| Titel: | Ueber die Metallurgie des Mangans und die metallurgische Manganprobe; von Hugo Tamm. | 
| Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. XXXVII., S. 136 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXVII.
                        Ueber die Metallurgie des Mangans und die
                           metallurgische Manganprobe; von Hugo
                              Tamm.
                        Aus Chemical News, vol. XXVI p. 111; September
                              1872.
                        Tamm, über die Metallurgie des Mangans und die metallurgische
                           Manganprobe.
                        
                     
                        
                           Mit den nachstehenden Mittheilungen hoffe ich die Metallurgie des Mangans, welche
                              bisher nicht existirte, auf ihrer richtigen Grundlage zu schaffen; bevor es mir
                              gelang, dieselbe in die einfache Form zu bringen, unter welcher ich sie darbiete,
                              hatte ich aber viele praktische Schwierigkeiten zu überwinden.
                           Das nach meinem Verfahren mit Hülfe von geeigneten Zuschlägen oder Flüssen aus
                              Manganerzen dargestellte Metall ist nicht reines Mangan, sondern verhält sich zu
                              letzterem ungefähr wie Roheisen zu reinem Eisen; ich werde es daher Rohmangan (Gußmangan, cast
                                 manganese) nennen.
                           I. Darstellung der Zuschläge für das Verschmelzen der
                                 Manganerze. – Zu einer erfolgreichen und wirklich praktischen
                              Verhüttung der Manganerze auf Rohmangan sind zwei Zuschläge oder Flüsse
                              erforderlich. Der Zuschlag („weiße Fluß“) welchen ich mit Nr. 1
                              bezeichne, wird durch inniges Vermengen von gemahlenem bleifreiem Flaschenglase,
                              Aetzkalk und Flußspath dargestellt, und zwar in folgenden Verhältnissen dieser
                              Materialien:
                           
                              
                                 Gemahlenes Glas
                                 63,0
                                 Theile
                                 
                              
                                 Aetzkalk
                                 18,5
                                 „
                                 
                              
                                 Flußspath
                                 18,5
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 Theile
                                 
                              
                           Der zweite Zuschlag („schwarzer Fluß“), Fluß Nr. 2, wird
                              erhalten durch inniges Mengen von
                           
                              
                                 Fluß Nr. 1 (weißem Fluß)
                                 61,5
                                 Theile
                                 
                              
                                 natürlichem Mangansuperoxyd von guter
                                    Qualität    (weichem Braunstein,
                                    Pyrolusit)
                                 35,0
                                 „
                                 
                              
                                 sehr feinem Kohlenpulver (Ruß oder Kienruß)
                                 3,5
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 Theile
                                 
                              
                           
                           Dieser Fluß kann gleich nach seiner Bereitung verwendet werden; doch ist es
                              vorzuziehen, denselben mit so viel Oel zusammenzureiben, daß er einen dicken Teig
                              bildet, und ihn dann in einem bedeckten Tiegel stark zu erhitzen. Dadurch wird das
                              Mangansuperoxyd zu Oxydul reducirt und der Zuschlag nimmt eine schön olivengrüne
                              Farbe an. Er wird fein gerieben und in diesem Zustande für dokimastische und
                              metallurgische Operationen mit Mangan aufbewahrt.
                           Die beste und sicherste Verfahrungsweise ist jedoch folgende. Man bereitet ein
                              inniges Gemenge aus:
                           
                              
                                 Fluß Nr. 1
                                 34,0
                                 Theile
                                 
                              
                                 Kienruß oder gutem Ofenruß
                                 5,5
                                 „
                                 
                              
                                 gutem weichem Braunstein (Pyrolusit)
                                 60,5
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,0
                                 Theile
                                 
                              
                           und schmilzt dasselbe in der später anzugebenden Weise
                              zusammen. Dadurch erhält man 17,5 Theile Rohmangan und eine schön olivengrüne
                              Schlacke, welche letztere man in feines Pulver verwandelt. Diese Schlacke ist mit
                              Manganoxydul gesättigt und bildet einen vortrefflichen Fluß sowohl für die
                              dokimastische Manganprobe, als zum Verschmelzen der Manganerze. Ich bezeichne sie
                              als Fluß Nr. 3 oder „grünen Fluß.“
                              
                           Der grüne Fluß besteht also aus drei verschiedenen Theilen: a) aus Glas oder Lösungsmittel; b) aus
                              Flußspath oder Flußmittel, und c) aus Manganoxydul nebst
                              Kalk, welche letztere zusammen als Feinungsmittel wirken. Die chemischen
                              Eigenschaften dieses Flusses sind nachstehende:
                           1) bei hoher Temperatur wird er dünnflüssig, daher die einzelnen Metallkörnchen sich
                              leicht zu einem Regulus vereinigen können;
                           2) die in ihm enthaltenen Silicate wirken nicht nur lösend auf die erdigen
                              Bestandtheile der Bergart, sondern geben auch einen Theil ihres Siliciums an das
                              Rohmangan ab, wodurch die Schmelzbarkeit desselben erhöht wird;
                           3) die Silicate bilden mit Eisenoxydul ein durch Kohlenstoff nicht reducirbares
                              Silicat;
                           4) das Manganoxydul, mit welchem der grüne Fluß gesättigt ist, wirkt als
                              Feinungsmittel und verhindert daß das Rohmangan mehr als ein gewisses Verhältniß von
                              Silicium, von Kohlenstoff, von Eisen oder Erdmetallen aufnimmt;
                           5) die Haupteigenschaft des grünen Flusses besteht aber darin, daß er kein Manganoxyd
                              auflöst, daher das sämmtliche mit ihm gemengte Oxyd zu Metall zu reduciren
                              gestattet.
                           II. Anfertigung der Schmelztiegel. – Beider zum
                              Verschmelzen der
                              Manganerze erforderlichen hohen Temperatur widerstand kein gewöhnliches
                              Tiegelmaterial der Einwirkung des Flusses; selbst die besten Graphitgefäße wurden
                              von den Zuschlägen bald durchgefressen; mittelst des folgenden eben so einfachen als
                              praktischen Verfahrens habe ich aber alle Schwierigkeiten beseitigt.
                           Drei Theile Graphit und ein Theil feuerfester Thon oder guter Lehm werden innig
                              gemengt und mit Wasser zu einem dicken Teige angemacht. Mit diesem Teige werden die
                              Tiegel möglichst gleichmäßig ausgeschlagen; die Stärke dieses den Wandungen fest
                              anhaftenden Futters richtet sich nach der Größe der Schmelzgefäße, soll aber auch
                              bei den größten Tiegeln nicht über einen halben Zoll betragen.
                           Die Eigenschaften dieses Futters sind bemerkenswerth:
                           1) dasselbe widersteht der zerstörenden Einwirkung der Zuschläge und Flüsse
                              vollkommen;
                           2) ein so ausgeschlagener Tiegel kann unmittelbar nach dem Ausfüttern in Gebrauch
                              genommen werden, wenn er nur allmählich erhitzt wird;
                           3) nach der Schmelzung bleibt weder Fluß noch Metall am Futter hängen, und beide
                              lassen sich durch Umkippen des Tiegels und leises Beklopfen desselben leicht
                              ausleeren.
                           Der letztere Umstand ist sehr wichtig, indem sowohl Tiegel als Futter mehrere Male
                              gebraucht werden können. Doch muß nach jedem Schmelzen der Tiegel außen mit etwas
                              feuerfestem Thon und sein Futter mit einem dünneren Teige von Graphit und Thon
                              überstrichen und ausgebessert werden.
                           III. Verschmelzen der Manganerze. – Jeder
                              Schmelztiegel, welcher eine mehrstündige Weißglühhitze zu ertragen vermag, läßt sich
                              zu dieser Operation anwenden. Nachdem derselbe mit dem Gemenge von Graphit und Thon
                              ausgeschlagen worden, wird er mit einem Gemenge beschickt aus:
                           
                              
                                 natürlichem Mangansuperoxyd (Braunstein) von guter
                                    Sorte
                                 1000
                                 Theile
                                 
                              
                                 Kienruß oder gutem Ofenruß
                                 91
                                 „
                                 
                              
                                 grünem Fluß
                                 635
                                 „
                                 
                              
                                 Oel, soviel daß die Beschickung von demselben nur angefeuchtet
                                    wird.
                                 
                              
                           Zu diesem Zwecke ist jedes Oel tauglich. Die Bestandtheile der Beschickung werden
                              kurz vor dem Eintragen derselben in den Tiegel innig gemengt, denn wenn das Gemenge
                              mehrere Stunden steht, namentlich in einem offenen Gefäße, so kann es leicht sich
                              selbst entzünden, wodurch es zum Schmelzen untauglich wird. Sollte dieser Fall
                              eintreten, so kann man
                              den nachtheiligen Folgen durch Beimengung von etwa 45 Theilen Kienruß oder gutem
                              Ofenruß und noch etwas Oel abhelfen. Eine Selbstentzündung tritt jedoch erst nach
                              ungefähr achtstündigem Stehen ein.
                           Die Beschickung wird nun in den Tiegel eingetragen, in demselben ein wenig
                              zusammengedrückt und mit einem runden dicken Holzdeckel bedeckt, welcher beim
                              Schmelzen verkohlt, so daß die Beschickung bestens geschützt ist; dieser
                              Kohlendeckel kann mehrere Male gebraucht werden. Dann verschließt man den Tiegel
                              selbst mit einem aus Thon oder Graphit angefertigten Deckel, welchen man mit
                              feuerfestem Thon oder gutem Lehm auflutirt, wobei man eine kleine Oeffnung läßt,
                              durch welche die beim Erhitzen des Tiegels sich entwickelnden Gase entweichen
                              können.
                           Hierauf setzt man den Tiegel in einen Wind- oder Gebläseofen, und erhitzt ihn
                              allmählich so lange, als noch Gase aus ihm entweichen. Dann gibt man rasch stärkeres
                              Feuer, bis der Tiegel in Weißglühhitze geräth, und erhält ihn mehrere Stunden auf
                              dieser Temperatur; die Zeitdauer hängt natürlich von der Menge des Schmelzgutes
                              ab.
                           Wenn man annehmen kann, daß vollständige Reduction und Schmelzung erreicht ist, läßt
                              man das Feuer abgehen und den Tiegel erkalten. Dann entfernt man von demselben den
                              Deckel mittelst eines in die Fuge gesteckten Meißels, kehrt den Tiegel um und
                              schüttelt ihn, bis Schlacke und Metallkönig herausfallen, schlackt letzteren
                              mittelst vorsichtiger Hammerschläge ab, und verschließt ihn in ein wohl verkorktes
                              oder mit eingeriebenem Stopfen versehenes, vollkommen getrocknetes Glas.
                           Die schön olivengrün gefärbte Schlacke bricht in großblätterige Stücke, welche ein
                              pseudokrystallinisches Gefüge zeigen, während das Korn wirklich krystallinisch ist.
                              Sie wird fein gerieben und als Fluß bei einer zweiten Schmelzung benutzt. Es ist
                              rathsam, die Schlacke nach jeder Schmelzung, um sie leichtflüssiger zu machen, mit
                              ungefähr einem Zehntel ihres Gewichtes weißem Fluß zu versetzen.
                           Das Mengen des Erzpulvers, der Kohle und des Flusses ist keine gleichgültige
                              Operation; um einen vollständigen Erfolg zu sichern, verfährt man dabei in folgender
                              Weise. Zunächst mengt man das Mangansuperoxyd innigst mit dem Kienruß, mengt
                              denselben dann den Fluß ziemlich flüchtig bei, und fügt nun das Oel hinzu. Bei
                              solchem Verfahren bleiben Kohle und Erzpulver während des Mengens zusammen und
                              wirken beim Schmelzen auf einander, bevor der Zuschlag in Fluß geräth, so daß das
                              Manganoxyd zu Metall reducirt wird, ehe der Zuschlag einen Theil desselben
                              aufzulösen vermag. Der vom Verbrennen des Oeles gebliebene kohlige Rückstand trägt
                              zur Reduction des Oxydes, sowie zur Verhinderung der Einwirkung des Flusses auf
                              dasselbe vor seiner erfolgten Reduction bei
                           
                           Ist man genöthigt, Manganerze von schlechter Qualität zu verarbeiten, so muß
                              natürlich die Schlacke nach einigen Operationen zu fernerer Verwendung untauglich
                              werden; bei guten Erzen hingegen kann man sie, wie oben bemerkt wurde, immer wieder
                              benutzen, da sie einen vortrefflichen Manganfluß bildet.
                           Es ist bemerkenswerth, daß in Gegenwart sowohl des weißen, wie des grünen Flusses die
                              Holzkohle, selbst im Zustande von sehr feinem Pulver, nicht als Ersatzmittel von
                              Kienruß oder Ofenruß gebraucht werden kann. Die Holzkohle kann das Manganoxyd und
                              Superoxyd nur zu Manganoxydul reduciren. Kienruß dagegen reducirt bei Einhaltung der
                              oben angegebenen Verhältnisse aus 1000 Gewichtstheilen Superoxyd 430 Theile oder
                              fast den ganzen Gehalt desselben an Manganmetall.
                           IV. Raffiniren oder Feinen des Rohmangans. – Das
                              einfachste Verfahren zum Raffiniren des Mangans ist die von Berthier angegebene Methode, welche im Umschmelzen des gröblich
                              gepulverten Rohmangans mit ungefähr dem achten Theile seines Gewichtes an
                              kohlensaurem Manganoxydul besteht. Das Gemenge wird in einen aus feuerfestem Thon
                              bestehenden Schmelztiegel eingetragen und zur Verhütung von Oxydation mit einem
                              ähnlichen Holzdeckel bedeckt, wie derselbe beim Verschmelzen der Erze gebraucht
                              wird.
                           V. Eigenschaften des Rohmangans; Analysen dieses Metalles und
                                 des zu seiner Gewinnung benutzten Erzes. – Die Eigenschaften des
                              Rohmangans und die des gefeinten und des reinen Mangans sind die bekannten, in den
                              Handbüchern der Chemie beschriebenen.
                           Das im Laufe meiner Untersuchungen verarbeitete Erz ergab nachstehende
                              Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Mangansuperoxyd
                                 79,50
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 6,50
                                 
                              
                                 Wasser
                                 3,50
                                 
                              
                                 phosphorsaurer Kalk
                                 Spur
                                 
                              
                                 Bergart
                                 10,50
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           Es enthält demnach 50,5 Procent metallisches Mangan und circa 4,3 Procent metallisches Eisen.
                           
                           Das aus diesem Erze dargestellte Rohmangan enthielt:
                           
                              
                                 Mangan
                                 96,90
                                 
                              
                                 Eisen
                                 1,05
                                 
                              
                                 Aluminium
                                 0,10
                                 
                              
                                 Calcium
                                 0,05
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,05
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,05
                                 
                              
                                 Silicium
                                 0,85
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 0,95
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           100 Theile Erz, welches 50 Procent Mangan enthielt, gab 42 bis
                              45 Procent Rohmangan mit einem Eisengehalte von nur 1 Procent, während das Erz
                              selbst etwa 4,3 Procent von diesem Metalle enthält.
                           Die Zusammensetzung des mit kohlensaurem Manganoxydul gefeinten Rohmangans war
                              folgende:
                           
                              
                                 Mangan
                                 99,910
                                 
                              
                                 Eisen
                                 0,050
                                 
                              
                                 Silicium
                                 0,015
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 0,025
                                 
                              
                                 andere Substanzen
                                 Spuren
                                 
                              
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           VI. Dokimastisches Probiren der Manganerze. – Falls
                              zur Gewinnung von Manganmetall im Großen besondere Hüttenwerke angelegt würden, wäre
                              die dokimastische Manganprobe offenbar von Wichtigkeit. Im Verlaufe von höchstens
                              zwei Stunden könnten mehrere Proben gemacht werden, durch welche der Metallurg
                              zuverlässige Aufschlüsse über die Menge des aus einer bestimmten Erzsorte beim
                              Großbetriebe zu extrahirenden Metalles und gleichzeitig über die Qualität des
                              ausgebrachten Productes erhalten würde.
                           Die dokimastische Manganprobe wird mit den entsprechenden Materialien ganz in
                              derselben Weise ausgeführt, wie das. Probiren der Eisenerze. Der Probirer muß stets
                              die nöthige Menge von weißem und von grünem Fluß, welche nach den oben angegebenen
                              Vorschriften bereitet sind, sowie von kohlensaurem Manganoxydul, Kienruß, Oel und
                              von dem Gemenge aus Graphit und Thon zur Hand haben.
                           Zu einer Probe muß man 500 bis 1000 Gran Manganerz verwenden, und das ganze
                              Probirverfahren entspricht im Kleinen genau den oben beschriebenen, im Großen
                              auszuführenden Operationen.