| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 204, Jahrgang 1872, Nr. , S. 335 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Das Heberlein'sche neue Bremssystem
                              									für Eisenbahnzüge.
                           Wieder ist es ein Deutscher, welchem der Preis einer durch die ganze Welt Epoche
                              									machenden Erfindung gebührt. Wir meinen nämlich das neue, für den Fahrdienst wie für
                              									die Fahrsicherheit auf den Eisenbahnen höchst wichtige Bremssystem, dessen Erfinder
                              									der königl. bayerische Maschinenmeister J. J. Heberlein
                              									ist. Dasselbe legt die wirkende Kraft bei der Zugsbremsung in die Achse und kann
                              									sowohl von der Maschine als vom Zugsbremser aus durch einfache Anziehung der
                              									Bremsleitung in sofortige Wirksamkeit gesetzt werden. Schon vor 16 Jahren begann der
                              									Erfinder sich mit dieser Idee zu beschäftigen, und wenn ein guter Theil dieser Zeit
                              									von den unausgesetzten Studien und Versuchen des Mannes in Anspruch genommen war, so
                              									trägt der Umstand, daß der alte Satz „nemo propheta
                                    											in patria“ sich auch da bestätigen sollte, auch mit Schuld,
                              									daß die Erfindung erst nach so langen Jahren der Praxis übergeben werden konnte. War
                              									es doch erst vor ein paar Jahren möglich, an einem vollständigen Zuge die ersten
                              									Versuche zu machen, und zwar geschah dieß auf der Elisabeth-Westbahn, nicht
                              									auf der bayerischen Staatsbahn. Nach dem Kriege sind von der Verwaltung der
                              									letztgenannten Bahn umfassende Versuche angestellt worden, welche sich vollständig
                              									bewährt haben; es ist auch bereits ein Zug zwischen München und Kufstein mit dieser
                              									Bremsvorrichtung versehen. Der entscheidende Schritt, die Angelegenheit zum
                              									Gemeingut des Weltverkehres zu machen, ist in diesem Augenblick geschehen, da ein
                              									Consortium von englischen Capitalisten dem Erfinder seine Patentrechte für
                              									Großbritannien für eine sehr hohe Summe abgelöst und von diesem die Befugniß
                              									erhalten hat, die Patente für ihn in Frankreich, Rußland, Amerika etc. zu erwerben,
                              									während sich Hr. Heberlein die Verwendung seines
                              									Unternehmens in den deutschen Staaten und Oesterreich-Ungarn vorbehalten hat.
                              									(Allgemeine Zeitung.)
                           
                        
                           Brown's Abschlußschieber für
                              									Wasserleitungen etc.
                           Dem Brown'schen Abschlußschieber kommt dieselbe
                              									Eigenthümlichkeit zu, welche den Peet'schen Schieber
                              									(beschrieben im polytechn. Journal Bd. CXCV S.
                                 										109) auszeichnet, die Eigenschaft nämlich, daß die Schieberplatten beim
                              									Schließen fest gegen ihren Sitz angepreßt werden. Es geschieht dieß dadurch, daß die
                              									Schieberplatten mit der Schraubenspindel zum Auf- und Niederführen derselben
                              									durch ein Kniegelenk verbunden sind, dergestalt daß im tiefsten Stand des
                              									Mechanismus die Abschlußplatten dicht anliegen.
                           Beim Aufdrehen der Schraubenspindel werden zunächst die Schieberplatten vom Sitze
                              									gelüftet und hierauf ohne größere Reibung in die Höhe gezogen. (Nach der San Francisco Scientific Press, April 1872, S. 209.)
                           
                        
                           
                           Russische Geschützgießerei.
                           Das System des amerikanischen Majors Rodman, schwere
                              									Geschütze aus Gußeisen über einen mit Wasser gekühlten Kern zu gießen, ist seit 6
                              									bis 7 Jahren auf dem Eisenwerke zu Finspang in Schweden zur Herstellung von
                              									schwedischen und dänischen Schiffsgeschützen, die überdieß noch am Bodenstücke durch
                              									umgelegte Stahlringe verstärkt sind, in Anwendung. Dieselbe Methode ist auch seit
                              									1869 auf den Demidoff'schen Werken bei Perm durch General
                              										Prestich für Marinegeschütze eingeführt worden. Das
                              									größte dort gegossene Rodman-Geschütz ist ein
                              									glatter 20 Zöller von 2700 Pud oder 43 1/2 Tonnen Rohrgewicht. Es hat im Bodenstück
                              									80 Zoll Durchmesser und an der Mündung 34 Zoll, und schießt eine Rundkugel von 1120
                              									Pfd. Gewicht mit 140 Pfd. Pulverladung. Nach 320 Schüssen zeigte sich das Rohr noch
                              									vollkommen gesund. (Berggeist. März 1872, S. 113.)
                           
                        
                           Ueber Geschütze aus Phosphorbronze.
                           Die Nachricht, daß die preußische Regierung in Folge mißglückter Versuche sich
                              									entschlossen habe, in Zukunft ausschließlich den Stahl für Geschütze zu verwenden
                              									und von weiteren Versuchen mit Geschützen aus Phosphorbronze abzusehen, wird in der
                              									Norddeutschen Allgemeinen Zeitung folgendermaßen dementirt: „Von berufener
                                 										Seite werden wir darauf aufmerksam gemacht, daß die aus der Nationalzeitung in
                                 										unser gestriges Blatt übergegangene Notiz über Phosphorbronze-Geschütze
                                 										eine radicale Unkenntniß dieser Legirung und der damit angestellten Versuche
                                 										bekundet.“ Die Elberfelder Zeitung theilt mit, „daß die
                                 										Versuche mit dem neuen Material keineswegs zum Abschlusse gekommen sind, da
                                 										bereits wieder vier neue Feldgeschütze aus Phosphorbronze fertig gestellt sind,
                                 										die den Beginn der Schußproben erwarten. Die im December v. J. mit einem 15
                                 										Centimeter-Belagerungsgeschütze begonnenen Schußproben sollen bis jetzt
                                 										durchaus nicht die Unbrauchbarkeit der Phosphorbronze für Geschütze mit hohen
                                 										Ladungen nachgewiesen haben und es ist unrichtig, wenn angegeben wurde, daß sich
                                 										bei diesem Geschütze nach einigen Schüssen Sprünge gezeigt hätten, das Rohr soll
                                 										vielmehr die Ladung von 6 3/10 Kilogrm. Pulver und 27 Kilogrm. Geschoßgewicht,
                                 										einige Ausbrennungen abgerechnet, recht gut ausgehalten haben.“
                              								
                           
                        
                           Große Panzerplatte.
                           Die größte Panzerplatte welche bis jetzt existirt, wurde kürzlich auf den Werken von
                              									Charles Cammell und Comp. zu
                              									Sheffield (Cyclops Works) vollendet. Dieselbe hat 20 Fuß
                              									(9,096 Met.) Länge, 9 Fuß (2,743 Met.) Breite und 8 Zoll (203 Millimet.) Dicke, und
                              									wiegt ungefähr 25 Tonnen (25400 Kilogrm.). Dieselbe ist für den Thurm des zu
                              									Portsmouth im Bau begriffenen mächtigen Panzerschiffes
                              										„Devastation“ bestimmt. (Engineering, Januar 1872, S. 63.)
                           
                        
                           Großer Gußstahlblock.
                           Auf der Krupp'schen Fabrik wurde – wie man aus
                              									Essen am 16. Februar d. J. meldet – ein Gußstahlblock von 100,000 Pfund
                              									gegossen, welcher so ausgefallen ist, daß derselbe voraussichtlich noch um 500 Pfund
                              									Mehrgewicht nachweisen wird. Das Gußstück wird zu einer Schiffsachse dienen.
                              									(Berggeist, Februar 1872, S. 103.)
                           
                        
                           Ueber das Schweißen von Kupfer.
                           Ueber eine in dieser Hinsicht gemachte – vorausgesetzt daß sie sich bewährt
                              									– sehr wichtige Erfindung wird aus Baltimore berichtet: Nach langen,
                              									fünfzehnjährigen, trotz
                              									des häufigen Fehlschlagens hartnäckig mit der Ueberzeugung des endlichen Gelingens
                              									eifrig immer und immer wieder erneuerten und fortgesetzten Versuchen, hat unser
                              									deutscher Mitbürger, Wm. Rehbein, jetzt das große
                              									Geheimniß gelöst, Kupfer zu schweißen. Bekanntlich mußte Kupfer bis dahin an den
                              									Verbindungsstellen ebenso wie die edleren Metalle Gold und Silber gelöthet werden.
                              									Die Arbeit des Löthens ist aber eine sehr schwierige und gelingt gewöhnlich erst
                              									nach mehrfachen Versuchen, und wo die gelötheten Stellen eine starke Kraft aushalten
                              									müssen, gehen dieselben gewöhnlich auseinander. In Folge dessen hat man bis dahin
                              									davon absehen müssen, Kupfer zur Herstellung von Ankerketten zu benutzen, obgleich
                              									es sich dazu, weil es durch Salzwasser nicht angegriffen wird, bedeutend besser
                              									eignet, wie das leicht corrodirende Eisen. Rehbein hat
                              									für seine Erfindung von der Vereinigten-Staaten-Regierung ein Patent
                              									erhalten und ist nebenbei bedeutet worden, daß seine Erfindung eine hochwichtige
                              									sey. Man hat eine von ihm als Probe gelieferte Kette einer ungeheuren Spannung
                              									ausgesetzt, und war nicht im Stande, dieselbe zu zerreißen. Nur ein Glied brach bei
                              									noch weiter erhöhter Spannung, aber nicht an der geschweißten Stelle, sondern im
                              									Metall. Eine geschweißte Kupferkette läßt sich für beinahe die Hälfte der Kosten
                              									einer gelötheten herstellen. Nicht mindere Bedeutung erhält diese Entdeckung
                              									dadurch, daß Kupferabfälle zu größeren Platten zusammengefügt werden können, während
                              									dieselben früher dazu den Proceß des Einschmelzens und Auswalzens von Neuem
                              									durchmachen mußten. (Wochenschrift des nieder-österreichischen
                              									Gewerbevereines.)
                           
                        
                           Ueber galvanisches Vernickeln der Metalle in
                              									Frankreich.
                           Das Vernickeln der Metalle auf galvanischem Wege wird von Hrn. Gaiffe, einem geschickten Constructeur elektro-medicinischer
                              									Apparate in Paris (40, rue
                                 										Saint-André-des-Arts), als Industriezweig
                              									betrieben, und zwar nach dem (ursprünglich Böttger'schen)
                              									Verfahren welches im Jahre 1869 durch Isaac Adams von
                              									Boston in Amerika eingeführt worden und dort in ausgedehnte Anwendung gekommen
                              									ist.
                           Eine Commission der Société d'Encouragement
                              									hat eine Anzahl von Hrn. Gaiffe vernickelter Gegenstände
                              									ganz besonders auf ihren Widerstand gegen Oxydation in der feuchten Luft und in der
                              									Atmosphäre der chemischen Laboratorien geprüft, und sich (nach dem Bericht von Lamy) durch die erhaltenen Resultate von der praktischen
                              									Wichtigkeit des neuen Industriezweiges überzeugt.
                           Bis jetzt wird das galvanische Vernickeln besonders für Sattler-,
                              									Schlosser-, Büchsenmacher-Arbeiten und chirurgische Instrumente
                              									angewendet, und im Allgemeinen für eiserne Gegenstände welche sich in Berührung mit
                              									den Händen oder der feuchten Luft leicht oxydiren, sowie für kupferne Gegenstände
                              									welche den salzigen Dämpfen des Meeres ausgesetzt werden.
                           Das Nickelsalz welches für die galvanischen Bäder angewendet wird, ist das vollkommen
                              									neutrale Doppelsalz von schwefelsaurem Nickeloxydul und Ammoniak. Das Verfahren ist
                              									leicht ausführbar, sicher und dabei ökonomisch; die Ablagerung von 1 Gramm Nickel,
                              									welche Quantität einen Quadratdecimeter hinreichend bedeckt, kommt nämlich nur auf
                              									10 Centimes zu stehen. (Bulletin de la Société
                                 										d'Encouragement, April 1872, S. 163.)
                           
                        
                           Ueber das Elektrischwerden gewisser Metalle beim Reiben mit
                              									Schwefelkohlenstoff.
                           Th. Sidot hat beobachtet, daß gewisse Metalle, wenn man sie in einem Glase mit Schwefelkohlenstoff reibt, elektrisch werden.
                              									Eisen, Silber und Aluminium geben unter solchen Umständen, wenn die Reibung
                              									hinreichend stark ist,
                           Funken. Um den Versuch auszuführen, bringt man in eine vollkommen trockene Glasröhre
                              									von dickem weißen Glas 15 bis 20 Grm. granulirtes Silber
                              									und 30 bis 40 Grm. reinen Schwefelkohlenstoff, und schließt die Röhre vor der Lampe.
                              									Darauf erwärmt man gelinde und schüttelt im Dunkeln,
                              									wobei man Funken innerhalb der Flüssigkeit erscheinen sieht. Die Zahl derselben
                              									nimmt, je länger und je stärker man schüttelt, zu, so daß die Röhre bald vollständig leuchtend
                              									erscheint. Begießt man während dieser Elektricitätserscheinung die Röhre von außen
                              									mit Wasser, so hört alle Lichterscheinung sofort auf, tritt aber bei neuem Schütteln
                              									wieder ein. (Chemisches Centralblatt, 1872 S. 129.)
                           
                        
                           Zersetzungserscheinungen beim Manganchlorür; von F. W. Krecke in Utrecht.
                           Den Namen Chamaeleon minerale führt bekanntlich das mangansaure Kali, wegen der merkwürdigen
                              									Farbenveränderungen welche die wässerige Lösung dieses Salzes, der Luft ausgesetzt,
                              									erfährt. Unter den anderen Mangansalzen gibt es eines, welches mit eben so vielem,
                              									wenn nicht mit größerem Rechte mit diesem Namen belegt werden könnte, nämlich das
                              										Manganchlorür.
                           Bei zunehmender Concentration einer wässerigen Auflösung dieses Salzes bei einer
                              									Temperatur zwischen 70 und 100° C. nimmt die anfänglich farblose Auflösung
                              									erst eine rosenrothe, darauf eine gelbe Farbe an, um endlich, noch bevor es
                              									krystallisirt, prächtig grün zu werden. Diese Erscheinung, welche, soweit mir
                              									bekannt, noch nicht beschrieben ist, wurde von mir beobachtet, als ich beschäftigt
                              									war chemisch reine Krystalle jenes Salzes zu bereiten, um die verschiedenen
                              									Methoden, Eisen quantitativ von Mangan zu trennen, einer näheren Untersuchung zu
                              									unterwerfen.
                           Eine Auflösung der rosenrothen Krystalle von Manganchlorür in 10 bis 12 Theilen
                              									Wasser, ist sowohl bei gewöhnlicher, als auch bei der Siedetemperatur farblos. Bei
                              									stärkerer Concentration färbt sie sich hellroth, welche Farbe dunkler und dunkler
                              									wird, je mehr der Wassergehalt der Auflösung abnimmt. Wird diese Auflösung auf einem
                              									Wasserbade bei einer Temperatur über 70° C. eingedampft, so ist die rothe
                              									Farbe am dunkelsten, wenn der Salzgehalt circa 15
                              									Procent beträgt. Bei größerer Concentration wird die Lösung mehr und mehr
                              									orangefarben, um endlich bei einer Concentration von ungefähr 20 Procent hellgelb zu
                              									werden, und eine Farbe anzunehmen, die am besten zu vergleichen ist mit einer
                              									verdünnten Auflösung von chromsaurem Kali. Läßt man die gelbe Lösung erkalten, so
                              									geht bei einer Temperatur von etwas unter 70° C. die gelbe Farbe wieder in
                              									die gewöhnliche rosenrothe über.
                           Die erste Frage nun, welche sich hier auswirft, ist, ob die Farbenveränderung von
                              									Roth in Gelb zugleich mit dem Entweichen von Salzsäure aus der Auflösung verbunden
                              									ist; mit anderen Worten, ob die gelbe Farbe derselben einer Zersetzung zugeschrieben
                              									werden muß. Das Experiment gibt hierauf eine bestimmte Antwort.
                           Eine Auflösung, welche über 70° C. gelb geworden, erweist sich nach einer
                              									damit angestellten Analyse als völlig unzersetzt; fährt man jedoch fort, die
                              									Auflösung zwischen 70 und 100° C. zu verdampfen, so daß sie mehr und mehr
                              									eine grüne Farbe annimmt, welche schließlich vollkommen der Farbe einer
                              									concentrirten Nickelsalzlösung gleicht, so ergibt eine damit angestellte Analyse,
                              									daß eine geringe Menge Chlor (1,6 Procent) in Form von Salzsäure entwichen ist.
                           Eine weiter zu beantwortende Frage ist die: wird die grüne Farbe der Lösung wohl
                              									lediglich durch Entweichen von Salzsäure verursacht? Hier sind folgende
                              									Erscheinungen zu beachten:
                           Die Lösung nimmt beim Erkalten wieder eine rosenrothe Farbe an, und liefert Krystalle
                              									wasserhaltigen Manganchlorürs. Die grüne Farbe verschwindet nicht durch Hinzufügung
                              									concentrirter Salzsäure, Schwefelsäure oder Salpetersäure. Verdünnt man die Lösung
                              									mit kochendem absoluten Alkohol, so behält sie ihre Farbe. Löst man krystallisirtes
                              									Manganchlorür in absolutem Alkohol auf, so zeigt die Lösung gleichfalls, auch bei
                              									gewöhnlicher Temperatur, eine grüne Farbe, liefert jedoch beim Verdampfen rothe
                              									prismatische Krystalle. Durch Hinzufügung von Wasser zur alkoholischen Lösung geht
                              									deren Farbe durch Gelb in Roth über. Die grüne Farbe der Lösung muß deßhalb dem in
                              									Auflösung befindlichen wasserfreien Manganchlorür
                              									zugeschrieben werden. In einer concentrirten Auflösung wird daher bei Gegenwart von
                              									Wasser in erhöhter Temperatur das wasserhaltige Manganchlorür in ein wasserfreies
                              									Salz und Wasser gespalten.
                           Wird krystallisirtes Manganchlorür durch einen trockenen Luftstrom in einem
                              									Trockenkästchen erhitzt, indem man zugleich in diesem Luftstrom ein Stück blaues
                              									Lackmus- und ein
                              									Stück Indigopapier anbringt, um zu sehen ob Salzsäure oder Chlor entweichen, so
                              									bemerkt man daß bei 72° C. das Lackmuspapier beginnt roth zu werden. Das Salz
                              									wird heller, es entweicht viel Wasserdampf und Salzsäure, bis das Thermometer auf
                              									130° C. gestiegen ist, wo dann das Salz grün erscheint und die Entwickelung
                              									von Salzsäure aufhört. Bis auf 200° C. erhitzt, entweicht kein Chlor, und das
                              									Stückchen Indigopapier bleibt unverändert.
                           Wird krystallisirtes Manganchlorür bei 100° C. getrocknet, so erhält man eine
                              									hellgrüne Masse, welche nicht mehr wie das ursprüngliche Salz hygroskopisch ist. Sie
                              									löst sich theilweise in Wasser unter Wärmeentwickelung mit hellrother Farbe auf. Der
                              									unaufgelöste Theil bildet ein weißes Pulver, welches in verdünnter Säure löslich und
                              									wahrscheinlich ein basisches Chlorid ist. (Journal für praktische Chemie, 1872 S.
                              									105.)
                           
                        
                           Reagens zur Erkennung von salpetriger oder Salpetersäure in
                              									käuflicher Schwefelsäure.
                           E. Kopp benutzt das Diphenylamin als sehr empfindliches
                              									Reagens zur Erkennung und auch zur quantitativen Bestimmung von salpetriger oder
                              									Salpetersäure in käuflicher Schwefelsäure. Das Reagens wird bereitet durch
                              									Uebergießen einiger Krystalle von Diphenylamin mit reiner Schwefelsäure, Zusatz von
                              									etwas Wasser, wodurch die Temperatur etwas erhöht und das Diphenylamin gelöst wird,
                              									und Vermischen mit einer größeren Quantität reiner Schwefelsäure. Die klare farblose
                              									Lösung erzeugt in gewöhnlicher Schwefelsäure von 60 oder 66° Baumé,
                              									oder Kammersäure (52° Baumé selbst wenn nur Spuren von salpetriger
                              									Säure zugegen sind, auf der Stelle eine sehr schöne blaue Färbung, welche sich
                              									Stunden, ja Tage lang unverändert hält. Die Reaction ist wenigstens so empfindlich
                              									als die mit Eisenvitriol, und leichter und angenehmer auszuführen. Sie kann zu einer
                              									colorimetrisch-quantitativen Bestimmung der salpetrigen Säure in der
                              									Schwefelsäure benutzt werden, indem man z.B. 1 Kubikcentimeter der zu untersuchenden
                              									Säure und 1 Kubikcentimeter einer Schwefelsäure von bekanntem Gehalt an salpetriger
                              									Säure mit einem Ueberschuß des Reagens (0,1 Grm. Diphenylamin in 1 Liter reiner
                              									Schwefelsäure) mischt und hierauf die eine oder andere blaue Lösung mit so viel
                              									reiner Schwefelsäure versetzt, bis die Farbenintensität beider gleich ist. Wenn auch
                              									nicht absolut genau, ist dieses Verfahren doch für die meisten Fälle der Industrie
                              									ausreichend und unvergleichlich einfacher als andere schwer auszuführende und auch
                              									nicht absolut sichere Methoden der Bestimmung von salpetrigen Dämpfen in der
                              									Schwefelsäure. (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft zu Berlin.)
                           
                        
                           Corallin auf Wolle gedruckt.
                           Das Corallin-Ponceau, im Handel auch wohl Purpurin genannt, findet in der
                              									Wollfärberei mehrfach Anwendung; dagegen hat es sich im Wolldruck noch keinen
                              									Eingang verschafft. Der Grund hiervon liegt darin, daß die rothe Farbe des Corallins
                              									durch die Einwirkung von Säuren sehr leicht in Gelb umgewandelt wird, und daß das
                              									Corallin beim Druck auf Wolle in verschiedener Weise leicht mit Säuren in Berührung
                              									kommt. Ich habe nun, um der nachtheiligen Einwirkung derselben vorzubeugen, mit
                              									Vortheil die gebrannte Magnesia angewendet, sowohl bei wasserlöslichem als bei
                              									spritlöslichem Corallin. Die so resultirende Farbe ist ein sattes Türkischroth,
                              									welches Jahre lang sein Leben und Feuer behält. Dieses Roth ist um ca. 30 Proc. billiger, als Cochenilleroth, und hat vor
                              									diesem noch den Vorzug, daß es beim Waschen in Wasser mit viel kohlensaurem Kalk
                              									nicht in's Blaue spielt. Auch erleidet die Anwendung der Farbe nur die Beschränkung,
                              									daß sie nicht in Cachemirpartien disponirt wird, wo sie von allen Seiten mit stark
                              									sauren Farben umgeben ist, welche die Wirkung der Magnesia überwältigen. Ohne alle
                              									Gefahr läßt sie sich in größeren Partien zu Leisten und Spiegeln verwenden, wo
                              									gerade die Preisdifferenz gegenüber dem Cochenilleroth sich am meisten geltend
                              									macht.
                           Ich habe nach folgender Vorschrift gearbeitet:
                           
                           
                              
                                 
                                 
                                 801/161/4
                                 Grm. Corallin,Liter Glycerin,Liter Wasser,
                                 
                                    
                                    
                                 heiß gelöst,
                                 
                              
                                 
                                 
                                    
                                    
                                 1401/4
                                 Grm. Magnesia usta, mitLiter
                                    											Wasser vorsichtig angerührt,
                                 
                              
                                 zu Obigem,
                                 und das Ganze verdickt mit
                                 
                              
                                 
                                 
                                 3/4
                                 Liter Gummiwasser (500 Grm. pro
                                    											Liter),
                                 
                              
                                 gedruckt, gedämpft, gewaschen, wie gewöhnlich.
                                 
                              
                           Das Corallin läßt sich auch auf Baumwolle als schönes Roth für Dampfartikel zum
                              									Waschen benutzen, indem man die Lösung desselben, ebenfalls unter Zusatz von
                              									Magnesia, mit Stärke und Ei-Albumin verdickt aufdruckt. Zu beachten ist hier,
                              									daß die Farbe nicht zu alt werden darf, weil mit der Zeit die Magnesia und das
                              									Albumin eine unlösliche Verbindung mit einander eingehen und so die Farbe hart und
                              									brockig machen.
                           In neuerer Zeit findet das Corallin im Baumwolldruck in anderer Weise häufige
                              									Verwendung, für welche die Magnesia in gleicher Eigenschaft als Conservirungsmittel
                              									empfohlen werden kann, obschon diese Art der Fabrication, welche weniger als falsch
                              									ist, eine Unterstützung nicht verdient. Es hat sich nämlich in etlichen Fabriken
                              									eine Art Tapetendruckerei für Baumwolle breit gemacht, in der Weise daß man die
                              									Lösungen der Anilinfarben und insbesondere des Corallins einfach mit Stärke oder
                              									Traganth verdickt und so aufdruckt. Dr. Kielmeyer. (Musterzeitung, Zeitschrift für Färberei etc.,
                              									1872, Nr. 9.)
                           
                        
                           Versuche über die Conservirung des Bieres für den Seetransport
                              									nach dem Velten'schen Erwärmungsverfahren; von Oscar Knab, Brauereitechniker in den Brauereien von Jos. Sedlmayer in München.
                           Das von Velten u.a. empfohlene (im Jahrg. 1870 des
                              									polytechn. Journals Bd. CXCVII S. 180
                              									besprochene) Erwärmen des Bieres behufs der Conservirung desselben hat bereits in
                              									den größten Exportbierbrauereien Anwendung gefunden und dort seine Brauchbarkeit
                              									bewährt. Dennoch war es von Interesse, einen Versuch in Bezug auf die Haltbarkeit
                              									des so behandelten Bieres im Vergleich mit nicht durch ein Conservirungsmittel
                              									behandeltem Biere zu machen. Zu diesem Versuche wurden sechs Champagnerflaschen mit
                              									dem gleichen Biere (Märzenbier nach Wiener Art, welches den 23. Januar 1871 gefaßt
                              									wurde) gefüllt, so daß am Halse der Flaschen 4,5 Centimeter für den Luftraum und
                              									Kork leer blieben. Die Flaschen wurden mit guten, in Paraffin getränkten Korken
                              									verschlossen, in denen ein in 100 Theile graduirtes Luftmanometer eingesetzt war,
                              									damit man den Verlauf der Nachgährung an dem bewirkten Druck beobachten könne. Drei
                              									der so gefüllten und luftdicht verschlossenen Flaschen – im Folgenden mit A₁, A₂ und A₃ bezeichnet – wurden im Wasserbade nach dem Velten'schen Verfahren auf die constante Temperatur von
                              									48° C. gebracht und eine halbe Stunde lang in derselben erhalten. Als diese
                              									Temperatur erreicht war, zeigten die Manometer nach der Centesimaleintheilung
                              									folgenden Druck: A₁ = 67, A₂ = 66,5, A₃ =Von der Flasche A₃ wurde durch diesen
                                    											Druck der Kork herausgeworfen, und beim Wiederschließen sicher
                                    											atmosphärische Luft, also Sauerstoff zugeführt, weßhalb auch die betreffende
                                    											Analyse einen Essigsäuregehalt kund gab. Denn bei den übrigen Bieren wurde
                                    											jedenfalls durch die beim Füllen sich entwickelnde Kohlensäure die Luft aus
                                    											dem Halse der Flaschen vollständig verdrängt.. Die Flaschen hatten also nahezu 3 Atmosphären Druck zu widerstehen.
                           Die übrigen drei Flaschen – B₁, B₂ und B₃
                              									–, welche man nicht erwärmte, wurden derselben Temperatur ausgesetzt, wie die
                              									erwärmten, nämlich in einem geheizten Locale aufgestellt, wo die Temperatur während
                              									des Tages 20° C., während der Nacht 15° C. betrug. Die Flaschen
                              									blieben daselbst vom 1. April an stehen, und zwar B₁ bis zum 18. April, wo der Kork ausgeworfen wurde, A₁, A₃ und B₂ bis zum 25. Mai, A₂ und B₃ bis zum 30. Juni, indem
                              									der Verf. täglich die Manometerstände beobachtete. Aus den Beobachtungen, deren
                              									Details in unserer Quelle mitgetheilt sind, ergab sich daß das erwärmt gewesene Bier
                              									bis zum 15. Tage gar keine Gährung durchmachte und von da an eine langsame Gährung
                              									begann, welche erst nach und nach etwas stärker zu werden schien, während die nicht
                              									erwärmten Biere schon am dritten Tage eine, und zwar lebhafte Gährung begannen. Mit
                              									diesen Resultaten der beobachteten Manometerstände stimmten auch die bei den Bieren
                              									gemachten Beobachtungen der äußeren Erscheinungen, welche in unserer Quelle
                              									ebenfalls näher beschrieben sind, überein. Der Inhalt der einzelnen Flaschen wurde
                              									zu den angegebenen Zeitpunkten analysirt; die Flasche A₃ wurde deßhalb nicht länger stehen gelassen, weil sie, wie schon
                              									bemerkt, beim Erwärmen den Kork ausgeworfen hatte und deßhalb für den Versuch
                              									alterirt war, aber auch keinen Gegner zum Vergleich mehr hatte, da auch von B₁ der Kork ausgeworfen war. Die Analysen ergaben
                              									folgende Resultate in Procenten:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 204, S. 340
                              Biere; Alkohol; Extract; Zucker;
                                 										Dextrin; Essigsäure; Milchsäure; I. A₁ den
                                 										25. Mai 1871; B₂ den 25. Mai 1871; II. A₂ den 30. Juni 1871; B₃ den 30. Juni 1871; B₁ den
                                 										18. April 1871; A₃ den 25. Mai 1871; C
                                 									
                              
                           Diese Analysen zeigen theils durch den geringeren Gehalt an Alkohol und Milchsäure
                              									(Gährungssäuren), theils durch den größeren Gehalt an Extract, Zucker und Dextrin
                              									der Biere A gegenüber den Bieren B ebenfalls, daß durch das Erwärmen auf 48° C. die Nachgährung in
                              									den Flaschen gehemmt, und somit ein Hauptmoment der Conservirung, nämlich die
                              									Erhaltung eines bestimmten Extractgehaltes, erreicht wird. Hiermit ist aber dem
                              									Sauerwerden noch nicht vorgebeugt, und es scheint der luftdichte Verschluß für die
                              									Conservirung des Bieres ein ebenso wichtiges Moment zu seyn. In der Zusammenstellung
                              									der Analysen ist unter C die Analyse des Bieres
                              									beigefügt, welches unterdessen im Sommerkeller gelagert war; auch aus dem Vergleiche
                              									dieser Analyse ergibt sich das beste Resultat für das Erwärmungsverfahren.
                           Die Untersuchung der Biere durch den Geschmack ergab für dieses Verfahren ein nicht
                              									minder günstiges Resultat. Die Biere A₁ und A₂ gewährten nämlich noch einen so reinen und
                              									glatten Trunk, daß sie nach vorher erfolgter Abkühlung von dem Bier, welches
                              									unterdessen in dem mit Eiskästen versehenen Sommerkeller gelagert war, nicht im
                              									mindesten unterschieden waren, während die Biere B,
                              									gerade nicht sauer, doch einen sogenannten alten Trunk darboten und dadurch den
                              									ersteren in der Qualität bedeutend nachstanden.
                           Die wichtige Frage, ob das Bier durch eine halbstündige Einwirkung der constanten
                              									Temperatur von 48° C. schal wird, und wie lange es schal bleibt, ist mit Ja
                              									zu beantworten; denn die Kohlensäure wird durch das Erwärmen aus dem Biere
                              									entwickelt, d.h. sie ist nachher nicht mehr in Lösung, sondern befindet sich zwar
                              									unter größerer Spannung, jedoch nur im Luftraum der Flasche, und eine nach dem
                              									Erwärmen abgekühlte Flasche Bier hat keine Spur von Kohlensäure, das Bier ist schal.
                              									Es wird erst dann wieder kohlensäurehaltig oder bekommt Leben, wenn ihm durch die
                              									wieder beginnende Gährung neue Kohlensäure zugeführt wird. Die Dauer des schalen
                              									Zustandes hängt ganz von der einwirkenden Temperatur ab und ist, je wärmer, desto
                              									kürzer, je kälter hingegen, desto länger. Bei den Versuchen des Verf. war dieser
                              									Zustand mit dem 15. Tage beendet, von wo an ein allmähliches Steigen der Manometer
                              									eintrat, und es dürfte mit 40° Manometerstand am 18. bis 21. Tage das
                              									Moussiren des Bieres wieder erreicht worden seyn. (Der bayerische Bierbrauer, 1872, Nr. 1.)
                           
                        
                           
                           Ein wichtiger Fortschritt in der Papierfabrication
                              									(Cellulosepapier).
                           Der täglich wachsende Bedarf an Papier hat schon seit einiger Zeit zur Verwendung von
                              									Ersatzstoffen für Lumpen geführt, wie sie in diesem Maaße früher nicht vorgekommen.
                              									Stroh, welches sonst nur zu Packpapier gebraucht worden, wird jetzt selbst für
                              									besseres Papier angewendet und England, das sich vorzugsweise auf das ihm durch
                              									billige Fracht zugängliche Spartogras warf, hat schon im Jahre 1866 über 1,400,000
                              									Centner davon eingeführt. Das wichtigste Ersatzmittel ist aber in neuerer Zeit das
                              									Holz geworden, seitdem es durch die von Völter in
                              									Heilbronn construirte Holzschleifmaschine möglich geworden, es in seine feinsten
                              									Fasern zu zerlegen. Zahlreiche Fabriken sind seitdem entstanden, welche nur
                              									Holzstoff für die Papierfabriken erzeugen und eine große Erleichterung für alle
                              									Papier verbrauchenden Geschäfte, ja für das ganze Volk bilden.
                           Die Verwandlung des Holzes in seine Fasern auf mechanischem
                                 										Wege erfordert viel Kraft, der Zeug muß außerdem durch Mahlen vollends
                              									klein gemacht werden, verliert aber dadurch sehr an Haltbarkeit. Es sind deßhalb
                              									schon seit mehreren Jahren wiederholte Versuche gemacht worden, u.a. von Adamson, Keegan, Deininger, Broad, Sinclair, Tessié du Mothay, das Holz auf chemischem Wege zu zerlegen. Von diesen haben nur die zwei letzteren
                              									praktischen Erfolg gehabt. Das Verfahren des Engländers Sinclair namentlich ist bereits an mehreren Orten ausgeführt und liefert
                              									einen besseren und billigeren Stoff, als der bisherige war. Nach den uns zugehenden
                              									Berichten stellt sich der Centner gebleichten guten Stoffes aus Fichtenholz auf
                              									10–13 fl. je nach den Preisen der nöthigen Stoffe, der von Tessié etwas höher.
                           Alle diese Verfahren beruhen auf der Anwendung sehr hohen Druckes – bis 14
                              									Atmosphären – unter Einwirkung einer starken Sodalauge. Das Bleichen
                              									geschieht wie bisher durch Chlorkalk. Man gewinnt aus Nadelholz von 20 Procent
                              									Wassergehalt ungefähr 1/3 Stoff, hat also 2/3 Abgang an Holz; von Laubholz hat man
                              									weniger Abfall und braucht auch weniger Soda und Chlor, namentlich bei Aspen, die
                              									den weißesten Holzstoff liefern. Das Mißliche bei diesen Verfahren ist der
                              									bedenklich hohe Druck und der Umstand, daß der Zeug doch noch gemahlen werden muß,
                              									also immer nicht die Festigkeit von Hadernzeug hat. Sinclair sucht die Gefahr des hoch gespannten Druckes dadurch zu mindern,
                              									daß er den Kessel mit einem Mantel umgibt und in dem so entstandenen Zwischenraum
                              									einen Gegendruck von 8 Atmosphären erzeugt, so daß der Druck auf die Kesselwand
                              									selbst auf 6 Atmosphären ermäßigt wird. Ein Uebelstand bleibt es aber immer, zudem
                              									der Druck doch nicht ausreicht, um die Fasern vollständig zu lösen und unversehrt zu
                              									erhalten. Letzteres scheint nun dem deutschen Chemiker Ungerer gelungen zu seyn, welcher der Structur und dem Verhalten der
                              									Fasern den genannten Mitteln gegenüber näher nachforschend, endlich das Gesetz
                              									gefunden hat, nach welchem die Auflösung vor sich gehen muß.Man sehe die Mittheilungen von Prof. Wiesner über
                                    												Ungerer's Papiere im polytechn. Journal,
                                    											1871, Bd. CCI S. 157. Derselbe braucht in Folge dessen nur 5 bis 6 Atmosphären Ueberdruck, die
                              									Hälfte Soda und nur den fünften Theil Chlor, letzteres deßhalb weil die
                              									Incrustationen des Holzes besser gelöst werden und dasselbe deßhalb leichter zu
                              									bleichen ist.
                           Wir lassen hier eine Zusammenstellung der beiden Verfahren für 1000 Kilogrm.
                              									gebleichten trockenen Stoffes berechnet folgen:
                           
                              
                                 
                                    Ungerer
                                    
                                 
                                    Sinclair
                                    
                                 
                              
                                 2250 Kilogrm.
                                 Holz
                                 2250 Kilogrm.
                                 Holz
                                 
                              
                                   212      
                                    											„
                                 Soda
                                   562      
                                    											„
                                 Soda
                                 
                              
                                   128      
                                    											„
                                 Chemikalien zu 1 1/2 fl. der Ctr.
                                   750      
                                    											„
                                 Kohlen
                                 
                              
                                   900      
                                    											„
                                 Kohlen
                                   250      
                                    											„
                                 Chlorkalk
                                 
                              
                                     50      
                                    											„
                                 Chlorkalk
                                 
                                 
                                 
                              
                           Für Nadelholz von 20 Proc. Wassergehalt gibt Ungerer den
                              									Verbrauch auf 3000 Kil. Holz zu 360 Kil. Soda, 220 Kil. Chemikalien, 1200 Kil.
                              									Kohlen und 50 Kil. Chlorkalk an.
                           Die wesentliche Verschiedenheit beider Verfahren beruht demnach in der größeren Menge
                              									von Soda und Chlorkalk, welche Sinclair dem Ungerer'schen Verfahrengegenüber nöthig hat.
                              									Auffallend ist, daß Sinclair bei seinem enormen
                              									Dampfdruck nur 750 Kil. Kohlen notirt, während Ungerer
                              									bei einem halb so großen 900 und bei Nadelholz gar 1200 braucht. Es steht zu
                              									vermuthen, daß ersterer Posten in der Praxis sich etwas erhöht oder letzterer sich
                              									zu Gunsten des Ungerer'schen Verfahrens vermindert; bis
                              									jetzt liegen von letzterem nur Laboratoriumsversuche vor, eine Fabrik für 50 Centner
                              									tägliche Production ist aber im Bau und wird in drei Monaten eröffnet, zwei andere
                              									werden demnächst in Angriff genommen.
                           Welche Bedeutung diese Erfindungen haben, ist daraus zu erkennen daß nach Sinclair's und Tessié's
                              									Verfahren die Herstellungskosten des Holzstoffes um fast ein Drittel, nach dem Ungerer's sogar um die Hälfte vermindert werden. Der
                              									Wettbewerb von Fabriken welche nach ersteren arbeiten, fängt deßhalb schon an sich
                              									geltend zu machen. Die belgischen Fabriken z.B. haben trotz eines Zolles von 2 fl.
                              									die Papierpreise am Rhein schon bedeutend gedrückt. Unsere einheimischen Anstalten
                              									werden deßhalb suchen müssen, möglichst rasch nachzukommen, um nicht dauernd Schaden
                              									zu leiden. In Wien hat sich bereits eine große Actiengesellschaft unter dem Namen
                              										„Cellulose“ mit einem Grundstock von 3,000,000 fl.
                              									gebildet, um das österreichische Patent von Tessié du
                                 										Mothay und andere ähnliche zu erwerben, Holzstoff- und
                              									Papierfabriken zu errichten, sowie den Handel mit Papier im großen Maaßstabe zu
                              									betreiben. Eine zweite Gesellschaft ist zu Wien in der Bildung begriffen, um das Ungerer'sche Verfahren zu erwerben, und eine dritte hat
                              									das sächsische Patent erworben. – Das Verfahren Ungerer's gewinnt dadurch noch an Bedeutung, daß es beim Papier nicht
                              									stehen bleibt, sondern überhaupt alle Pflanzenfasern löst, auch die zum Spinnen
                              									geeigneten Man wird deßhalb künftig keinen Hanf oder Flachs mehr brechen, rösten,
                              									schwingen etc, sondern ihn mittelst des Ungerer'schen
                              									Verfahrens in so feine Fasern zertheilen, wie es auf mechanischem Wege nicht möglich
                              									ist und zwar ohne weitere Zurichtung als in einem Mischholländer. Ebenso braucht Ungerer's Holzzeug nicht gemahlen zu werden; es wird also
                              									nicht bloß die dafür nöthige Kraft gespart, sondern auch die Haltbarkeit des
                              									Papieres erhöht. Der Zeug ist so fest, daß eine Beimengung von Hadernzeug unnöthig
                              									ist. Es leuchtet ein, daß dieß einen tiefschneidenden Einfluß auf die ganze
                              									Papierfabrication, aber namentlich auf den Lumpenhandel äußern muß. Die Preise der
                              									Lumpen müssen in demselben Verhältniß sinken, wie der alte Holzstoff gegen den
                              									neuen.
                           Die Fabrication selbst wird durch die neuen Verfahren wesentlich vereinfacht, das
                              									kostspielige Schleifen des Holzes fällt weg, und man braucht nur noch circa 10 Pferdekräfte für die Holzschneidmaschine, 2 für
                              									die Säge, 2 für den Milchholländer und 2 für die Pumpen, also im Ganzen circa 18 Pferdekräfte, um täglich 50 Centner Stoff zu
                              									fertigen. Sinclair braucht noch einige Pferdekräfte um
                              									den Stoff zu mahlen. Fassen wir die Sache zusammen, so liegen die Vorzüge des
                              									chemischen Verfahrens (und speciell die des Ungerer'schen
                              									vor dem von Sinclair, Tessié etc.) in
                              									Folgendem:
                           1) Einfachheit und größere Billigkeit des Verfahrens,
                           2) geringerer Dampfdruck (6 Atmosph. gegen 14),
                           3) geringerer Soda-Verbrauch (die Hälfte von Sinclair),
                           4) geringerer Verbrauch von Chlorkalk (nur 1/5),
                           5) nahezu vollständige Wiedergewinnung der Soda (98 Proc., während Sinclair und Tessié nur
                              									70 Proc. erhalten),
                           6) Ersparniß an Kraft, da das Mahlen wegfällt, und
                           7) größere Festigkeit des Stoffes.
                           (Arbeitgeber, Mai 1872, Nr. 783.)
                           
                        
                           Röhren aus Papier für Gas- und
                              									Wasserwerks-Anlagen.
                           Bei der im vorigen Jahre in Wien stattgehabten Versammlung des Vereines der deutschen
                              									Gas- und Wasserfachmänner war eine Sammlung von verschiedenen Röhrenmustern,
                              									aus mit Asphalt imprägnirtem Papier erzeugt, zur Ansicht ausgestellt. Nachdem
                              									zugleich eine große Zahl Atteste von Gemeinden, Fabriks- und
                              									Bergwerksbesitzern über die mehrjährige Verwendung dieser Asphaltröhren sich äußerst
                              									günstig ausgesprochen, überdieß auch technische Autoritäten in gleicher Weise ihr
                              									Votum abgegeben haben,
                              									so glauben wir unseren Lesern über diese Röhren eine ausführlichere Mittheilung
                              									bringen zu sollen.
                           Diese Röhrensorte eignet sich außer zur Gas- und Wasserleitung, noch
                              									insbesondere zur Zuführung und Vertheilung von Salzsoolen und ähnlichen die Metalle
                              									angreifenden Flüssigkeiten; sie finden ferner mit größtem Vortheile ihre Verwendung
                              									für Gebläse-, Sprachrohr-, unterirdische Telegraphendraht-,
                              									Wind- und Wellenleitungen in Bergwerken und für viele andere ähnliche
                              									Zwecke.
                           Wie der Repräsentant der in Westphalen etablirten Fabrik (Firma J. Ch. Leye in Bochum) bekannt gibt, wird unmittelbar nach
                              									Eintritt der günstigeren Witterung die Legung einiger größeren Leitungsstrecken, so
                              									z.B. für die Nordbahn-Station Saitz und die Kaltbade- und Heilanstalt
                              									Prießnitzthal bei Mödling und an einigen anderen Plätzen beginnen.
                           Die Erzeugung der Asphaltröhren findet in der Weise statt,
                              									daß eine eigene Papiersorte, deren Breite der Länge der einzelnen Rohre gleichkommt,
                              									durch geschmolzenen Asphalt (Erdharz) gezogen, und mittelst eigenthümlich
                              									construirter Maschinen auf einen Cylinder gewickelt wird, dessen Stärke der lichten
                              									Weite der zu fertigenden Röhre entspricht und bei welcher Manipulation die heiße
                              									Asphaltmasse gleichmäßig vertheilt wird.
                           Nach dem Erkalten der in solcher Art geformten Röhre wird dieselbe vom Kerne
                              									abgezogen und mit einem besonderen harten, unauflöslichen, gas- und
                              									wasserdichten Ueberzuge der inneren Fläche versehen, wodurch letztere glatt und
                              									spiegelblank wird, während die Außenseite einen Anstrich von Asphaltfirniß, gemischt
                              									mit feinem Quarzsand, erhält. – Dieses Fabricat besitzt nun eine solche
                              									Festigkeit und Dichtheit, daß es einem Drucke von mehr als 15 Atmosphären
                              									widersteht, wenngleich die Wandstärke kaum einen halben Zoll beträgt. Die
                              									Asphaltröhren können also unter den höchsten Dämmen mit vollster Sicherheit liegen
                              									und leiden ebensowenig von Stößen, Erschütterungen als auch von ungleichen
                              									Pressungen, wie solche in der Praxis oft vorkommen.
                           Da Asphalt den Einflüssen der Witterung Trotz bietet, daher auch schon die alten
                              									Aegyptier bei ihren Mumien ihn benutzten, und Asphalt heutzutage bei Dächern,
                              									Trottoirs u. dgl. verwendet wird, so ist vorauszusehen daß auch die
                              									Asphalt-Röhren eine unbegrenzte Dauer besitzen müssen, indem auf ihr Aeußeres
                              									lediglich nur die Bodenfeuchtigkeit einzuwirken vermag.
                           Bekanntlich werden eiserne Röhren, bevor sie in die Erde gebettet werden, mit einem
                              									Theerharz- oder Asphaltüberzug versehen, um hierdurch an Dauerhaftigkeit zu
                              									gewinnen. Wenn nun aber der bei eisernen Leitungen nur als Schutzmittel dienende
                              									Körper bei den Asphaltröhren als Erzeugungsmaterial benutzt wird, so ist klar,
                              									welche große Haltbarkeit die letzteren besitzen müssen. Nicht nur daß in dieser
                              									Beziehung mehr als sechzehnjährige Erfahrungen vorliegen,
                              									sondern wir hatten auch selbst Gelegenheit ein Asphaltrohr zu sehen, welches,
                              									bereits 15 Jahre bei einer Gasleitung in Gebrauch gewesen, vollständig unversehrt
                              									war und nicht die kleinste Beschädigung erlitt, als es kürzlich einem Drucke von 24
                              									Atmosphären unterworfen wurde.
                           Erschütterungen jeder Art, sowie Frost wirken auf Asphaltröhren in gar keiner Weise
                              									ein, und da dieselben ferner den Zerstörungsursachen der Metallröhren durch
                              									Oxydirung oder durch ätzende Beimischungen der durchgeleiteten Flüssigkeiten nicht
                              									unterliegen, so erleidet ihre Dauerhaftigkeit auch in dieser Hinsicht keine wie
                              									immer geartete Beeinträchtigung. Asphalt ist ein schlechter Wärmeleiter, weßhalb das
                              									in daraus erzeugten Röhren geleitete Wasser im Winter vor Kälte, im Sommer gegen
                              									Erwärmung geschützt ist; dieselbe Eigenschaft verhütet auch die bei den Metallröhren
                              									so schädliche Ausdehnung und Verkürzung nach der Längenrichtung, wodurch häufig
                              									Röhrenbrüche und Undichtheiten entstehen. In Folge dessen können Asphaltröhren viel
                              									leichter in die Erde gebettet werden und verwohlfeilert sich auch hierdurch eine
                              									solche Leitungsanlage.
                           Die Asphaltröhren oxydiren nicht, es erleidet daher weder Wasser noch irgend eine
                              									andere Flüssigkeit beim Durchfließen eine Veränderung und die Asphaltröhren werden
                              									auch dann nicht verändert, wenn der Erdboden corrosive Stoffe enthält, durch welche
                              									jedes Metall früher oder später zerstört würde, wie das in vielen Bergwerken der
                              									Fall ist.
                           Das geringe Gewicht dieser Röhren gegen eiserne (wie 1 : 5) ermäßigt nicht bloß die
                              									Transportkosten namhaft, sondern auch die Auslagen beim Legen selbst. In England,
                              										dem billigsten
                              									Productionslande für Metallröhren jeder Art, stellen sich die aus Asphalt
                              									gefertigten Leitungen im vollendeten Zustande auf etwa den vierten Theil des Preises
                              									der aus Blei, und auf ungefähr die Hälfte der aus gewalztem Eisen hergestellten. Das
                              									Legen und Dichten der Asphaltröhren geht so schnell und leicht von Statten, daß ein
                              									geübter Arbeiter im Tage circa 20 à 30 Klafter zweizöllige Leitung fertig bringt, da in Folge des
                              									geringen Gewichtes ein ziemlich langes Röhrenstück außerhalb des Grabens
                              									zusammengefügt, gedichtet, und sodann auf einmal in die Erde gelegt werden kann.
                           Die einzelnen Asphaltröhren werden in 19 Größen von 2 bis 15 Zoll lichter Weite in
                              									Stücken von 7 Fuß Baulänge erzeugt, und ebenso jede beliebige Krümmer- oder
                              									Ableitungsfigur geliefert, welche letztere übrigens auch in sehr einfacher Art
                              									unmittelbar am Legungsplatze gebildet werden kann. – Etwa nöthiges
                              									Abschneiden wird mit einer gewöhnlichen Holzsäge bewirkt, und kann eine Leitung aus
                              									Asphaltröhren ohne alle Umstände und Gefährdung mit jeder bereits bestehenden aus
                              									Metall zusammengekuppelt werden, und umgekehrt ist es sehr leicht, in Asphaltröhren
                              									schmiedeeiserne Ableitungsröhren solid einzuschrauben.
                           Um hinsichtlich der bereits erwähnten Billigkeit einen beiläufigen Anhaltspunkt zu
                              									haben, sey noch angeführt, daß die Klafter Asphaltröhren sammt dem zur
                              									Zusammenfügung und Verdichtung erforderlichen Material franco Wien für zweizöllige
                              									Röhren 1,75 fl., von 3 Zoll lichter Weite 2,70 fl., von 4 Zoll l. W. 3,80 fl., von
                              									10 Zoll l. W. 12 fl., von 15 Zoll l. W. 19,80 fl. kostet. Die Arbeit des Dichtens
                              									und Fertigmachens kann von jedem gewöhnlichen halbwegs intelligenten Arbeiter binnen
                              									wenigen Stunden vollständig erlernt werden.
                           Nach dem Vorstehenden dürften die Asphaltröhren als eine höchst wichtige und
                              									nützliche Erfindung der Beachtung der Gemeinden, sowie einzelner Fabrikanten und
                              									Hausbesitzer u.s.w. empfohlen werden. (Wochenschrift des
                              									nieder-österreichischen Gewerbevereines, 1872 S. 142.)
                           
                        
                           Kitt für zerbrochene Glas- und Porzellanschalen.
                           Man weicht 1/2 Loth Hausenblase in destillirtem Wasser ein. bis sie stark gequollen
                              									ist, gießt dann das Wasser ab und so viel Alkohol auf, daß die Hausenblase damit
                              									bedeckt ist; die Auflösung befördert man durch Wärme. Man löst 1/4 Loth Mastix in
                              									3/4 Loth Alkohol auf, gießt beide Lösungen zusammen und gibt 1/4 Loth
                              									Gummi-Ammoniak hinzu, vorher zerkleinert. Man schüttelt tüchtig um, und
                              									dampft im Wasserbade ab, bis die Dicke eines starken Tischlerleimes erreicht ist.
                              									Der nun fertige Kitt wird in eine Flasche gefüllt, in welcher er bald zu einer
                              									Gallerte erstarrt, und dann zur Benutzung durch Erwärmen in heißem Wasser oder auf
                              									dem Ofen wieder verwendbar wird.
                           Mittelst eines Pinsels wird dieser Kitt aus die reinen erwärmten Bruchflächen
                              									aufgetragen, diese dicht an einander gedrückt, wo es möglich ist, mit einem
                              									Bindfaden zusammengebunden und der Wärme ausgesetzt, bis der Kitt ganz fest ist.
                              									Kann man Hitze anwenden, so ist das gekittete Gefäß schon nach 24 Stunden mit
                              									einiger Vorsicht zu verwenden. Später werden die Kittstellen außerordentlich
                              									fest.
                           Das Gummi-Ammoniak in Körnern ist das beste; brauchbar ist auch wohl das
                              									gelbbraune in Kuchen; das dunkelbraune, sehr klebrige, mit weißen Körnchen gemengt,
                              									ist ganz unbrauchbar.
                           Obige, sehr zu empfehlende Vorschrift stammt von Hrn. Ed. Liesegang
                              									sen. in Elberfeld her. (Photographisches Archiv, 1872 S.
                              									80.)