| Titel: | Ueber die fabrikmäßige Entfuselung des Rohspiritus durch die Holzkohle; von Dr. W. Schultze. | 
| Autor: | W. Schultze | 
| Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LXIII., S. 211 | 
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                        LXIII.
                        Ueber die fabrikmäßige Entfuselung des
                           Rohspiritus durch die Holzkohle; von Dr. W.
                              Schultze.
                        Schultze, über die fabrikmäßige Entfuselung des Rohspiritus durch
                           die Holzkohle.
                        
                     
                        
                           I. Die Darstellung der
                                 Filtrirkohle.
                           Das Material zur Filtrirkohle liefern die Birken- und die
                              Föhrenmeilerkohlen.
                           Die Filtrirkohle muß folgende Eigenschaften besitzen:
                           1) sie darf keine unvollständig verkohlten Kohlen enthalten;
                           2) sie darf nicht mit von der Verkohlung im Meiler herrührenden empyreumatischen
                              Stoffen imprägnirt seyn;
                           3) sie muß sich in einem bestimmten Zustande der Zerkleinerung befinden.
                           Die käufliche Meilerkohle besitzt diese Eigenschaften in der Regel nicht, und kann
                              deßwegen nicht unmittelbar dem Zwecke der Spiritusentfuselung dienen. Daher die
                              Nothwendigkeit, der Holzkohle jene Eigenschaften durch Bearbeitung beizubringen.
                           Der erste Act dieser Bearbeitung besteht nun darin, daß man die Meilerkohle
                              vollständig verkohlt und vom Empyreuma befreit. In einem würfelförmigen, dem
                              Backofen ähnlichen Ofen, dessen Sohle aus Roststäben gebildet ist, wird die
                              Meilerkohle portionsweise in Brand gesteckt und eine Zeit lang unter häufigem
                              Umrühren mit einem langstieligen eisernen Haken brennen gelassen.
                           Wenn in der glühenden Kohlenmasse keine schwarzen, todten Kohlen mehr wahrzunehmen
                              sind, wenn aus ihr keine gelben, hellleuchtenden Flammen mehr entwickelt werden,
                              wenn auf ihrer Oberfläche nur noch die blaue Kohlenoxydgasflamme sich zeigt,
                              – dann ist die vollständige Verkohlung und die Verbrennung des Empyreuma's
                              erreicht. Die glühenden Kohlen werden nun rasch mittelst einer langstieligen
                              eisernen Schaufel aus dem Ofen herausgezogen, in blecheiserne, cylindrische, in
                              ihren Nähten luftdichte Kohlenlöscher geschüttet und zur Erkaltung in's Freie
                              gesetzt.
                           Diese nachträgliche Verkohlung wird, wie man sieht, bewerkstelligt durch Verbrennung
                              eines Theiles der Holzkohle. Der hierdurch entstehende Verlust an Holzkohle, dessen
                              Kenntniß zur Aufstellung der Fabricationscalculation erforderlich ist, ist durch
                              folgende Beobachtungsweise festgestellt worden.
                           
                           
                              
                                 Nummerdes Versuches
                                 Scheinbare Volumina Holzkohle
                                 Volumverlustin Procenten
                                 
                              
                                 
                                 vor der Verkohlung
                                 nach der Verkohlung
                                 
                                 
                              
                                 1234567
                                 30,0030,0035,0027,5035,0035,0035,00
                                 17,0013,7517,5016,0018,5017,5018,00
                                 43,3354,1750,0041,8247,1450,0048,57
                                 
                              
                                 Durchschnitt 47,86 Proc.
                                 
                              
                           Daraus ergibt sich, daß 100 scheinbare Volumina Meilerkohle durchschnittlich und in
                              runder Zahl 52 scheinbare Vol. ausgeglühter Kohle liefern.
                           Nachdem die Holzkohle im Verkohlungsofen gehörig verkohlt und in den Löschcylindern
                              erkaltet ist, wird sie zur Erlangung der erforderlichen Zerkleinerung auf einer
                              Mühle gemahlen.
                           Diese Mühle besteht aus zwei über einander liegenden Walzenpaaren und einem langen
                              Siebe. Die höher liegenden Walzen sind gestachelt und haben die Aufgabe, alle großen
                              Kohlenstücke vorzubrechen. Sie geben vermittelst einer schiefen Ebene die
                              vorgebrochenen Kohlen an die eigentlichen Zerkleinerungswalzen ab. Diese letzteren
                              sind keilförmig cannelirt, und zwar so, daß die Cannelirung der einen Walze
                              parallel, die Cannelirung der anderen dagegen rechtwinkelig zur Walzenachse steht.
                              Das, was das cannelirte Walzenpaar fallen läßt, besteht aus Pulver und Korn. Dieses
                              Gemisch fällt auf ein langes, nach vorn geneigtes feinmaschiges Drahtsieb, welches
                              sich heftig schüttelt, und wird hier getrennt. Will man keine Trennung von Korn und
                              Pulver haben, so nagelt man einfach einige Bogen Pappe über das Sieb. Die Mühle wird
                              durch die Dampfmaschine bewegt.
                           In den Spiritusraffinerien ist es bisher üblich, nur das Kohlenkorn und nicht auch
                              das Kohlenpulver zur Filtration anzuwenden. Beim Kohlenmahlen bildet sich eine große
                              Menge Pulver, das also ein Verlust an Filtrirkohle ist und dadurch den Preis des zur
                              Benutzung kommenden Kohlenkornes bedeutend erhöht. Wie groß ist der Mahlverlust?
                           15 scheinbare Vol. geglühter Kohle geben nach dem Mahlen im einen Falle 11,83 scheinbare
                              Vol. und im anderen Falle 13 scheinbare Vol., mithin durchschnittlich 12,41 Vol.
                              Kohlenkorn. Sie hatten also eingebüßt 15 – 12,41 = 2,59 Vol.
                           Aber diese Einbuße ist nur eine scheinbare; in Wirklichkeit ist sie, wie folgende
                              Rechnung zeigen wird, viel größer.
                           
                              
                                 Die 15 Vol. (à 17,4 Pfd.)
                                    wogen vor dem Mahlen
                                 261,0
                                 Pfd.
                                 
                              
                                 Aus ihnen wurden an Kohlenkorn erhalten
                                 191,1
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 Mithin verloren sie an Pulver
                                 69,9
                                 Pfd.
                                 
                              
                           17,4 Pfd. repräsentiren 1 Vol. ungemahlener Kohle, mithin repräsentiren 69,9 Pfd. =
                              69,9/17,4 = 4,02 Volumina. Die Kohlen erlitten mithin einen wirklichen Verlust von
                              4,02 Vol. oder 26,8 Vol.-Proc.
                           Die Differenz zwischen dem wirklichen und dem scheinbaren Verluste zeigt an, daß die
                              Kohlen durch das Mahlen eine Vergrößerung des scheinbaren Volums erfahren haben: 1
                              Vol. wog vor dem Mahlen 17,4 Pfd., nach dem Mahlen nur noch 15,4 Pfd.
                           Die Kohle, deren Verlustverhältnisse eben besprochen sind, bestand aus derben,
                              festen, massiven Stücken, die den Stachelwalzen viel zu thun gaben; daher auch der
                              große Verlust. Ganz anders gestalten sich diese Verhältnisse, wenn weniger dichte,
                              kleinstückige Kohlen zur Vermahlung kommen, welche die Stachelwalzen so gut wie gar
                              nicht mehr beschäftigen.
                           449 Vol. solcher Kohle gaben nach dem Mahlen 380 Vol. Kohlenkorn; sie erfuhren also
                              eine scheinbare Einbuße von 69 Vol.
                           
                              
                                 Die 449 Vol. (à 11,4 Pfd.)
                                    wogen vor dem Mahlen
                                 5118,6
                                 Pfd.
                                 
                              
                                 und gaben an Kohlenkorn
                                 4484,0
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––
                                 
                              
                                 Mithin verloren sie an Staub
                                 634,6
                                 Pfd.
                                 
                              
                           634,6 Pfd. zeigen nun eine wirkliche Einbuße von nur 634,6/11,4 = 55,67 Vol. oder
                              12,39 Vol.-Proc. an.
                           Da in diesem Falle der wirkliche Verlust kleiner als der scheinbare ist, so haben die
                              Kohlen durch das Mahlen eine Verminderung des scheinbaren Volums erfahren: 1 Vol.
                              Kohlen wog vor dem Mahlen 11,4 Pfd., nach dem Mahlen aber 11,8 Pfd.
                           Der Mahlverlust beträgt im ersten Falle 26,8 Vol.-Proc. und im zweiten Falle
                              nur 12,39 Vol.-Proc. Man ersieht daraus, daß er außerordentlich große
                              Schwankungen machen kann. Die Ursache dieser Schwankungen liegt vorzugsweise in der
                              Größe welche die Kohlenstücke haben, wenn sie den Stachelwalzen preisgegeben werden:
                              je größer die Kohlenstücke, desto größer der Mahlverlust. Man hat deßhalb beim
                              Ankaufe der Meilerkohle stets darauf zu sehen, sie möglichst kleinstückig zu erhalten. Die
                              kleinstückige Kohle hat auch noch den Vortheil, daß sie weniger Verkohlungsverlust
                              gibt, als die großstückige; ja, sie kommt manchmal so vortrefflich verkohlt vor, daß
                              man der nachträglichen Verkohlung im Ofen völlig überhoben ist; diese gute
                              Eigenschaft findet sich vorzugsweise bei der Kohle welche aus den Aesten und Zweigen
                              dargestellt wird.
                           Berechnet man aus den obigen Verlustzahlen das Mittel, so erhält man 19,59 oder rund
                              20 Proc.
                           Aus 100 Vol. Meilerkohlen werden durchschnittlich 52 Vol. geglühter Kohlen erhalten.
                              Diese 52 Vol. verlieren weiter durch das Mahlen, à 20 Proc., 10,4 Vol. Es resultiren mithin aus 100 scheinbaren Vol.
                              Meilerkohlen 41,6 Vol. gesiebte Filtrirkohlen.
                           Um die gesiebte Filtrirkohle zu gewinnen, müssen demnach 58,4 Proc. des Rohmateriales
                              geopfert werden. Der Verkohlungsverlust ist meistens nicht zu umgehen; aber daß man
                              aus der gemahlenen Kohle auch noch das Kohlenpulver abscheidet, läßt sich gar nicht
                              rechtfertigen, ist geradezu zweckwidrig. Bei der Besprechung der Entfuselung wird
                              dieses bewiesen werden.
                           Ich ließ ausgeglühte Kohlen mahlen ohne Siebung, um den Verstäubungsverlust
                              festzustellen.
                           
                              
                                 Versuch.
                                 Auf die Mühle.
                                 Von der Mühle.
                                 Verlust.
                                 
                              
                                 Nr. 1.
                                 2168 Pfd.
                                 2146 Pfd.
                                 22 Pfd.
                                 
                              
                                 Nr. 2.
                                 2175   „   
                                 2150   „   
                                 25   „   
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 4343 Pfd.
                                 4296 Pfd.
                                 47 Pfd.
                                 
                              
                           Mithin Mahlverlust durch Verstäubung 1,08 Gewichtsproc., oder, da die Volumeinheit
                              der ungemahlenen Kohlen 11,4 Pfd. wog, eben so viel Volumproc. Beim Nichtsieben der
                              gemahlenen Kohlen erspart man also im Mittel 19,59 – 1,08 = 18,51 Proc. vom
                              Volumen der geglühten ungemahlenen Kohlen, oder 9,63 Proc. vom Vol. der
                              Meilerkohle.
                           Im ersten der hier besprochenen Mahlversuche gaben 261 Pfd. Kohlen 191,1 Pfd.
                              Kohlenkorn und 69,9 Pfd. Mahlverlust. Rechnet man von diesem Mahlverluste den
                              Verstäubungsverlust à 1,08 Proc. mit 2,8 Pfd. ab,
                              so hinterbleiben 67,1 Pfd. Kohlenpulver auf 191,1 Pfd. Kohlenkorn. Im zweiten Falle
                              kommen 634,6 – 55,3 = 579,3 Pfd. Pulver auf 4484 Pfd. Korn. Hätte die Siebung
                              nicht stattgefunden, so hätte die gemahlene Kohle bestanden:
                           
                              
                                 
                                 
                                    im ersten Falle
                                    
                                 
                                    im zweiten Falle
                                    
                                 
                                    im Mittel
                                    
                                 
                              
                                 aus Kohlenkorn
                                        74,0 Gew. Proc.
                                               88,5
                                    Proc.
                                       81,25 Proc.
                                 
                              
                                 aus Kohlenpulver
                                       
                                    26,0    „      
                                    „
                                               11,5    „
                                       18,75    „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                      100,0
                                             100,0
                                     100,00
                                 
                              
                           
                           Diese Procentzahlen geben uns eine Vorstellung von dem ungefähren Mengenverhältniß
                              zwischen Korn und Pulver in dem Gemisch, welches die gewöhnliche gestachelte und
                              cannelirte Kohlenmühle bei der größtmöglichen Annäherung der Walzen liefert. Diese
                              Vorstellung wird das Verständniß später zu besprechender Verhältnisse fördern.
                           ––––––––––
                           Es ist Thatsache, daß die Holzkohle sowohl den Geruch, als auch den Geschmack des
                              Rohspiritus wesentlich verbessert, oder, wie man sagt, daß sie den Rohspiritus
                              entfuselt.
                           Es ist ferner Thatsache, daß frische Kohle unter allen Umständen – mag die
                              Kohle grobkörnig, feinkörnig oder pulverförmig angewandt, mag sie in den Spiritus
                              hineingerührt, oder dieser durch sie filtrirt, mag der Spiritus hoch- oder
                              schwachgrädig mit ihr in Berührung gebracht werden u.s.w. – diese Wirkung auf
                              den Rohspiritus ausübt.
                           Aber es ist endlich auch Thatsache, daß die Kohle nicht unter allen diesen Umständen
                              immer ein Product von gleich hoher Reinheit liefert, oder ihre volle Wirkung
                              ausübt.
                           Demnach muß es ganz bestimmte Umstände geben, unter welchen allein die volle Wirkung
                              der Kohle in die Erscheinung tritt, unter welchen sie am kräftigsten entfuselt. Nach
                              diesen Umständen suchte man, und was man dabei fand, soll nun mitgetheilt werden.
                              Bei allen folgenden Betrachtungen wolle der Leser stets die großen, aus 5–7
                              Meter hohen eisernen Filtrircylindern zusammengesetzten Filtrirbatterien der
                              Spiritusraffinerien vor Augen haben.
                           Ob Knochenkohle, oder Lindenkohle, oder Föhrenkohle u.s.w. kräftiger entfuseln, als
                              alle übrigen Kohlenarten: diese Frage geht uns hier nichts an. Im Fabrikbetriebe
                              bedient man sich zur Entfuselung der Föhren- und der Birkenkohle: hier soll
                              geprüft werden, was man zu thun habe, um dieser gegebenen Kohle im Fabrikbetriebe
                              den größten Nutzeffect abzugewinnen.
                           
                        
                           II. Die Entfuselung und die Größe der
                                 Kohlenpartikelchen.
                           Die Wirkung der Holzkohle auf den Rohspiritus ist eine sogen. Flächenwirkung. Der
                              Betrag dieser Wirkung ist zunächst abhängig von der Größe der Kohlenoberfläche, der
                              Kohlenpartikelchen, welche mit dem Spiritus in Berührung gesetzt wird.
                           Daraus folgt, daß die Kohlenwirkung um so größer seyn müsse, je feiner die
                              Zertheilung der Kohle ist. In Pulverform angewandt, muß demnach die Kohle, unter
                              sonst gleichen Bedingungen, ihre größte entfuselnde Wirkung ausüben; andererseits muß diese
                              Wirkung um so kleiner ausfallen, je gröber und dicker die Kohlenpartikelchen zur
                              Anwendung kommen. Oder: 1 Pfd. pulverförmige Kohle entfuselt mehr Spiritus, als 1
                              Pfd. feinkörnige, und dieses wieder entfuselt mehr, als 1 Pfd. grobkörnige. Deßhalb:
                              je feiner die Filtrirkohle, desto billiger, – je gröber, desto theurer die
                              Entfuselung.
                           Darnach würde es am vortheilhaftesten, weil am billigsten seyn, sich zum
                              Spiritusraffiniren des Kohlenpulvers zu bedienen. Der Anwendung pulverförmiger Kohle
                              in den 5–7 Meter hohen Filtrircylindern stellen sich aber zwei
                              unüberwindliche Hindernisse in den Weg. Erstens: in jeder Spritfabrik verlangt man
                              und muß man verlangen, daß eine Filtrirbatterie mit einer so und so schweren
                              Kohlenladung 100, 200, 300..... Quart Filtrat per Stunde
                              liefere. Mit Kohlenpulver beladene Batterien erfüllen dieses Verlangen nicht, weil
                              das Pulver ein zu dichtes Filtrum bildet. Ihre quantitative Leistung ist von Anfang
                              an gering, nimmt sehr rasch ab, und erlischt endlich völlig; denn der
                              spiritusfeuchte Kohlenstaub sinkt mit der Zeit im Filter zu einer harten, dichten,
                              nicht mehr durchlassenden Masse zusammen. Zweitens: der in dieser undurchdringbaren
                              Masse enthaltene Spiritus läßt sich durch Abtreiben der Kohle im Filter selbst
                              mittelst Wasserdampfes nicht wieder gewinnen. – Aus diesen Gründen müssen wir
                              ein für allemal auf die Nutzbarmachung der ganzen Entfuselungsfähigkeit der Kohle
                              verzichten und, um ein unseren Zwecken entsprechendes, ausdauerndes durchlassendes
                              Vermögen zu erzielen, eine Auflockerung der pulverförmigen Kohle durch körnige
                              bewerkstelligen.
                           Offenbar wird das durchlassende Vermögen des säulenförmigen Filtrums um so größer
                              seyn, a) je mehr Kohlenkorn und je weniger Kohlenpulver
                              das Filtrum enthält, und b) je größer das Kohlenkorn ist
                              (Erbsen-, Haselnuß-, Wallnußgröße). Aber eben so klar ist auch, daß
                              jede Steigerung der Durchlaßfähigkeit, herbeigeführt durch Verminderung des
                              Pulvergehaltes und durch gröbere Körner, nothwendig eine geringere Nutzbarmachung
                              des entfuselnden Vermögens, und somit höhere Filtrationskosten zur Folge hat. Es kommt also darauf an, den Korn- und den Pulvergehalt
                                 des Kohlenfiltrums, ferner die Größe des Kornes so zu regeln, daß gerade die der
                                 Kohlenladung angemessene stündliche Leistung der Batterie erzielt wird, nicht
                                 mehr und nicht weniger; denn Beides ist vom Uebel.
                           Dieses ist der Grundsatz, nach welchem bei der Auflockerung des Kohlenpulvers durch
                              körnige Kohle verfahren und der Grad der Zweckdienlichkeit einer gegebenen Filtrirkohle
                              beurtheilt werden muß. In der groben Fabrikpraxis ist man selten oder nie im Stande,
                              die Mischung aus Pulver und Korn so zu treffen, daß sie dem hier aufgestellten
                              Ideale gleiche, wie ein Ei dem anderen. Dort dürfen die Filtra unter keinen
                              Umständen ein zu geringes durchlassendes Vermögen zeigen (denn das lähmt den Gang
                              der ganzen Fabrik); im Gegentheil, sie müssen dasselbe immer im Ueberschuß besitzen,
                              und es kommt in der Praxis nur darauf an, sich in diesem Punkte nicht allzusehr von
                              dem Ideale zu entfernen, oder, was dasselbe sagt, stets mit dem kleinsten
                              Ueberschusse an durchlassendem Vermögen zu filtriren. Wer mit dem kleinsten
                              Ueberschusse filtrirt, filtrirt am rationellsten und billigsten.
                           Es ist nun außerordentlich leicht, sich in jedem gegebenen Falle rasch klar zu
                              machen, ob man die richtige Kohlenmischung getroffen hat, oder ob sich in ihr zu
                              viel Pulver oder zu viel Korn befinde. Man öffne den Rohspirituszuflußhahn des
                              Anfangsfilters und den oberen Filtratsabflußhahn des Endfilters der Batterie
                              vollkommen: liefert jetzt die Batterie das ihrer Kohlenladung angemessene Quantum
                              Filtrat per Stunde, z.B. 120 Quart, so besitzen die
                              Filtra die ideale, also zweckmäßigste Kohlenmischung; liefert sie weniger, so ist zu
                              viel Pulver, liefert sie mehr, so ist zu viel Korn in der Mischung vorhanden, und je
                              mehr man nun im letzteren Falle den Spirituszufluß mäßigen muß, um nicht statt 120
                              Quart 200, 300 u.s.w. Quart in der Stunde zu erhalten, desto mehr ist eine
                              Entlockerung, eine Verdichtung, eine größere Zerkleinerung der Filtrirkohle
                              angezeigt. Bei einer solchen Prüfung werden wohl sehr viele Raffineure finden, daß
                              sie eine viel zu grobe Filtrirkohle im Gebrauche haben.
                           Reines Kohlenpulver kann, wie gesagt, in hohen Filtercylindern leider nicht als
                              Filtrum angewandt werden. Ebenso erwies sich eine Mischung aus 1/2 Pulver und 1/2
                              Korn (das Korn in allen möglichen Ausdehnungen bis aufwärts zur Erbsengröße) als
                              unbrauchbar. Das durchlassende Vermögen trat erst dann in genügendem Maaße auf, als
                              der Pulvergehalt des Filtrums 30 Proc. nicht überstieg; das Korn hatte in diesem
                              Falle alle möglichen Ausdehnungen bis aufwärts zur zweifachen Erbsengröße. Aus den
                              Beobachtungen welche gemacht wurden, läßt sich folgender Erahrungssatz ziehen: um
                              das Kohlenpulver für die Filtrirbatterien nutzbar zu machen, muß es mit mindestens
                              mit 70 Proc. feinkörniger (bis zur zweifachen Erbsengröße aufwärts) Kohle
                              aufgelockert werden.
                           Die gewöhnliche cannelirte Kohlenmühle lieferte auch bei der größten Annäherung der
                              Walzen nie eine Mischung mit über 30 Proc. Pulver. Als man eine pulverreichere Kohle
                              darstellen wollte, mußte man erst die cannelirten Walzen durch glatte ersetzen. Zu
                              mahlende Kohlen, deren
                              größte Stücke Eigröße besaßen, lieferten bis zu 15 Proc. Pulver, noch gröbere Kohlen
                              gaben im höchsten Falle bis zu 26 Proc. Daß man auf der gewöhnlichen Kohlenmühle
                              eine zu pulverreiche Mischung erhalten könnte, ist also nicht zu befürchten.
                           Es gibt Spritfabriken, die ihre Filtrirkohle gesiebt und in einer Körnung welche
                              zwischen doppelter Erbsen- und Wallnußgröße liegt, anwenden. Daß diese
                              Siebung und Körnung durchaus zweckwidrig sey, geht aus Vorstehendem zur Genüge
                              hervor.
                           Bei der Verwendung staubhaltiger, feinkörniger Filtrirkohle ist es nothwendig, den
                              Siebboden im Filtrircylinder mit dicht gewebter kräftiger Leinwand doppelt zu
                              überziehen und dann auf ihm zunächst eine 1 1/2 Fuß hohe Schicht von Hasel-
                              bis wallnußgroßer, staubfreier Kohle festgedrückt aufzupacken, damit das Filtrat
                              nicht von Kohlenpulver getrübt zum Vorschein komme; ebenso ist es erforderlich, beim
                              Abtreiben des absorbirten Spiritus aus der wirkungslos gewordenen Kohlensäule
                              mittelst directen Wasserdampfes nicht zu stürmisch zu verfahren, denn sonst reißt
                              der Dampfstrom viele kleine Kohlenpartikelchen mit in den Kühler und verstopft
                              ihn.
                           Stahlschmidt (Gährungschemie, S. 359) gibt an, daß man in
                              der Praxis zur Entfuselung von 1000 Quart Spiritus 100 Pfd. Kohlen rechne. Er
                              bemerkt aber nicht, in welchem Zerkleinerungszustande diese Kohle angewandt wird;
                              vermuthlich grobkörnig und pulverfrei.
                           Aus dem mir vorliegenden, mit großer Sorgfalt bearbeiteten statistischen Material
                              einer Fabrik, in welcher nahezu 1 1/2 Millionen Quart Spiritus jährlich zur
                              Filtration gelangten, berechnet sich, daß durchschnittlich mit 100 Pfd. Kohle 1292
                              Quart Spiritus (à 80 Proc. berechnet) entfuselt
                              wurden. Die Kohle war pulverfrei, die Größe des Kornes aufwärts bis zur
                              Haselnußgröße. Das Filtrat war reinschmeckend und lieferte, nach sorgfältiger
                              Destillation, einen tadellosen Sprit, welcher, mit dem nichtparfümirten Berliner
                              verglichen, diesem völlig glich.
                           Eine andere Fabrik, welche Kohlenpulver, aufgelockert durch etwa 80 Proc. sehr
                              feinkörnige Kohle, anwandte, filtrirte durchschnittlich mit 100 Pfd. Kohle 1668
                              Quart Spiritus (à 80 Proc. berechnet). Das
                              Filtrat war merklich reiner im Geschmack und Geruch, als das obige; an dem daraus
                              dargestellten Sprit ließ sich jedoch durch Geruch und Geschmack keine höhere
                              Feinheit mehr erkennen.
                           In Schweden nehmen alle Gesellschaftsclassen an dem Branntweingenuß Theil. Die
                              Betheiligung der gebildeten, wohlhabenden, hinsichtlich Speise und Trank verwöhnten
                              Personen ist die Ursache, weßwegen in diesem Lande, und namentlich in seiner
                              Residenzstadt, die Reinigung des Branntweins von den Destillateuren mit einer
                              außerordentlichen Sorgfalt betrieben wird. Der schwedische Trinkbranntein besitzt
                              deßhalb eine ungewöhnliche Reinheit im Geruch und Geschmack; nirgends in
                              Norddeutschland habe ich einen ähnlichen gekostet. – Das Reinigungsgeheimniß
                              der Schweden besteht nun darin, daß sie sich des Kohlenpulvers (untermischt mit
                              einer Kleinigkeit feiner Körner, welche beim Mahlen der völligen Zerquetschung
                              entgangen sind) als Filtrum bedienen, den Rohspiritus nicht mit 60 Proc., sondern
                              mit 47 bis 50 Proc. auf das Filter bringen und der Filtration Zeit gönnen. Sie
                              wenden nicht unsere hohen Filtercylinder, sondern aufrecht stehende, niedrige Fässer
                              (meistens Arrack-Legel) an, in welchen das Kohlenpulver eine 30–38
                              Zoll hohe Säule bildet. Mit einem solchen, etwa 300 Pfd. Kohle enthaltenden Filter
                              sah ich in 24 Stunden durchschnittlich 68 1/2 Quart à 47–50 Proc. filtriren. Unter diesen Umständen reinigt ein
                              Destillateur, wenn er hochfeine Waare erhalten will, mit 100 Pfd. Kohle mindestens
                              3000 Quart Spiritus (à 80 Proc. berechnet), also
                              dreimal soviel, als Stahlschmidt angibt. Ich wiederhole,
                              daß das Filtrat von vorzüglicher Güte ist.
                           Ein schwedischer Schriftsteller über Liqueurbereitung etc. gibt in seinem Buche an,
                              daß 100 schwedische Kannen Rohbranntwein à 50
                              Proc. 4 1/2 schwed. Pfd. Kohlenpulver zur Entfuselung bedürfen. Darnach berechnet
                              sich in deutschem Maaße und Gewichte ein Nutzeffect von: pro 100 Pfd. Kohle 3713 Quart Spiritus à 80 Proc.
                           Vergleicht man nun die obigen der Fabrikpraxis entnommenen Nutzeffecte mit dem
                              Zerkleinerungszustande der Filtrirkohle, so gibt sich deutlich zu erkennen, daß der
                              größere Nutzeffect der feineren Kohle angehört. – Ich bin mir hier sehr wohl
                              bewußt, daß dieser Vergleich kein wissenschaftlich exacter, sondern ein roher ist,
                              weil alle anderen, auf das Entfuselungsvermögen der Kohle Einfluß habenden Umstände,
                              wie Dauer der Berührung zwischen Kohle und Spiritus, Reinheit und Stärke des
                              Spiritus, das Verhältniß des Substanzvolums zum wahren Holzkohlenvolum u.s.w., hier
                              gar nicht mitberücksichtigt sind. Der die Größe des Nutzeffectes am stärksten
                              beeinflussende Factor ist und bleibt jedoch die Zerkleinerung der Kohle; die anderen
                              Einflüsse weichen auch in den verschiedenen Fabriken wenig von einander ab: deßwegen
                              ist der Vergleich zulässig, der, wie gesagt, ein roher ist und hier zu keinem
                              anderen Zwecke angestellt wurde, als um allgemein zu zeigen, was von der
                              Kohlenwirkung gewonnen und was von ihr verloren werden kann.
                           Nimmt man den Nutzeffect: pro 100 Pfd. Kohle 3000 Quart
                              Spiritus, als den höchsten welcher in der Praxis überhaupt zu erzielen möglich ist, als Einheit an, so
                              berechnet sich, daß., wer mit 100 Pfd. Kohle
                           
                              
                                 a)
                                 1000
                                 Ort.
                                 entfuselt, in runder Zahl
                                 67
                                 Proc.
                                 
                              
                                 b)
                                 1292
                                 „
                                     „          „    
                                    „      „
                                 57
                                 „
                                 
                              
                                 c)
                                 1668
                                 „
                                     „          „    
                                    „      „
                                 45
                                 „
                                 
                              
                           vom praktisch möglichen Nutzeffecte verliert.
                           Als ungefähres Minimum des Verlustes am praktisch möglichen Nutzeffecte der Kohle in
                              den hohen Cylindern kann man 45 Proc. ansehen. Wer daher mit einem größeren Verluste
                              arbeitet, dem bliebe noch etwas in seiner Kohlenwirthschaft zu verbessern übrig.
                           Da dieser Verlust von 45 Proc. offenbar seine Ursache allein in der gebräuchlichen
                              Höhe unserer Filter hat, so wäre es vielleicht angezeigt, künftighin die Batterien
                              aus weniger hohen und dafür aus mehr Filtern zusammenzusetzen.
                           
                        
                           III. Die Entfuselung und die Luft in den
                                 Kohlenporen und im Filter.
                           Die Holzkohle ist ein eminent poröser Körper.
                           Von der Größe einer Zelle ausgehend, hat man berechnet, daß die Gesammtoberfläche der
                              in einem Kubikzoll Holzkohle vorhandenen Poren an 20 Quadratfuß betrage. Eine
                              3filterige Batterie mit 600 Kubikfuß Kohlenraum faßt etwa 333 Kubikfuß Filtrirkohle
                              (wahres Volum). Demnach berechnet sich die entfuselnde Kohlenfläche dieser Batterie
                              zu 11·508·480 Quadratfuß.
                           Die Querschnittsform der Holzzellen ist kreisförmig, quadratisch oder sechseckig. Der
                              Durchmesser der Holzzellen von Nadelhölzern ist durchschnittlich etwa 0,03
                              Millimeter (Wiesner).
                           Versuchten wir nun, aus jenen 11·508·480 Quadratfuß ein cylindrisches
                              Haarröhrchen von 0,03 Millimet. Durchmesser herzustellen, so würde dasselbe
                              38·283·352·546 Fuß oder 1·740·152 deutsche
                              Meilen, oder etwa 3mal so groß als der Sonneumfang (580000 Meilen) lang werden.
                              Dieses riesige Haarröhrchen nun in unzählige, mikroskopisch kleine Theilchen
                              zerstückelt, alle diese Theilchen auf den Raum von 333 Kubikfuß zusammengepfercht,
                              – das ist ungefähr die Porosität unserer Batterie mit 600 Kubikfuß
                              Kohlenladung.
                           Der Inhalt dieses Riesen-Haarröhrchens beträgt 274,363 Kubikfuß. Da das wahre
                              Kohlenvolum 333 Kf. beträgt, so sind in einem Kubikfuß Kohlen (wahres Volum)
                              274,363/333 = 0,824 Kf. Poren enthalten, oder was dasselbe sagt, 1 Kf. Holzkohle
                              würde hiernach 0,824 Kf. Spiritus aufsaugen können. In einer später zu beschreibenden
                              Versuchsreihe werden wir sehen, daß 1 Kf. Holzkohle nicht 0,824 Kf., sondern noch
                              etwas mehr, nämlich 0,9166 Kf. Spiritus aufnahm. Unsere obigen Rechnungsgrundlagen
                              zeigen also eine erfreuliche Richtigkeit.
                           Diese Anschauung macht es uns begreiflich, wie es möglich ist, daß die Holzkohle so
                              riesige Mengen von Wasserdampf, Luft, Spiritus etc. absorbirt.
                           Wenn frisch ausgeglühte, also wasserfreie Holzkohle mehrere Monate an der Luft
                              gelegen hat, so zeigt sie durchschnittlich 10 Proc. Wassergehalt. Dieses Wasser
                              stammt natürlich aus der Luft, in welcher es als Dampf von der Lufttemperatur
                              enthalten war. Berechnet man aus jenem Wassergehalte, wie viel Volumina Dampf
                              absorbirt werden mußten, um 10 Proc. Wasser zu geben, so ergibt sich, daß 1 Vol.
                              wasserfreie Kohle an 3113 Vol. Wasserdampf (von 10° C.) aus der Luft
                              absorbirte.
                           Die Größe des Absorptionsvermögens der Kohle für die Atmosphärilien überhaupt zeigt
                              sich auch sehr hübsch in der Thatsache, daß die frisch ausgeglühte Kohle sich beim
                              feinen Zerreiben sehr häufig entzündet. Bekanntlich muß Kohle mindestens bis zur
                              Rothglühhitze erwärmt werden, ehe sie sich entzündet. In diesem Falle also ist die
                              absorbirte Gasmenge so außerordentlich groß, daß die durch die Verdichtung derselben
                              freiwerdende Wärmemenge hinreicht, um die Kohle bis mindestens zur Rothgluth zu
                              erhitzen und damit die Oxydation oder Verbrennung in Gang zu bringen.
                           Ein cylindrisches Filter besaß einen Kohlenraum von 186,33 Kubikfuß. Nachdem derselbe
                              mit Filtrirkohle vollkommen angefüllt worden war, ließ man Spiritus von
                              durchschnittlich 50 Proc. Stärke hineinfließen und zwar so lange, bis das Niveau des
                              letzteren nicht mehr sank, das Zeichen der Sättigung der Kohle. Im Durchschnitt von
                              fünf Versuchen wurden zu diesem Zwecke 177,94 Kf. Spiritus verbraucht.
                           Es befanden sich also in einem und demselben, 186,33 Kf. großen Raum: 186,33 Kf.
                              (scheinbares Volum) Kohle und 177,94 Kf. Spiritus.
                           Hieraus berechnet sich zunächst, daß das Volum der Substanz der Holzkohle 186,33 – 177,94 = 8,39 Kf. betrug.
                           Sodann: der in das Filter gefüllte Spiritus erfüllt theils die Poren der
                              Holzkohlensubstanz, theils die Räume zwischen den einzelnen Holzkohlenpartikelchen.
                              Durch die Absorption des Spiritus erfährt das Volum der Holzkohle keine Veränderung.
                              Daher ist offenbar das wahre Volum der abgemessenen 186,33 Kf. Kohle = dem
                              Filterinhalt minus Volum des nichtabsorbirten Spiritus.
                              Es wurde nun der untere Abflußhahn des Filters geöffnet, der nichtabsorbirte, die
                              Räume zwischen den Kohlenpartikelchen ausfüllende Spiritus rein ablaufen gelassen und gemessen.
                              Durchschnittlich wurden 86,51 Kf. Spiritus zurückerhalten. Folglich war das wahre
                              Holzkohlenvolum = 186,33 – 86,51 = 99,82 Kf.
                           Da das wahre Holzkohlenvolum sich nun zusammensetzt aus dem Volum der Kohlensubstanz
                              + Volum der in dieser enthaltenen Poren, so berechnet sich, daß diese 99,82 Kf.
                              Holzkohlen bestanden aus 8,39 Kf. Substanz und aus (99,82 – 8,39) 91,43 Kf.
                              Poren.
                           So zeigt sich uns hier die immense Porosität der Holzkohle in recht anschaulicher
                              Weise: durch sie sind 8,39 Kf. porenloser Holzkohlensubstanz zu 99,82 Kf. poröser
                              Kohle, oder um etwa das 12fache ihres Volumes aufgeblasen.
                           Das Porenlabyrinth der Holzkohle ist, wie gesagt, erfüllt von verdichteten
                              Atmosphärilien, von Luft und Wasser. Diese absorbirten Körper stehen hier unter dem
                              mächtig fesselnden, bindenden Einflusse der Capillarität. Es ist daher schon
                              vorauszusehen, daß wir beim Sättigen der Filtrirkohle mit Spiritus auf einen
                              energischen Widerstand der Porenluft stoßen werden.
                           Wenn man ein Gemenge von großen und kleinen Kohlenpartikelchen in einem Glaskölbchen
                              mit Spiritus übergießt, so steigt die ganze Kohlenmenge an die Oberfläche des
                              Spiritus und schwimmt auf ihr. Erst nach häufigem Umschütteln und nach wochenlangem
                              Stehen senken sich alle Partikelchen, die kleinen zuerst, dann die großen, nieder
                              auf den Boden des Glaskölbchens. So langer Zeit bedurfte der Spiritus, um die Luft
                              aus den Kohlenporen völlig zu verdrängen, trotzdem die im Kölbchen obwaltenden
                              Verhältnisse der Luftverdrängung so außerordentlich günstig sind: im Kölbchen sind
                              die Kohlenpartikelchen beweglich, sie können geschüttelt werden; sie sind umgeben
                              von einem Spiritusvolum, welches das Mehrfache des Kohlenvolums ausmacht; die Luft,
                              welche nicht in, sondern zwischen den einzelnen Partikelchen sich befindet,
                              entweicht sofort völlig beim Uebergießen.
                           Diese Gunst der Verhältnisse existirt in den Filtrirbatterien nicht; hier sind die
                              Kohlenpartikelchen zu einer dichten, festen, unbeweglichen, 5–7 Meter hohen
                              Säule aufgethürmt. Beim Anfüllen eines frischen Filters haben wir deßwegen mit dem
                              Widerstande nicht allein der in den Kohlenpartikelchen, sondern auch der zwischen
                              denselben befindlichen Luft zu kämpfen: und daher ist die Filterfüllung, soll sie
                              nicht über's Knie gebrochen werden, eine so sehr zeitraubende, lästige Arbeit.
                           Die Füllung der Kohlenfilter mit Spiritus geschieht entweder von oben, oder von
                              unten. Geschieht sie von oben, so müssen Spiritus und Luft entgegengesetzte Wege
                              gehen. Die Folge davon ist, daß die Luft das Hinabsinken des Spiritus, und umgekehrt, der Spiritus
                              das Aufwärtssteigen der Luft erschwert resp. verhindert. Interessant ist es, den
                              Kampf dieser beiden Körper durch das geöffnete Mannloch zu beobachten: wie aus einer
                              dickschleimigen, gährenden Flüssigkeit die Kohlensäure, so arbeitet sich die Luft
                              aus der spiritusumhüllten Kohlenmasse in Blasen mühsam an die Oberfläche empor;
                              denn, nachdem der Spirituszufluß schon einige Zeit gewährt hat, reißt die Luft in
                              der Regel den oberen Theil der Kohlensäule von dem unteren los, hebt ihn in die Höhe
                              und will ihn zum Mannloche hinausdrängen; das Filter ist voll geworden, aber nur
                              scheinbar. Jetzt wird der Spirituszufluß sofort unterbrochen: der Spiritus und die
                              losgerissene Kohle senken sich allmählich wieder nieder. Der Zufluß beginnt auf's
                              Neue. Dieses scheinbare Vollseyn des Filters, dieses Heben und Sinken der oberen
                              Kohlenschicht wiederholt sich im Laufe des Anfüllens vielmal, und in der Regel
                              erreicht man erst nach 36–72 Stunden ein anscheinend constantes
                              Spiritusniveau im Halse des Filters. – Füllt man gleich von Anfang an mit
                              vollkommen geöffnetem Zuflußhahn, so kommt häufig eine sehr interessante Erscheinung
                              zu Stande. Schon nach Verlauf von etwa einer halben Stunde tritt ein constantes
                              Niveau ein, das Zeichen der vollendeten Füllung. Und doch weiß man aus Erfahrung,
                              daß das Filter nach einer halben Stunde noch nicht voll seyn kann. Die Erklärung der
                              Erscheinung ist nicht schwer: der in großer Menge zufließende Spiritus verbreitet
                              sich rasch im oberen Theile des Filters nach allen Richtungen des Querschnittes;
                              hierdurch entsteht eine cylindrische Säule von Spiritus, welche das Aufsteigen der
                              im unteren Theile des Filters befindlichen Luft völlig verhindert. Diese Säule senkt
                              sich allmählich nieder, die Luft vor sich hindrängend und immer mehr und mehr
                              zusammendrückend. Endlich ist die Spannkraft der Luft so gewachsen, daß sie das
                              Spiritusgewicht zu tragen vermag, – jetzt hört das Sinken des Spiritus auf,
                              das Filter füllt sich, das Niveau wird constant. In diesem Falle schwimmt der
                              Spiritus auf einer Luftblase; er schwimmt auf der Luft wie Oel auf dem Wasser. Wird
                              dann der am Uebersteigrohr befindliche Probirhahn geöffnet, so strömt die
                              comprimirte Luft mit Hellem Pfiff aus, und der Spiritus sinkt. – Eine ganz
                              ähnliche Erscheinung haben wir in der Savalle'schen
                              Siebbodencolonne.
                           Die eben beschriebenen, unangenehmen Erscheinungen beim Füllen der Kohlenfilter von
                              oben, rühren von der zwischen den Kohlenpartikelchen und in denselben befindlichen
                              Luft her. Die Füllung geschah von oben bei geöffnetem Mannloche – und doch so
                              viel Schwierigkeiten. Wievielmal größer werden sie seyn, wenn, wie das so vielfältig
                              üblich ist, die Füllung
                              von oben bei geschlossenem Mannloch ausgeführt wird, die Luft also nur durch den
                              Filterständer, aus welchem sich der Spiritus ergießt, in das zum Speisebassin
                              führende, einzöllige Luftrohr entweichen kann.
                           Nur durch die Füllung der Filter von unten kann die umgebende Luft leicht verdrängt
                              werden. Es sind deßhalb die Filter immer so einzurichten, daß die Zu- und
                              Ueberströmung von unten stattfindet.
                           Ob nun von oben, oder von unten gefüllt wurde, – in beiden Fällen treten im
                              Laufe der Benutzung des Filters gewisse Erscheinungen ein, welche unsere
                              Aufmerksamkeit verdienen.
                           Der filtrirte Spiritus zeigt bei seinem Auftreten im Verschlusse der Batterie in der
                              Regel ein starkes Perlen, eine Entwickelung von zahllosen feinen Luftbläschen. Woher
                              diese Luft?
                           Eine Batterie ist im besten Filtriren, Fließen begriffen. Auf einmal fängt der
                              Ausfluß an, kleiner und kleiner zu werden; endlich hört er ganz auf. Es hat sich
                              nämlich in der Regel im Halse des Filters eine Luftblase von solcher Spannung
                              gebildet, daß sie die Zu- oder Ueberströmung stocken macht Woher diese
                              Luftblase?
                           Eine Batterie filtrirt sehr hübsch, ruhig und glatt. Daß sie so filtrirt, zeigt an,
                              daß sich nirgends in ihr ein Winkel oder Plätzchen befindet, welches nicht von
                              Spiritus oder Kohle erfüllt wäre, daß jedes Filter bis unter dem Mannlochdeckel voll
                              Spiritus ist. Wenn ich also am Abend die Filtration durch Schließen der Zuströmung
                              unterbreche, um sie am Morgen wieder fortzusetzen, so muß nothwendig am folgenden
                              Morgen die Ausströmung in demselben Augenblicke beginnen, in welchem die Zuströmung
                              geöffnet wird. Es ereignet sich nun aber manchmal, daß dieses nicht geschieht. Erst
                              nachdem die Zuströmung schon vielleicht 10–15 Minuten im Gange ist, findet
                              Ueber- und Ausströmung statt. Oeffnet man, nach der Ursache suchend, die
                              Mannlöcher der Filter, so findet man, daß das Spiritusniveau im einen oder anderen
                              Filter über Nacht um 50, 60 ja 100 Centimeter gesunken ist; der freigewordene Raum
                              ist von Luft erfüllt: offenbar haben hier Spiritus und Luft ihre Plätze
                              ausgewechselt. Woher diese Luft?
                           Diese Erscheinungen kommen am stärksten und häufigsten in der ersten Hälfte der
                              Wirkungsdauer der Filter vor; später treten sie schwächer und seltener auf.
                           Es ist die Porenluft, welche alle diese Erscheinungen hervorbringt, und was uns schon
                              der Versuch im Glaskölbchen zeigte, daß nämlich die völlige Sättigung der Kohle mit
                              Spiritus sehr langsam zu bewerkstelligen sey, das zeigt sich hier im Filter recht
                              deutlich wieder, nur mit dem Unterschiede, daß für die Verdrängung der Luft aus den
                              centralen Poren der
                              Kohlenpartikelchen so außerordentlich langsam vor sich geht, daß, ehe völlige
                              Sättigung erreicht, die Qualität des Filtrates bereits so herabgekommen ist, daß das
                              Filter außer Betrieb gesetzt und die Kohle wiederbelebt werden muß.
                           Nicht genug also, daß die Luft unsere Handtirungen mit den Filtern erschwert und
                              verlängert, – sie verkleinert auch den Nutzeffect der Kohle. Denn es ist
                              klar, daß jede Kohlenpore, welche nicht von Spiritus, sondern von Luft erfüllt wird,
                              von der Theilnahme an der Entfuselung ausgeschlossen ist.
                           Wir wollen uns diese Schmälerung des Nutzeffectes durch Rechnung klar machen.
                           Gesetzt, der in einem Filter mit 186,33 Kubikfuß Kohlenladung befindliche gesammte
                              Porenraum habe sich bis auf einen einzigen Kubikfuß mit Spiritus gefüllt; wieviel
                              Quart Spiritus weniger wird deßwegen das Filter entfuseln?
                           1 Kubifuß Poren setzt, wie wir früher sahen, 99,82/91,43 = 1,09 Kf. (wahres Volum)
                              Kohle, oder 1 . 186,33/99,82 = 2,034 Kf. (scheinbares Volum), oder, da ein solcher
                              Kubikfuß 11,13 Pfd. wog, 22,64 Pfd. Kohle voraus. Diese sind in Unthätigkeit
                              geblieben.
                           Da 100 Pfd. Kohle 1292 Quart Spiritus entfuselten, so entfuseln 22,64 Pfd. 292,50
                              Quart.
                           Durch Nichtausfüllung eines einzigen Kubikfußes Poren mit Spiritus wird also die
                              Leistungsfähigkeit dieses Filters sofort um 292,50 Quart vermindert. Braucht eine
                              Spritfabrik jährlich 70 Filter, so beträgt der gesammte Ausfall 20475 Quart. Um
                              diese zu entfuseln, müßten weitere 20475/1292 = 1582 Pfd. Kohle verbraucht
                              werden.
                           Bei der bisher üblichen Filterbehandlung ist es unmöglich, die Luft aus dem Filter,
                              aus den Poren völlig zu verdrängen.
                           Es gibt aber ein außerordentlich einfaches und billiges Mittel, die Luft gleich von
                              vornherein auf einmal völlig aus dem Filter zu verjagen und damit alle ihre übeln
                              Wirkungen zu beseitigen: es ist die Verdrängung der Luft durch Wasserdampf.
                           Nachdem das Filter mit frischer Kohle beschickt worden, wird das Mannloch fest
                              zugeschroben und derjenige Hahn am Ständer, welcher das Filterinnere mit dem Kühler
                              communiciren macht, geöffnet; damit ist der Filterluft der Weg durch den Kühler
                              vorgeschrieben.
                           Nun läßt man Dampf von unten in das Filter strömen; dazu benutzt man die Dampfleitung welche zum
                              Abdestilliren der wirkungslos gewordenen Kohle angewendet wird. – Der Dampf
                              treibt alle Luft aus der Kohle und dem Filter heraus, sie entweicht aus dem
                              Luftrohre des Kühlerverschlusses mit großem Geräusch und, was interessant ist und
                              nicht unerwähnt bleiben darf, riecht sehr unangenehm. – Endlich hört das
                              Geräusch auf, das Filter und Kühler verbindende Rohr wird warm: der Wasserdampf ist
                              oben im Filter angekommen und tritt nun in den Kühler, welchem man sofort Kühlwasser
                              gibt. – Um sicher alle Luft aus dem Filter zu verdrängen, läßt man stets eine
                              halbe Stunde lang Wasserdampf destilliren; dann schließt man den Dampfhahn und
                              gleichzeitig den zum Kühler führenden Hahn: im Filter befindet sich somit eine vor
                              der Berührung mit der äußeren Luft geschützte Wasserdampfatmosphäre. Jetzt wird die
                              Spirituszuströmung voll geöffnet: der eintretende kalte Spiritus verdichtet den
                              Wasserdampf, im Filter entsteht ein Vacuum, und die auf der Oberfläche des Spiritus
                              im Speisebassin lastende atmosphärische Luft drückt mit ihrer ganzen Wucht den
                              Spiritus in das Filter, die Poren und Zwischenräume füllend. Nachdem man dem Filter
                              noch 24 Stunden zur Entfuselung gegönnt hatte, begann das Filtriren. Filter, welche
                              170–180 Kubikfuß Spiritus zur Füllung bedurften, waren regelmäßig in 1 1/2
                              Stunden gefüllt und zeigten später keine Niveauschwankungen mehr. – Der
                              verdichtete Wasserdampf mischt sich dem Spiritus natürlich bei, dadurch die Stärke
                              des ersten Filtrates um mehrere Procente schwächend. Ein Filter war auf obige Weise
                              gefüllt worden: der zuströmende Spiritus war 47–48procentig, der ausströmende
                              im Anfang 38,2procentig und nach Verlauf von 13 Stunden wieder 47 Proc. stark. Die
                              Filtrirgeschwindigkeit der Batterie betrug 120 Quart pro
                              Stunde.
                           
                        
                           IV. Die Entfuselung und die Porosität
                                 der Kohle.
                           Holzkohle, welche mehrere Monate an der Luft gelegen hat, besteht durchschnittlich
                              aus 87 Proc. Kohlenstoff, 3 Proc. Asche und 10 Proc. Wasser. Das Wasser ist durch
                              Absorption des atmosphärischen Wasserdampfes hinzugekommen: es gehört füglich nicht
                              mit zur Substanz der Holzkohle. Die eigentliche Kohlensubstanz besteht demnach aus
                              Kohlenstoff und Asche, und zwar aus 96,66 Proc. der ersteren und 3,34 Proc. der
                              letzteren.
                           Der Fusel wird theils durch Holzkohle, theils durch Destillation aus dem Rohspiritus
                              entfernt. Derjenige Theil desselben, welcher durch Holzkohle abgeschieden wird,
                              werde Kohlenfusel, der andere dagegen werde Destillationsfusel genannt.
                           
                           Auf welche Kraft, auf welche Ursache können wir die Abscheidung des Kohlenfusels aus
                              dem Spiritus durch die Holzkohle zurückführen?
                           Da weder die Kohlensubstanz, noch der Kohlenfusel (z.B. das Aldehyd) eine chemische
                              Veränderung während der Entfuselung erfahren, so kann die Affinität die entfuselnde
                              Kraft nicht seyn. Es muß hier also eine physikalische Kraft wirken.
                           Der Kohlenfusel wird ohne chemische Veränderung aus dem Spiritus abgeschieden, das
                              ist die Thatsache der Entfuselung. Offenbar kann diese Abscheidung desselben nur
                              dadurch zu Stande kommen, daß er von einem anderen Körper angezogen und gebunden,
                              festgehalten wird. Dieser anziehende, bindende, festhaltende Körper ist die
                              Kohlensubstanz. Sie verbindet sich mit dem Kohlenfusel zu einem ungleichartigen
                              Ganzen. Die Kraft aber, welche ungleichartige Körper zu einem ungleichartigen Ganzen
                              verbindet, ist die Adhäsion. Auf Adhäsion ist somit die Entfuselung
                              zurückzuführen.
                           Nun ist es bekannt, daß die Adhäsion zwischen einem und demselben Körper und
                              verschiedenen Körpern sehr verschieden stark ist. An einer und derselben Glasfläche
                              z.B. adhäriren andere Alkohol-, andere Wasser-, andere Aethermengen.
                              Indem wir nun annehmen, daß die Adhäsion zwischen der Holzkohlensubstanz und dem
                              Kohlenfusel größer sey, als zwischen der Kohlensubstanz und allen übrigen
                              Rohspiritus-Bestandtheilen, erklärt sich die Abscheidung des Kohlenfusels,
                              die Entfuselung des Rohspiritus durch Holzkohle auf eine durchaus ungezwungene
                              Weise. – Es müßte hiernach möglich seyn, eine völlige Abscheidung des
                              Kohlenfusels aus dem Spiritus zu bewirken. Thatsache aber ist es, daß dieß nie
                              gelingt. Warum nicht, wird später erklärt werden.
                           Die Adhäsion tritt nur an der Oberfläche der Körper in die Erscheinung. Die Menge des
                              von einem Volum porenloser Kohlensubstanz abgeschiedenen Fusels muß um so größer
                              seyn, je größer die Oberfläche dieses Volums Substanz ist. Vergrößert man die
                              Oberfläche n mal, so muß auch n mal mehr Fusel abgeschieden werden.
                           Eine Art, die Oberfläche eines Körpers zu vergrößern, ist die Bildung seiner Masse zu
                              Poren. In mehr Poren aus einem Volum seiner Substanz gebildet werden, eine desto
                              größere Oberfläche wird erhalten. Die Holzkohlensubstanz ist immer zu Poren formirt,
                              aber bald mehr, bald weniger. Sie zeigt bald mehr, bald weniger Poren, also bald
                              eine größere, bald eine geringere Oberfläche.
                           Daraus folgt, daß die Größe der entfuselnden Wirkung eines Volums Kohlensubstanz auch
                              bedingt ist von der Porosität derselben; oder daß der Nutzeffect einer Kohle um so
                              großer seyn wird, je poröser sie ist.
                           
                           Nun besteht das wahre Volum der Holzkohle (v) aus dem
                              Gesammtvolum der Poren + Volum der Substanz (v¹).
                              Die Theilung von v durch v¹, also v/v¹, gibt demnach an, um wieviel mal das wahre Holzkohlenvolum größer
                              ist, als das zugehörige Substanzvolum. Offenbar muß von zwei Holzkohlensorten,
                              welche bei gleichem Substanzvolum ungleiche wahre Volume zeigen, diejenige die
                              porösere seyn, welche das größere wahre Volum besitzt. Durch dieses Verhältniß des
                              Substanzvolums zum wahren Holzkohlenvolum wird also die Porosität verschiedener
                              Kohlensorten vergleichbar.
                           Jetzt nun läßt sich die obige Folgerung treffender so ausdrücken: die Größe der
                              entfuselnden Wirkung eines Volums Holzkohlensubstanz ist bedingt von dem
                              Verhältnisse desselben zum wahren Holzkohlenvolum, also von 1 : v.
                           Ich dachte mir nun, daß dieses Volumverhältniß bei einer und derselben Kohlensorte
                              stets ein und dasselbe seyn werde. Darin hatte ich mich geirrt. Es ist, wie folgende
                              Beobachtungsreihe zeigt, ein außerordentlich schwankendes. Die Ursache davon muß in
                              der Holzstructur, oder in der Art und Weise der Meilerverkohlung, oder in beiden
                              liegen.
                           Das Verhältniß des Substanzvolums zum wahren Volum in der Birkenfiltrirkohle war:
                           
                              
                                 im
                                 Filter
                                 Nr. 1.
                                 1 : 38,68.    
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                  „   2.
                                 1 : 16,94
                                 im
                                 Filter
                                 Nr.  8.
                                 1 :   5,87
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                  „   3.
                                 1 : 19,66
                                 „
                                 „
                                  „    9.
                                 1 :   6,13
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                  „   4.
                                 1 : 21,62
                                 „
                                 „
                                  „  10.
                                 1 : 14,67
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                  „   5.
                                 1 : 11,75
                                 „
                                 „
                                  „  11.
                                 1 :   6,19
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                  „   6.
                                 1 : 11,30
                                 „
                                 „
                                  „  12.
                                 1 : 35,52
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                  „   7.
                                 1 :   8,80
                                 „
                                 „
                                  „  13.
                                 1 : 16,83
                                 
                              
                           
                              
                                             
                                 im Maximum
                                 1 : 38,68.
                                 
                              
                                 
                                 im Minimum
                                 1 :   5,87.
                                 
                              
                                 
                                 im Mittel
                                 1 : 12 (abgerundet).
                                 
                              
                           Solche riesige Schwankungen zeigt die Porosität, mithin die entfuselnde Wirkung einer
                              und derselben Holzkohlensorte. Der Spritfabrikant hat sich deßhalb die anzukaufende
                              Meilerkohle erst genau anzusehen, ehe er den Handel abschließt. Bei hinreichender
                              Uebung weiß man schon beim Wägen der Stücke einer Kohle in der Hand, was man von der
                              Porosität derselben zu halten habe.
                           Gesetzt, es sey ein einkubikzölliges Kohlenstückchen gegeben, mit dem
                              Volumverhältnisse von beispielsweise 1 : 20. Das Kohlenstückchen werde in zwei
                              Theile gespalten: offenbar muß das Volumverhältniß in jedem der beiden Theile immer
                              noch 1 : 20 seyn. In wieviele Theile der Kubikzoll Kohle auch getheilt werde, das
                              Verhältniß 1 : 20 bleibt bestehen. Durch das Mahlen der Kohlen wird also dieses
                              innere Verhältniß nicht berührt, weder vergrößert, noch verkleinert, und mithin
                              rührt der Zuwachs am entfuselnden Vermögen, welchen die Kohle durch das Mahlen
                              erfährt, nicht von einer Vergrößerung des Volumverhältnisses v : v¹ her.
                           Dieser Zuwachs rührt von zwei anderen Ursachen her:
                           1) Durch die Spaltung eines größeren Kohlenstückchens in kleinere werden seine Poren
                              so und so oft durchgebrochen; dadurch gewinnt natürlich die das Fleisch der Poren
                              bildende Kohlensubstanz – man gestatte mir diesen Ausdruck der Eisengießer
                              – an jeder Bruchstelle eine neue äußere Oberfläche.
                           2) Der Spiritus dringt in das Porenlabyrinth um so weniger tief ein, je größer das
                              Kohlenpartikelchen ist. Beim Durchbrechen großer Partikel findet man in der Regel
                              das Innere völlig trocken, unberührt vom Spiritus. Er dringt um so leichter ein,
                              sein Ortswechsel während der Entfuselung geht um so rascher vor sich, je feiner die
                              Kohle ist. – Das Mahlen wirkt also a) direct
                              durch Vergrößerung der äußeren Oberfläche der Kohlensubstanz, und b) indirect dadurch, daß es, wie das Ausdämpfen der
                              Filter, die innere Oberfläche dem Spiritus zugänglicher macht.
                           Das Verhältniß des Substanzvolums zum wahren Holzkohlenvolum bedingt die Porosität.
                              Die Porosität ist der gesammte kubische Inhalt der Poren. Die Absorption des
                              Spiritus durch die Holzkohle ist die Anfüllung der Poren mit Spiritus. Die Menge des
                              Spiritus, welche 1 Vol. Holzkohle absorbiren kann, ist folglich bedingt vom
                              Verhältnisse des Substanzvolums zum wahren Volum.
                           Ist das Volumverhältniß bekannt, so kann sofort die Absorptionsgröße der Kohle
                              berechnet werden. Z.B. bei dem Verhältniß von
                           
                              
                                 1 : 38,63
                                 kann
                                 1 Vol. Holzkohle
                                 (38,68 – 1,00)/38,68
                                 = 0,9741 Vol.
                                 Spiritus absorbiren.
                                 
                              
                                 1 :   5,87
                                 „
                                 1  
                                    „        
                                    „
                                 (5,87 – 1,00)/5,87
                                 = 0,8296   „
                                     „            „
                                 
                              
                                 1 : 12
                                 „
                                 1  
                                    „        
                                    „
                                 (12 – 1)/12
                                 = 0,9166   „
                                     „            „
                                 
                              
                           Die Methode, nach welcher die obige Beobachtungsreihe über das Verhältniß des
                              Substanzvolums zum wahren Holzkohlenvolum ermittelt worden, war folgende:
                           Der kubische Inhalt des Filters = f (das will sagen: des
                              Kohlenraumes) wurde durch Ausmessung festgestellt.
                           Nachdem das ausgedämpfte Kohlenfilter wochenlang in Thätigkeit, also in Berührung mit
                              Spiritus gewesen und unwirksam geworden war, wurde der nichtabsorbirte Spiritus durch den unteren
                              Abflußhahn rein abfließen gelassen und das Volum desselben = s gemessen. Nun ist f – s = v. So ergab sich das
                              wahre Volum der im Filter enthaltenen, ganzen Kohlenmenge.
                           Darauf trieb man den nichtabsorbirten Spiritus durch Destillation aus der Kohle
                              heraus. Aus dem Volume und der Gradstärke des Destillates wurde, unter
                              Berücksichtigung der Temperaturverhältnisse, das Volum durch Rechnung ermittelt,
                              welches der Spiritus bei der ursprünglichen Gradstärke im Filter gehabt hatte = s¹.
                           s + s¹ = s¹¹ ist das gesammte im Filter enthalten
                              gewesene Spiritusvolum.
                           f – s¹¹
                              = v¹ ist das Substanzvolum der Holzkohle.
                           v : v¹ = 1 : v/v¹ ist das gesuchte
                              Verhältniß des Substanzvolums zum wahren Holzkohlenvolum.
                           Die Voraussetzung, daß die Kohle vor dem Versuche völlig gesättigt gewesen sey,
                              findet ihre Begründung a) in der Zerkleinerung, b) im Ausdämpfen und c) in
                              der wochenlangen Berührung derselben mit Spiritus.
                           Bequemer ist die Ermittelung des Volumverhältnisses im Kleinen mit einer Probe
                              Kohlen, im Laboratorium. Aber die Uebertragung des Ergebnisses einer solchen
                              Laboratoriumsprobe auf ein ganzes Filter voll Kohle ist gerade so unstatthaft, wie
                              die Uebertragung des durchschnittlichen Stärkmehlgehaltes einiger Pfunde Kartoffeln
                              auf ein ganzes Kochfaß voll, weil bei einer und derselben Holzkohlensorte das
                              Volumverhältniß kein constantes ist.
                           Die Ermittelung des Volumverhältnisses im Großen ist deßwegen die einzig statthafte;
                              sie kommt der Wahrheit am nächsten.
                           
                        
                           V. Die Entfuselung und die
                                 Spiritusverdünnung.
                           Bisher hat uns die Frage beschäftigt: in welchem Zustande ist die Kohle am
                              geeignetsten zum Entfuseln des Rohspiritus?
                           Jetzt tritt an uns die andere Frage heran: in welchem Zustande ist der Rohspiritus am
                              geeignetsten zum Entfuseltwerden?
                           Daß der Rohspiritus um so besser entfuselt wird, je verdünnter er ist, ist eine alte
                              bekannte Thatsache.
                           Es ist in der Praxis üblich, den zu filtrirenden Rohspiritus auf 60 Proc. mit Wasser
                              zu verdünnen. Man glaubt damit genug gethan zu haben.
                           Wenn Rohspiritus mit destillirtem Wasser (nicht mit Brunnenwasser, welches fast immer in Alkohol
                              unlösliche Kalksalze enthält) bis zu 60 Proc. verdünnt wurde, so trat in der Regel
                              keine Trübung ein. Erst wenn die Verdünnung bis auf 52–48 Proc. fortgesetzt
                              wurde, trübte sich die Mischung.
                           Die Trübung auf Zusatz von destillirtem Wasser zeigt eine Abscheidung von
                              Neben-, also von Fuselbestandtheilen des Spiritus an. Diese Ausscheidung
                              fand, wie gesagt, bei 60 Proc. noch nicht statt.
                           Wurde der trübe Spiritus durch Kohle filtrirt, so erhielt man ein blankes Filtrat.
                              Die Kohle hatte also die trübenden Fuselkörper absorbirt.
                           Auf Grund dieser Beobachtungen vermuthete man, daß aus dem Rohspiritus bei 50 Proc.
                              Stärke ungleich mehr Kohlenfusel abgeschieden werde, als bei 60 Proc. Um diese
                              Vermuthung zu prüfen, wurde von zwei gleichen Volumen desselben Rohspiritus das eine
                              auf 60 Proc. und das andere auf 50 Proc. verdünnt. Beide Mischungen versetzte man
                              mit gleichen Gewichten desselben im Mörser gut gemischten Kohlenpulvers. Nachdem
                              vier Tage unter öfterem Umschütteln vergangen waren, filtrirte man von der Kohle ab,
                              verdünnte das 60procentige Filtrat auf 50 Proc. und prüfte nun die beiden
                              gleichstarken Filtrate durch den Geruch und Geschmack auf ihre Reinheit. Der
                              Unterschied war unverkennbar; der mit 50 Proc. Stärke entfuselte Spiritus war ganz
                              bedeutend reiner, als der andere. – Die in Schweden übliche stärkere
                              Verdünnung des Rohspiritus hat daher einen ganz unbestreitbaren günstigen Einfluß
                              auf die Reinigung desselben.
                           Soll der kohlegereinigte Spiritus als Trinkbranntwein von 30 Proc. oder 40 Proc.,
                              oder wieviel Procente Stärke immer verbraucht werden, so handelt man offenbar am
                              zweckmäßigsten, wenn man den Rohspiritus gleich von vornherein bis zur Stärke des
                              Trinkbranntweins mit Wasser verdünnt; in diesem Falle ist also der Verdünnung durch
                              die nothwendige Stärke des Branntweines die Grenze gezogen.
                           Bei der Verarbeitung des Filtrates auf Feinsprit darf man auch nicht willkürlich
                              stark verdünnen. Denn je stärker man verdünnt, desto höhere Destillationskosten
                              erhält man. Hier sollte man aber mindestens bis zur Trübung
                                 des Rohspiritus verdünnen, wobei dann wohl zu unterscheiden ist zwischen
                              der Trübung durch die Kalksalze des Brunnenwassers und der durch die ausgeschiedenen
                              Fuselkörper.
                           
                        
                           VI. Die Entfuselung und die
                                 Berührungsdauer.
                           Wenn man Kohlenpulver mit bis zur Trübung verdünntem Rohspiritus in Berührung bringt,
                              so erhält man ein Filtrat von geringerer oder größerer Reinheit, je nachdem man die
                              Berührung beider Körper kürzere oder längere Zeit andauern läßt.
                           
                           Diese Thatsache sagt uns, daß die Abscheidung des Kohlenfusels aus dem Rohspiritus
                              durch die Kohle nicht die That eines Augenblickes sey, wie etwa die Abscheidung des
                              Baryts aus seinen Lösungen durch Schwefelsäure; daß sie nicht allein von der
                              Porosität, von der Zerkleinerung und von dem Ausdämpfen der Kohle, nicht allein von
                              der Spiritusverdünnung, sondern auch von der Berührungsdauer der Kohle mit dem
                              Spiritus bedingt werde.
                           Läßt man den verdünnten Spiritus mit überschüssigem Kohlenpulver wochenlang in
                              Berührung in der Erwartung, eine völlige Abscheidung, des Kohlenfusels zu erzielen,
                              so kann man zunächst nach Verlauf von einer Woche schon keine Zunahme der Reinheit
                              durch den Geschmack und Geruch mehr wahrnehmen, und destillirt man dann den Spiritus
                              nach 2 oder 3 Wochen, so erhält man im Vorlaufe immer noch etwas Kohlenfusel. Eine
                              völlige Entfernung des Kohlenfusels durch Holzkohle wird also auch bei noch so
                              langer Berührungsdauer der Kohle mit dem Spiritus thatsächlich nicht erzielt. Aus
                              welchen Gründen?
                           Die Kohle im Filter ist von dem nichtabsorbirten Spiritus umgeben. Dieser werde
                              kurzweg das Medium genannt. Versucht man, sich die entfuselnde Thätigkeit eines
                              porösen, von Rohspiritus umgebenen Kohlenpartikelchens vorzustellen, so erkennt man
                              auf den ersten Blick, daß dieselbe nothwendig aus drei aufeinander folgenden
                              Momenten bestehen müsse: 1) aus dem Momente der Aufsaugung von Spiritus aus dem
                              Medium in die Poren, 2) aus dem Momente der Abscheidung des Fusels aus dem
                              aufgesogenen Spiritus auf die Oberfläche der Kohlenporen, 3) aus dem Momente der
                              Zurückgabe des entfuselten Spiritus an das Medium.
                           Die in Thätigkeit begriffene Kohle eines Filters absorbirt demnach unaufhörlich
                              Rohspiritus; unaufhörlich entfuselt sie diesen; unaufhörlich scheidet sie den
                              entfuselten Spiritus ab. Aber wohin scheidet sie den entfuselten Spiritus ab? An
                              ihre Umgebung. Und woraus besteht diese Umgebung? Aus Rohspiritus. – Von dem
                              Augenblicke an, wo die erste Abscheidung des Entfuselten stattfindet, wird also das
                              Medium verändert. Dieses besteht jetzt nicht mehr ausschließlich aus Rohspiritus,
                              sondern ist ein Gemisch aus Nicht-Entfuseltem und aus Entfuseltem geworden.
                              In dem Maaße nun, als die Kohle ihre Thätigkeit fortsetzt, wird der Gehalt des
                              Mediums an Nicht-Entfuseltem mehr und mehr verkleinert, an Entfuseltem
                              dagegen mehr und mehr vergrößert, oder, es erfährt das Nicht-Entfuselte im
                              Medium eine immer stärker werdende Verdünnung durch das Entfuselte, so daß der
                              Gehalt an ersterem immer homöopathischer wird. Wie weitgehend, wie lange andauernd
                              man sich aber auch diese verdünnende Kohlenthätigkeit vorstellen mag, – es ist evident, nie kann der Gehalt des Mediums an
                              Nicht-Entfuseltem Null werden. Bei unendlich langer Berührung kann er immer
                              nur unendlich klein seyn.
                           Deßwegen kann keine völlige Entfuselung durch die Kohle erreicht werden; deßwegen
                              kann jede Entfuselung nur eine relative, eine gradweise, eine größere oder geringere
                              seyn; deßwegen braucht die Kohle Zeit, um den Spiritus auf einen bestimmten
                              Reinheitsgrad zu bringen.
                           Die Kohlen- und die Spiritusmenge, welche in einer Batterie miteinander in
                              Berührung sind, sind (abgesehen von den geringen Schwankungen welche dadurch
                              hervorgerufen werden, daß die Kohle bald feiner, bald etwas gröber ausfällt)
                              constant. Wie lange nun deren Berührung zu dauern habe, hängt natürlich von dem
                              Entfuselungsgrade ab, welchen der Fabrikant seinem Filtrate geben will. Es läßt sich
                              deßhalb darüber keine allgemein gültige Norm aufstellen; die Berührungsdauer muß in
                              jeder Fabrik durch Versuche festgestellt werden.
                           Es soll ein Beispiel mitgetheilt werden. Eine Spritfabrik hatte dreifilterige
                              Batterien. Jedes Filter enthielt eine 28 1/2 Ctr. schwere Kohlensäule von 24,6 Fuß
                              Höhe und 3,1 Fuß Durchmesser.
                           Der Spiritus hatte somit von der Ein- bis zur Ausströmung eine 85 1/2 Ctr.
                              schwere Kohlensäule von 73,8 Fuß Höhe und 3,1 Fuß Durchmesser zu passiren. Die
                              Ausströmung befand sich am Kopfe der Filter, so daß die Kohle stets und ständig von
                              Spiritus umgeben, nie trocken war.
                           Unter diesen Umständen filtrirte man in 24 Stunden circa
                              2750 Quart Spiritus à 47–50 Proc. Das
                              Filtriren geschah aber während dieser 24 Stunden nicht ununterbrochen, sondern man
                              ließ die Batterie während der ersten 12 Stunden ruhen, und während der zweiten 12
                              Stunden entnahm man ihr die 2750 Quart. Man hatte nämlich beobachtet, daß durch
                              intermittirendes Filtriren ein besseres Tagesproduct erhalten wird, als durch
                              continuirliches Filtriren. Die Qualität des Filtrates war hochfein.
                           Die in jedem Filter enthaltene Spiritusmenge betrug circa
                              3993 Quart (absorbirt: 2906 Quart, nichtabsorbirt: 1087 Quart). Die ganze
                              dreifilterige Kohlensäule enthielt also 3 × 3993 = 11979 Quart Füllung.
                           Nimmt man nun an, daß, wenn der zufließende Spiritus Strömung in der Kohlensäule
                              veranlaßt, hierdurch nicht allein der nichtabsorbirte, sondern auch der absorbirte
                              Spiritus seiner ganzen Menge nach vorwärtsgedrängt werde, so braucht der Spiritus
                              von der Einströmung bis zur Ausströmung 11979/2750 . 24 = 104 Stunden 30
                              Minuten.
                           Nimmt man dagegen an, daß allein der nichtabsorbirte Spiritus verdrängt werde, so braucht der
                              Spiritus, um denselben Weg zurückzulegen, nur (3 . 1087)/2750 = 28 Stunden 24
                              Minuten.
                           Nun ist es aber durchaus unwahrscheinlich, daß der absorbirte Spiritus in seiner
                              ganzen Menge während der Strömungszeit vorwärts gedrängt werde. Ebenso
                              unwahrscheinlich ist es, daß nur der nichtabsorbirte Spiritus von der Verdrängung
                              getroffen werde. Die Kohle wird vielmehr auch während der Strömung Spiritus
                              aufnehmen und abgeben.
                           Die Berührungsdauer zwischen Kohle und Spiritus in den Batterien läßt sich also nicht
                              genau berechnen, sie beträgt aber für die ganze Spiritusmenge mindestens 28 Stunden
                              und kann für einen Theil der letzteren über 104 Stunden betragen.
                           Ein Gegenstück zu dieser vorsichtigen, langsamen Filtration findet sich in Otto's Lehrbuch der rationellen Praxis der
                              landwirthschaftlichen Gewerbe S. 571 erzählt. Otto fand
                              in einer Spritfabrik 4 Filter à 24 Scheffel
                              Kohle. „Die Menge des Spiritus, welche man durch die Kohle passiren läßt,
                                 ist sehr bedeutend, man läßt in einem Tage, in 8 Stunden 20 Oxhoft (3600 Quart)
                                 60grädigen Spiritus durchgehen, für mich ein Beweis, daß man auf die Entfuselung
                                 durch die Filter nicht viel gibt.“
                              
                           4 Filter à 24 Scheffel enthalten zusammen 96
                              Scheffel oder, da 1 Scheffel wallnußgroßer Kohlen etwa 20 Pfd. wiegt, 19 1/5 Ctr.
                              Kohlen. Also, durch 19 bis 20 Ctr. grober Kohle hat man in einem Tage, ja in 8
                              Stunden 3600 Quart à 60 Proc. filtrirt. Das
                              Filtrat kann natürlich nur von sehr schlechter Qualität gewesen seyn. Ein so
                              haftiges Filtriren fördert die Reinigung des Rohspiritus auch nicht im
                              Entferntesten. Es ist völlig zweckwidrig und zeigt einmal wieder recht deutlich, wie
                              kopflos in manchen Fabriken gearbeitet wird.
                           Die Wirkungslosigkeit des raschen Filtrirens ist es ohne Zweifel, welche unter den
                              Spritfabrikanten den Glauben aufkommen ließ, Prima-Feinsprit sey auch ohne
                              Filtration, sey schon durch bloße Destillation zu gewinnen. Dieser Glaube ist
                              durchaus irrig. Um Prima-Feinsprit zu gewinnen, muß man nothwendig a) zweckmäßig filtriren und b) zweckmäßig destilliren. Ein anderer Weg führt bis heute nicht zum
                              erwünschten Ziele.