| Titel: | Stilmant's Keilbremse für Eisenbahnwagen. | 
| Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. XX., S. 81 | 
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                        XX.
                        Stilmant's Keilbremse für Eisenbahnwagen.
                        Nach Baude's Bericht im Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, August 1872, S. 409.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Stilmant's Keilbremse für Eisenbahnwagen.
                        
                     
                        
                           Die gewöhnliche Bremsvorrichtung für Eisenbahnwagen besteht bekanntlich aus zwei
                              Bremsschuhen, welche durch zwei Stangen mit den Enden eines Hebels verbunden sind.
                              Der Conducteur setzt die horizontale Achse des letzteren mittelst Kurbel und
                              Räderwerk in Umdrehung, und preßt in Folge dessen beide Bremsschuhe gegen die
                              Radkränze. Ein Gegenstand vielfacher Beschwerde war der Umstand, daß diese
                              Bremsvorrichtung zu langsam wirkt, daß die Pressung der Bremsklötze gegen die Räder
                              nicht wirksam genug erfolgt, um die Räder in der Zeit zu hemmen welche zur
                              Vermeidung eines möglichen Bruches am Apparate unumgänglich nothwendig ist.
                           Der verbesserte Bremsapparat des Hrn. Stilmant in Paris
                              (33, rue Montmartre), dessen Wirkung hauptsächlich auf
                              dem Princip des Keiles beruht, beseitigt die so eben bezeichneten Uebelstände oder
                              Mängel, und bewirkt eine so rasche Hemmung der Räder, wie man sie nur wünschen mag.
                              Fig. 1
                              stellt den Apparat in Anwendung auf einen Tender in der Seitenansicht, Fig. 2 im
                              Grundrisse dar. Der Keil P besteht aus zwei gußeisernen
                              Theilen, welche in der Mitte durch ein Scharnier mit einander und mit dem Ende einer
                              verticalen Stange H verbunden sind. Letztere ist in das
                              Ende eines Hebels F eingehängt, dessen horizontale Achse
                              G in dem Waggongestell gelagert ist. An der
                              nämlichen Achse befindet sich ein größerer Hebel C,
                              welcher das eine gabelförmige Ende der Stange B
                              aufnimmt. Das andere gleichfalls gabelförmige Ende der letzteren enthält, wie aus
                              dem Grundrisse Fig.
                                 2 deutlich hervorgeht, die Mutter, in welcher die Schraube läuft, deren
                              Spindel mit dem einen Ende gegen das Lager E sich stützt
                              und an dem anderen Ende die Kurbel A trägt. Die
                              Umdrehung der letzteren nach der einen oder der anderen Richtung hat, wie aus vorstehender Einrichtung
                              erhellt, die Hebung oder Senkung des gegliederten Keiles P zur Folge. Dieser gleitet zwischen zwei Eisenschienen I, welche um ihre oberen Enden beweglich vom
                              Wagengestell herabhängen. Wenn nun der Bremsapparat in Thätigkeit gesetzt wird, so
                              drängt der abwärts sich bewegende Keil jene Schienen zurück und preßt dadurch die
                              Bremsschuhe L, mit denen sie durch Gelenkstangen
                              verbunden sind, gegen die Radkränze des Waggon. Die Bremsschuhe nebst Gelenkstangen
                              hängen mittelst der um ihre oberen Enden O drehbaren
                              Stangen K am Wagengestell. M
                              Fig. 2, sind
                              Querstangen zur Verhütung einer seitlichen Bewegung der Keile und Bremsschuhe. Q sind kleine Federn, welche nach Zurückziehung der
                              Keile jede Reibung zwischen den Radkränzen und Bremsbacken zu verhindern bestimmt
                              sind. Eine Hülle D aus Eisenblech dient zum Schutz der
                              Schraube und der Stange B.
                           Was die Stärke des Druckes der Bremsbacken gegen die Räder anbelangt, so ist dieselbe
                              leicht zu berechnen. Dem Princip des Wellrades gemäß ist zunächst der aus der Kraft
                              des Bremsers an der Kurbel resultirende Druck gleich dem Producte aus dieser Kraft
                              multiplicirt mit dem Halbmesser der Kurbel, dividirt durch den Halbmesser der
                              Spindel. Dieser Druck wird durch Vermittelung der Schraube vergrößert und erscheint
                              nun als Product aus diesem Druck multiplicirt mit dem Umfange der Schraube, dividirt
                              durch die Höhe eines Schraubenganges. Vermittelst der Hebel C und E pflanzt sich dieser Druck im
                              umgekehrten Verhältnisse der Hebelarme auf den Keil fort. Da der Winkel, unter
                              welchem der Keil wirkt, bekannt ist, so wird dieser letztere Druck schließlich in
                              dem Verhältniß der bis zur Spitze verlängert gedachten Seite des Keiles zur Basis
                              desselben vermehrt. Ohne auf die Details dieser einfachen Rechnung einzugehen,
                              wollen wir annehmen, der Bremser sey im Stande einen Druck von 45 bis 50 Kilogrm.
                              auf die Kurbel auszuüben, so gelangt man schließlich zu einem Druck von 16000
                              Kilogrm., d.h. zu einem Druck jedes Bremsschuhes gegen das Rad von 4000 Kilogrm.
                              Fig. 3
                              stellt eine Keilbremse in Anwendung auf einen Kippkarren dar. R ist ein großer, in dem Lager Y drehbarer
                              einarmiger Handhebel, welcher mittelst einer Gelenkstange auf den gegliederten Keil
                              und Bremsschuh S wirkt; T
                              ist die Gleitschiene des vorderen Bremsschuhes. Der hintere Bremsschuh U ist an einer Hängestange V
                              befestigt, welche durch eine mit Regulirungsmuttern versehene Stange W mit der Gleitschiene T
                              gelenkig verbunden ist.
                           Der Stilmant'sche Bremsapparat ist bereits auf
                              verschiedenen französischen Eisenbahnen in nahezu 3500 Exemplaren verbreitet. Am
                              Tender angebracht, wiegt
                              derselbe ungefähr 750 Kilogrm., wovon 180 Kilogrm. in Guß. Für diesen Fall sind in
                              Folge der Vergrößerung des Hebelarmes, welcher den Druck der Kurbelachse auf die
                              Keile überträgt, die Pressungen beinahe doppelt so groß, als die oben genannten. Für
                              Packwagen und Waggons reducirt sich das Gewicht auf 450 Kil., worunter 100 Kil. in
                              Guß.
                           Der Preis dieser Bremsapparate stellt sich auf 1 Franc 10 Centimes per Kilogrm.
                           Auch an Güterzügen hat Stilmant nach dem nämlichen Princip
                              construirte Handbremsen angebracht, welche sich sehr gut bewähren. Eine solche
                              Handbremse mit einem einzigen Bremsschuh wiegt 90 Kilogrm., mit zweien 130
                              Kilogrm.
                           
                        
                     
                  
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