| Titel: | Ueber Darstellung von Ferridcyankalium; von Ferd. Rhien. | 
| Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. XLI., S. 151 | 
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                        XLI.
                        Ueber Darstellung von Ferridcyankalium; von
                           Ferd.
                              Rhien.
                        Rhien, über Darstellung von Ferridcyankalium.
                        
                     
                        
                           Bei dem Einleiten von Chlorgas in eine Auflösung von Ferrocyankalium ist eine weiter
                              gehende Zersetzung des sich bildenden Ferridcyankaliums, wie bekannt, schwer zu
                              vermeiden und das beim Eindampfen sich ausscheidende grünliche Pulver erschwert es
                              außerordentlich, reine Krystalle des rothen Blutlaugensalzes zu erhalten.
                           Das von A. und C. Walter empfohlene Verfahren umgeht das
                              lästige Arbeiten mit gasförmigem Chlor und man kann, nach meiner Erfahrung, bei
                              vorsichtiger Ausführung desselben auch die Bildung weiterer Zersetzungsproducte des
                              Ferridcyankaliums vermeiden. Allein man hat mit einer siedenden Lösung zu arbeiten,
                              was bei der Darstellung von größeren Quantitäten des Präparates lästig ist. Die Walter'sche Vorschrift lautet dahin, in die nahezu
                              siedende Auflösung des Ferrocyankaliums trockenen Chlorkalk einzutragen, bis zum
                              Aufhören der bekannten Reaction mit Eisenchlorid, rasch zu filtriren, das Filtrat
                              durch Zusatz von kohlensauren Kali schwach alkalisch zu machen und dann zur
                              Krystallisation einzudampfen. Die Filtration findet statt, um den mit dem
                              unterchlorigsauren Kalk zugesetzten Aetzkalk zu entfernen, welcher, um keinen
                              Verlust an Ferridcyankalium zu veranlassen, ausgewaschen werden muß und zwar mit
                              siedendheißem Wasser, damit möglichst wenig Kalk in Lösung gehe, der durch
                              allmählige Aufnahme von Kohlensäure neue Trübungen hervorrufen und somit neue
                              Filtrationen nothwendig machen würde. Das Filtrat soll jetzt durch kohlensaures Kali
                              schwach alkalisch gemacht werden, was nicht geschehen kann, ohne einen Niederschlag
                              hervorzubringen. Zunächst wird mit jedem Atom unterchlorigsauren Kalkes auch ein
                              Atom Chlorcalcium zugesetzt und ein zweites Atom des letzteren entsteht, indem der
                              unterchlorigsaure Kalk durch Abgabe seines Sauerstoffes zu Chlorcalcium wird. Jeder
                              Tropfen einer Auflösung von kohlensaurem Kali wird einen Niederschlag von
                              kohlensaurem Kalk erzeugen, indem durch gegenseitigen Austausch zugleich Chlorkalium
                              entsteht; da keines dieser Salze einen Einfluß auf die Reaction der Flüssigkeit
                              ausübt, so kann eine alkalische Reaction erst eintreten, nachdem alles Chlorcalcium
                              in kohlensauren Kalk umgewandelt und ein kleiner Ueberschuß von kohlensaurem Kali
                              zugesetzt worden ist. Man hat also jetzt wiederum zu filtriren und den Niederschlag
                              von kohlensaurem Kalk auszuwaschen. Abgesehen von diesem letzteren Umstande hat man
                              durch den Zusatz von kohlensaurem Kali nichts gewonnen; man hat im Gegentheil an die
                              Stelle des schwerer krystallisirenden Chlorcalciums, das leichter krystallisirende
                              Chlorkalium gesetzt.
                           Aus diesen Gründen möchte folgende Abänderung des Walter'schen Verfahrens sich empfehlen. Man versetzt die kalte Auflösung des
                              Blutlaugensalzes mit so viel roher Salzsäure, daß das Chlor der letzteren hinreicht,
                              um zwei Atomen des Salzes ein Atom Kalium zu entziehen, und fügt zur Sicherheit
                              einen kleinen Ueberschuß der Säure zu. Alsdann setzt man zu dieser Mischung eine
                              klare Auflösung von Chlorkalk, bis Eisenchlorid kein unverändertes Ferrocyankalium
                              mehr erkennen läßt. Gibt man sich die Mühe, den Werth der Chlorkalklösung vorher
                              festzustellen, so kann man nahezu die zur Oxydation des Wasserstoffes der
                              Chlorwasserstoffsäure, oder, was dasselbe ist, die zur Umwandlung des
                              Ferrocyankaliums erforderliche Menge unter starkem Umrühren auf einmal zusetzen und
                              hat nur gegen das Ende der Reaction Vorsicht anzuwenden, wobei man mit Leichtigkeit
                              jede Ueberschreitung der Grenze vermeiden kann. Der geringe Ueberschuß von Salzsäure
                              verhindert, daß unterchlorigsaurer Kalk unzersetzt bleibt. Ist die Ueberführung des
                              gelben Blutlaugensalzes in das rothe erreicht, so neutralisirt man die überschüssige
                              Salzsäure mit kohlensaurem Kalk (Champagner Kreide) und dampft zur Krystallisation
                              ein. Die zuerst erhaltenen, auf einem Trichter gesammelten und mit destillirtem
                              Wasser abgespülten Krystalle sind vollkommen rein; die aus den späteren
                              Krystallisationen gewonnenen zeigen mit oxalsaurem Ammon in der Regel Spuren von Kalk, welche durch einmaliges Umkrystallisiren
                              vollständig entfernt werden.
                           
                           Als Vorzüge dieses Verfahrens sind anzuführen: 1) daß die Umänderung des
                              Blutlaugensalzes bei gewöhnlicher Temperatur erfolgt; 2) daß nur eine Filtration
                              nothwendig ist und kein Niederschlag ausgewaschen werden muß und 3) daß, bis auf
                              eine unbedeutende Menge, alles Ferridcyankalium durch Krystallisation erhalten
                              werden kann. Der letzte Rest läßt sich durch Fällung mit Eisenvitriol verwerthen.
                              (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt, 1872 S. 195.)