| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. , S. 256 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Ueber Bleiröhren mit innerem Zinnmantel für
                              									Wasserleitungen.
                           In einem Vortrage über Wasser, welchen Prof. Dr. Chandler in New-York kürzlich vor dem American Institute of the City of New York hielt, sprach
                              									sich derselbe unter Anderem entschieden gegen die Zulässigkeit bleierner
                              									Wasserleitungsröhren aus, empfahl dagegen lebhaft die neuerdings aufgekommenen
                              									Bleiröhren mit innerem Zinnmantel. In New-York sind in neuerer Zelt häufig
                              									chronische Bleivergiftungen vorgekommen, und Prof. Chandler erhielt daher von der städtischen Gesundheitsbehörde (Board of Health) den Auftrag, das Wasser welches
                              									New-York bekanntlich durch die Crotonleitung erhält, sowie die verschiedenen
                              									im Verkehr befindlichen Haarfärbemittel auf ihren Bleigehalt zu untersuchen. (In
                              									letzteren wurde, wie wir nebenbei bemerken, durchgängig Blei und zwar in einer Menge
                              									gefunden, die bei 15 untersuchten verschiedenen Proben zwischen 0,22 bis 34 Grammen
                              										pro Kilogramm betrug.)
                           Bei der Untersuchung des Crotonwassers ergaben sich folgende Resultate:
                           1) Wasser welches einige Wochen lang in einer mit Blei ausgekleideten Cisterne
                              									gestanden hatte, enthielt pro 100 Liter 0,13 Gramme
                              									Blei;
                           2) Wasser welches 6 Stunden lang in der Bleileitung eines Hauses gestanden hatte,
                              									enthielt pro 100 Liter 0,24 Gramme Blei, von dem ein
                              									ansehnlicher Theil als basisch-kohlensaures Bleioxyd (2PbO, CO², HO)
                              									in Form weißer Flitterchen mit bloßem Auge sichtbar vorhanden war;
                           3) Wasser aus dem Hydranten einer Hausleitung, welches in fortwährender Bewegung war,
                              									ergab Spuren von Blei; dasselbe war durch eine 100 bis 150 Fuß lange
                              									Bleiröhrenleitung geflossen.
                           
                           Diese Resultate erklären vollständig viele bisher räthselhafte Fälle von
                              									Bleivergiftungen, obgleich Fabrikanten von Bleiröhren in New-Yorker Zeitungen
                              									öfters mit theoretischen Gründen haben nachweisen wollen, daß das Crotonwasser kein
                              									Blei aus den Röhren aufnehmen könne.
                           Von den verschiedenen Ersatzmitteln, welche für Bleiröhren vorgeschlagen worden sind,
                              									entspricht nun kein anderes allen Anforderungen so vollkommen, wie die Bleiröhren
                              									mit innerem Zinnmantel. Man kann diese Röhren betrachten als Röhren von Zinn, welche
                              									von einem Bleirohr umgeben und mit diesem durch ein aus beiden Metallen bestehendes
                              									Loth fest verbunden sind. Daß ein solches Loth wirklich vorhanden ist, läßt sich
                              									leicht nachweisen, wenn man ein etwa 12 Millimeter langes Rohrstück sorgfältig
                              									erhitzt. Da dabei das Loth, welches leichter schmelzbar ist als beide Metalle für
                              									sich, zuerst schmilzt, so läßt sich das Zinnfutter unverletzt herausziehen. In Folge
                              									dieser Verbindungsweise beider Metalle ist eine Trennung derselben nicht möglich und
                              									kann auch das Wasser nicht zwischen dieselben eindringen. Prof. Chandler hat auch thatsächlich nachgewiesen, daß Wasser
                              									lange Zeit in solchen Röhren stehen kann, ohne etwas aus
                              									denselben aufzunehmen. Er betont dabei, daß man allerdings selbstverständlich,
                              									sobald die Leitung in einen Wasserbehälter einmünde, den in letzterem lagernden
                              									Theil aus Röhren von reinem Zinn herstellen müsse. (Deutsche Industriezeitung, 1872,
                              									Nr. 16.)
                           Tresca hat kürzlich im Conservatoire des arts et métiers zu Paris vergleichende
                              									Zerreißungsversuche mit Bleiröhren und Bleizinnröhren aus der Fabrik von Hamon in Paris angestellt, welche nebst der Beschreibung
                              									der von Hamon zur Darstellung der innen verzinnten
                              									Bleiröhren benutzten Apparate, im polytechn. Journal Bd. CCIII S. 432 (zweites Märzheft 1872)
                              									mitgetheilt wurden.
                           
                        
                           Spencer's rotirender
                              									Puddelofen.
                           Dieser mechanische Puddelofen, welcher auf den West Hartlepool
                                 										Iron Works (England) der HHrn. Thomas Richardson
                              									und Söhne sich im Betriebe befindet und auf der Londoner
                              									Generalversammlung des Iron and Steel Institute
                              									besprochen wurde, ist die Construction von Adam Spencer,
                              									dem Betriebsdirector dieser Hütte. Derselbe war schon früher bemüht gewesen, ein
                              									passendes Futterungsmaterial für rotirende Oefen aufzufinden und 1870 entschloß er
                              									sich für reiche Puddelschlacke. Die Feuerung und der
                              									Fuchs des Ofens bieten nichts Besonderes, nur der mittlere rotirende Theil des Ofens
                              									ist eigenthümlich. Dieser besteht aus einem vierseitigen Prisma und dessen
                              									Seitenwände aus hohlen eisernen Kästen, je 12 auf einer Seite, die vorn und hinten
                              									an zwei runden Scheiben aus Gußeisen angeschraubt sind, welche sie zusammenhalten.
                              									Jede dieser Scheiben ruht auf vier Frictionswellen und trägt ein Kammrad, in welches
                              									ein kleines Getrieberad eingreift und es dreht. Die Längenachse des Prismas fällt
                              									nicht mit der Drehungsachse zusammen, sondern bildet damit einen Winkel, wodurch ein
                              									gewisser Drall entsteht und jeder Punkt der inneren Fläche eine Schraubenbewegung
                              									macht. – Die einzelnen Kästen, aus denen der Apparat besteht, werden mit
                              									geschmolzener Schlacke gefüllt, abgekühlt und dann zusammengesetzt, während man in
                              									die Feuerbrücken- und Fuchsöffnung besondere, in Formen gegossene
                              									Schlackensteine einsetzt. Das Ganze wird dann durch langsames Rotiren mit
                              									geschmolzener Puddelschlacke zusammengekittet. Der rotirende Ofentheil hat den Drall
                              									deßhalb, damit das geschmolzene Eisen in demselben von der Brücke zum Fuchse und
                              									umgekehrt, bewegt wird. Die erste Maschine puddelte Chargen von 5 Ctr. geschmolzenen Eisens, die jetzt im Gebrauche stehende
                              									erhält einen Satz von 10 Ctr. und wird 5 Minuten langsam gedreht, worauf das Kochen
                              									erfolgt und in 10 Minuten beendet ist; das Körnigwerden und Zusammenballen erfordert
                              									gleichfalls 10 Minuten, so daß jeder Satz in 25 Minuten fertig ist. Ein Ofen für
                              									Chargen von 20 Ctr. ist im Bau. Das Material ist Cleveland-Roheisen und die
                              									Qualität des gepuddelten Eisens sehr gut. (Berggeist, 1872, Nr. 32.)
                           
                        
                           
                           Verwerthung der Infusorienerde.
                           Das Vorkommen und die bisherige Verwendung der Infusorienerde als bekannt
                              									voraussetzend, verzeichnen wir nach dem „Arbeitgeber“ folgende
                              									neuere Verwendungsacten: als Zusatz zu sogen, alkalisirtem Kautschuk; zur
                              									Darstellung von Kunststeingegenständen (3–6 Thle. Infusorienerde auf 1 Thl.
                              									Kalk). Wahrscheinlich lassen sich aus solcher Masse auch sehr gute Röhren für
                              									Gas- und Wasserleitungen herstellen. Ferner ist die Infusorienerde auch sehr
                              									geeignet, mit Magnesit einen Magnesia-Cement zu liefern
                              									(Albolith-Cement, in Breslau fabricirt). Endlich wird durch Zusammenschmelzen
                              									der Infusorienerde mit borsaurem Kalk und borsaurer Magnesia eine ausgezeichnete
                              									Glasur, beziehungsweise ein sehr harter Steinguß erzeugt.
                           
                        
                           Filtration von Flußwasser.
                           Dr. Burg hat bereits im Jahre
                              									1844 in Frankreich ein Patent auf die Herstellung künstlichen Filtermateriales
                              									genommen und tritt jetzt nach 26jährigen Versuchen mit Vorschlägen hervor, um das
                              									Wasser der Flüsse in unbegrenzter Quantität zu sehr billigem Preise zu filtriren.
                              									Das Material selbst ist ein poröser, künstlich durch Brennen dargestellter Stein.
                              									Kann das Wasser aus einem fließenden Wasser entnommen werden, und ist in dem Strome
                              									desselben die Aufstellung eines Flosses möglich, so werden die Filtersteine, in
                              									verschiedene Kammern getheilt, direct an demselben angebracht; der Strom des an
                              									ihnen vorbei fließenden Wassers besorgt dann die Reinigung des Filtermateriales
                              									selbst. Ist eine solche Aufstellung nicht möglich, so ist ein Canal anzulegen, der
                              									mit Zu- und Ablaßschleußen versehen ist, und in diesem sind die Filtersteine
                              									aufzustellen. Zur Reinigung des Filters dient ein auf einem Schiffchen angebrachtes
                              									System rotirender Bürsten, mit welchem man der Länge nach an dem Filter vorbei
                              									fährt, während gleichzeitig von Innen heraus eine kräftige doppeltwirkende Pumpe
                              									nach Belieben Luft oder Wasser durch das Filter in umgekehrter Richtung hindurch
                              									treibt. Die verschiedenen Filterapparate sind stets in einzelnen Kammern und so
                              									angebracht, daß sie einzeln, ohne daß der ganze Betrieb gestört wird, ausgeschaltet
                              									werden können. Auch gestatten angebrachte Probirröhren, sich jederzeit von dem
                              									richtigen Functioniren der einzelnen Apparate zu überzeugen.
                           Der Erfinder verspricht sich nach dem Génie
                                 										industriel große Erfolge von diesem Verfahren, da die Kosten pro Kubikmeter filtrirten Wassers nicht mehr als 1
                              									Centime oder pro 1000 Kubikfuß 2 1/2 Sgr. betragen
                              									würden. Er hofft, dasselbe in großem Maaßstabe bei dem für die Pariser
                              									Wasserversorgung vorhandenen Reservoir von Chaillot anzuwenden, um täglich 15000 bis
                              									20000 Kubikmeter Wasser zu reinigen. Auch hat er dasselbe der Stadt Marseille in
                              									Vorschlag gebracht, um die 150000 Kubikmeter Wasser, welche die Durance dem Canal
                              									von Mont Montricher zuführt, zu reinigen. Im ersteren Falle will er ein Schiff mit
                              									6000 bis 7000 Steinen von 50 bis 60 Centimeter Durchmesser anwenden. In dem anderen
                              									Falle schlägt er einen Zweigcanal von 35000 bis 40000 Quadratmeter Querschnitt vor.
                              									(Journal für Gasbeleuchtung und Wasserversorgung, 1872 S. 54.)
                           
                        
                           Ueber die Darstellung eines blauen Farbstoffes aus Phenol; von
                              									Armand Müller.
                           Carbolsäure wird mit 8–10 Gewichtstheilen Natriumstannat gemischt und sogleich
                              									mit concentrirter Schwefelsäure oder Salzsäure versetzt. Die Reaction geht ziemlich
                              									energisch von Statten. Es bildet sich bei Anwendung von Schwefelsäure eine in
                              									überschüssigem weinsauren Natron, sowie Alkalien mit rein gelber Farbe lösliche
                              									Substanz. Sobald mehr von der Säure hinzugefügt wird, gesteht die Mischung und wird
                              									rothbraun, indem alle Carbolsäure sich löst. Ein Tropfen dieser dicklichen
                              									Flüssigkeit in vielem Wasser gibt demselben einen röthlichen Farbstoff ab, während
                              									braune, in Alkohol
                              									ebenfalls mit rother Farbe lösliche Flocken sich ausscheiden. – Auf Zusatz
                              									caustischer oder kohlensaurer Alkalien wird die Flüssigkeit rein gelblich grün, wenn
                              									die Flocken ausgeschieden wurden, dagegen mittelgrün, selbst blaugrün, wenn sie mit
                              									aufgelöst werden. – Der gut ausgewaschene braune Körper gibt für sich an
                              									Alkalien wenig, aber rein blaues Pigment ab; der blaue
                              									Farbstoff wird durch viel Wasser nicht ausgefällt, auch nicht durch Weingeist (der
                              									sich bildende Niederschlag ist metazinnsaures Natron). Er konnte bis jetzt noch
                              									nicht für sich, sondern nur auf vegetabilischer Faser isolirt erhalten werden.
                              									– Die grüne Färbung, welche die wässerige Lösung des rohen Farbstoffes durch
                              									Zufügen von Alkalien erhält, ist bedingt durch Gegenwart des blauen und eines gelben
                              									Pigmentes. Wird nämlich mit Oelbeizen behandelte Baumwolle in die säurehaltige rothe Flüssigkeit gebracht, so färbt sie sich sehr rasch
                              									orange; durch Alkalien wird das Tuch indessen, wie die
                                 										Flüssigkeit, grün gefärbt; bringt man es nun in Wasser, so bleibt ein gegen
                              									Chlor und unterchlorigsaure Alkalien fast vollkommen, gegen Licht ganz ächtes
                              									grünstichiges Blau (celeste) auf dem Tuche zurück Wolle
                              									und Seide absorbirt auch den gelben Farbstoff. (Chemisches Centralblatt, 1872, Nr.
                              									13.)
                           
                        
                           Ueber das Schwefeln wollener Waaren.
                           Statt beim Schwefeln wollener Waaren den Schwefel in der Kammer selbst zu verbrennen,
                              									empfiehlt Bastaërt nach dem Moniteur de la teinture, denselben in eiserner Schale auf einem Herd zu verbrennen und das Gas nach oben durch eine weite
                              									Röhre abzuleiten, welche an ihrem oberen Ende in ein weites horizontal laufendes
                              									Rohr mündet. Während sich die schweflige Säure aus dem verticalen Rohr in das
                              									horizontale einbiegend, nach rechts wendet, tritt von links in gleicher Richtung ein
                              									enges Dampfrohr in die horizontale Röhre ein, deren ausströmender Dampf das
                              									Schwefelgas vor sich her, die horizontale Röhre entlang und in die Schwefelkammer
                              									hineintreibt. Da, wo das Rohr in die Schwefelkammer mündet, ist es nach unten
                              									abgebogen, so daß die ausströmende schweflige Säure mit dem Dampf in verticaler
                              									Richtung nach unten strömt. Die Einrichtung eignet sich besonders für continuirliche Schwefelkammern in welchen die Waare auf
                              									Rollen durch die Kammer hindurchgezogen wird. Es wird übrigens so wenig Dampf
                              									angewendet, daß derselbe sich nicht in Tropfen auf der Waare niederschlägt; es ist
                              									nur so viel, daß er bei der Bleichung wirksam eingreifen kann und vor Allem dem
                              									Schwefeldampf die nöthige Bewegung gibt.
                           Von anderer Seite wurde vorgeschlagen, die Schwefelkammer ganz und gar aus Glasfenstern herzustellen, was dem Sonnenlicht eine
                              									Einwirkung bei dem Bleichproceß gestatten würde, die anerkannt von dem besten
                              									Erfolge ist. (Reimann's Färberzeitung, 1872, Nr. 15.)
                           
                        
                           Ueber das Auskochen der Seide.
                           Da die Seide, wenn sie, wie gewöhnlich, in einem Seifenbad in Säcken eingesteckt
                              									ausgekocht wird, unter Umständen an Glanz verliert, so wurde das Auskochen längere
                              									Zeit in größeren Färbereien so vorgenommen, daß man die Seide mit einer starken
                              									Lösung von Marseiller-Seife imprägnirte und sie dann in einem dazu
                              									eingerichteten Kessel dämpfte. Die mit Seife imprägnirte Seide wurde auf einem
                              									Gestell, welches waagrechte Stocke trug, aufgehängt, und wenn das ganze Gestell
                              									behängt war, dieses mit Hülfe von Rädern auf Schienen in den Kessel hineingefahren,
                              									der Kessel seitlich verschlossen und nun Dampf zugelassen. Man konnte die Spannung
                              									des Dampfes und damit die Temperatur reguliren, und lange Zeit war man mit dieser
                              									Art des Auskochens zufrieden.
                           Nach Reimann's Färberzeitung hat man in neuester Zeit auch
                              									diese Methode verworfen und ist zu der allereinfachsten Art des Degummirens der
                              									Seide zurückgekehrt. Man behandelt die Seide jetzt folgendermaßen: Man kocht gar
                              									nicht mehr aus, sondern
                              									zieht die Seide einfach auf zwei Seifenbädern ab. Man stellt die Seide auf ein
                              									kochendes Seifenbad, welches pro Pfund Seide 1/4 Pfund
                              									Seife enthält und setzt sie auf dem Bade auf Stöcken so lange durch, bis der Bast
                              									heruntergegangen ist. Man zieht nun um, und bringt diejenige Seite, welche bisher
                              									dem Stocke zunächst lag, nach außen, um auch diese vollkommen abziehen zu lassen.
                              									Nun wird die Seide herausgenommen und auf ein frisches Seifenbad gestellt, welches
                              										pro Pfund Seide 1/5 Pfund Seife enthält. Man setzt
                              									die Seide auf diesem Bade eine Viertelstunde lang durch, zieht um, setzt wieder eine
                              									Viertelstunde lang durch, zieht wieder um, und setzt noch einige Male um. Die Seide
                              									ist damit fertig degummirt. – Das zweite Seifenbad bleibt für die nächste
                              									Operation stehen und wird für diese durch Zusatz von 10 Proc. der zuerst
                              									angewendeten Seifenmenge aufgebessert. So einfach dieses Verfahren ist, so hat man
                              									doch gefunden, daß die Seide nach demselben glatter wird und nicht wollig ausfällt,
                              									wie dieß oft durch das Auskochen geschieht. Auch ist der Glanz, den die Seide
                              									dadurch erhält, ein bedeutend höherer.
                           
                        
                           Ueber ein billiges und unschädliches Haarfärbemittel; von Dr. C. M. Kurtz.
                           Nirgends ist der Gebrauch von Haarfärbemitteln häufiger als im Orient, und
                              									zurückgekehrte Orientreisende wissen viel davon zu erzählen, nur ist den Meisten
                              									derselben die Bereitungsweise ein Geheimniß geblieben.
                           Einzelne Wissende geben nun an, was nicht allgemein bekannt seyn dürfte, daß in
                              									Griechenland das grüne Epicarpium der Nüsse von Iuglans regia mit Wasser extrahirt und die Brühe
                              									abgepreßt wird.
                           Dieser Brühe wird etwas Alaun zugesetzt und nun werden mit derselben die hellhaarigen
                              									Häute des Kleinviehes vor ihrem Export nach Marseille und anderen Orten braun bis
                              									schwarz gefärbt, weil aus einem mir nicht bekannten Grunde die dunkleren besser
                              									bezahlt werden, als die hellen. Andere Leute verarbeiten aber daselbst die
                              									Wallnußschalenbrühe in einer davon etwas verschiedenen Absicht. Sie dampfen dieselbe
                              									ein, wobei ein schwarzes Pulver ausfällt, welches pfundweise ostwärts als
                              									Haarfärbemittel geht.
                           Da in Griechenland hellhaarige und hellbartige Männer nicht für Vollblut gelten, und
                              									es auch dort Leute gibt, die von den grauen Haaren auf dem eigenen Kopfe nicht
                              									entzückt sind, so bedienen sich Hellenen und Barbaren, namentlich die Perser, denen
                              									die Natur den Reiz schwarzer Haare nicht oder nicht mehr vergönnt, dieser Brühe mit
                              									bestem Erfolg.
                           Diese Procedur hat auch eine durchaus reelle Basis: denn nach T. L. Phipson (Comptes rendus, t.
                              									LXIX p. 1372) enthält diese Brühe einen in Wasser, mehr
                              									noch in Alkohol, löslichen Körper, das Regian, welches
                              									beim Eindampfen in saurer Lösung ein schwarzes Pulver, die Regiansäure, fallen
                              									läßt.
                           Da nun einmal ein Theil der Menschheit unter allen Umständen die Haare mit mehr oder
                              									minder Erfolg färbt, so wäre es gewiß besser, sich dieses billigen harmlosen Mittels
                              									zu bedienen, als Kopf- oder Barthaare mit den sanitätswidrigen Blei-
                              									oder Silberpräparaten zu mißhandeln, welche heutzutage unter vielerlei schönen
                              									Namen, als Tolma, Melanogène, Krinochrom etc. viel gepriesen und gebraucht
                              									werden, und welche theilweise die Haare sammt Haut nicht einmal schwarz, sondern
                              									blau oder violett färben. Man s. auch Wittstein's
                              									Geheimmittellehre, S. 95, 158 und 159. (Aus dem württembergischen Gewerbeblatt,
                              									1872, Nr. 15.)
                           
                        
                           Zur Unterscheidung von Trauben- und Obstwein.
                           Bei einer Untersuchung über den vorgenannten Gegenstand wurden die verschiedenen
                              									Weinsorten durch Filtration vollständig klar gemacht und mit Ammoniak im Ueberschuß
                              									versetzt. Nach einigen Stunden setzten sich bei den Obstweinsorten an den Wänden der
                              									Probecylinder deutliche Krystalle fest an, was bei den Traubenweinen nicht stattfand, indem bei
                              									diesen ebenso entschieden bloß ein scheinbar nicht krystallinischer, pulverartiger
                              									Niederschlag entstand, der nicht am Glase haftete. (Es kommt auch vor, daß beim
                              									Traubenwein sich ein glasiger Ueberzug an den Wänden ansetzt; er unterscheidet sich
                              									aber gut von den Krystallkörnern des Obstweines.) Unter dem Mikroskope zeigten sich
                              									die aus den Obstweinen erhaltenen Krystalle wie Tafeln mit Parallelen Seiten und
                              									regelmäßigen Zuspitzungen; der anscheinend nicht krystallinische Niederschlag aus
                              									den Traubenweinen erschien dagegen in kleinen sternförmigen Gebilden.
                           Die weitere Untersuchung ergab, daß der Obstwein Phosphorsäure in Verbindung mit
                              									Kalk, der Traubenwein dagegen Phosphorsäure in Verbindung mit Magnesia enthält. Aus
                              									dem Aepfel- und Birnwein konnte der Verfasser die Kalkerde mit oxalsaurem
                              									Ammoniak entfernen und dann nach Zusatz von Chlorammon mit Ammon und Magnesiasulfat
                              									die Phosphorsäure ausscheiden. In den Traubenweinen bringt oxalsaures Ammon
                              									ebenfalls einen Niederschlag von oxalsaurer Kalkerde hervor, jedoch in geringerer
                              									Menge, und dann entsteht in der abfiltrirten Flüssigkeit durch Ammon auf's Neue ein
                              									bedeutender Niederschlag, was bei Obstwein kaum zu bemerken ist.
                           Die Prüfungsweise mit Ammoniak hat sich bei öfterer Wiederholung stets als richtig
                              									und exact erwiesen, und zwar bei sechs verschiedenen Obst- und Traubenweinen.
                              									Auch bei Mischungen von beiden Getränken bewährte sich diese Methode, und noch bei
                              									einer Mischung von 1 Th. Birnwein mit 3 Th. Traubenwein zeigten sich nach 12 Stunden
                              									deutlich die Kryställschen an der Wand des Probecylinders. M. (Neues Jahrbuch der
                              									Pharmacie, November und December 1871.)
                           
                        
                           Ueber das Chloralhydrat als Conservirungsmittel.
                           Hierüber geben die neuesten Mittheilungen der chemischen Fabrik auf Actien in Berlin
                              									(vormals E. Schering) folgende Notiz: Die Ueberproduction
                              									des Chloralhydrates und dessen niedriger Preis werden für diesen interessanten
                              									Körper gewiß auch noch andere als medicinische Verwendungen auffinden lassen.
                              									Bemerkenswerth dürfte schon jetzt die Thatsache erscheinen, daß Chloralhydrat als
                              									ein die Fäulniß verhinderndes Mittel anzusehen ist. Wenn wir nicht irren, hat man
                              									kürzlich in England beobachtet, daß der Körper eines durch mißbräuchlichen Genuß von
                              									Chloralhydrat vergifteten Menschen auffallend lange der Fäulniß widerstand. Das
                              									Chloralhydrat wirkt jedenfalls in der Weise antiseptisch, daß es unter Zersetzung in
                              									Chloroform und Ameisensäure durch die bei Beginn der Fäulniß stickstoffhaltiger
                              									Substanzen eintretende Alkalescenz diese neutralisirt, und dadurch, daß das hierbei
                              									frei werdende dampfförmige Chloroform den Luftsauerstoff absperrt und die Vibrionen
                              									tödtet. Jedenfalls wäre es angemessen Versuche anzustellen, Fleisch, ebenso
                              									Eiweißlösungen (für die Kattundruckerei), Leimgallerte etc. im Großen durch
                              									Chloralhydrat zu conserviren. Nach Dr. E. Jacobsen genügte 1/2 Proc. Chloralhydrat, um eine
                              									concentrirte Lösung von getrocknetem Eieralbumin in Wasser (gleiche Theile) lange
                              									Zeit vor dem Faulen zu bewahren. Es wurde dazu das Chloralhydrat zuerst in Wasser
                              									gelöst, und dann das Albumin in dieser Auflösung durch Einweichung zur Lösung
                              									gebracht. (Industrieblätter, 1872, Nr. 3.)
                           
                        
                           Ueber Dr. Louvel's Verfahren der Conservation des Getreides durch Aufbewahrung in
                              									einem Vacuum; Bericht von Bussy.
                           Der von Louvel bei seinem Verfahren angewendete Apparat
                              									besteht in einem cylindrischen Gefäß von angenageltem Eisenblech – also wohl
                              									mit hölzernem Gerippe – mit halbkugelförmigen Böden. Dieses Gefäß wird
                              									vertical auf Stützen in solcher Hohe aufgestellt, daß man das Einfüllen und das
                              									Herausnehmen des Getreides mit Leichtigkeit verrichten kann. Der obere Boden
                              									desselben ist mit einem luftdicht verschließbaren Mannloch zum Einbringen des
                              									Getreides, einem Rohr mit Hahn zum Auspumpen der Luft und einem kleinen Bourdon'schen Manometer versehen. Der untere Boden hat eine Oeffnung zum
                              									Austritt des Getreides, welches direct in einen darunter gebrachten Sack fällt;
                              									diese Oeffnung ist durch einen inneren Deckel, welcher durch eine Schraube gegen den
                              									Rand derselben angedrückt werden kann, ebenfalls dicht verschließbar.
                           Der Inhalt des Apparates beträgt 10 Kubikmeter; derselbe kann also 100 Hektoliter
                              									Korn aufnehmen.
                           Nachdem er gefüllt ist, wird mittelst einer Luftpumpe, welche man durch ein Rohr mit
                              									der auf dem oberen Boden des Gefäßes befindlichen Röhre in Verbindung setzt, das
                              									Vacuum hergestellt. Man braucht jedoch die Luft nur so weit auszupumpen, daß das
                              									Manometer anfangs im Inneren des Apparates noch einen Druck von 10 bis 12 Centimeter
                              									Quecksilbersäule anzeigt, damit die in dem Korn enthaltenen Insecten sicher getödtet
                              									werden; später kann der Druck ohne Nachtheil größer werden.
                           Louvel schätzt den Preis eines solchen beweglichen
                              									Kornspeichers von 100 Hektoliter Inhalt auf 750 Frcs. und den der Luftpumpe auf 800
                              									Fr.; der Gesammtpreis des Apparates würde hiernach mit Einschluß der Nebentheile
                              									(Röhren, Manometer) circa 1650 Fr. betragen; eine
                              									einzige Luftpumpe reicht jedoch für viele Gefäße aus.
                           Durch diese Aufbewahrungsart wird das Getreide nach Louvel
                              									vor jeder nachtheiligen Veränderung durch Selbstentmischung geschützt. Selbst
                              									solches Getreide, welches, weil es zu viel Feuchtigkeit enthält, unter gewöhnlichen
                              									Umständen Neigung haben würde sich zu erhitzen, geht im Vacuum durch Verdunstung der
                              									überschüssigen Feuchtigkeit rasch in einen solchen Zustand über, daß es nicht mehr
                              									verdirbt. Ebenso wird das Getreide durch die Aufbewahrung im Vacuum vor jeder
                              									Beschädigung durch äußere Einflüsse sicher gestellt und erleidet also, wenn es so
                              									aufbewahrt wird, keinen Abgang. Louvel hat namentlich
                              									durch Versuche constatirt, daß in seinen Apparaten der Kornwurm nicht nur sich nicht
                              									vermehrt, sondern auch keine zerstörende Wirkung auf das Korn ausübt, daß er in
                              									denselben stirbt und in einigen Tagen vertrocknet. Der Apparat bedarf keiner
                              									weiteren Aufsicht, als daß man von Zeit zu Zeit durch Beobachtung des Manometers
                              									sich versichert, daß das Vacuum noch genügend besteht. Er eignet sich auch zur
                              									Aufbewahrung von Mehl, Schiffszwieback, trockenen Gemüsen und anderen Eßwaaren.
                           Die von Louvel bezüglich der Wirksamkeit seines Apparates
                              									gemachten Angaben sind durch die Ergebnisse eines Versuches, welcher in Gegenwart
                              									einer Commission von Sachverständigen (u.a. Marschall Vaillant und Boussingault) auf dem Versuchs
                              									Pachthofe zu Vincennes ausgeführt wurde, bestätigt worden. Dieser Versuch wurde mit
                              									drei Apparaten von je 50 Hektoliter Inhalt angestellt. Am 15. Juli 1867 beschickte
                              									man den einen derselben mit Korn von schöner Qualität, welchem man ungefähr 20 Liter
                              									vollkommen lebendige Kornwürmer zugesetzt hatte; in den zweiten brachte man
                              									verdorbenen Schiffszwieback, der halb von Insecten zerstört war, und in welchem man
                              									die Gegenwart lebendiger Larven und Kornwürmer erkannt hatte; in den dritten brachte
                              									man zehn Säcke Mehl von 101 Kilogrm. Gewicht. Nachdem die Luft aus den drei
                              									Apparaten so weit ausgepumpt war, daß die Manometer noch einen Druck von 10
                              									Centimet. Quecksilbersäule in denselben anzeigten, ließ man sie bis zum 24. Januar
                              									1868, also über ein halbes Jahr lang, im Freien, allen Einflüssen der Witterung, dem
                              									Sonnenschein, dem Regen, dem Frost ausgesetzt, stehen. Die Manometer waren nun etwas
                              									gesunken; der Druck im Inneren der Apparate betrug nämlich 40 Centimeter, was die
                              									Experimentatoren einer durch die Ausdehnung der Luft begünstigten Verdunstung von
                              									Wasser zuschrieben. Das Korn hatte keine Veränderung erlitten; es war sehr trocken
                              									und hatte seine Keimkraft unvermindert behalten; die Kornwürmer waren alle todt,
                              									vertrocknet, zerreiblich. Der Zwieback hatte noch das frühere Ansehen; aber die
                              									Insecten waren vollständig zerstört und vertrocknet. Das Mehl hatte sich vollkommen
                              									gut erhalten.
                           Diesen Resultaten gegenüber war die Commission, welche im Auftrage der Pariser
                              									Akademie das Louvel'sche Verfahren zu beurtheilen hatte
                              									(bestehend aus Brongniart, Decaisne, Peligot und Bussy), der Ansicht, daß dieses Verfahren den
                              									vorgesetzten Zweck erreichen lasse, daß es industriell anwendbar sey, und daß es
                              									besonders für den Transport des Mehles nützlich seyn würde. Nach der Ansicht der Commission könnte man
                              									das Louvel'sche Verfahren mit Vortheil anwenden, um die
                              									Conservation großer Proviant-Vorräthe sicher zu stellen. (Comptes rendus, t. LXXIV p.
                              									421; polytechnisches Centralblatt, 1872 S. 399.)
                           
                        
                           Ueber die beim Reinigen der Lumpen in den Papierfabriken
                              									angewendeten Gesundheitsmaßregeln; von C. de
                                 									Freycinet.
                           Das Reinigen der Lumpen für die Papierfabrication veranlaßt eine bedeutende
                              									Entwickelung von Unreinigkeiten (Staub etc.), welche mit der Zeit einen
                              									nachtheiligen Einfluß auf die Athmungswege der Arbeiterinnen ausüben.
                           Um diesem Umstand abzuhelfen, hat man verschiedene Methoden angewandt, welche sich in
                              									zwei Classen eintheilen lassen, indem sie entweder eine vollständigere Isolirung der
                              									Arbeiterinnen von dem entstehenden Staube, oder die Verhütung der Bildung dieses
                              									Staubes mittelst gewisser Waschungen bezwecken.
                           Als Beispiel der Anordnungen ersterer Art kann ich die Papierfabrik der HHrn. Lacroix zu Saint-Cybard bei Angoulême
                              									anführen. Der Reinigungsapparat befindet sich dort, wie gewöhnlich, in einem gut
                              									geschlossenen Raume; damit aber die Arbeiterinnen diese Kammer nicht zu betreten
                              									brauchen, um die gereinigten Lumpen herauszuholen, werden die Lumpen aus derselben
                              									mittelst eines endlosen Tuches weggeführt, welches sie beim Austritt aus der
                              									Sichtemaschine aufnimmt. Dabei ist es jedenfalls rathsam, an der Sichtemaschine
                              									einen Ventilator anzubringen.
                           In die zweite Classe der Verfahrungsarten, also diejenigen welche die
                              									Staubentwickelung zu verhüten bezwecken, gehören die von den HHrn. Godin zu Huy (Belgien) und von Hrn. Paul Breton zu Pont-de-Claix
                              									(Isère-Departem.) angewandten Methoden. – Die ersteren lassen
                              									die sortirten Lumpen in Kufen digeriren, welche mit klarem Wasser gefüllt sind,
                              									worin dieselben nach ihrer Beschaffenheit einen oder zwei Tage verbleiben. Hernach
                              									kommen sie in eine Art Zupfmaschine oder Halb-Holländer, der in einer
                              									Kalkmilch arbeitet, welche die Unreinigkeiten zurückhält. Den Schluß bildet das
                              									Laugen mit Kalk, welches in den meisten Papierfabriken üblich ist. – Bei Hrn.
                              										Breton werden vor jeder anderen Operation die
                              									besonders schmutzigen und groben Lumpen (wie die aus Afrika bezogenen) gewaschen.
                              									Hernach läßt man sie mit Kalk kochen, der mit ein wenig Aetznatron gemischt ist,
                              									welches hier als Zwischenmittel dient, um die Bildung der Kalkseifen zu erleichtern,
                              									und sich fortwährend regenerirt; alsdann spült man sie in einem Waschrade 50 bis 60
                              									Minuten lang, und läßt sie trocknen, wornach sie erst zum Sortiren gelangen.
                           Da beim Abtragen der Hadernhaufen sich Staub, schädliche Ausdünstungen etc.
                              									entwickeln, so läßt Hr. Breton die Haufen, nach Maaßgabe
                              									ihrer Bildung, mit einer Chlorkalk-Lösung begießen, beiläufig einem halben
                              									Liter per Quadratmeter Oberfläche für eine Dicke von 30
                              									Centimeter. Es entsteht dadurch keine Feuchtigkeit in der Masse, während der
                              									Gesundheitszustand der Arbeiter sehr gewinnt. Die Lumpen kommen dann in eine
                              									Schwingmaschine, welche mit einem Ventilator versehen ist, und hernach zum Sortiren.
                              										(Traité d'assainissement industriel par M. Ch.
                                 										de
                              									Freycinet. – Bulletin de la Société d'Encouragement, Januar 1872, S.
                              									47.)
                           
                        
                           Entfernung von Schimmelpilzen in Kellerräumen.
                           Es gibt zu diesem Zwecke zwei sehr gute Mittel: entweder verbrenne man in dem
                              									Kellerraume Schwefel, oder man übergieße 1 Theil Kochsalz mit 2 Theilen
                              									concentrirter Schwefelsäure; im ersteren Falle bildet sich schweflige Säure, im
                              									letzteren Salzsäuregas, wodurch die Pilze getödtet werden. Selbstverständlich hat
                              									man Sorge zu tragen, daß alle Oeffnungen während der Procedur geschlossen bleiben,
                              									damit die Gase nicht entweichen können. (Wiederhold's
                              									Gewerbeblätter.)
                           
                        
                           
                           Concurrenzausschreiben, die Patentfrage betreffend.
                           Der Schutz des bestehenden geistigen Eigenthumsrechtes an literarischen und
                              									artistischen Erzeugnissen wurde im Jahre 1867 für das Gebiet des norddeutschen
                              									Bundes gesetzlich sanctionirt; die Aufgabe, auch für den Patentschutz ein
                              									einheitliches Gesetz zu schaffen, ist auf das deutsche Reich vererbt worden. Eine
                              									deßfällige Gesetzesvorlage würde augenblicklich das öffentliche Urtheil schlecht
                              									vorbereitet und nicht so geklärt finden, wie es die ungemeine Wichtigkeit der Frage
                              									erfordert. Während man auf der einen Seite die Patente durch das geistige
                              									Eigenthumsrecht des Erfinders für rechtlich begründet und wegen ihres fördernden
                              									Einflusses auf technische und industrielle Entwickelung für praktisch nothwendig
                              									hält, glaubt man auf gegnerischer Seite den Patenten directe Nachtheile gegen das
                              									volkswirthschaftliche Interesse zuschreiben und das Eigenthumsrecht des Erfinders
                              									entweder nicht anerkennen oder dem allgemeinen Besten opfern zu müssen. –
                           Angesichts des Umstandes, daß gerade an einflußreichster Stelle die negative jener
                              									entgegengesetzten Auffassungen ein entschiedenes Uebergewicht erlangt hat, werden
                              									die Nächstbetheiligten, die Ingenieure und Industriellen selbst, es nicht versäumen,
                              									die eigene Auffassung mit Nachdruck zur öffentlichen Geltung zu bringen.
                           Gleichwohl wollen wir dem von dieser Seite laut werdenden Urtheil keineswegs eine
                              									volle Objectivität vindiciren. Es wäre ja möglich, daß das Verlangen, die
                              									Erfindungspatente, freilich unter wesentlicher Reform der Gesetzgebung beibehalten
                              									zu sehen, ein egoistisches und gegenüber dem Staatsinteresse unberechtigtes wäre,
                              									und wir sind weit davon entfernt, etwa ein einseitiges mit dem allgemeinen Wohle
                              									nicht verträgliches Privilegium beanspruchen zu wollen. Es muß daher, um für eine
                              									möglichst allseitige und objective Beurtheilung eine sichere Basis zu gewinnen, als
                              									nothwendig erscheinen, daß die ebenso gut juristische wie volkswirthschaftliche
                              									Frage über die Berechtigung der Erfindungspatente auch in weiteren Kreisen erwogen
                              									werde, und daß von den verschiedensten Gesichtspunkten ausgehende Urtheile zur
                              									öffentlichen Kenntniß gelangen.
                           Der „Cölner Bezirksverein deutscher Ingenieure“ hat beschlossen,
                              									diejenigen Originalartikel, welche zur weiteren Verbreitung durch die Presse
                              									geeignet erscheinen, mit einem Honorar von 50 bis 250 Thlr. zu prämiiren. Die
                              									recensirende Commision wird bemüht seyn, den Werth der ihr zugehenden Abhandlungen
                              									wesentlich nach ihrem objectiv-wissenschaftlichen Gehalt zu bemessen, so daß
                              									Schriften, welche sich principiell gegen den Patentschutz stellen, keineswegs von
                              									der Concurrenz ausgeschlossen sind. Am liebsten steht die Commission die Arbeiten
                              									auf einen solchen Umfang reducirt, daß sich dieselben zum Abdruck im redactionellen
                              									Theile größerer Blätter eignen, doch soll mit der Aussprache dieses Wunsches dem
                              									eigenen Ermessen des Verfassers nicht unbedingt vorgegriffen werden.
                           Die Manuscripte sind innerhalb einer dreimonatlichen Frist an den Unterzeichneten,
                              									der auch zu weiteren Informationen gerne bereit ist, einzusenden.
                           Nicht prämiirte Abhandlungen werden zurückgegeben, sowie auf Verlangen auch solche,
                              									deren Prämie nach der Ansicht des Verfassers zu niedrig angesetzt ist.
                           Cöln, den 8. April 1872.
                           Im Auftrage des Cölner Bezirksvereines deutscher Ingenieure:
                              									der Vorsitzende Dr. Grüneberg
                              									in Kalk bei Cöln.