| Titel: | Ueber das Glycerin; von Franz Nitsche, Chemiker in der k. k. l. p. Milly-Kerzen-, Seifen- und Glycerin-Fabrik von F. A. Sarg's Sohn und Comp. in Liesing bei Wien. | 
| Autor: | Franz Nitsche | 
| Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. XXIV., S. 145 | 
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                        XXIV.
                        Ueber das Glycerin; von Franz Nitsche, Chemiker in der k. k. l. p.
                           								Milly-Kerzen-, Seifen- und Glycerin-Fabrik von F. A. Sarg's Sohn und Comp. in Liesing bei Wien.
                        Nitsche, über das Glycerin.
                        
                     
                        
                           Die hohe Bedeutung, welche das Glycerin durch seine eigenthümlichen Eigenschaften und
                              									Verwendungen erlangt hat, sowie der Umstand, daß erschöpfende Abhandlungen über
                              									diesen Körper noch nicht erschienen sind, lassen jede darauf bezügliche Mittheilung
                              									gewiß willkommen erscheinen.
                           ––––––––––
                           Mit dem Namen „Oelsüß“ bezeichnete
                              										Scheele das von ihm gelegentlich der Bereitung des
                              									Bleipflasters (1783) gefundene Glycerin. Erst 40 Jahre später erhielt es durch Chevreul den Namen „Glycerin“ und wurde von diesem Chemiker als die Basis
                              									sämmtlicher Neutralfette erkannt.
                           Wohl lernte man von da ab die werthvollen Eigenschaften des neuen Körpers nach und
                              									nach kennen und schätzen, doch mußten abermals 40 Jahre vergehen ehe das Glycerin
                              									anfing als Handelsartikel eine bescheidene Rolle zu spielen; seine heutige Bedeutung
                              									ist groß, seine Zukunft wohl noch größer.
                           Die organische Chemie hat zwar einen ganz bestimmten Platz in der Reihe der
                              									Verbindungen für den Alkohol des dreiatomigen Radicals Glyceril, das Glycerin; doch
                              									so lange die Chemie ihr Endziel, eine allumfassende und abschließende Erkenntniß des
                              									Zusammenhanges aller Stoffe nicht erreicht hat, läßt sich
                              									wohl die Stellung des Glycerins in der Stoffwelt nicht voll erfassen. Die
                              									Mannichfaltigkeit der Ausgangs- und Anknüpfungspunkte, welche sich bei der
                              									Betrachtung des Glycerins und seiner Derivate darbieten, gibt dafür den Beleg.
                           Wie erwähnt, sind die Thierfette Glycerinverbindungen. Das Studium des im
                              									menschlichen Gehirn primär vorhandenen Protagons ließ dasselbe als aus Stearinsäure,
                              									Neurïn und Glycerinphosphorsäure bestehend erscheinen. In der Galle und Leber
                              									finden sich Glycerilverbindungen. Pasteur wies nach, daß
                              									die bekannte Zersetzung des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure durch die Gährung
                              									keineswegs die einzige Gährungsreaction sey, sondern daß sich auch Glycerin und
                              									Bernsteinsäure als Zersetzungsproducte bilden. Allyl und Propyl stehen mit dem Glycerin im directen
                              									Zusammenhange und kann das Glycerin, jenes erstere als Durchgangspunkt betrachtet,
                              									aus den Elementen direct aufgebaut werden. Umgekehrt können Allylverbindungen und
                              									weitergehend auf künstlichem Wege Senföl und Knoblauchöl aus dem Glycerin erhalten
                              									werden.
                           Das Glycerin hat die Zusammensetzung
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 146
                              
                           An die Stelle der einzelnen 3 Atome Wasserstoff treten bei den Neutralfetten die
                              									entsprechenden Säureradicale Olein, Palmitin und Stearin.
                           Der gewöhnliche Rindstalg z.B. ist ein Gemisch von Trioleïn, Tripalmatin und
                              									Tristearin, also:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 146
                              
                           in wechselnden Mengenverhältnissen.
                           Die einzig gebräuchliche und auch einzig rationelle Darstellungsmethode des Glycerins
                              									bleibt oder vielmehr ist gegenwärtig die Verseifung der Neutralfette auf irgend eine
                              									der in der Stearinfabrication zur Anwendung kommenden Arten und ist es namentlich
                              									die Zerlegung des Fettes durch hochgespannten Dampf in sogenannten Autoclaven welche
                              									die größte und auch qualitativ beste Ausbeute an Glycerin liefert.
                           Jene Fabriken, welche die Fettsäuren durch die sogenannte saure Verseifung gewinnen,
                              									müssen auf einen Theil des Glycerins verzichten, da durch die Schwefelsäure eine
                              									partielle Zerstörung und gleichzeitig eine intensive Bräunung des zurückbleibenden
                              									Glycerins eintritt.
                           Nach der Zerlegung des Fettes sondern sich in Folge ihrer geringeren specifischen
                              									Schwere die Fettsäuren von dem Glycerin, welches bis zu einem gewissen
                              									Concentrationsgrade eingedampft und dann den entsprechenden Raffinationsoperationen
                              									unterzogen wird.
                           Diese letzteren sind für die schließliche Qualität des Glycerins natürlich maßgebend.
                              									Das letzte, aber auch wirklich erreichbare Ziel in dieser Hinsicht ist ein absolut
                              									farb- und geruchloses, von jedem Nebengeschmacke freies und dabei chemisch
                              									reines Product.
                           Das Sarg'sche Glycerin steht in dem Rufe, alle diese
                              									Eigenschaften zu besitzen.
                           Die Anführung einer Reihe von Proben, von deren Richtigkeit sich jeder Chemiker durch
                              									Wiederholung überzeugen kann, mag für die Vollberechtigung dieses Rufes ein weiteres
                              									Zeugniß geben, eine Andeutung der Hülfsmittel, welche Sarg
                              									zur Erzeugung solcher Waare zur Verfügung stehen, dasselbe ergänzen:
                           Specifisches Gewicht, Farbe, Geschmack und Geruch, sowie das Verhalten gegen
                              									Schwefelsäure, Chlorbaryum, oxalsaures Ammon, salpetersaures Silberoxyd,
                              									Lackmustinctur und molybdänsaures Ammon geben genügende Anhaltspunkte um die
                              									Qualität einer Glycerinsorte mit Sicherheit beurtheilen zu können. Von Werth ist
                              									allerdings noch die quantitative Bestimmung der Summe der festen Bestandtheile, doch
                              									ergibt sich deren Nothwendigkeit immer erst aus auffallenden Resultaten der
                              									vorhergehenden qualitativen Proben.
                           
                              
                                 
                                 I.GlycerinvonSargpur. alb.
                                 II.GlycerinvonSargchem. pur.
                                 III.GlycerindeutscherProvenienz
                                 IV.GlycerindeutscherProvenienz
                                 V.GlycerinenglischerProvenienz
                                 
                              
                                 Dichtein Graden Baumé
                                 28°
                                 30°
                                 28 1/2°
                                 30°
                                 30°
                                 
                              
                                 Farbe
                                 wasserhell
                                 wasserhell
                                 wasserhell
                                 schwach gelb
                                 ziemlichstark gelb
                                 
                              
                                 Geschmack
                                 rein süß
                                 rein süß
                                 fettig
                                 rein süß,doch geringerNachgeschmack
                                 rein süß
                                 
                              
                                 Geruch
                                 keinen
                                 keinen
                                 stark fettig
                                 keinen
                                 keinen
                                 
                              
                                 Verhalten
                                    											gegenSchwefelsäure
                                 keineVeränderung
                                 keineVeränderung
                                 Fettgeruch,noch
                                    											intensiver,schwacheFärbung
                                 etwas tiefergefärbt
                                 noch tiefergefärbt
                                 
                              
                                 Chlorbaryum
                                 dto.
                                 dto.
                                 schwacheTrübung
                                 keineReaction
                                 keineVeränderung
                                 
                              
                                 oxalsauresAmmon
                                 dto.
                                 dto.
                                 schwacheTrübung
                                 dto.
                                 dto.
                                 
                              
                                 salpetersauresSilberoxyd
                                 dto.
                                 dto.
                                 opalisirtstark
                                 nach längeremStehentief
                                    											rotheFärbung
                                 opalisirtnach kurzemStehen
                                 
                              
                                 
                                    
                                    
                                 
                              
                                 
                                 I.GlycerinvonSargpur. alb.
                                 II.GlycerinvonSargchem. pur.
                                 III.GlycerindeutscherProvenienz
                                 IV.GlycerindeutscherProvenienz
                                 V.GlycerinenglischerProvenienz
                                 
                              
                                 Schwefelammon
                                 keineVeränderung
                                 keineVeränderung
                                 keineVeränderung
                                 keineVeränderung
                                 keineVeränderung
                                 
                              
                                 MolybdänsauresAmmon
                                 dto.
                                 dto.
                                 dto.
                                 dto.
                                 dto.
                                 
                              
                                 Lackmustinctur
                                 dto.
                                 dto.
                                 nach
                                    											längeremStehenschwacheRöthung
                                 dto.
                                 dto.
                                 
                              
                                 
                                    Summa der
                                       												festen
                                    
                                    Bestandtheile
                                    
                                 0,00319Proc.
                                 0,000427Proc.
                                 0,00850Proc.
                                 0,00169Proc.
                                 0,00081Proc.
                                 
                              
                           Alle 5 Muster wurden dem Handel entnommen, II und IV halten loco Wien ungefähr
                              									gleiche Preise, Muster V kam in London fast doppelt so
                              									theuer zu stehen wie Nr. II.
                           Die Fabricationsmethode welche Sarg verfolgt, bringt es
                              									mit sich daß sein 28grädiges und 25grädiges Glycerin ebenfalls frei sind von festen
                              									Bestandtheilen, wie auch von Acroleïn und Buttersäure.
                           Alles Sarg'sche Glycerin ist nach vorhergegangener
                              									Entkalkung wiederholt über Knochenkohle filtrirt, auf deren Reinerhaltung die größte
                              									Sorgfalt verwendet wird.
                           Das als Raffinat (pur alb.) mit 25 und 28°
                              									Baumé verkaufte Glycerin wurde einmal, das
                              									chemisch reine (dest. chem. pur.) mit 30°
                              									Baumé aber zweimal und unter Umständen auch öfter
                              										destillirt.
                           Die Productionsfähigkeit der Fabrik ist eine derart bedeutende, daß allem Bedarf
                              									promptest entsprochen werden kann.
                           Ehe wir uns der Betrachtung des technischen Werthes des Glycerins zuwenden, dürfte es
                              									gerechtfertigt erscheinen, etwas ausführlicher über eine Eigenschaft desselben zu
                              									berichten, welche als solche kaum und in ihrer Verwerthung noch gar nicht bekannt
                              									ist, obwohl darauf die denkbar einfachste und doch zugleich vollkommenste
                              									Reinigungsmethode des Glycerins beruht. Es ist dieses die Fähigkeit des Glycerins unter gewissen Bedingungen zu krystallisiren und
                              									dabei alle wie immer genannten Unreinigkeiten in den Mutterlaugen zu concentriren
                              									und auszuscheiden, in ähnlich ausgesprochener Weise wie dieß 
                              									Tyndall beim Gefrieren des Wassers beobachtete. (John Tyndall
                              									„Das Wasser“ Leipzig, Brockhaus
                              									1873).
                           Im Jahre 1867 waren bei einer für England bestimmten Glycerinsendung des Hrn. F. A.
                              										Sarg zuerst Glycerinkrystalle beobachtet worden,
                              									indem man nämlich den ganzen Inhalt eines mit Glycerin gefüllten Fasses vollkommen
                              									fest gefroren fand. Crookes berichtete darüber in den Chemical News und schrieb die Krystallbildung der
                              									Wirkung der Kälte und dem Rütteln des Fasses auf der Eisenbahn zu.
                           Seitdem wollten Einzelne auf verschiedenem Wege Glycerinkrystalle erhalten haben,
                              									doch alle dießbezüglichen Beobachtungen fanden sich bei genauerer Untersuchung nicht
                              									bestätigt, da es immer nur das Wasser war, welches sich in Form von Eis abgeschieden
                              									hatte. So lesen wir denn noch in einem Berichte der Chemists
                                 										Association vom 13. April 1873, Folgendes: Der Präsident bezog sich auf
                              									verschiedene Experimente welche er gemacht hatte um sich zu vergewissern ob das
                              									Glycerin neben dem Wasser friere und fand, daß dieß nicht der Fall sey.
                           Indeß hat Professor Kraut in Hannover schon im Jahre 1870
                              									als Resultat mehrjähriger Laboratoriums-Studien eine Methode gefunden
                              									Glycerin in beliebigen Qualitäten und Quantitäten zu krystallisiren, und überließ
                              									dieselbe mit allen Prioritätsrechten an die HHrn. F. A. Sarg's Sohn u. Comp., welche darauf in Oesterreich, England und Rußland ein Patent erwarben,
                              									und dieselbe auch im Großen ausübten. Die Krystallisation erfolgt in Blechgefäßen,
                              									welche das Ablösen der Krystalle leicht gestatten. Diese letzteren werden in einer
                              									Centrifuge (1200 Umdrehungen, 15 Minuten Schleuderzeit) von der anhaftenden
                              									Mutterlauge befreit und nachdem sie trocken geworden sind, geschmolzen. Bei
                              									Rohglycerinen ist es nöthig nochmals zu krystallisiren.
                           Für das Ergebniß dieser Reinigungsmethode ist die Temperatur insofern maaßgebend, als
                              									bei mehr als + 2° C. die Mutterlaugen über 30 Proc. des angewandten Glycerins
                              									ausmachen. Die Rentabilität des Verfahrens kann daher durch Winter wie jener von
                              									1872 auf 1873 wohl in Frage gestellt werden.
                           Während im Jahre 1871 in der Sarg'schen Fabrik circa 500 Ctr. Glycerin durch Krystallisation gereinigt
                              									wurden, mußte man sich im letzten Winter mehr auf interessante Versuche beschränken,
                              									die allerdings zu weiteren Verbesserungen führten. Die Glycerin-Krystalle
                              									sind monoklin, absolut farblos, von vollkommen rein süßem Geschmack, sehr stark
                              									lichtbrechend und schmelzen bei 20° C. zu weißem, flüssigem Glycerin von 30
                              									1/2° Baumé, welches Wohl seiner Reinheit halber einst als
                              									Medicinal-Glycerin eine Rolle spielen dürfte.
                           
                           Es ist bis jetzt kein zweiter Körper gefunden, der so heterogene werthvolle
                              									Eigenschaften in sich vereinigte wie das Glycerin. Dasselbe fühlt sich fettig an und
                              									schließt selbst in dünnen Schichten damit bestrichene Gegenstände gegen die Luft so
                              									ab, wie Fette; dennoch ist es kein Fett und mischt sich mit Wasser und Alkohol in
                              									jedem Verhältnisse. Sein Lösungsvermögen ist ein außerordentliches und zeigen die
                              									Lösungen namentlich organischer Körper eine hohe Beständigkeit gegenüber
                              									atmosphärischen Einflüssen. Seine Neutralität wie absolute Unschädlichkeit für den
                              									Organismus, seine wasseranziehende und bindende Kraft etc. befähigen es zu den
                              									mannichfaltigsten Verwendungen, deren wichtigste im Weiteren aufgezählt werden.
                           Die wichtigste und zukunstreichste Verwendung findet das gereinigte Glycerin als Wein-Veredlungsmittel. Jeder Naturwein enthält
                              									Glycerin, welches sich bei der Gährung in dem Maaße bildet, in welchem der Most
                              									zuckerreich ist. Es liegt auf der Hand, den geringen Glyceringehalt durch Zusatz
                              									künstlich auszugleichen, doch ist derselbe für die Qualität des Weines nicht
                              									maßgebend, da er nie größer ist, als 0,9 Proc. Allein das Glycerin ist das einzig
                              									rationelle Versüßungsmittel für Weine, da ein Zusatz von Zucker stets eine Art
                              									Nachgährung hervorrufen wird, die leicht zum Verderben des Weines führt, während
                              									Glycerin nicht nur selbst nicht verändert wird, sondern noch die Ausscheidung der,
                              									für den Wem so außerordentlich gefährlichen stickstoffhaltigen Substanzen
                              									begünstigt. Die Haltbarkeit jedes Weines wird, ohne weitere Beeinflussung seiner
                              									Qualität, durch Glycerinzusatz erhöht, so daß es sich empfiehlt selbst guten Weinen
                              										pro Eimer circa 1/2
                              									Proc. chem. reines Glycerin einzumengen. Im Uebrigen gibt die Erfahrung das richtige
                              									Quantum des nöthigen Glycerins.
                           Die moderne Bierbrauerei verwendet Glycerin um den
                              									Geschmack der Biere abzurunden und deren Haltbarkeit zu erhöhen.
                           Bedeutendere Mengen Glycerin consumirt die Liqueurerzeugung und die Conditorei.
                           Als Zusatz zum Essig und Senf, in der Chocolade-Fabrication wie zur Darstellung von Conserven braucht man viel Glycerin.
                           Von besonderer Wichtigkeit ist dasselbe in der Weberei,
                                 										Spinnerei, Tuchfabrication, Färberei, Druckerei und in der Appretur von Geweben, theils als Beimengung zur Schlichte
                              									um die Schimmelbildung hintan zu halten, theils als Zusatz zu den Auflösungen der
                              									Farben, Appreturmassen und Mordants, um deren allzu rasches Trockenwerden zu verhindern,
                              									endlich zur Lösung von Gummi, Albumin, Caseïn, etc. etc., welche dadurch vor
                              									Fäulniß gesichert sind.
                           Lohgares Leder, durch einige Zeit in verdünntes Glycerin
                              									gelegt und dann getrocknet, wird nie schimmeln oder spröde werden und seine
                              									natürliche Schwere behalten. Zu Stempelfarben, Tinten und
                              										Wichsen gibt man geringe Mengen Glycerin; Schnupf- und Kautabak
                              									werden dadurch feucht erhalten.
                           Für feinere Maschinenbestandtheile, z.B. bei Schießwaffen,
                              									ist Glycerin das geeignetste Schmiermittel, da es sich nie verdickt noch ranzig wird
                              									und der Wirkung der Kälte vollkommen widersteht.
                           Diese letztere Eigenschaft macht das Glycerin als Füllung für Gasuhren geradezu
                              									unentbehrlich, da eine Mischung von 100 Theilen Wasser und 50 Theilen Glycerin (von
                              									25° Baumé) erst bei – 10° C. und eine solche von 50
                              									Theilen Wasser mit 50 Theilen Glycerin erst bei – 30° C. gefriert.
                           Wer kennt nicht das Nitroglycerin und die daraus erzeugten
                              									Spreng-Präparate Dynamit und Dualin, welche in der Sprengtechnik das Schießpulver in den Hintergrund
                              									gestellt haben; sie werden aus hochgrädigem, sehr reinem wenn auch meist tief
                              									gefärbtem Glycerin gewonnen. Der Verbrauch an Glycerin hierzu zählt nach vielen
                              									Tausenden von Centnern.
                           In Buchdruckereien wurde früher allgemein als Walzenmasse
                              									eine Composition aus gequollenem Leim und Syrup verwendet, gegenwärtig geht man
                              									davon immer mehr ab und benutzt Leim-Glycerin-Walzenmasse, deren
                              									besondere Vortheile in der langen Unveränderlichkeit, großen Elasticität und in der
                              									Möglichkeit zu suchen sind, daraus gegossene Walzen durch Wochen verwenden zu
                              									können, ohne sie reinigen zu müssen, wodurch eine nicht unbedeutende Ersparniß an
                              									Zeit, Arbeitskraft und Farbmaterial erzielt wird.
                           Welch große Rolle das Glycerin in der Cosmetic und Parfümerie spielt erhellt aus der außerordentlichen
                              									Beliebtheit der Glycerin-Toilette-Artikel, in deren vorzüglicher
                              									Herstellung die Firma F. A. Sarg's Sohn u. Comp. eines Weltrufes sich erfreut.
                           Ueber das Glycerin in der Medicin haben Davasse und Demarquay
                              									ausführliche Abhandlungen in der Wiener medicinischen Zeitung veröffentlicht.
                           Es steht zu erwarten, daß Gewerbe und Industrie in ihrer Fortentwickelung für das
                              									Glycerin noch manche Verwendung finden werden. Mögen diese Zeilen ihren
                              									Hauptzweck-, die industrielle Welt zu weiterem Studium anzuregen,
                              									erreichen.