| Titel: | Ueber die Verwendung des gebrannten Kalkes als Zuschlag beim Hohofenbetriebe; von L. Gruner, Professor der Metallurgie an der Pariser Bergschule. | 
| Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. XIV., S. 39 | 
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                        XIV.
                        Ueber die Verwendung des gebrannten Kalkes als
                           								Zuschlag beim Hohofenbetriebe; von L.
                              									Gruner, Professor der Metallurgie an der Pariser Bergschule.
                        Aus den Annales des Mines, 1871, t. XX x.
                              								325.
                        Gruner, über Anwendung gebrannten Zuschlagskalkes beim
                           								Hohofenbetrieb.
                        
                     
                        
                           Die Anwendung von gebranntem Kalke anstatt rohen Kalksteines als Zuschlag beim
                              									Hohofenbetriebe ist nicht neu. In den Jahren 1850 bis 1855 benutzte man gebrannten
                              									Zuschlagskalk auf Königshütte in Oberschlesien,„Ueber die Anwendung des gebrannten Kalkes statt des rohen
                                       												Kalksteines beim Betriebe der Kohkshohöfen auf der Königshütte in
                                       												Oberschlesien, von dem k. Hütteninspector Eck,“ im polytechn. Journal, 1853, Bd. CXXX S. 349. Ougrée in Belgien,„Ueber die Anwendung von gebranntem Kalk anstatt Kalksteines in
                                       												den Hohöfen, von G. Montefiore-Levi
                                       												und E. Schmidt;“ im polytechn.
                                    											Journal. 1851, Bd. CXIX S. 353. und auf mehreren englischen Eisenhüttenwerken; noch jetzt macht man von
                              									gebranntem Zuschlagskalk auf einigen Hohöfen in Nordengland, zu Wear und auf den
                              									Clarencewerken Gebrauch.
                           Die Verwendung von gebranntem Kalke in den Eisenhütten hat jedoch nur wenig Eingang
                              									gefunden. Die durch dieselbe erzielte Ersparniß ist erfahrungsmäßig gering, wenn man
                              									dem zum Brennen des Kalksteines benutzten Brennstoff (Kleinkohlen) einen gewissen
                              									Werth zuzuschreiben hat. Nun rührt aber dieses Resultat, wie sich leicht nachweisen
                              									läßt, zum Theil von den ungünstigen Umständen her, unter denen die betreffenden
                              									Versuche abgeführt wurden. Man hat die Bedigungen welche zu erfüllen sind, um die
                              									Anwendung des gebrannten Kalkes wahrhaft nutzbringend zu machen, nicht gehörig
                              									berücksichtigt, und doch sind dieselben sehr einfacher Natur, nämlich: billige
                              									Darstellung des gebrannten Kalkes, und Verhütung der Wiederaufnahme von Kohlensäure
                              									und Wasser im Hohofen von Seite dieses gebrannten Kalkes.
                           Der ersten dieser Bedingungen läßt sich jetzt mittelst des Hoffmann'schen 
                              									Ringofens entsprechen. Dieser sinnreiche Apparat sollte
                              									in den Eisenhütten nicht nur zum Brennen des Zuschlagskalkes, sondern auch zum
                              									Zubrennen und Rösten der Wasser- und kohlensäurehaltigen Erze und zum Brennen
                              									der feuerfesten Mauersteine benutzt werden.
                           Die zweite der angegebenen Bedingungen betreffend, so kann man, wenn es auch nicht
                              									möglich ist die momentane Wiederaufnahme von Kohlensäure und Wasserdampf gänzlich zu
                              									vermeiden, dieselbe wenigstens auf geringere Verhältnisse reduciren und dadurch das
                              									vorhergehende Brennen des Kalksteines wirksamer machen.
                           Nach Favre und Silbermann ist
                              									die durch die Zersetzung des kohlensauren Kalkes in Aetzkalk und Kohlensäure
                              									absorbirte Wärme 373,5 Wärmeeinheiten per
                              									Gewichtseinheit des kohlensauren Kalkes.
                           Nun wird in den gewöhnlichen Kalköfen, hauptsächlich aber im Ringofen, das
                              									Brennmaterial, welches ich als reinen Kohlenstoff annehme, gänzlich in Kohlensäure
                              									umgewandelt; dasselbe wird folglich 8080 W. E. entwickeln; um 100 Kilogrm.
                              									kohlensauren Kalt zu zersetzen, genügt es daher zu verbrennen:
                           37350/8080 = 4,6 Kilogrm. reinen Kohlenstoff.
                           In den Hohöfen hingegen wird der Kohlenstoff in Kohlenoxyd umgewandelt und entwickelt
                              									dabei per Kilogrm. nur 2473 W. E.; folglich muß man, um
                              									dieselbe Wirkung hervorzubringen, verbrennen:
                           37350/2473 = 15,1 Kilogrm. reinen Kohlenstoff.
                           In beiden Fällen muß man noch die freie Wärme welche die Kohlensäure aus dem Ofen mit
                              									sich führt, hinzuaddiren. Wir wollen bei beiderlei Oefen die Temperatur der
                              									abziehenden Gase zu 300° C. annehmen, während sie in Wirklichkeit beim
                              									Ringofen niedriger ist, als beim Hohofen.
                           Wir haben für 100 Kilogrm. kohlensauren Kalk 44 Kilogrm. Kohlensäure, welche
                              									entführen werden:
                           300 × 44 × 0,22 = 2904 W. E.0,22 ist die specifische Wärme der Kohlensäure.
                              								
                           und für den Kalkofen erfordern:
                           2904/8080 = 0,36 Kilogrm. Kohlenstoff,
                           wogegen im Hohofen zum Hervorbringen desselben Effectes
                              									consumirt werden:
                           2904/2473 = 1,17 Kilogrm. Kohlenstoff.
                           
                           Wir erhalten demnach für beide Wirkungen zusammen, nämlich für die Zersetzung des
                              									kohlensauren Kalkes und die Erhitzung der Kohlensäure:
                             4,96 Kilogrm. Kohlenstoff im Kalkofen;
                           16,27 Kilogrm. Kohlenstoff im Hohofen.
                           Bei dieser Vergleichung können wir die vom Aetzkalke aufgenommene Wärme
                              									vernachlässigen, weil dieselbe in den Kalköfen nahezu Null ist; denn der gebrannte
                              									Stein gibt, bevor er aus dem Ofen kommt, den größten Theil seiner freien Wärme an
                              									die angesaugte Luft ab, welche zur Verbrennung in den höheren Zonen dient.
                           Nehmen wir nun an, was bei den mit Kohks betriebenen Hohöfen gewöhnlich der Fall ist,
                              									daß der Verbrauch an Zuschlagskalk per Tonne Roheisen
                              									600 Kil. betrage. Wir erhalten alsdann, wenn der Kalkstein besonders gebrannt wird,
                              									einen Aufwand an reinem Kohlenstoff von:
                           6 × 4,96 Kilogrm. = 29,76 Kilogrm.,
                           dagegen von
                           6 × 16,27 Kilogrm. = 97,62 Kilogrm.
                           wenn der Kalk im Hohofen selbst gebrannt wird.
                           Die Anwendung von rohem Kalkstein kann diesen Verbrauch aber in indirecter Weise noch
                              									erhöhen. Bekanntlich wird die Kohlensäure, sie mag von der Reduction des Erzes oder
                              									von der Zersetzung des Kalksteines herrühren, durch die vom glühenden Kohlenstoffe
                              									auf sie ausgeübte reducirende Wirkung theilweise von Neuem in Kohlenoxyd
                              									umgewandelt.
                           Nun ergibt sich aus der durchschnittlichen Zusammensetzung der Hohofengase, daß bei
                              									einem normalen Ofengange nahezu ein Drittel der gesammten
                              									Kohlensäure auf diese Weise zu Kohlenoxyd reducirt wird. In Folge eines zu scharfen
                              									Ganges oder einer bloßen Störung kann selbst der Fall eintreten, daß das Verhältniß
                              									der wieder in Kohlenoxyd umgewandelten Kohlensäure bis zur Hälfte der ursprünglichen
                              									Menge steigt. Wir wollen dieselbe jedoch, um die Vortheile eines vorläufigen
                              									Brennens des Zuschlagskalkes nicht zu hoch zu schätzen, nur zu einem Drittel
                              									annehmen. Diese Zersetzung der Kohlensäure findet hauptsächlich in den unteren (sehr
                              									heißen) Zonen des Hohofens statt, wo die Reduction des Eisenoxydes vollendet wird,
                              									während nach Ebelmen's Untersuchungen die Zersetzung des
                              									kohlensauren Kalkes mehr in den oberen oder mittleren Ofenzonen erfolgt. Es ist
                              									demnach vielmehr die von der Reduction der Erze herrührende, als die aus dem
                              									Kalkstein abstammende Kohlensäure, welche sich in Berührung mit den glühenden Kohks
                              									in Kohlenoxyd umwandelt.
                              									Dessenungeachtet scheint es mir wahrscheinlich, daß mindestens der vierte Theil des gesammten Kohlensäuregehaltes des Zuschlagskalkes auf
                              									diese Weise zu Kohlenoxyd reducirt wird.Ich kann unmöglich mit Hrn. L. Bell (Chemical Phenomena of iron smelting, 1871, p. 111) annehmen, daß die gesammte Menge der im Zuschlagskalk enthaltenen Kohlensäure in
                                    											Form von Kohlenoxyd aus dem Hohofen entweicht.
                                    												Gruner. Wir wollen dieses Verhältnis welches man als Minimum betrachten kann,
                              									annehmen, und sehen was sich in thermischer Beziehung daraus ergibt.
                           Die von den 100 Kil. kohlensaurem Kalk herrührenden 44 Kil. Kohlensäure erfordern zu
                              									ihrer Umwandlung in Kohlenoxyd
                           3/11 × 44 Kilogrm. = 12 Kilogrm. reinen Kohlenstoff,
                           was, wenn Wir annehmen daß nur der vierte Theil der
                              									Kohlensäure diese Reduction erleidet, 3 Kil. ausmacht.
                           Dadurch erhalten wir für die Tonne Roheisen oder 600 Kil. Kalkstein einen neuen
                              									Verbrauch von:
                           6 × 3 = 18 Kilogrm. reinem Kohlenstoff.
                           Der Erfolg der Reduction der Kohlensäure zu Kohlenoxyd beschränkt sich aber nicht
                              									hierauf. Nußer dem Kohlenstoffverbrauche findet auch noch
                              									eine Wärmeabsorption statt, ein Verlust welchen man dem
                              									Hohofen zurückerstatten muß, wenn er denselben Gang beibehalten soll. Dieser
                              									Wärmeverlust ist leicht zu schätzen:
                           
                              
                                 1 Kil. Kohlenstoff verbunden mit 8/3 Kil. Sauerstoff liefert
                                    											11/3
                                    											Kil.        
                                    											Kohlensäure und entwickelt
                                 8080 W. E.
                                 
                              
                                 2 Kil. Kohlenstoff, verbunden mit demselben Gewicht
                                    											Sauerstoff,
                                    											erzeugen        
                                    											14/3 Kil. Kohlenoxyd und entwickeln dabei nur 2 × 2473 =
                                 4946 W. E.
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Das Hinzukommen von 1 Kil. Kohlenstoff zu 11/3 Kil.
                                    											Kohlensäure        
                                    											entspricht also einem Wärmeverlust von
                                 3134 W. E.
                                 
                              
                           woraus folgt daß die durch die Reduction von jedem Kilogrm.
                              									Kohlensäure zu Kohlenoxyd absorbirte Wärme seyn wird
                           3/11 × 3134 = 855 W. E.
                           oder für jedes Kilogrm. kohlensauren Kalkes
                           0,44 × 855 = 376 W. E.
                           und wenn wir annehmen daß nur ein
                                 										Viertel der Kohlensäure in Kohlenoxyd umgewandelt wird, so erhalten wir für
                              									jedes Kilogrm. Zuschlagskalkstein einen Wärmeverlust von
                           376/4 = 94 W. E.;
                           für jede Tonne Roheisen also von
                           600 × 94 = 56400 W. E.
                           
                           deren Aequivalent an Kohlenstoff, im Niveau der Gebläseformen
                              									zu Kohlenoxyd verbrannt, seyn wird:
                           56400/2473 = 22 Kil.
                           Addiren wir diese 22 Kil. Kohlenstoff zu den vorher gefundenen 18 Kil., so finden wir
                              									eine Verbrauchserhöhung von 40 Kil. Kohlenstoff für jede Tonne Roheisen, in der
                              									Voraussetzung daß nur der vierte Theil der Kohlensäure
                              									des Zuschlagskalkes zu Kohlenoxyd reducirt wird.
                           Es ergibt sich also per Tonne Roheisen, bei einem
                              									Verbrauche von 600 Kil. Zuschlagskalkstein, ein Mehrverbrand von
                           97,62 Kil. + 40 Kil. = 137,62 Kil. Kohlenstoff,
                           wenn anstatt gebrannten Kalkes roher Kalkstein aufgegeben
                              									wird; oder vielmehr von
                           137,62 – 29,76 = 107,86 Kil.,
                           weil wir davon den im Kalkofen verbrannten Kohlenstoff
                              									abziehen müssen; wir wollen aber sofort bemerken, daß diese Zahl in der Wirklichkeit
                              									ein Minimum ist, weil in der Regel mehr als ein Viertel
                              									der gesammten Kohlensäure des Kalksteines zu Kohlenoxyd reducirt wird.
                           Die Anwendung von gebranntem Kalk müßte demnach eine Verminderung des verbrauchten
                              									Brennstoffgewichtes um beiläufig 10 Proc. herbeiführen. In Wirklichkeit haben sich
                              									aber die erzielten Vortheile bisher als viel geringer herausgestellt. L. Bell
                              									Auf S. 168 seiner citirten Schrift: Chemical Phenomena
                                       												of iron smelting. schätzt die Brennmaterialersparniß auf 3/4 Ctr. engl. per Tonne Roheisen, also 38 Kilogrm. Kohks auf einen Gesammtverbrauch von
                              									1100 Kilogrm. = 3,4 Proc., also nur zu einem Drittel der theoretischen Ersparnis
                              									Diese Differenz wird durch zwei Ursachen veranlaßt: durch das unvollständige Brennen
                              									des Kalksteines, besonders aber durch die Gegenwart von Kohlensäure und Wasserdampf
                              									in den oberen Zonen der Hohöfen. Dort nimmt der Kalk wieder Kohlensäure und Wasser
                              									auf, welche in den untern Ofenzonen neuerdings ausgetrieben werden müssen. Dem
                              									Anscheine nach sollte hierbei eine Art von Ausgleichung stattfinden. Wenn die
                              									Austreibung des Wassers und der Kohlensäure Wärme erfordert, so wird durch deren
                              									Absorption ebenso viel Wärme geliefert. Diese in den oberen Ofentheilen entwickelte
                              									Wärme kann aber nur die Temperatur der Gase erhöhen, während die durch das
                              									Austreiben der Kohlensäure und des Wassers veranlaßte Abkühlung die Reduction des
                              									Eisenerzes benachtheiligt, wenn man nicht durch stärkere Brennmaterialgichten
                              									abhilft. Will man also die Vortheile welche die Anwendung von
                                 										gebranntem Zuschlagskalk
                              									
                              									anstatt rohen Kalksteines gewährt, möglichst ausnutzen, so muß
                                 										man nicht nur den Kalk vollständig brennen, sondern darf auch nur vollkommen
                                 										trockenes Brennmaterial und zugebrannte oder geröstete Erze, welche von Wasser
                                 										und Kohlensäure vollständig befreit sind, aufgeben.
                           Wir haben im Vorstehenden die Wirkungen der Kohlensäure erörtert, und gehen nun auf
                              									diejenigen des Wassers über. Wenn sich im oberen Theile des Hohofens Kalthydrat
                              									gebildet hat, so kann die Zersetzung dieses Hydrates wie diejenige des Carbonates in
                              									zweierlei Weise erfolgen: das Wasser kann sich nämlich als solches, in Dampfform,
                              									verflüchtigen, oder es kann in Berührung mit dem Kohlenstoffe zersetzt, also in
                              									Wasserstoff und Kohlenoxyd umgewandelt werden.
                           Da nun zur Zersetzung des Kalkhydrates eine höhere Temperatur erforderlich zu seyn
                              									scheint, als zu derjenigen des kohlensauren Kalkes, so läßt sich daraus schließen,
                              									daß der Wasserdampf durch den Kohlenstoff auch vollständiger reducirt werden wird,
                              									als die Kohlensäure.
                           Nach Favre und Silbermann
                              									werden bei der Umwandlung von 1 Kilogrm. gebranntem Kalk in Hydrat 143,9
                              									Wärmeeinheiten entwickelt; dieß gibt für die durch die Zersetzung von 1 Kil.
                              									Kalkmonohydrat absorbirte Wärme 109 W. E.
                           Wir legen unserer Berechnung die auf Wasserstoff als Einheit bezogenen
                              									Aequivalentgewichte zu Grunde. Das Aequivalent des Calciums ist = 20; das des
                              									Kalkhydrates
                           CaO, HO = 28 + 9 = 37
                           folglich wird das Hydrat zu seiner Zersetzung absorbiren:
                           37 × 109 = 4033 W. E.
                           Nehmen wir ferner an, daß das Wasser vollständig reducirt wird, so ist zu seiner
                              									Zersetzung diejenige Wärmemenge erforderlich welche der Verbrennung eines
                              									Aequivalentes Wasserstoff entspricht, minus derjenigen welche das auf Kosten des
                              									Sauerstoffes des Wassers in Kohlenoxyd umgewandelte Aequivalent Kohlenstoff liefert;
                              									somit:
                           
                              
                                 1 Aequiv. Wasserstoff gibt
                                 34467 W. E.
                                 
                              
                                 1 Aequiv. Kohlenstoff 6 × 2473 =
                                 14838 W. E.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 bleiben für die Umwandlung des Wassers in Wasserstoff und
                                    											Kohlenoxyd
                                 19629 W. E.
                                 
                              
                           folglich für die Zersetzung des Kalkhydrates in Kalk,
                              									Wasserstoff und Kohlenoxyd:
                           19629 + 4033 = 23662 W. E.
                           
                           Vergleichen wir mit dieser letzteren Zahl die für die Zersetzung des kohlensauren
                              									Kalkes geltende Ziffer.
                           Wir haben nachstehende Aequivalentzahlen:
                           
                              
                                 CaO
                                 =
                                 28
                                 
                              
                                 CO²
                                 =
                                 22
                                 
                              
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 CaO, CO²
                                 =
                                 50
                                 
                              
                           
                              
                                 Die bloße Zersetzung von 1 Aequivalent kohlensaurem Kalk
                                    											erfordert          50
                                    											× 373,5 =
                                 18675 W. E.
                                 
                              
                                 Nehmen wir aber außerdem die vollständige Reduction der
                                    											CO²          zu
                                    											2CO an, so erhalten wir per Aequiv. Kohlenstoff 6 × 3134 =
                                 18804 W. E.
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 Dieß gibt für die vollständige Umwandlung des kohlensauren
                                    											Kalkes          in
                                    											CaO + 2CO
                                 37479 W. E.
                                 
                              
                           Es folgt daraus, daß die Zersetzung des Hydrates eine geringere Wärmemenge erfordert,
                              									als die des Carbonates, sobald man auf beiden Seiten eine gleiche Absorption von
                              									festem Kohlenstoff annimmt; da aber der Kohlenstoff kräftiger auf den Wasserdampf
                              									als auf die Kohlensäure zu wirken scheint, in Folge der höheren Temperatur, bei
                              									welcher das Hydrat sein Wasser abgibt, so ist möglicherweise zur Zersetzung des
                              									Hydrates nicht weniger Kohlenstoff erforderlich, als zu der des Carbonates.
                              									Jedenfalls würde es widersinnig seyn, anstatt des rohen Zuschlagskalksteines
                              									gebrannten Kalk anzuwenden, wenn man nicht gleichzeitig alle zur Beseitigung des
                              									Wasserdampfes aus dem Gasstrome der Hohöfen erforderlichen Maßregeln treffen wollte.
                              									In Wahrheit wäre es ebenso wichtig, den gebrannten Kalk vor der Einwirkung von
                              									Kohlensäure zu schützen; dieß ist aber eine materielle Unmöglichkeit. Die
                              									Hohofengase werden stets Kohlensäure enthalten; überdieß ist der Betrieb eines
                              									Hohofens, selbst wenn man von der Benutzung gebrannten Kalkes absieht, unter sonst
                              									gleichen Umständen bekanntlich um so ökonomischer, je mehr die Kohlensäure über das
                              									Kohlenoxyd vorwaltet. Man kann jedoch, wenn es unmöglich ist, den gebrannten Kalk
                              									vor dieser continuirlichen Einwirkung der Kohlensäure zu schützen, dieselbe
                              									wenigstens bis zu einem gewissen Grade abschwächen, indem man den Kalk in Form
                              									großer Stücke anwendet, hauptsächlich aber indem man ihn sehr stark brennt, so daß
                              									er etwas frittet. Von diesem Gesichtspunkte aus würden etwas mergelige und
                              									magnesiahaltige Kalksteine den ganz reinen vorzuziehen seyn, und der Ringofen wäre
                              									hier von großem Nutzen, weil er ein kräftiges und gleichmäßiges, dabei ökonomisches
                              									Brennen gestattet.
                           Wir haben im Vorstehenden gesehen, daß in den Hohöfen, in Folge der constanten und
                              									unabwendbaren Gegenwart von Kohlensäure, die Brennmaterialersparniß von mindestens
                              									10 Procent, welche die Theorie bei Anwendung von gebranntem Kalk anstatt des rohen
                              									Zuschlagskalksteines zu versprechen scheint, niemals zu erreichen seyn wird, daß man
                              									aber dieser Ersparniß um so näher zu kommen vermag, je mehr man sich befleißigt, den
                              									gebrannten Kalk gegen die Einwirkung der Kohlensäure und der Wasserdämpfe im Hohofen
                              									zu schützen; man muß daher den Kalkstein sehr stark brennen, ihn nicht zu kleinen
                              									Stückchen zerschlagen, auch die Erze welche Wasser und Kohlensäure enthalten,
                              									zubrennen, endlich die Kohks niemals in feuchtem Zustande aufgeben.
                           Daß das Zubrennen der Wasser- und kohlensäurehaltigen Erze stets größere
                              									Vortheile gewährt hat, als das Brennen des Zuschlagskalkes, beruht einzig und allein
                              									auf dem Umstande daß das Eisenoxyd nicht, wie der gebrannte Kalk, das Bestreben hat,
                              									im Hohofen wieder Wasser und Kohlensäure aufzunehmen.
                           Ich schließe mit einigen Bemerkungen über die Anwendbarkeit des
                                 										Hoffmann'schen Ringofens auf den
                                 									Eisenhütten.
                           Nach den auf den Ziegeleien (besonders in Deutschland) gemachten Erfahrungen ist es
                              									überflüssig, die Vortheile hervorzuheben welche dieser Ofen beim Brennen von
                              									feuerfesten Steinen gewährt; ich muß aber darauf aufmerksam machen, wie nutzbringend
                              									seine Anwendung zum Brennen des Zuschlagskalkes und zum Zubrennen der Erze seyn
                              									würde.
                           Der Gang der gewöhnlichen Röstöfen ist ein sehr unregelmäßiger. Oft fällt die Röstung
                              									an einer Stelle zu stark, an anderen Stellen hingegen ungenügend aus; man kann sie
                              									nicht nach Belieben reguliren.
                           Bei den Ringöfen ist dieß ganz anders. Man kann nicht nur den Zug und den Gang des
                              									Apparates im Allgemeinen mit Hülfe der Klappen der Rauchcanäle nach Belieben regeln,
                              									sondern auch das Feuer reguliren und es auf allen Punkten gleichförmig machen, indem
                              									man durch die verschiedenen Einschüröffnungen mehr oder weniger Steinkohle
                              									aufgibt.
                           Auf diese Weise ist man leicht im Stande, den eingesetzten Kalkstein vollständig und
                              									kräftig durchzubrennen, und verbraucht dazu nur 6 bis 7 Procent gewöhnlicher
                              									Kleinkohle. (Für große Hoffmann'sche Oefen ist die ovale
                              									Form der Kreisform vorzuziehen, weil bei jener die Construction weniger kostspielig
                              									ist.)
                           Wählen wir als Beispiel einen Hohofen welcher täglich 40 Tonnen Roheisen producirt,
                              									so verbraucht derselbe 25 Tonnen Zuschlagskalk; ein Ringofen welcher täglich die zum
                              									Betriebe dieses Hohofens erforderliche Kalkmenge liefert, kommt höchstens auf 25,000
                              									Francs zu stehen. Nun erzielt man bei den englischen Hohofen durch Anwendung von
                              									gebranntem Kalk als Zuschlag eine Ersparniß von 38 Kilogrm. Kohks per Tonne Roheisen, und Bell, welcher diese Ziffer nach
                              									seiner eigenen Erfahrung
                              									anführt, bemerkt, daß der benutzte Kalk gewöhnlich unvollkommen gebrannt ist. Brennt
                              									man denselben daher vollständig, und beobachtet man die oben angegebenen
                              									Vorsichtsmaßregeln (Anwendung von trockenem Brennstoff, von geröstetem Erze etc.),
                              									so wird man eine Ersparniß von mindestens 50 Kilogrm. Kohks per Tonne, also von 2000 Kilogrm. per Tag bei
                              									dem in Rede stehenden Hohofen erzielen. Dieß würde, die Tonne Kohks zu 20 Francs
                              									gerechnet, täglich einer Minimalersparniß von 40 Francs, also voll 1 Franc per Tonne Roheisen entsprechen.
                           Beim Zubrennen der wasser- und kohlensäurehaltigen Erze wird, wenn man dazu
                              									einen Ringofen benutzt, ebenfalls eine gewisse Ersparung erzielt werden, und dieses
                              									Zubrennen ist, ich wiederhole es, durchaus nothwendig, wenn man aus dem vorläufigen
                              									Brennen des Zuschlagskalkes den größtmöglichen Vortheil ziehen will.
                           In dieser Hinsicht muß ich aber noch eine Bemerkung machen. Indem man den
                              									Zuschlagskalk und die Erze für sich brennt, beläßt man eben hierdurch den
                              									Hohofengasen eine höhere Temperatur. Man muß daher, um nicht durch die freie Wärme
                              									der Gase zu verlieren, was man durch das vorläufige Brennen gewinnt, die Hohöfen
                              									erhöhen oder erweitern, wenigstens wenn die bloße Vermehrung des Gewichtes der
                              									Beschickung nicht hinreichen sollte um die Temperatur der Gichtgase auf die
                              									Maximalgrenze von 250 bis 300° C. herabzudrücken. Diese bloße Erhöhung der
                              									Hohöfen hat dadurch daß sie die Reduction der Erze in den oberen Zonen begünstigt,
                              									für sich allein eine beträchtliche Ersparniß in den nordenglischen Eisenhütten
                              									veranlaßt.