| Titel: | Ueber Woolf'sche Dampfmaschinen; von Prof. Gustav Schmidt in Prag. | 
| Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. XVI., S. 98 | 
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                        XVI.
                        Ueber Woolf'sche
                           								Dampfmaschinen; von Prof. Gustav Schmidt in Prag.Vom Verfasser als Separatabdruck aus den „Mittheilungen des
                                    											Architekten- und Ingenieurvereines in Böhmen“
                                 										mitgetheilt.
                           							
                        Schmidt, über Woolf'sche Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           Es wird kaum bestritten werden, daß die Ansichten der Maschinen-Ingenieure
                              									über den Vortheil der zweicylindrigen oder Woolf'schen
                              									Maschinen im Laufe der Zeit sehr gewechselt haben, und noch heute sehr getheilt
                              									sind. Trotzdem darf man wohl sagen, daß diese Maschinen neuerer Zeit in immer
                              									häufigere Verwendung kommen, obwohl sie in der Anlage die theuersten sind. Sie
                              									verdanken ihre wachsende Verbreitung der durch sie erreichbaren Oekonomie mit dem
                              									Brennstoff, die durch kein anderes System in gleichem Grade zu erzielen ist,
                              									vorausgesetzt daß die Dimensionirung und insbesondere das Volumverhältniß der beiden
                              									Cylinder zweckmäßig ist.
                           Außerdem gewähren sie bei gleichem Schwungrad eine größere Gleichförmigkeit oder
                              									gestatten die Anwendung eines kleineren Schwungrades als bei einer eincylindrigen
                              									Maschine von gleicher Stärke und Tourenzahl, wenn keine größere Gleichförmigkeit des
                              									Ganges gefordert wird.
                           Letzterer Umstand ist leicht begreiflich und wird allgemein anerkannt; dagegen wird
                              									über den ökonomischen Vortheil häufig debattirt, und wenn er nicht bestritten wird,
                              									doch über die Ursache desselben nicht die gleiche Meinung gehegt.
                           Die Theorie behauptet, daß es bezüglich der Leistung principiell ganz gleichgültig
                              									ist, ob man den Dampf in einem oder in zwei Cylindern nach einander zur Expansion
                              									gelangen läßt. Wird z.B. der kleine Cylinder halb gefüllt und hat der große 4faches
                              									Volumen, so findet im Ganzen 8fache Expansion statt, und man erhält theoretisch
                              									dieselbe Leistung, wenn man den kleinen Cylinder ganz wegläßt, und mit dem gleichen
                              									Dampfquantum den großen Cylinder auf 1 Achtel füllt, und in demselben allein die
                              									Expansion auf das 8fache Volumen vornimmt.
                           Die Praxis lehrt, daß überdieß bei dem Uebertritt aus dem kleinen in den großen
                              									Cylinder unvermeidlich ein Spannungsverlust stattfindet, zufolge dessen die Leistung
                              									gegenüber der theoretischen Berechnung herabgedrückt wird.
                           Wenn daher trotzdem mit dem zweicylindrigen System ein ökonomischer Vortheil
                              									verbunden ist, so kann derselbe nur darin liegen, daß die Dampfverluste kleiner sind, als bei einer eincylindrigen Maschine.
                           Hierfür kennt man wirklich zwei Ursachen:
                           1) Tritt der Dampf bei der eincylindrigen Maschine in denselben Cylinder ein, der so
                              									eben mit dem Condensator in Communication war, und dessen Wandungen daher eine
                              									erheblich geringere Temperatur haben, als der wohl eingehüllte kleine Cylinder der
                              										Woolf'schen Maschine, der nur mit dem
                              									Admissions-Dampf in Berührung kommt, aber niemals mit dem Condensator
                              									communicirt.
                           2) Hat der Vorderdampf im kleinen Cylinder in dem Momente wo sein Uebertritt in den
                              									großen Cylinder durch den Dampfschieber abgesperrt ist, eine Spannung von etwa 3/4
                              									Atmosphären, und wird dann in dem schädlichen Raum des kleinen Cylinders so weit
                              									comprimirt, daß der neu eintretende Admissionsdampf nur in geringer Menge in diesen
                              									schädlichen Raum eindringen kann. Bei der eincylindrigen Maschine hat man aber in
                              									dem schädlichen Raum ein annäherndes Vacuum, derselbe ist also vollständig mit dem
                              									Admissions-Dampf auszufüllen, und er ist überdieß viel größer, da der
                              									Cylinderdurchmesser so groß ist, wie jener des großen Cylinders der gleichwerthigen
                              										Woolf'schen Maschine.
                           Demgemäß sind die Dampfverluste durch Niederschlagung an den Cylinderwandungen und
                              									durch den schädlichen Raum bei Woolf'schen Maschinen wesentlich geringer,
                              									und nachdem diese Verluste bei eincylindrigen Maschinen mit starker Expansion sogar
                              									mehr als 100 Proc. des nutzbaren Dampfquantums betragen können, so sind diese beiden
                              									Umstände wohl genügend zur Erklärung des ökonomischen Vortheiles einer
                              									zweicylindrigen Maschine, wenn sich auch dieser Vortheil bei der Natur der Ursache
                              									nur schwer ziffermäßig angeben läßt.
                           Nachdem es mir eben vorgekommen ist, daß ein sehr tüchtiger Praktiker, der sich viel
                              									mit dem Bau von Woolf'schen Maschinen befaßt, daran
                              									zweifelte, daß die Erklärung des Vortheiles nur in den Nebenumständen zu suchen sey,
                              									und die Meinung zu vertheidigen suchte, es müsse auch theoretisch vortheilhafter
                              									seyn, den Dampf bloß in den kleinen Cylinder einzulassen, während der Vorderdampf
                              									desselben als Hinterdampf im großen Cylinder den großen Kolben vorschiebt, so habe
                              									ich es nicht für unnütz gehalten, die theoretische Frage in einer, jedem Empiriker
                              									verständlichen Weise ziffermäßig zu behandeln.
                           Als Expansionsgesetz wird jetzt allgemein das einfache Mariotte'sche Gesetz pv = Const. angenommen, da es mit Rücksicht auf die
                              									Kondensation an den Cylinderwandungen hinreichend genau der Theorie und der
                              									Erfahrung entspricht.
                           Ferner wurde der Hub S der beiden Kolben gleich groß, und
                              									im kleinen Cylinder volle Füllung angenommen. Der Querschnitt des großen Kolbens = 0
                              									wurde 6mal so groß, als jener des kleinen, und die Anfangsspannung im kleinen
                              									Cylinder = 5 Atmosphären absolut also der Druck zu Ende der Expansion mit 5/6 =
                              									0,833 Atmosphären angenommen, wenn auf Verluste und schädlichen Raum keine Rücksicht
                              									genommen wird.
                           Der ganze Kolbenweg 8 wurde in 30 Theile zerlegt gedacht, für jede Position die
                              									Spannung des vor dem kleinen und hinter dem großen Kolben expandirenden Dampfes
                              									berechnet, und das arithmetische Mittel = p je zweier
                              									auf einander folgenden Spannungen gesucht. Im kleinen Cylinder ist dann der jeweilig
                              									wirksame Ueberdruck = 5 – p, und im großen
                              									Cylinder beträgt er p – 0,3, wenn die absolute
                              									Spannung des in den Condensator entweichenden Vorderdampfes = 0,2 Atmosphären
                              									angenommen wird.
                           Für die eincylindrige Maschine mit den Dimensionen des großen Cylinders wurde die
                              									Füllung = 1/6 gerechnet, auf gleiche Weise die Mittel der Spannungen für die 30
                              									Theile des Kolbenweges bestimmt, und von dem Mittel dieser 30 Zahlen die constant
                              									gedachte Vorderdampfspannung von 0,2 Atm. abgezogen.
                           Es ergab sich in solcher Weise die folgende Tabelle I.
                           
                           
                           Tabelle I.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 100–101
                              Raum im großen Cylinder Querschn.
                                 										O; Raum im kleinen Cylinder Querschn. O/6; Derselbe reducirt auf großen Cylinder
                                 										mit Querschnitt O; Absolute Spannung in Atmosphären; Mittel der Spannung P;
                                 										Ueberdruck im kleinen Cylinder 5–p; Ueberdruck im großen Cylinder
                                 										p–0,2; Absolute Druck bei einem Cylinder; Mittel; Summa; dividirt durch;
                                 										Zusammen; ab; bleibt;
                              
                           
                           Aus derselben ist ersichtlich, daß die mittlere wirksame Spannung im großen Cylinder
                              									der Woolf'schen Maschine 1,5944 Atmosphären, dagegen der
                              									mittlere Ueberdruck im kleinen Cylinder 3,2056 Atmosphären beträgt. Wird dieser auf
                              									die große Kolbenfläche O reducirt durch Division mit 6,
                              									so folgt 0,5343 Atmosphären, also zusammen die wirksame Spannung 2,1287, somit die
                              									gesammte an die beiden Dampfkolben abgegebene Arbeit bei einem einfachen Schub =
                              									2,1287 AOS, wenn A der
                              									Druck einer Atmosphäre pro Flächeneinheit ist.
                           Bei der eincylindrigen Maschine ergab sich diese Arbeit = 2,1292 AOS. Die Differenz ist verschwindend und rührt
                              									daher, daß nur auf 4 Stellen gerechnet wurde, und das Mittelnehmen theoretisch nicht
                              									genau richtig ist. Die genauen Werthe sind für beide Fälle gleich, und etwas kleiner
                              									als die so gefundenen.
                           Es ist von Interesse, dieselbe Rechnung genau und allgemein durchzuführen.
                           Ist bei einer eincylindrigen Maschine die Kolbenfläche = O Quadratmeter, der absolute Admissionsdruck = p₁ Kil. pro Quadratmet., der Kolbenweg
                              									in der Admissionsperiode = S₁, der ganze
                              									Kolbenweg = S, und die absolute Spannung des
                              									Vorderdampfes, der in den Condensator strömt, = p₂ Kil. pro Quadratmet., so ist
                           die Volldruckarbeit = Op₁S₁;
                           die Expansionsarbeit = Op₁S₁ log. nat. S/S₁
                           die Vorderdampfarbeit = Op₂S, oder wenn man das Expansionsverhältniß
                           S/S₁ = m setzt, die Totalarbeit pro
                              									Schub
                           A = Op₁S₁ (1 + log. nat. m)
                              									– Op₂S
                              								
                           = OS [p₁/m (1 + log. nat. m) –
                              										p₂]
                           Bei der Woolf'schen Maschine mit voller Füllung im kleinen
                              									Cylinder vom Querschnitt 0, und mit großem Cylinder von gleichem Hub 8 aber
                              									Querschnitt O₂ = mO₁ ist das Anfangsvolumen des zur Expansion gelangenden Dampfes im
                              									kleinen Cylinder V₁ = O₁S.
                           Nach dem Kolbenweg x ist der Raum im kleinen Cylinder =
                              										O₁ (S –
                                 									x), und der im großen Cylinder = O₂x der Gesammtraum V = O₁ (S – x) +
                              										O₂x.
                              								
                           Die variable Spannung p folgt aus pV = p₁V₁ mit
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 102
                              
                           
                           also die während der Expansion consumirte Arbeit des
                              									Vorderdampfes im kleinen Cylinder
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 103
                              
                           und die abgegebene Arbeit des expandirenden Dampfes im großen
                              									Cylinder
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 103
                              
                           Also ist die Leistung des kleinen Cylinders bei einem
                              									einfachen Hub
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 103
                              
                           und die Leistung des großen Cylinders
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 103
                              
                           also wegen O₂ = mO₁
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 103
                              
                           genau so, wie bei der eincylindrigen Maschine.
                           Für m = 6, p₁ = 5 A, p₂ = 0,2 A,
                              									folgt
                           A₁ = AO₂S [5/6 – 1/6 log. nat. 6]
                           A₂ = AO₂S [log. nat.
                                 										m – 0,2]
                           
                           Wegen log. nat. 6 = 1,7918 foglt
                           A₁ = 0,5347 AO₂S
                           A₂ = 1,5918 AO₂S
                           A₁ + A₂ =
                              									2,1265 AO₂S statt
                              									2,1287 AO₂S
                           Ist im kleinen Cylinder die Admissionsspannung = P₁ = kp₁ aber die Füllung nur S/k, so ist die
                              									Hinterdampfarbeit
                           = O₁P₁ S/k (1 + log.
                                 										nat. k) = O₁p₁S (1 + log.
                                 										nat. k)
                           statt O₁p₁S bei voller
                              									Füllung und Spannung p₁, also wegen
                           O₁ = O₂/m
                              								
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 104
                              
                           und wenn p₁ = P₁/k eingesetzt, und
                              									zugleich das totale Expansionsverhältniß km = i gesetzt wird:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 104
                              
                           Setzt man näherungsweise ip₂/P₁ = 1/4,
                           so wird die Arbeit beider Cylinder gleich groß d. i.
                           A₁ = A₂
                           wenn log. nat. k = (m + 1)/(m – 1) log. nat. m – 5/4 oder
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 104
                              
                           ist. Setzt man m = 2 bis 3,
                              									berechnet k nach (3) und sodann i = km, so ergibt sich äußerst nahe
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 104
                              
                           wie der folgende Vergleich zeigt:
                           
                           Tabelle II.
                           
                              
                                 
                                    m
                                    
                                 k nach (3)
                                 i = mk
                                 m nach (4)
                                 k nach (5)
                                 
                              
                                 2
                                 2,292
                                 4,584
                                 2,0013
                                 2,29
                                 
                              
                                   2,1
                                 2,319
                                 4,869
                                 2,0995
                                 2,32
                                 
                              
                                   2,2
                                 2,346
                                 5,160
                                 2,1980
                                 2,35
                                 
                              
                                   2,3
                                 2,373
                                 5,459
                                 2,2971
                                 2,37
                                 
                              
                                   2,4
                                 2,402
                                 5,768
                                 2,3965
                                 2,40
                                 
                              
                                   2,5
                                 2,430
                                 6,075
                                 2,4960
                                 2,43
                                 
                              
                                   2,6
                                 2,459
                                 6,394
                                 2,5960
                                 2,46
                                 
                              
                                   2,7
                                 2,488
                                 6,719
                                 2,6962
                                 2,49
                                 
                              
                                   2,8
                                 2,518
                                 7,052
                                 2,7971
                                 2,52
                                 
                              
                                   2,9
                                 2,548
                                 7,390
                                 2,8978
                                 2,55
                                 
                              
                                   3,0
                                 2,579
                                 7,736
                                 2,9989
                                 2,58
                                 
                              
                           Die bekannte englische Regel
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 105
                              
                           gibt das Volumverhältniß der beiden Cylinder größer an als die
                              									obigen Formeln, welche annähernd dem Werth
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 105
                              
                           entsprechen.
                           Wir glauben die Formeln (4) für das Volumverhältniß und (5) für das
                              									Expansionsverhältniß im kleinen Cylinder bei der einfachen Gesammt-Expansion
                              									für die Praxis empfehlen zu dürfen, weil man hierdurch in beiden Cylindern nahe
                              									gleiche Leistung und eben hierbei eine hohe Gleichförmigkeit und eine zweckmäßige
                              									Temperatur-Vertheilung erzielt. Nimmt man nämlich die Endspannung im großen
                              									Cylinder = 0,7 Atmosphären an, damit der Ueberdruck im letzten Augenblicke = 0,5
                              									Atmosphären beträgt, also circa noch doppelt so groß
                              									ist, als die Reibungsspannung, so wird
                           P₁ = 0,7 i Atmosphären . . . . . . . . . . . . . (7)
                           z.B. i = 7, k = 2,5, m = 2,8 folgt P₁ = 5 Atmosphären. Hierbei hat der Dampf 152° C., am Ende
                              									der Expansion im kleinen Cylinder sinkt er bei p₁
                              									= P₁/k = 5/2,5 = 2
                              									Atmosphären auf 120° C., mit welcher Temperatur er in den großen Cylinder
                              									übertritt; hier expandirt er bis zur Temperatur 90° C. und der in den Condensator entweichende Dampf
                              									hat 60° C.
                           Zur bequemeren Berechnung von A₁ = A₂ nach Formel (1) und (2) unter Annahme von (3)
                              									oder (4) (5) geben wir noch den Werth des eingeklammerten Factors f, mit welchem O₂P₁S/i zu multipliciren ist, um die Arbeit eines Cylinders
                              										pro Hub zu erhalten. Außerdem ist der Werth der
                              									absoluten Anfangsspannung P₁ = 0,7 iA in Atmosphären beigesetzt.
                           Tabelle III.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 106
                              Totaler Expansions-grad i;
                                 										Volum verhältniß m nach (4); Füllungsgrad 1/k; Factor f; 1,4
                                 										f;  f/i; Absolute Anfangspannung 0,7 i Atmosphären
                              
                           Für P₁ = 0,7 iA (A = 10334 Kil. pro
                              									Quadratmeter) wird A₁ = A₂ = 0,7 A
                              									fO₂ S
                              									Meterkilogramme, also die Arbeit beider Cylinder pro Hub
                              									= 1,4 AfO₂S, mithin
                              									die mittlere wirksame Spannung reducirt auf den großen Kolben = 1,4 t Atmosphären, welcher Werth ebenfalls oben angegeben
                              									ist.
                           Die so berechnete Leistung pro Hub ist mit der doppelten
                              									Tourenzahl 2 n zu multipliciren, um die Arbeit pro Minute zu bekommen, oder mit n/30, um den Effect pro Secunde zu erhalten,
                              									der mit 75 dividirt die theoretische Pferdestärke angibt, die man nach Umständen mit
                              									0,7 bis 0,8 zu multipliciren hat, um die effective Leistung an der Schwungradwelle
                              									zu erhalten.
                           Sind nämlich die Cylinder nur gut verwahrt aber ohne Dampfmantel, und ist die
                              									effective Kesselspannung nicht größer als die absolute Cylinderspannung P₁, (also zwischen Kessel und Cylinder nur eine
                              									Atmosphäre Spannungs-Differenz), so hat man den Factor 0,7 zu wählen. Ist aber der
                              									schädliche Raum im großen Cylinder sehr klein, ist der kleine (nicht der große) Cylinder mit einem Dampfmantel umgeben, und ist
                              									der Ueberdruck im Kessel um eine Atmosphäre größer, als der absolute Admissionsdruck
                              										P₁, mithin der
                              									Heizdampf erheblich heißer als der Cylinderdampf, so gilt der Factor 0,8.
                           Da diese Umstände viel größeren Einfluß haben, als die schädlichen Räume, indem nur
                              									der schädliche Raum des großen Cylinders auf Verminderung der Leistung, dagegen
                              									jener des kleinen Cylinders auf Vergrößerung der Leistung hinwirkt (allerdings unter
                              									Vergrößerung des Dampfverbrauches), so ist es nicht der Mühe werth, die Rechnung
                              									durch Rücksichtnahme auf die schädlichen Räume zu compliciren.
                           In der Praxis findet man größtentheils zu kleine
                                 										Kesselspannung und zu großes Volumverhältniß,
                              									wodurch die Maschine ganz unnütz theuer wird, da die Leistung in den letzten Stadien
                              									der starken Expansion kaum zur Ueberwindung der Widerstände genügt.
                           Selbstverständlich ist das Volumen des kleinen Cylinders = O₂S/m zu
                              									setzen, gleichgültig ob der Hub desselben gleich oder kleiner als S ist.
                           Um endlich die ökonomische Frage einigermaßen zu erörtern,
                              									so gehe ich von den empirischen Formeln aus, welche ich als vorläufigen Anhaltspunkt
                              									zur Schätzung der an den Cylinderwandungen niedergeschlagenen Dampfmenge y in Gewichtstheilen für je einen Gewichtstheil des in
                              									dem Cylinder nützlich verbleibenden zur Expansion gelangenden Admissionsdampfes auf
                              									Grundlage der Völkers'schen Formel
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 107
                              
                           und durch Vergleichung der factischen Expansionscurven mit den
                              									adiabetischen Linien nasser Dämpfe, welche ich im 4. Heft des 3. Jahrganges der
                              									Mittheilungen des böhmischen Architekten- und Ingenieurvereines (1867)
                              									aufgestellt habe. Sie lauten:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 107
                              
                           und es bedeutet hierin
                           P₁ die absolute Admissionsspannung in
                              									Atmosphären,
                           
                           s₁/s das
                              									Füllungsverhältniß, und
                           c die Kolbengeschwindigkeit in Metern pro Secunde.
                           Für c = 1,25 Met. folgt nach diesen Formeln:
                           Tabelle IV für y.
                           
                              
                                 Für Condensationsmaschinen
                                 Für Nichtcondensationsmaschinen
                                 
                              
                                 s₁/s =
                                 0,4
                                 0,2
                                 0,1
                                 0,05
                                 s₁/s =
                                 1
                                 0,4
                                 0,2
                                 0,1
                                 
                              
                                 P₁ = 5
                                 0,475
                                 0,672
                                 0,950
                                 1,344
                                 P₁ = 5
                                 0,215
                                 0,339
                                 0,480
                                 0,679
                                 
                              
                                 4
                                 0,531
                                 0,751
                                 1,063
                                 1,503
                                 4
                                 0,240
                                 0,376
                                 0,537
                                 0,759
                                 
                              
                                 3
                                 0,614
                                 0,867
                                 1,227
                                 1,735
                                 3
                                 0,277
                                 0,438
                                 0,620
                                 0,876
                                 
                              
                                 2
                                 0,751
                                 1,063
                                 1,503
                                 
                                 2
                                 0,339
                                 0,537
                                 0,759
                                 1,073
                                 
                              
                                 1
                                 1,063
                                 1,503
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                           Nehmen wir also P₁ = 5 Atmosphären, wofür unsere
                              									Tabelle III 0,4 Füllung im kleinen Cylinder und das Volumverhältniß 3,8, also im
                              									Ganzen 7fache Expansion angibt, so wird nach Tabelle IV im kleinen Cylinder 0,339,
                              									d. i. ein Drittheil der nützlichen Admissions-Dampfmenge sich an den
                              									Cylinderwandungen condensiren. Dagegen würde bei der eincylindrigen
                              									Condensationsmaschine mit P₁ = 5 und s₁/s = 1/7
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 108
                              
                           Die totale Menge des Admissionsdampfes muß sich daher verhalten wie 4/3 zu 9/5 oder
                              									wie 20 zu 27, d.h. man erspart bei der Woolf'schen
                              									Maschine 7/27 = 25 Proc. Dampf also Kohle, wenn das Volumverhältniß zweckmäßig
                              									gewählt ist, und ich erachte dieß auch für richtig. Gibt man aber dem kleinen
                              									Cylinder volle Füllung, und dem großen Cylinder ein bedeutend größeres Volumen als
                              									oben angegeben, so findet in diesem eine so starke Condensation an den Wandungen
                              									statt, und beträgt der Spannungsverlust durch den schädlichen Raum so viel, daß die Leistung
                              									erheblich kleiner und das Consum-Verhältniß größer wird.
                           Bei Woolf'schen Corliß-Maschinen sollte man schon gar nicht über die oben bestimmten
                              									mäßigen Volum-Verhältnisse hinausgehen, da der kleine Cylinder hierbei nicht
                              									mehr als 0,4 Maximal-Füllung erhalten kann, und bei verminderter
                              									Anspruchnahme der Maschine diese Füllung des kleinen Cylinders von 0,4 herab geht, wodurch sehr bald der Fall eintritt, daß der
                              									Kolben im großen Cylinder nicht vom Dampf, sondern vom Schwungrad gezogen werden
                              									muß, wenn wie üblich das Volumverhältniß größer als 2,5 genommen worden ist.