| Titel: | Ueber den Einfluß der Kautschukröhren auf die Lichtstärke des Leuchtgases; von C. Zulkowsky. | 
| Fundstelle: | Band 206, Jahrgang 1872, Nr. LXXXVII., S. 313 | 
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                        LXXXVII.
                        Ueber den Einfluß der Kautschukröhren auf die
                           Lichtstärke des Leuchtgases; von C.
                              Zulkowsky.
                        Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft zu
                                 Berlin, 1872, Nr. 15.
                        Zulkowsky, über den Einfluß der Kautschukröhren auf das
                           Leuchtgas.
                        
                     
                        
                           In einem Berichte über die Methoden der technischen Untersuchung des Leuchtgases,
                              welchen ich nach Aufforderung des mährischen Gewerbevereines an denselben
                              erstattete,Zeitschrift des mährischen Gewerbevereines, 1871 S. 186. hatte ich dargethan, daß Kautschukschläuche für die Zuleitung des Gases bei
                              Lichtstärke-Messungen unbrauchbar sind.
                           Die Lichtstärke der Leuchtgasflamme nimmt je nach der Länge des Schlauches mehr oder
                              weniger ab; und ich habe schon damals die Vermuthung ausgesprochen, daß diese
                              unerwartete Erscheinung im Zusammenhange mit der bekannten Thatsache stehen dürfte,
                              nach welcher Kautschuk dem Leuchtgase einige seiner
                              Bestandtheile zu entziehen vermag. So erwähnt 
                              Knapp in seinem Lehrbuche der chemischen Technologie S.
                              596, daß Kautschukringe, welche man versuchsweise zum Dichten der Leitungsröhren
                              angewendet hatte, bedeutend an Gewicht zugenommen und je nach der Reinheit des Gases
                              mehr oder weniger aufgequellt erschienen. Es konnte die Ursache der
                              Lichtverminderung aber auch mit bekannten Diffusionserscheinungen im Zusammenhange
                              stehen, und um hierüber Gewißheit zu erlangen, habe ich mehrere Versuche in dieser
                              Richtung unternommen, welche meine früher angegebene Ansicht zweifellos bestätigten.
                              Es wurden zu diesem Behufe drei Stück neue mineralisirte Kautschukschläuche, deren
                              Gesammtlänge 4,26 Meter betrug, in drei mit einander communicirende Glasröhren
                              eingeschlossen, welche letztere durch Glas- und Bleiröhren mit der Gasleitung
                              für die Gasuhr des Photometers in Verbindung gesetzt wurden.
                           Der ganze Apparat für diese Versuche war derart beschaffen, daß sich die Gasuhr ein
                              und desselben Photometers einmal mit dem über Kautschuk geleiteten, das andere Mal
                              mit dem normalen Leuchtgase speisen ließ.
                           Dieser Wechsel konnte momentan durch wechselseitiges Oeffnen und Schließen zweier
                              Hähne bewirkt werden. Durch diese Einrichtung waren jene Versuchsfehler, welche sich
                              sonst bei Benutzung zweier Photometer und zweier Normalflammen eingestellt hätten,
                              ganz eliminirt.
                           Als Normalkerze wählte ich eine Sechser-Paraffinkerze bester Qualität und der
                              Consum der zu vergleichenden Gasflammen wurde auf 5 Kubikfuß engl. in einer Stunde
                              regulirt.
                           Das Photometer war ein Bunsen'sches mit der von Wright angegebenen Modification.
                           Aus nachfolgender tabellarischen Zusammenstellung einer Reihe von Versuchen, die ich
                              an verschiedenen Tagen unternommen, ergeben sich die Resultate, welche ich mit dem
                              direct und dem über Kautschuk zugeleiteten Leuchtgase erhalten habe:
                           
                              
                                 
                                 Lichtstärke des LeuchtgasesDie Zahlen welche die Lichtstärke ausdrücken, sind das arithmetische
                                          Mittel von zehn Einstellungen, bei welchen
                                          die beiden Seiten des Papierschirmes abwechselnd der Beobachtung
                                          unterzogen wurden. Wenn a die
                                          Lichtstärke für die eine, b die
                                          Lichtstärke für die andere Seite des Schirmes ist, so ergibt sich
                                          die corrigirte Lichtstärke aus der FormelTextabbildung Bd. 206, S. 315Richtiger wäreTextabbildung Bd. 206, S. 315Der Unterschied ist jedoch zu unbedeutend.
                                 
                              
                                 
                                 Directzugeleitet
                                 UeberKautschukgeleitet.
                                 Directzugeleitet
                                 UeberKautschukgeleitet
                                 Directzugeleitet
                                 
                              
                                 1. Versuchsreihe
                                 13,2
                                 10,7
                                 12,9
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 2.        „
                                 12,2
                                   9,2
                                 12,1
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 3.        „
                                 –
                                   7,8
                                 11,2
                                 7,5
                                 11,3
                                 
                              
                                 4.        „
                                 –
                                   9,8
                                 11,6
                                 9,9
                                 12,0
                                 
                              
                           
                           Die Lichtverminderung der Flamme des über Kautschuk geleiteten Gases war eine so
                              bedeutende, daß sie ohne Zuhülfenahme eines photometrischen Apparates wahrgenommen
                              werden konnte. Wurde der Röhrenapparat eingeschaltet, so ließ sich die Lichtabnahme
                              sofort an dem Düsterwerden der Flamme erkennen; und umgekehrt nahm die Helligkeit
                              derselben zusehends zu.
                           Es war durch diese Versuche ganz außer Zweifel gestellt, daß die Lichtabnahme, welche
                              die Flamme des durch Kautschukröhren zugeleiteten Gases erleidet, nicht in einer
                              durch Diffusion erfolgten Einmischung von atmosphärischer Luft zu suchen ist. Sie
                              ist lediglich bedingt durch die zum Theil erfolgte Absorption einiger oder
                              vielleicht auch aller lichtgebenden Bestandtheile desselben. Wie groß das
                              Absorptionsvermögen des Kautschuks ist, ergibt sich aus folgenden Versuchen.
                           Es wurden mehrere Stücke schwarzer Kautschukröhrchen unter der Luftpumpe über
                              Schwefelsäure getrocknet und nachher in einem Chlorcalciumrohre eingeschlossen.
                              Ueber diese wurde sodann völlig trockenes Leuchtgas geleitet und die Gewichtszunahme
                              derselben von Zeit zu Zeit bestimmt.
                           Die Ergebnisse dieser Versuche sind aus folgender Tabelle zu ersehen:
                           
                              
                                 Das Gewicht der Kautschukröhrchen
                                    betrug
                                 Gewichtszunahme
                                 
                              
                                 
                                 Gramme
                                 Gramme
                                 
                              
                                 Ursprünglichnach 6stündigem
                                    Durchleiten      nach
                                    weiteren 6
                                    Stunden            
                                    deßgl.            
                                    deßgl.            
                                    deßgl.nach weiteren 11
                                    Stunden  „        
                                    „          6      
                                    „  „        
                                    „          6      
                                    „  „        
                                    „          9      
                                    „
                                 11,88912,00112,13512,25312,36912,50512,69112,74512,81612,873
                                 –0,1520,1240,1280,1160,1360,1860,0540,0710,057
                                 
                              
                                 Summa
                                 
                                 1,024
                                 
                              
                           
                           Die Absorptionsfähigkeit des Kautschuks ist ohne Zweifel noch nicht erschöpft
                              gewesen, indessen wurden weitere Versuche in dieser Richtung eingestellt. Im Ganzen
                              betrug also die Gewichtszunahme 1,024 Gramme, d.h. 8,64 Proc.
                           Das Aussehen der Kautschukröhrchen war nicht im mindesten geändert, dagegen besaßen
                              sie den eigenthümlichen Geruch des Leuchtgases im hohen Grade. Dem
                              Absorptionsvermögen des Kautschuks wirkt die Verminderung des Druckes der
                              Gas-Atmosphäre, in der er sich befindet, und die Diffusion entgegen.
                           Ich ließ die obigen Kautschukröhrchen, nachdem sie tagelang dem Gasstrome ausgesetzt
                              geblieben, unter der Luftpumpe über Schwefelsäure stehen. Das Quecksilber der
                              Barometerprobe stieg trotz des hermetischen Verschlusses langsam, aber stetig. Die
                              Schwefelsäure wurde hierbei tintenschwarz und ein Häutchen schied sich an der
                              Oberfläche ab.
                           Die aufgenommenen Leuchtgasbestandtheile werden demnach im luftverdünnten Raume
                              allmählich abgegeben und die schwarze Färbung der Schwefelsäure rührt
                              selbstverständlich von Zersetzungsproducten dieser Stoffe her.
                           Die Abgabe derselben läßt sich nicht minder genau mit der Waage verfolgen, denn das
                              ursprüngliche Gewicht der Röhrchen von 12,673 Gram. verminderte sich
                           
                              
                                 nach 7 Tagen bis zu
                                 12,5052
                                 Gram.
                                 
                              
                                 nach weiteren 7 Tagen bis zu
                                 12,3443
                                 „
                                 
                              
                                   „        
                                    „            „        
                                    „    „
                                 12,3335
                                 „
                                 
                              
                           Eine vollständige Entziehung der Gasbestandtheile in angedeuteter Weise wurde nicht
                              weiter versucht.
                           So wie der luftverdünnte Raum wirkt gewiß auch die Diffusion, und es kann keinem
                              Zweifel unterliegen, daß Kautschukschläuche die aufgenommenen Gasbestandtheile beim
                              Liegen an der Luft fort und fort abgeben. Es erklärt sich daraus sehr leicht, warum
                              auch durch alte, lang im Gebrauch gewesene Schläuche eine ebenso große
                              Lichtverminderung der Leuchtgasflamme eintritt, wie ich dieß sehr häufig erproben
                              konnte.
                           Von einem Sättigungszustand der Schläuche kann in Folge der beständigen Exhalation
                              der aufgenommenen Stoffe keine Rede seyn, daher mit deren Gebrauch bei
                              Photometrischen Versuchen immer eine Fehlerquelle verbunden ist.
                           Um die Volumen-Abnahme welche das Leuchtgas hierbei erfährt, kennen zu lernen,
                              füllte ich das Meßrohr eines Schrötter'schen Apparates
                              (wie solcher zur Bestimmung der Kohlensäure des Leuchtgases gebraucht wird) mit
                              Leuchtgas und führte in dasselbe ein 0,11 Meter langes Kautschukröhrchen ein,
                              welches über einen hakenförmig gebogenen Glasstab geschnürt wurde. Das Gasvolumen
                              von 18,4 Kubikcentimeter sank bei 18stündiger Einwirkung bloß auf 18,19 K. C. und
                              die Volumen-Abnahme betrug somit nur 1,1 Vol.-Proc.
                           Diese auffallend geringe Menge, welche der Kautschuk unter diesen Verhältnissen
                              absorbirt hatte, steht in zu grellem Contrast mit der bedeutenden Gewichtszunahme,
                              welche ich vorhin gefunden. Dieser scheinbare Widerspruch läßt sich jedoch leicht
                              durch den bekannten Satz erklären, nach welchem bei Gasgemengen eine Gasart niemals
                              unter dem Totaldruck, sondern unter einem Drucke steht, welcher gleich ist dem
                              Totaldruck, weniger dem Drucke welcher von den übrigen Gasen ausgeübt wird. In Folge
                              des geringen Druckes, den die schweren Kohlenwasserstoffe bei ihrer geringen Menge
                              ausüben, kann der Kautschuk auch nur wenig aufnehmen.
                           Je größer die Menge der schweren Kohlenwasserstoffe, desto mehr könnte der Kautschuk
                              absorbiren. Wurde das Metzrohr anstatt mit Leuchtgas mit reinem Aethylen gefüllt, so
                              stellten sich ganz andere Resultate ein. Bei reinem vorgenommenen Versuche betrug
                              das anfängliche Volum des Aethylens 20,5 K. C. und sank durch Einführung des
                              Kautschuks nach mehrtägiger Einwirkung bis auf 18,58 K. C. herab. Der Verlust
                              beträgt somit 9,36 Vol.-Proc. Der Kautschuk war hierbei gesättigt; eine
                              weitere Absorption wurde nicht mehr wahrgenommen.
                           Allem Anscheine nach werden die dampfförmigen Stoffe des Leuchtgases wie z.B. das
                              Benzol kräftiger absorbirt, als die gasförmigen. Ich glaube, diese Voraussetzung
                              findet durch folgenden Versuch ihre Bestätigung: Es wurde das Meßrohr des Schrötter'schen Apparates mit Leuchtgas gefüllt, welches
                              über Benzol geleitet wurde. Während bei dem vorhin erwähnten Versuche die
                              Volumen-Abnahme erst nach mehreren Tagen ihr Ende erreichte, geschah dieß in
                              diesem Falle schon nach 5 Stunden.
                           Das anfängliche Gasvolumen von 22,2 K. C. sank auf 20,47 K. C. und die
                              Volumen-Verminderung betrug daher 7,7 Mol.-Proc.
                           Als Ergebniß der vorhin angeführten Versuche stellt sich heraus, daß:
                           1) bei Lichtstärke-Bestimmungen des Leuchtgases die Zuleitung desselben
                              niemals mittelst Kautschukröhren erfolgen soll, wenn man richtige Resultate erhalten
                              will;
                           2) daß die Ursache der Lichtabnahme in der durch den Kautschuk erfolgten Absorption
                              der schweren Kohlenwasserstoffe zu suchen ist;
                           
                           3) daß bei der Analyse des Leuchtgases oder ähnlicher Gase auf das Verhalten des
                              Kautschuks Rücksicht genommen werden muß.
                           Laboratorium für chemische Technologie des k. k. technischen Institutes in Brünn, den 25. September 1872.