die Mitte der an den Enden, 1 1/16 Zoll
                              									von einander, unterstützten Nägel niederfallen gelassen wurde.
                              									Zu jeder einzelnen Versuchsreihe dienten diejenigen Nägel
                              									wieder, welche bei der vorhergehenden unzerbrochen geblieben
                              									waren, nebst so viel neuen, um die Zahl 16 zu ergänzen. Die
                              									Temperatur der warmen Nägel betrug 36 bis 40° F. (2 1/2
                              									bis 5° C.), die der kalten Nägel 14 bis 20° F.
                              									(– 10 bis – 17° C.) und die Fallhöhe des
                              									Gewichtes wurde von 2 Zoll bis zu 10 Zoll gesteigert. Das
                              									Resultat war, daß im Ganzen 21 kalte und 20 warme Nägel
                              									zerbrachen, so daß also auch in Bezug auf die
                              									Widerstandsfähigkeit gegen Stoß eine schädliche Einwirkung der
                              									Kälte sich nicht nachweisen läßt.
                           Aus den gesammten erwähnten Versuchen sowohl, wie auch aus den
                              									Arbeiten von Lavoisier und Laplace, Smeaton, Dulong und Petit, sowie von Troughton geht hervor, daß weder
                              									Guß- noch Schmiedeeisen, noch Stahl durch Kälte spröde
                              									gemacht wird, und daß die Ursache der Eisenbahnunfälle darin zu
                              									suchen sey, daß die Compagnien vernachlässigen, Räder, Achsen
                              									etc. zweckmäßigen und ausreichenden Proben vor der
                              									Inbetriebsetzung zu unterwerfen.
                           Schließlich las noch Hr. Peter Spence
                              									eine Abhandlung „über die Einwirkung der Kälte auf die
                                 										Festigkeit des Eisens,“ in welcher derselbe über
                              									Biegungsversuche mit genau bearbeiteten gußeisernen Stäben von
                              									1/2 Quadratzoll Stärke berichtete, welche theilweise bei
                              									60° F. (15° C.), theilweise bei 0° F.
                              									(– 17 2/3° C.) angestellt wurden. Die kalt zu
                              									prüfenden Stäbe wurden eine Zeit lang in eine passende
                              									Kältemischung eingetaucht, und während des Versuches auf ihrer
                              									Oberseite mit derselben bedeckt gehalten. Es ergab sich, daß die
                              									kalten Stäbe mit größerer Regelmäßigkeit brachen, als die
                              									warmen; außerdem zeigten sie, entgegen der allgemeinen Ansicht,
                              									daß Kälte das Eisen spröde mache, eine höhere Festigkeit als die
                              									warmen Stäbe. Bei den Versuchen lagen die Stäbe auf zwei 9 Zoll
                              									von einander abstehenden Schneiden auf, und es betrug die
                              									Bruchbelastung für die warmen Stäbe (60° F.) 4 Ctr. 4
                              									Pfd., im Mittel, für die kalten Stäbe dagegen 4 Ctr. 20 Pfd, was
                              									einer Erhöhung der Festigkeit durch die Erniedrigung der
                              									Temperatur um 3 1/2 Procent entspricht.
                           Ueber diese Abhandlungen bemerkt die Zeitschrift Engineering, Februar 1871, S. 103,
                              									ungefähr Folgendes: Es ist schwer, ein Lächeln zu unterdrücken,
                              									wenn man die lilliputanischen Experimente mit Stopfnadeln und
                              									Gartennägeln liest, und man kann kaum begreifen, wie ein Mann
                              									von Dr. Joule's großer und wohlverdienter Berühmtheit solch'
                              									triviale Versuche vor ein wissenschaftliches Publicum als Beweis
                              									dafür bringen kann, daß die Festigkeit von Eisen und Stahl gegen
                              									Stoß nicht durch die Kälte beeinträchtigt werde.
                           Wenn Hr. Brockbank beim Beginne seiner
                              									Abhandlung sein Erstaunen ausdrückte, daß die Wirkung der Kälte
                              									auf die Festigkeit des Eisens die Aufmerksamkeit der
                              									Schriftsteller über Eisen so wenig auf sich gezogen habe, daß
                              									sie entweder ganz ignorirt oder mit ein paar Bemerkungen oder
                              									unentscheidenden Versuchen abgethan worden sey, so ist dieß
                              									keineswegs richtig, derselbe vielmehr auf die ausführlichen
                              									Versuche hinzuweisen, welche Knut
                                 										Styffe zu Stockholm im Auftrage der schwedischen
                              									Regierung ausgeführt hat (deutsch von Freiherrn v. Weber). Es ist wunderbar, daß Sir W.
                              										Fairbairn sich nicht hierauf
                              									bezogen hat, da ihm das Buch Styffe's
                              									jedenfalls bekannt seyn mußte. Styffe's Resultate über den fraglichen Gegenstand
                              									gehen dahin, daß weder die Zugfestigkeit, die
                              									Biegungsfestigkeit, noch die Elasticität von Eisen und Stahl
                              									durch die stärksten Kältegrade beeinflußt werden, welchen diese
                              									Materialien beim praktischen Gebrauche ausgesetzt werden; zu
                              									ähnlichen Resultaten sind auch Sir W. Fairbairn und David Kirkaldy, sowie der verstorbene John Röbling gelangt. Diese Resultate sind
                              									jedoch nur durch Versuche mit allmählich aufgelegter Belastung
                              									gezogen, und werden keineswegs durch die Resultate von Versuchen
                              									unterstützt, in welchen Eisen von gewöhnlicher Handelsqualität
                              									Stößen ausgesetzt wurde. Hrn. Brockbank's Versuche, obschon etwas roher Art, sind
                              									dagegen sehr geeignet, zu zeigen, daß Schmiedeeisen, mag es nun
                              									von Lowmoor oder Darlington seyn, und in Form von Blech oder
                              									Schienen, Stößen weniger gut widersteht, sobald es sehr kalt
                              									ist, oder, wie der Arbeiter sagt, „wenn der Frost
                                 										darin steckt,“ als bei gewöhnlicher
                              									Temperatur.
                           In einem werthvollen Anhange zu Knut
                                 										Styffe's erwähntem Buche gibt der englische Uebersetzer
                              									desselben, C. P. Sandberg, die
                              									Resultate einer Reihe von ihm im Jahre 1867 angestellter
                              									Versuche über die Festigkeit von Eisenbahnschienen bei
                              									Temperaturen von 10 bis 84° F. (– 12
                              									bis + 29° C.). Diese Versuche wurden mittelst eines auf
                              									die Schienen fallenden Gewichtes ausgeführt, und zeigten, daß
                              									die Sprödigkeit des Eisens in einem sehr bedeutenden Grade durch
                              									die Kälte gesteigert wurde. Bei Sandberg's Versuchen lagen die Schienen auf zwei
                              									Granitträgern, die ihrerseits wieder auf einem anstehenden
                              									horizontal bearbeiteten Granitblocke aufsaßen, so daß die
                              									Elasticität der Unterlagen bei verschiedenen Temperaturen nicht
                              									wesentlich differiren, und keinen Einfluß auf die erzielten
                              									Resultate ausüben konnte. Uebrigens kam Sandberg zu dem Schlusse, daß die Steigerung der
                              									Sprödigkeit der von ihm geprüften Schienen bei niedriger
                              									Temperatur wahrscheinlich in hohem Grade deren bedeutendem
                              									Phosphorgehalte zuzuschreiben sey, und glaubte daß etwas andere
                              									Resultate mit reinerem Eisen oder Stahl zu erlangen seyn
                              									dürften.
                           Faßt man die Resultate Sandberg's,
                              									sowie die Erfahrungen beim Eisenbahnbetriebe in Canada, den
                              									Vereinigten Staaten, Rußland und anderen Ländern mit sehr
                              									strengen Wintern zusammen, so kann wenig Zweifel bestehen, daß
                              									die Kälte eine Verminderung der Widerstandsfähigkeit gegen Stoß
                              									und Erschütterung bewirkt, insbesondere bei solchen Eisensorten,
                              									wie sie gewöhnlich zur Schienenfabrication benutzt werden, und
                              									vornehmlich bei Eisen, in welchem Phosphor in irgend einem
                              									beträchtlichen Grade anwesend ist. Stahl hingegen scheint
                              									weniger in dieser Hinsicht beeinflußt zu werden, und gewinnt in
                              									Folge dessen täglich Boden als Ersatz des Eisens in kalten
                              									Klimaten. Was die Einwirkung der Kälte auf die Zugfestigkeit von
                              									Eisen und Stahl betrifft, so stimmen wir den Versuchsresultaten
                              									von Styffe und Anderen völlig bei,
                              									daß die Fähigkeit dieser Materialien, todtes Gewicht zu tragen,
                              									eher durch Kälte vermehrt als vermindert werde; allein es ist
                              									schwierig, irgend eine bestimmte Beziehung zwischen
                              									Zugfestigkeit und Widerstand gegen Stoß aufzustellen, und
                              									insbesondere gegen die Wirkung zahlreicher kleiner
                              									Erschütterungen.
                           Weiterhin kann wenig Zweifel bestehen, daß Temperaturwechsel auf
                              									Eisen und Stahl bedeutenden Einfluß ausübt, und daß dieser
                              									Einfluß um so größer ist, je stärker diese Wechsel und je
                              									plötzlicher sie eintreten. Allein die Qualität des Eisens
                              									variirt sehr bedeutend, und diese Unterschiede modificiren in
                              									beträchtlichem Grade die Fähigkeit des Materiales, bestimmten
                              									Beanspruchungen zu widerstehen, und es ist daher Pflicht des
                              									Eisenbahningenieurs, sowohl die mechanischen Eigenschaften, wie
                              									die chemische Zusammensetzung des von ihm angewendeten Eisens zu
                              									studiren, und jene Gattungen auszuwählen, welche sich am besten
                              									für die von ihnen verlangten Leistungen eignen. So ist z.B.
                              									dargethan, daß Phosphor die Widerstandsfähigkeit des Eisens
                              									gegen Stoß bei niedrigen Temperaturen vermindert, während er bei
                              									gleicher Temperatur keinen derartigen Einfluß auf den Widerstand
                              									gegen ruhige Belastung ausübt; wir sind deßhalb zu dem Schusse
                              									berechtigt, daß sich derartiges Eisen nicht für Anwendungen
                              									eignet, in welchen es dem vereinigten Einflusse der Kälte und
                              									der Erschütterung ausgesetzt ist, wie bei Eisenbahnen. Es sollte
                              									nun bedacht werden, daß alle Eisenbahnanlagen Erschütterungen
                              									von mehr oder weniger heftiger Art unterliegen, und daß diese
                              									Erschütterungen um so größer und heftiger werden, je bedeutender
                              									die Fahrgeschwindigkeit und je unvollkommener der Zustand von
                              									Bahn- und Betriebsmaterial sind. So finden wir, daß in
                              									Rußland die Erfahrung beim Eisenbahnbetriebe bewiesen hat, daß
                              									die schärferen Stöße in Folge vermehrter Fahrgeschwindigkeit
                              									eine erhöhte Anzahl von Brüchen im Gefolge hatten.
                           Was den Unterschied zwischen Schmiedeeisen und Stahl in Bezug auf
                              									Ausdauer in kalten Klimaten betrifft, so kann kaum ein Zweifel
                              									obwalten, daß ein weicher Stahl von 1/3 bis 1/2 Procent
                              									Kohlegehalt entschieden den Vorzug verdient. In der That
                              									beweisen die Resultate des ausgedehnten Gebrauches von
                              									Stahlreifen, Achsen und Schienen in kalten Klimaten, wie in
                              									Canada, Rußland und Schweden, praktisch dasjenige, was aus
                              									theoretischen Gründen im Voraus anzunehmen ist, nämlich die
                              									Vortheile der Anwendung von Radkränzen aus weichem Stahl (man
                              									vergleiche auch den Aufsatz „über Verwendung des
                                 										Bessemerstahles zu Seraing, im polytechn. Journal Bd. CXCIX S. 476, zweites
                              									Märzheft 1871). Da in diesen Ländern häufig, wenn nicht jedes
                              									Jahr, die Winterkälte bis zu – 30° F. (–
                              									35° C.) geht, wobei doch die Sicherheit des Betriebes
                              									nicht gefährdet werden darf, so mögen wir von dorther Lehre
                              									annehmen, wenn wir uns auch Glück wünschen, selbst unter
                              									günstigeren Verhältnissen zu existiren.
                           Schließlich mögen noch ein paar Worte über die Methode der
                              									Prüfung von Eisen und Stahl Platz finden. Wir wünschen sehr, daß
                              									ganz allgemein die Materialien für Eisenbahnanlagen Prüfungen
                              									unterzogen werden möchten, welche hinreichend genau den wirklich
                              									davon verlangten Leistungen entsprechen, und so viel als möglich
                              									unter denselben Umständen angestellt werden. Eisen und Stahl für
                              									Eisenbahnanlagen sollten auf Härte, Gleichartigkeit und
                              									Widerstandsfähigkeit gegen Stoß geprüft werden; wird die
                              									Zugfestigkeit ermittelt, so müßte gleichzeitig die
                              									Elasticitätsgrenze und die Verlängerung vor dem Bruche
                              									aufgezeichnet werden. Für Brücken sollten die Materialien auf
                              									Zugfestigkeit, Ausdehnung und gleichzeitig auf Widerstand gegen
                              									Stoß erprobt werden, während für Dächer oder Gebäude, die nur
                              									statische Beanspruchungen auszuhalten haben,
                              									Zugfestigkeit und Steifigkeit vielleicht jene Eigenschaften
                              									sind, deren genaue Bestimmung am wünschenswerthesten ist. Außer
                              									der mechanischen Probe sollte aber noch eine sorgfältige
                              									chemische Untersuchung stattfinden, um den Gehalt an
                              									Kohlenstoff, Silicium, Phosphor, Schwefel etc. genau
                              									festzustellen; und schließlich sollten die mechanischen Proben
                              									bei Temperaturen stattfinden, welche ungefähr denen
                              									gleichkommen, unter welchen die Materialien beim wirklichen
                              									Gebrauche auszuhalten haben. Würden diese Vorsichtsmaßregeln
                              									allgemeiner beobachtet, so würde am rechten Platze auch das
                              									rechte Material zur Verwendung kommen, und zahlreiche Brüche von
                              									häufig kostspieliger und unheilvoller Art würden vermieden
                              									werden.