| Titel: | Verfahren zur Extraction der Edelmetalle aus kupferhaltigen Kiesen; von Fr. Claudet. | 
| Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. XI., S. 30 | 
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                        XI.
                        Verfahren zur Extraction der Edelmetalle aus
                           kupferhaltigen Kiesen; von Fr.
                              Claudet.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXXV p. 580; September
                              1872.
                        Claudet, über Extraction der Edelmetalle aus
                           Kupferkiesen.
                        
                     
                        
                           Die spanischen und portugiesischen Kupferkiese enthalten sämmtlich Silber und Gold,
                              jedoch in sehr geringer Menge; die sorgfältigsten Analysen haben nämlich nur 0,0020
                              bis 0,0028 Procent, also 20 bis 28 Gramme Silber in einer Tonne
                              „gebrannter“, d.h. behufs der Gewinnung schwefliger Säure
                              für die Schwefelsäurefabrication abgerösteter Kiese nachgewiesen; da aber die
                              jährliche Einfuhr an den gedachten Erzen in England bereits 400000 bis 500000 Tonnen
                              erreicht hat und beständig im Zunehmen begriffen ist, so hielt ich es gleichwohl
                              nicht für unmöglich, die in diesen Kiesen enthaltenen Tausende von Kilogrammen
                              Edelmetall mit Gewinn zu extrahiren.
                           Anfangs wurden die Kiesabbrände an die Kupferhüttenbesitzer verkauft, und von diesen
                              als Zuschlag beim Verschmelzen quarziger Erze verwerthet; dabei ging aber der ganze
                              sehr bedeutende Eisengehalt derselben verloren. Seitdem jedoch die Extraction des
                              Kupfers auf nassem Wege eingeführt wordenMan sehe Dr. Lunge's
                                    Beschreibung der Kupfergewinnung aus Kies-Abbränden im Tynedistrict,
                                    im polytechn. Journal Bd. CCIV S.
                                       288, zweites Maiheft 1872. und dieses Verfahren auch zur Zugutemachung der spanischen und
                              portugiesischen Kiese angewendet wird, kommt sowohl der Schwefel und das Kupfer, als
                              auch das Eisen dieser Erze zur Verwerthung, und es ist mir gelungen, ein
                              vortheilhaftes Verfahren auch zur Abscheidung des in denselben enthaltenen Silbers
                              und Goldes aufzufinden. Dieses Verfahren ist auf die Thatsache gegründet, daß das
                              Jodsilber bei gewöhnlicher Temperatur in einer Chlornatriumlösung beinahe ganz
                              unlöslich ist.
                           Auf dem von J. Phillips und mir zu Widnes bei Liverpool
                              zur Extraction des Kupfers aus Kiesabbränden angelegten Hüttenwerke ist dieses
                              Scheidungsverfahren, welches ich im Nachstehenden kurz beschrieben werde, bereits
                              zur Ausführung gekommen.J. Phillips hat der British
                                       Association schon i. J. 1870 einen Bericht über Claudet's Verfahren zur Extraction des Silbers
                                    aus Kupferkiesen erstattet, welcher im polytechn. Journal Bd. CXCIX S. 53 mitgetheilt
                                    wurde.
                              
                           Nachdem das Erz gepocht und gesiebt, und dann mit Zusatz von Chlornatrium in einem Flammofen
                              bei niedriger Temperatur geröstet worden ist, kommt es in einen mit doppeltem als
                              Filter dienenden Boden versehenen großen Bottich, in welchem es mit durch Salzsäure
                              angesäuertem Wasser wiederholt ausgelaugt wird. Die Laugen enthalten das beim Rösten
                              entstandene schwefelsaure Natron und Chlorkupfer, sowie das gleichzeitig gebildete
                              Chlorsilber. Will man nur das Kupfer extrahiren, so werden die vereinigten Laugen
                              auf andere, vorher mit Eisenstücken beschickte Bottiche abgezogen; in denselben
                              schlägt sich unter Bildung von Eisenchlorür das Kupfer in metallischem Zustande
                              nieder, indem es den als Chlorsilber in der Lauge aufgelöst gewesenen geringen
                              Silberantheil des Erzes mit sich reißt. Der Kupferniederschlag wird hernach
                              eingeschmolzen und raffinirt, um marktfertige Waare zu erhalten.
                           Bei meinem Verfahren zur Abscheidung der Edelmetalle werden die von den ersten drei
                              Auswaschungen herrührenden Laugen, welche nach meinen Untersuchungen 95 Procent des
                              gesammten aufgelösten Silbers enthalten, in einen hölzernen Behälter abgezapft, in
                              welchem die Flüssigkeit stehen bleibt, bis sich die in ihr suspendirten Erztheile
                              etc. abgesetzt haben; die klar gewordene Lauge wird, nachdem ihr Gehalt durch eine
                              Probe bestimmt worden, in einen anderen Bottich abgelassen und in demselben mit der
                              durch die erwähnte Probe als erforderlich festgestellten Menge Jodkalium versetzt,
                              welches vorher in einer etwa dem zehnten Theile der kupferhaltigen Lauge
                              gleichkommenden Quantität Wasser gelöst worden ist. Die Flüssigkeit wird tüchtig
                              umgerührt und dann achtundvierzig Stunden lang sich selbst überlassen. Hernach wird
                              die über dem entstandenen Niederschlage stehende klare Flüssigkeit abgezogen, der
                              Bottich von Neuem mit zu entsilbernder Lauge gefüllt, die Fällungsarbeit in obiger
                              Weise wiederholt und so fort.Die abgezogenen Flüssigkeiten enthalten noch einen geringen Antheil Silber in
                                    Lösung, etwa 5 Gramme per Kubikmeter; denn das
                                    Jodsilber ist, wie wir bereits andeuteten, in diesen Laugen nicht absolut
                                    unlöslich. Es braucht wohl kaum bemerkt zu werden, daß die letzteren hernach
                                    zur gewöhnlichen Kupferextractionsarbeit verwendet werden. Alle vierzehn Tage wird der angesammelte Niederschlag aus dem Bottich
                              ausgeschlagen; derselbe besteht hauptsächlich aus schwefelsaurem Bleioxyd, Jodsilber
                              und Kupfersalzen, welche letzteren sich durch Auswaschen mit schwacher Salzsäure
                              leicht entfernen lassen. Der auf diese Weise entkupferte Niederschlag wird mittelst
                              metallischen Zinkes zerlegt; das Zink reducirt das Silber in Gegenwart von Wasser
                              vollständig und rasch, indem es sich mit dem Jod des Jodkaliums zu löslichem Jodzink
                              verbindet.
                           Es entsteht demnach bei diesem Processe: 1) lösliches Jodzink, welches nach dem Abfiltriren auf seinen
                              Jodgehalt geprüft und bei den folgenden Operationen an Stelle des Jodkaliums
                              verwendet wird; 2) ein silberreicher Niederschlag, der zu einem großen Antheile aus
                              metallischem Blei und schwefelsaurem Bleioxyd besteht, außerdem aber verschiedene
                              andere Bestandtheile enthält. Eine getrocknete Probe dieses Niederschlages zeigte
                              folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Silber
                                 5,95
                                 
                              
                                 Gold
                                 0,06
                                 
                              
                                 Blei
                                 62,28
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 0,60
                                 
                              
                                 Zinkoxyd
                                 15,46
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 1,50
                                 
                              
                                 Kalk
                                 1,10
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 7,68
                                 
                              
                                 unlöslicher Rückstand
                                 1,75
                                 
                              
                                 Sauerstoff und Verlust
                                 3,62
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Demnach enthielten die verarbeiteten Kiesabbrände auch Gold; es scheint, daß sich
                              beim Rösten Chlorgold bildet, welches, durch die Gegen wart des Chlornatriums
                              stabiler gemacht, bei der niedrigen Rösttemperatur nicht reducirt wird; es geht
                              hernach mit dem Silber in Lösung und wird, wie dieses, durch das Jod ausgefällt.
                           Die Abscheidung der Edelmetalle aus dem Niederschlage nach den gewöhnlich
                              angewendeten Verfahrungsarten ist mit keinen Schwierigkeiten verknüpft.
                           Das beschriebene Verfahren wurde auf unserer Hütte zu Widnes im Jahre 1871 zur
                              Verarbeitung von 16300 Tonnen Kiesabbränden angewendet; aus denselben wurden
                              extrahirt an:
                           
                              
                                 Silber
                                 333,24 
                                 Kilogramme
                                 
                              
                                 Gold
                                 3,17 
                                 „
                                 
                              
                           so daß etwas über 20 Gramme Edelmetalle auf die Tonne
                              kommen.
                           Nach Abzug der Feinungskosten verblieben uns 80800 Francs.
                           Die Specialkosten der Scheidung der Edelmetalle beliefen sich auf 10400 Francs und
                              wurden daher durch den Werth des Goldes allein gedeckt. In diesen Kosten ist der
                              Betrag für 137 Kilogrm. Jod einbegriffen, welcher den an dieser Substanz
                              stattgefundenen Verlust repräsentirt.
                           Diese schon an sich ziemlich bedeutende Ausgabe für Jod wurde durch die anormale
                              Preissteigerung dieses Productes noch erhöht, was mich veranlaßte zu versuchen, ob
                              sich die Laugen von Varechasche
                               nicht direct anstatt des
                              Jodkaliums anwenden lassen. Es ist uns nicht allein gelungen, mittelst dieses
                              Verfahrens den ganzen Jodgehalt der Varechs, von welchem bekanntlich gegenwärtig ein
                              großer Theil verloren geht, zur Verwerthung zu bringen, sondern diese Versuche haben
                              mich auch auf den Gedanken gebracht, zur Jodfabrication die Fällung der Varechlaugen
                              mittelst eines Silbersalzes anzuwenden.