| Titel: | Ueber ein neues Verfahren zur Verwerthung der Weißblechabfälle; von Dr. Adolph Ott. | 
| Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LIX., S. 199 | 
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                        LIX.
                        Ueber ein neues Verfahren zur Verwerthung der
                           Weißblechabfälle; von Dr. Adolph
                              Ott.
                        Aus dem Engineering and Mining Journal, October 1872, S.
                              211.
                        Ott, über ein neues Verfahren zur Verwerthung der
                           Weißblechabfälle.
                        
                     
                        
                           Im vorigen Jahre wurden in New-York Versuche gemacht, die Weißblechabfälle mit
                              Chlorgas zu behandeln, welches sich dabei mit dem Zinn zu Zinnchlorid
                              (Zweifach-Chlorzinn) verbindet.Ein vorläufiges Erhitzen der Weißblechabschnitzel ist nicht nothwendig, weil
                                    bei der erfolgenden Verbindung des Zinnes mit dem Chlor die Temperatur hoch
                                    genug steigt, um das erzeugte Zinnchlorid zu verflüchtigen. Dieselben blieben jedoch erfolglos, weil das Eisen auf diesem Wege nicht
                              vollständig vom Zinn befreit werden konnte; überdieß lassen sich bei diesem
                              Verfahren große Quantitäten der Abfälle nicht auf einmal in Arbeit nehmen.
                           Ich habe bekanntlich ebenfalls ein Verfahren zur Trennung des Zinnes vom Eisen bei
                              Weißblechabfällen erfunden; da dasselbe im Engineering and
                                 Mining Journal, vol. XII No. 18, vollständig
                              beschrieben wurde,Mitgetheilt im polytechn. Journal Bd. CCV
                                       S. 440, erstes Septemberheft 1872. so begnüge ich mich, hier zu bemerken daß nach meiner Methode über hundert
                              Tonnen Weißblechabfälle vom Zinn befreit und dann zu guten Preisen an
                              Hufeisenfabrikanten verkauft wurden; auch das Zinn wurde zum größten Theile wieder
                              gewonnen und abgesetzt. Die Gesellschaft, welche mein Patent ausbeutete, verfügte
                              jedoch über ein viel zu geringes Betriebscapital, und da überdieß die
                              Geschäftsleitung eine sehr unzweckmäßige war, so sah sie sich bald zur Liquidation
                              genöthigt.
                           Der Mißerfolg dieser Gesellschaft verhinderte jedoch andere nicht, dasselbe
                              industrielle Feld zu betreten.
                           Ein neues Verfahren zu diesem Zweck wurde von Thos. F. Wells in New-York erfunden und demselben am 26. März und 25. Juni
                              1872 patentirt. Dieses Verfahren wird folgendermaßen beschrieben:
                           
                              „Die Weißblechabfälle werden zunächst mit Salzsäure von 22°
                                 Baumé behandelt, bis das Säurebad erschöpft (gesättigt) ist; dann wird das Bad mit 2
                                 bis 3 Procent (von der angewandten Quantität Salzsäure) Salpetersäure und 1 bis
                                 1 1/2 Procent chlorsaurem Kali versetzt; dadurch wird dasselbe in gewissem Grade
                                 regenerirt, so daß 500 Pfund Salzsäure, anstatt der vorher erforderlich
                                 gewesenen 1000 Pfund, hinreichen, um eine Tonne Abfälle zu
                                 behandeln.“
                              
                           
                              „Bei dieser Operation dient die Salpetersäure zur Bildung von Zinnoxydul,
                                 welches in schwacher Salzsäure leichter löslich ist, als metallisches Zinn.Der Zusatz von Salpetersäure zur Salzsäure behufs Auslösung des Zinnes
                                       vom Eisen der Blechabschnitzel wurde zuerst (jedoch in viel Justus Fuchs in Breslau angewandt (man s. polytechn.
                                       Journal, 1866, Bd. CLXXIX S. 83). A. d. Red. Der Zusatz von chlorsaurem Kali bezweckt, die Fällung von
                                 Zinnoxydulhydrat zu verhüten, welches bei dem Processe verloren ginge, weil es
                                 am Ende der Operation niederfallen würde (wenn es sich in einer gesättigten,
                                 kaum sauren Lösung gebildet hat).“
                              
                           
                              „Bei der praktischen Ausführung des Verfahrens werden die Weißblechabfälle
                                 in eine cylindrische Trommel aus Kupfer gefüllt, welche mit Löchern versehen
                                 ist. Eine solche Trommel vermag bei etwa sechs Fuß Durchmesser und fünf Fuß
                                 Länge 1000 bis 1500 Pfund Abfälle aufzunehmen. Sie ist mit einer zweiflügeligen
                                 Thür zum Füllen und Entleeren versehen, und wird mittelst einer hindurchgehenden
                                 oder nur an ihren beiden Stirnenden befestigten kupfernen Welle in Umdrehung
                                 versetzt. Man läßt diese Trommel nacheinander in verschiedenen Bottichen
                                 rotiren, welche mit den bei dem Processe angewendeten Flüssigkeiten gefüllt
                                 sind, wobei man sie von einem Lager auf ein anderes mittelst eines Wagens
                                 transportirt, welcher auf einem über den Bottichen befindlichen Schienenwege
                                 läuft, und sie mittelst eines von einem Motor getriebenen Vorgeleges in
                                 Umdrehung versetzt.“
                              
                           
                              „Der erste Bottich, welcher aus starkem Holze angefertigt und mit
                                 Glasplatten gefüttert ist, wird mit Salzsäure fast bis an den Rand gefüllt.
                                 Sobald sich das Zinn aufgelöst hat, wird die Trommel aus dem Säurebottich
                                 gehoben und in einen anderen mit Wasser gefüllten Bottich gebracht in welchem
                                 man sie mehrere Minuten rotiren läßt. Aus diesem Bade versetzt man sie in einen
                                 zweiten mit Wasser gefüllten Bottich, worin man sie ebenfalls rotiren läßt,
                                 damit die Blechschnitzel vollständig von Säure befreit werden. Endlich läßt man
                                 die Trommel in einem vierten Bottich rotiren, welcher eine schwache Auflösung
                                 von Natron-Wasserglas enthält; diese Lösung wird angewendet, um das
                                 Rosten der vom Zinn entblößten Blechschnitzel zu verhüten.“
                              
                           
                           Aus den vom Erfinder abgeführten Versuchen ergab sich, daß die zum Auslösen des
                              Zinnes von dem Eisen erforderliche Zeit mit jeder neu eingetragenen Charge um fünf
                              bis zehn Minuten zunimmt. Wenn eine Stunde nöthig ist, um eine Charge gehörig zu
                              behandeln, so versetzt man das Bad allmählich unter Umrühren mit Salpetersäure und
                              chlorsaurem Kali; in dem so regenerirten Bade kann dann eine der zuerst behandelten
                              gleiche Quantität von Weißblechabfällen behandelt werden. Die durch den Zusatz
                              dieser Chemikalien erzielte Ersparniß an Salzsäure beträgt, wie erwähnt, über 500
                              Pfund per Tonne Abfälle.
                           Die zur Behandlung einer Charge erforderliche Zeit beträgt durchschnittlich eine
                              Stunde und fünfzehn Minuten.
                           Wenn die Flüssigkeit im ersten Bottich kein Zinn mehr auflösen kann, zieht man sie in
                              einen unter demselben befindlichen Bottich ab. In letzterem wird durch Zink das Zinn
                              metallisch ausgefällt und kann dann verschmolzen werden. In der Lösung bleibt
                              Chlorzink und Eisenchlorür zurück; man verarbeitet dieselbe auf Anstrichfarben, oder
                              benutzt sie als Desinfectionsmittel oder zum Conserviren des Nutzholzes.
                           Die Vortheile dieses Verfahrens bestehen:
                           1) in der Ersparniß von ungefähr 500 Pfd. Salzsäure per
                              Tonne Weißblechschnitzel;
                           2) in der Verhütung von mindestens zehn Procent Abgang bei der weiteren Verarbeitung
                              des erhaltenen Eisens, in Folge der Behandlung desselben mit Wasserglas zur
                              Verhinderung des Rostens;
                           3) in der Verwendung der rückständigen Flüssigkeit zu nützlichen Zwecken;
                           4) in der Ersparniß an Handarbeit durch die angewendete Maschinerie.