| Titel: | Notizen aus der Londoner internationalen Ausstellung 1872; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman. | 
| Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. I., S. 1 | 
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                        I.
                        Notizen aus der Londoner internationalen
                           Ausstellung 1872; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman.
                        (Schluß von Bd. CCV S. 501, zweites Septemberheft
                           1872.)
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Zeman, Notizen aus der Londoner internationalen Ausstellung
                           1872.
                        
                     
                        
                           13. Head's Federkuppelung für
                                 Reversirwalzen. (Figur 1 und 2.)
                           Zur Vermeidung der beim Umstellen von Walzwerken auftretenden Stöße, ließ sich J. Head in Middlesbrough die in Fig. 1 und 2 nach einem ausgestellten
                              Modell flüchtig skizzirte Federkuppelung patentiren.
                           Bei derselben wird die Drehung auf die Welle a durch den
                              verstellbaren, durch Feder und Nuth mit a verbundenen
                              Klauenmuff b entweder vom Rade c oder d, stets aber nur durch Vermittelung
                              der elastischen Blattfedern e, also ohne Stoß
                              übertragen. Die Räder c und d, sowie deren Kuppelungstheile f und g, in welchen die Federn e
                              fest eingelassen sind, sitzen selbstverständlich lose auf der Welle a.
                           
                        
                           14. Der Newport-Puddelofen.
                              (Figur 3
                              bis 6.)
                           Zweck dieser, in Fig.
                                 3 bis 6 veranschaulichten Puddelofenanlage ist, die Hitze der abgehenden
                              Verbrennungsgase zur Erwärmung der zur Verbrennung erforderlichen Luft zu verwenden
                              und zwar in der Art, daß dieselbe durch einen im unteren Theil des Kamines
                              eingestellten Winderhitzungsapparat geleitet wird.
                           Wie man aus den Abbildungen entnehmen kann, ist der untere erweiterte Kamin durch
                              eine Scheidewand abgetheilt. Durch den Canal a ziehen
                              die Verbrennungsproducte unbehindert nur dann ab, wenn der Schieber b (im Falle einer Reparatur des Winderwärmungsofens d oder dergl.) offen ist. Gewöhnlich aber ziehen die
                              Gase durch die Oeffnungen c (Fig. 4) nach der zweiten
                              Kammer, geben dort einen Theil ihrer Hitze an den eisernen Ofen d ab, und entweichen dann durch den Kamin e.
                           
                           Die zur Verbrennung erforderliche Luft wird durch den Dampfinjector f (Fig. 6) eingesaugt. Das
                              Gemisch aus Luft und Dampf passirt den Ofen d, wird hier
                              bis auf circa 350° C. erwärmt und gelangt durch
                              die Leitung g nach dem Feuerherd und zwar durch i unter den Rost und durch den aus Hohlziegeln
                              hergestellten Canal h direct über die brennenden
                              Kohlen.
                           Nähere Mittheilungen und Daten über die Kohlenersparnisse mit diesem Puddelofen hat
                              der Patentträger J. Head, Hüttenwerksbesitzer in
                              Middlesbrough, in einem Vortrage im Iron and Steel
                                 Institute geliefert.Ausführlich in Engineering vom 29. März 1872, S.
                                    206 mitgetheilt.
                              
                           
                        
                           15. Paget's Gartenspritze. (Figur 7 und
                              8.)
                           Dieser kleine, nette Apparat, welcher in Fig. 7 und 8 in seinen zwei
                              verschiedenen Arbeitsstellungen skizzirt ist, wird mittelst des Trittes T und der unter demselben liegenden Spiralfeder in
                              Bewegung gesetzt.
                           Die Wirkungsweise dieser Gartenspritze, deren Pumpencylinder aus wasserdichtem Stoff
                              (Segeltuch und Kautschuk) hergestellt ist, läßt sich aus den gegebenen Abbildungen
                              ohne Weiteres entnehmen.
                           
                        
                           16. Skelton's verbesserte
                                 Straßenlaterne. (Fig. 9.)
                           Bei gewöhnlichen Gaslaternen geht das nach oben ausstrahlende Licht für die
                              Straßenbeleuchtung selbst ziemlich verloren. Bisher hat sich kein Auskunftsmittel
                              dagegen dauernd Verbreitung verschaffen können.
                           T. A. Skelton in London scheint auf eine praktische Idee
                              gekommen zu seyn, nachdem die mit seinen Reflectoren versuchsweise versehenen
                              Laternen u.a. auf der Waterloo-Brücke in London sich so weit bewährt haben,
                              daß eine ausgedehntere Verwendung derselben in Aussicht genommen ist.
                           Nach der Skizze Figur
                                 9 bestehen die Skelton'schen Reflectoren aus
                              einer Anzahl schmaler (mit Silber belegten) Spiegelstreifen, welche um die Flamme
                              derart angeordnet sind, daß der größte Theil der aufwärts gehenden Lichtstrahlen
                              nach abwärts reflectirt wird, um die Strecke zwischen je zwei Laternen gleichmäßiger
                              zu beleuchten.
                           Die Spiegelstreifen sind unter den erforderlichen Reflexionswinkeln in einen
                              Blechrahmen eingelassen, welcher von beiden Seiten durch Glasscheiben vollkommen
                              abgeschlossen wird. Solche Kästchen werden im oberen Theil der Laterne an allen oder
                              nur an einigen Seiten anstatt der gewöhnlichen Glasscheiben eingesetzt. Da die
                              Spiegelstreifen nach dem Vorstehenden vollkommen abgeschlossen sind, so bedürfen sie keiner
                              Reinigung; die Lampe kann übrigens in gewöhnlicher Weise geputzt werden.
                           Um das Anlaufen der Spiegel beim Anzünden der Flamme zu verhüten, ist in jedem
                              Spiegelkästchen unten ein Siebröhrchen angebracht, welches mit einem hygroskopischen
                              Körper gefüllt ist (z.B. mit in Chlorcalcium getränkter Baumwolle oder dergl.). Die
                              Einschieböffnung für dieses Röhrchen kann mittelst einer Schraube verschlossen
                              werden.
                           
                        
                           17. Siemens' pneumatische
                                 Depeschenbeförderung. (Figur 10 und 11.)
                           Schon im Jahre 1869 fand der Verfasser Veranlassung, im polytechn. Journal Bd. CXCIII S. 97 über die in Paris
                              eingeführte pneumatische Depeschenbeförderung zu referiren und die Vorzüge dieses in
                              großen Städten allmählich sich mehr Geltung verschaffenden Beförderungsmittels für
                              Depeschen, Briefe und selbst Packete hervorzuheben.
                           Unter allen Systemen der pneumatischen Depeschenbeförderung verdient das von Siemens
                              Brothers in London (bezieh. Siemens und Halske in Berlin) ausgebildete Circularsystem mit continuirlich durch eine geschlossene
                                 Rohrleitung sich bewegendem Luftstrom wegen seiner Zweckmäßigkeit und
                              Einfachheit im Betriebe die größte Beachtung.
                           Der wesentliche Vorzug dieses Systemes besteht darin, daß die zwischen zwei
                              Hauptstationen eingeschalteten Zwischenstationen unter den gewöhnlichen Umständen
                              den directen Verkehr der beiden Hauptstationen hin und zurück in keiner Weise
                              behindern, daß aber durch eine einfache Vorkehrung auf jeder Zwischenstation
                              Depeschen zu jeder Zeit empfangen und aufgegeben werden können.Bei der in Paris ausgeführten pneumatischen Rohrleitung für
                                    Depeschenbeförderung, welche eine Art von Circularsystem vorstellt, ist nur
                                    zwischen je zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden
                                    Stationen eine directe Communication möglich.
                              
                           Zu diesem Zwecke läuft von der einen Endstation nach der anderen und von dieser zur
                              ersteren zurück ein ununterbrochener Rohrstrang, welcher auf dem Hin- und
                              Rückgang alle Zwischenstationen berührt. Eine auf der einen Hauptstation
                              aufgestellte, mit den beiden Rohrenden in Verbindung gebrachte Maschine erzeugt
                              einen continuirlichen, stets nach derselben Richtung bewegten Luftstrom in der
                              Rohrleitung, welcher kräftig genug ist, um die eingebrachten Depeschenkolben mit
                              sich fortzuführen.
                           Ein in der Maschinenstation aufgegebener Depeschenkolben wird also, falls keine
                              Station zu dessen Aufnahme aufgefordert würde, wieder zum Entfendungsorte
                              zurückkehren.
                           
                           Sobald aber irgend eine Station die telegraphische Weisung zum Auffangen eines dahin
                              abgeschickten Depeschenbündels empfängt, so hat der angerufene Beamte nichts
                              Weiteres zu thun, als den in Figur 10 und 11 skizzirten
                              und in die Leitung eingeschalteten Apparat aus der normalen (punktirten) Stellung in
                              die gezeichnete Lage überzuführen, indem er den Rahmen R
                              mit der Hand oder mittelst eines Fußtrittes umstellt.
                           Dadurch wird das beiderseits offene Rohrstück B aus der
                              Rohrleitung T ausgeschaltet und an dessen Stelle das auf
                              einer Seite geschlossene Rohr C gebracht, durch welches
                              sodann der avisirte Depeschenkolben K aufgefangen wird.
                              Ist dieß geschehen, so ist der Apparat sofort in seine Normalstellung zurückzuführen
                              und der Depeschenkolben kann aus C entnommen werden. Ein
                              eventuell in die offene Röhre B vorher eingeschobenes
                              Depeschenbündel wird sodann durch den Luftstrom in der Richtung der Pfeile
                              weitergeführt.
                           Damit der Luftstrom in keinem Falle eine Unterbrechung erleide, wird zugleich mit der
                              Einschaltung der Auffangröhre C selbstthätig die Klappe
                              A geöffnet, wodurch die Communication durch das
                              gebogene Rohr F hergestellt ist.
                           Dieser höchst sinnreiche und zweckmäßige Apparat ist in South
                                 Kensington ausgestellt und Ref. hatte durch die freundliche Vermittelung
                              der Herren Siemens Gelegenheit, den überraschend
                              einfachen Betrieb auf der in London nach dem beschriebenen Systeme eingerichteten
                              Linie kennen zu lernen.
                           In der von der Central-Telegraphenstation nach Charing
                                 Cross gelegten Linie, in einer Gesammtlänge von 6890 Yards (6300 Meter),
                              werden die Depeschenkolben bei einer Druckdifferenz von circa 1 Atmosphäre an den beiden Endpunkten der Rohrleitung mit einer
                              mittleren Geschwindigkeit von 6 Yards (5,5 Meter) befördert. Es liegt im Wesen des
                              Siemens'schen Systemes, daß die Zahl der
                              abzusendenden Depeschenkolben nur durch die Raschheit im Entsenden und Auffangen
                              derselben bedingt ist und in keiner Weise von der Länge des zurückzulegenden Weges
                              abhängt.
                           Mit dem oben beschriebenen, auf der Ausstellung befindlichen Depeschen-Apparat
                              ist auch der schon im polytechn. Journal Bd. CCIII
                                 S. 10 und Bd. CCV S. 521
                              besprochene, von C. W. Siemens kürzlich eingeführte Dampfstrahl-Exhaustor und Bläser in Verbindung
                              gebracht, ein Apparat dessen nützliche Verwendung in verschiedenen Zweigen der Technik (zur
                              pneumatischen Depeschenbeförderung,Da die Aufstellung einer Dampfmaschine in den oft beschränkten Räumlichkeiten
                                    der Post- und Telegraphengebäude auf unüberwindliche Schwierigkeiten
                                    stößt, so kann dieser kleine, wenig Raum erforderliche und die Dampfmaschine
                                    vollkommen ersetzende Apparat besonders für pneumatische Rohrleitungen von
                                    großem Nutzen werden. In der Londoner Central
                                       Telegraph-Station (Maschinenstation für die Siemens'sche Depeschenleitung) wurden auch 3
                                    Exhaustoren eine Zeit lang versuchsweise mit vollständigem Erfolg in Gang
                                    gesetzt. zum Heben von Wasser, als Luftpumpe bei Vacuumapparaten in Zuckerfabriken,
                              als Gebläse bei Gasgeneratoren etc.) in Aussicht genommen ist.
                           Es würde die Grenzen dieser Ausstellungsnotizen überschreiten, wenn wir uns auf die
                              näheren Details und auf die interessanten Versuchsresultate mit diesem im Princip
                              zwar nicht neuen, aber durch die günstige Wahl der Verhältnisse so wirkungsvollen
                              Apparat einlassen wollten. Wir verweisen daher dießbezüglich, ebenso in Betreff
                              näherer Mittheilungen über das pneumatische Circularsystem zur Depeschenbeförderung,
                              auf die von C. William Siemens in der Institution of Mechanical Engineers und von Carl Siemens in der Institution of
                                 Civil Engineers in letzter Zeit gehaltenen Vorträge.
                           London, im August 1872.
                           Johann Zeman.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
