| Titel: | Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman. | 
| Autor: | Prof. Johann Zeman [GND] | 
| Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. XXV., S. 161 | 
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                        XXV.
                        Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873;
                           								mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        (Fortsetzung von S. 95 des vorhergehenden
                           								Heftes.)
                        Zeman, Notizen aus der Wiener Weltausstellung.
                        
                     
                        
                           24. Platt's Kämmmaschine,
                              										PatentEnglische
                                    											Specification vom Jahre 1871, Nr. 1297.
                              									Little und Eastwood in
                              									Bradford. (Figur
                                 										6 bis 8.)
                           Ich habe bereits in einem früheren Berichte auf die neue Kämmmaschine hingewiesen,
                              									welche die Firma Platt Brothers in Oldham (bei
                              									Manchester) neben mehreren anderen Maschinen zur Wiener Weltausstellung gebracht
                              									hat.
                           Um die nähere Erklärung dieser sehr schönen Kämmmaschine zu erleichtern, will ich
                              									etwas auf die bekannte Lister'sche Kämmmaschine
                              									zurückgreifen, wie diese in vielen Spinnereien zur Einführung gekommen ist.
                           Von einem auf dem Boden vertical stehenden Spulengestelle gehen 4 bis 6 Bänder zum
                              									Speisekopf, bestehend aus einem Paar Riffelwalzen und der bekannten
                              									Schraubengill-Vorrichtung. Sowie beim Fortschreiten der vorderste Kammstab
                              									herabgefallen ist, kommt die Zange und nimmt die aus den Kammnadeln hervortretenden
                              									Wollhaare auf, zieht dieselben bei ihrem Rückgange aus und übergibt den Wollbart dem
                              									ihr entgegenkommenden Uebertragkamm. Letzterer dient nur dazu, die übernommene Wolle
                              									in den langsam sich umdrehenden Kammring einzulegen. Zange und Uebertragkamm bewegen
                              									sich unausgesetzt zwischen dem Speisekopf und Kammring.
                           Der Einschlagstelle diametral gegenüber werden die aus den Nadeln hervorragenden, in
                              									den Kammstäben des Gillkopfes ausgekämmten Haare von den Abziehcylindern erfaßt und
                              									als ununterbrochenes Band, dem Kammzug, abgegeben; der Kämmling dagegen wird aus den
                              									Nadeln durch Ausstoßplatten ausgehoben und durch Abführwalzen entfernt.
                           Zur Ausnützung des Kammringes hat man wie bekannt Doppelmaschinen gebaut, bei welchen
                              									zwei diametral gegenüberstehende Einschlagapparate mit je einem dazwischen liegenden
                              									Abzugsapparat erscheinen.
                           Um nun bei einer solchen Maschine ohne Eintrag für die Leistungsfähigkeit den
                              									Platzbedarf auf ein Minimum herabzubringen, denke man sich die Einschlagapparate
                              									(Spulengestelle, Gillkopf und Uebertragmechanismus) statt rechts und links vom
                              									Kammring, oberhalb desselben angeordnet, die beiden
                              									Spulengestelle horizontal, die beiden Gillköpfe, um die Höhe der Spulenwickel nicht
                              									unnöthig zu vergrößern, etwa unter einem Winkel von 60 Grad gegen einander,
                              									symmetrisch über die Mitte disponirt, statt der im Bogen hin- und hergehenden
                              									Zange und dem entgegengesetzt schwingenden Uebertragkamm eine intermittirend sich
                              									drehende Zangenwalze zwischen Gillkopf und Kammring eingeschaltet, so hat man ein
                              									treffendes Bild der neuen, von Little und Eastwood patentirten Kämmmaschine vor Augen, zumal wenn
                              									man noch hinzufügt, daß die Kammstäbe des Schraubengillapparates und die Zangenwalze
                              									nicht gerade begrenzt, sondern mit Rücksicht auf den Durchmesser des Kammringes
                              									gekrümmt hergestellt werden müssen.
                           Zur näheren Erklärung der Kämmmaschine nehme ich die Figuren 6 bis 8 zu Hülfe,
                              									welche jedoch nur das Wesentlichste in einfachen Strichen vorführen sollen.
                           Fig. 6
                              									repräsentirt den Verticalschnitt durch den Einschlagapparat I (Spulenrahmen A, Gillkopf, Zangenwalze C und Kammring D); Fig. 7 gibt die
                              									Ansicht derselben Theile. Die Fortsetzung des Schnittes hätte nur den
                              									Einschlagapparat II, freilich in einer etwas verschiedenen Bewegungsperiode zum
                              									Vorschein gebracht, da die beiden Speiseköpfe um eine halbe Bewegungsperiode von
                              									einander abweichen. Doch trägt dieß weniger zum Verständniß bei, als gerade die
                              									Nebeneinanderstellung des Schnittes und der Ansicht der Hauptorgane in Fig. 6 und 7, wobei noch
                              									die Abzugsvorrichtung II – d. i. für den Speisekopf II – angedeutet
                              									werden konnte.
                           Figur 8 stellt
                              									den Grundriß der Hauptorgane von Platt's Kämmmaschine
                              									dar.
                           Die Kämmmaschine ist, wie oben schon bemerkt wurde, doppelseitig angelegt. Verfolgen
                              									wir den Weg des Bandes in der einen Hälfte der Maschine.
                           Die Riffelwalzen B ziehen abgesetzt das breite Band vom
                              									Spulenrahmen 
                              									A ab, welches von den ruckweise sich vorwärts bewegenden
                              									Kammstäben a mitgenommen wird.
                           Sowie der vorderste Kammstab herabfällt in die untere zurückführende Schraubenreihe,
                              									steht schon die Zangenwalze C bereit mit der bisher
                              									offenen Zange c₁ den vorstehenden Wollbart zu
                              									erfassen und einzuklemmen, zu welchem Zwecke der ganze Gillkopf bis dicht an die
                              									Zangenwalze herabgerückt ist.
                           Damit das Abziehen des erfaßten Wollbartes nur durch die Nadeln der Kammstäbe unter
                              									Zurücklassung der Kämmlinge erfolge, schlägt die Bürste b in die Nadeln ein und bleibt die Zangenwalze mit geschlossener Zange c₁ eine Zeitlang stehen, während der ganze
                              									Gillkopf mit den Zuführcylindern etc. auf der geneigten Führungsbahn E aufsteigt. Um die langen Wollhaare vollends aus den
                              									Kammstäben auszuziehen, kommt das Abstreichmesser d, von
                              									links nach rechts schwingend, zu Hülfe.
                           Ist dieß geschehen, so wird die Zangenwalze C um 1/6 Tour
                              									vorwärts gedreht, der Gillkopf wieder herabgerückt und hierbei eine kleine Drehung
                              									der Einziehwalzen B, entsprechend der außerdem
                              									stattfindenden Vorwärtsdrehung der Kammstäbe um eine Stabbreite, veranlaßt. Der
                              									vorderste Stab kommt am Ende der Führungsschrauben an, fällt herab, der hierdurch
                              									freiwerdende Wollbart wird von der unterdessen eingetroffenen Zange c₂ erfaßt und das Spiel setzt sich wie vorher
                              									weiter.
                           Nach 2/6 Umdrehung ist der Wollbart mit der Zange c₁ zum Kammring D gekommen und in dessen
                              									Nadeln, unmittelbar anschließend an den vorhergegangenen Wollbart, mittelst der
                              									auf- und niedersteigenden Bürste e eingeschlagen
                              									worden, so daß die ausgekämmten Wollhaare nach Außen, die Kämmlinge nach Innen
                              									liegen.
                           Die Zange c₁ wurde im Momente des Auflegens
                              									geöffnet und bleibt in diesem Zustand, bis sie nach fernerer 4/6 Umdrehung wieder
                              									beim Speisekopf anlangt, den Abzug und die Uebertragung eines späteren Wollbartes
                              									wie früher bewerkstelligt.
                           Die im Kammring eingeschlagene Wolle wird ununterbrochen zum Abzug zugeführt, durch
                              									das endlose Band f, die sich drehende Flügelwalze g (Fig. 8) glattgestrichen
                              									und endlich durch vertical gestellte kleine Riffelcylinder h als endloses Band abgezogen und durch den rotirenden Trichter i an den Wickelapparat E
                              									abgegeben. Der Kämmling wird etwas später durch zwischen den Nadeln eingeschobene
                              									schiefe Platten ausgestoßen und durch ein Paar Wälzchen k nach der Kanne F entfernt.
                           Zwischen Abgabecylinder h und dem rotirenden Trichter i ist eine selbstthätige
                                 										Abstellvorrichtung
                              									l für den Fall des Bruches des Zugbandes
                              									eingeschaltet.
                           
                           Was nun die Bewegungen der Maschine betrifft, so gehen dieselben alle von der
                              									Hauptwelle M aus. M betreibt
                              									durch Kegelräder die unter einem rechten Winkel durch die Mitte laufende Welle N, von welcher Stirnräder nach beiden Seiten die Drehung
                              									auf die Welle O übertragen.
                           Von der Welle O wird abgeleitet:
                           Der Auf- und Niedergang des Gillkopfes auf der
                              									Führungsbahn E. (Stufenscheibe m, Winkelhebel no, welcher um die feste
                              									Achse P schwingt und durch die Lenkstange p mit der Grundplatte des Speisekopfes verbunden ist;
                              									das Gegengewicht zur Ausbalancirung ist nicht angedeutet.) Hierbei wird durch Hebel
                              									und festen Anschlagstift die Einschlagbürste
                              									b der Kammstäbe in Gang
                              									gesetzt.
                           Die schwingende Bewegung des Abstreichmessersd. (Stufenscheibe q; Arm r; an dem auf der anderen Seite von d angebrachten Arm zieht eine Spiralfeder für den
                              									Rückgang.)
                           Die ruckweise eintretende Drehung der ZangenwalzeC, das abwechselnde Oeffnen und Schließen der einzelnen
                              									Zangen. (Kurbel o an der Welle O, Hebel t, u; Sperrklinke und Sperrrad v, welch' letzteres ein Stück mit der frei um deren
                              									Achse sich drehenden Zangenwalze bildet. Die Rückdrehung ist durch eine Gegenklinke
                              									verhindert.
                           Das Oeffnen und Schließen der Zangen wird durch die an den beweglichen Backen
                              									angebrachten Rollen in Verbindung mit der auf der Walzenachse aufgekeilten
                              									Stufenrolle w erzielt, welche mit der Achse durch den
                              									Hebel u in Oscillation gesetzt wird.)
                           Die Drehung des Kammringes und der Abzugcylinder. (Der
                              									Kammring D ist mit einem inneren Zahnkranz versehen,
                              									welcher von O durch stehende Welle und Getriebe gedreht
                              									wird und durch verticale Spindeln und Getriebe mit den Abzugscylindern h, l in Verbindung gebracht ist.)
                           Die Bewegung der Einschlagbürsteefür den Kammring. (Stufenscheibe auf der Welle O und Hebelübersetzung.)
                           Die Drehung der endlosen Streichbänder f. (Durch Riemen,
                              									Kegelrädchen etc.)
                           Hinsichtlich der Speisung ist noch Näheres zu
                              									bemerken.
                           Die abgesetzte Drehung der Zuführcylinder B und die
                              									gleichzeitig stattfindende Vorwärtsdrehung der Kammstäbe erfolgt nur beim
                              									Herabgleiten des ganzen Speisekopfes. Es dreht sich zwar beim Auf- und
                              									Niedergang das in eine am Gestelle feste Zahnstange 1 eingreifende Rad 2 hin und
                              									her; doch überträgt dasselbe seine Drehung auf die Achse 3 vermittelst des
                              									Sperrradmechanismus 4 nur beim Herabgleiten des Speiseapparates. Wenn aber hierbei die Achse 3
                              									vermittelst der Kegelrädchen 5 die Gillschrauben dreht, die Kammstäbe um eine
                              									Stabbreite vorwärts verschiebt, so erhält zugleich der Speisecylinder B vermöge des an seiner Achse sitzenden und in die
                              									Schraube eingreifenden Schneckenrädchens 6 die Drehung, um genau eine der Stabdicke
                              									entsprechende Bandlänge einzuführen.
                           Bei Aenderungen in der Speisung müssen daher dünnere oder dickere Kammstäbe und dem
                              									entsprechende Führungsschrauben eingesetzt werden.
                           Die Ausstellungsmaschine ist zum Kämmen von Wollen mit 1 bis 6 ZollDie Maaße sind englische. Stapel bestimmt; sie arbeitet mit 36 bis 40 Doppelhüben pro Minute. Der Kammring hat 5 Fuß Durchmesser und ist
                              									mit 3 Reihen Nadeln besetzt. Die von der Schraubenstrecke vorgelegten Wickel haben
                              									13 Zoll Breite. Der Speisekopf enthält 18 Kammstäbe, 13 oben, 5 unten. Die
                              									Wickelballen mit Kammzug erhalten 8 1/2 Zoll Breite und bis 15 Zoll Durchmesser.
                           Das vorliegende System wurde wesentlich mit Rücksicht auf kürzere und klettenreiche
                              									Wollen construirt z.B. für Buenos-Ayres und Montevideo Wollen. Die
                              									Leistungsfähigkeit in 10 Stunden wird angegeben mit
                           
                              
                                 120 Pfund
                                 Zug für
                                 1 –   2 zöll.
                                 La Plata-Wolle
                                 
                              
                                 200    „
                                   „    „
                                 3 –   4   „
                                 australische Wolle
                                 
                              
                                 300    „
                                   „    „
                                 5 –   6   „
                                 englische Wolle
                                 
                              
                                 600    „
                                   „    „
                                 6 – 12   „
                                       
                                    											„        
                                    											„
                                 
                              
                           Zur Bedienung ist ein Mädchen für zwei Maschinen erforderlich; an Triebkraft 3/4 bis
                              									1 Pferdestärke pro Maschine. Der Preis der beschriebenen
                              									Kämmmaschine wurde mit circa 315 Pfd. Sterling
                              									angegeben.
                           Diese Kämmmaschine scheint einem fühlbaren Bedürfniß entgegengekommen zu seyn, indem
                              									nach Ingangsetzung der ersten Maschinen zwei Kämmereien mit denselben ausgerüstet
                              									wurden: Carette und Elsen in
                              									Antwerpen und die Wollwäscherei und Kämmerei Döhren bei
                              									Hannover, beide für La Plata-Wollen.
                           
                        
                           25. Schafwoll-Spinnmaschine von
                                 										John Avery in Worcester (Amerika). (Figur 9 bis 11.)
                           Wie die in der amerikanischen Abtheilung der Maschinenhalle aufgestellte
                              									Schafwoll-Watermaschine von John Avery beweist,
                              									hat man auch jenseits des Oceans der Construction einer continuirlich spinnenden
                              									Maschine für Schafwolle eine besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Vorzugsweise ist
                              									es das Streckwerk, welches die Constructeure beschäftigt hat, obwohl auch an der
                              									vorliegenden Spinnmaschine eine bei uns weniger bekannt gewordene, modificirte
                              									Ringspindel zur Anwendung gebracht ist.
                           Wie bei den neueren Schafwoll-Spinnmaschinen hat der Faden im Streckwerk eine
                              									bedeutende Länge, um eine Ausgleichung der Ungleichförmigkeiten im Vorgespinnst zu
                              									befördern. Auch das Röhrchen zur falschen Drahtgebung während des Verzuges fehlt
                              									nicht, ist aber ebenso wie die Auflagerung der Oberwalzen bei den vorderen
                              									Streckcylindern in abweichender, ganz vortrefflicher Weise angeordnet, wodurch eine
                              									wesentliche Erleichterung in der Bedienung der Maschine erreicht wurde.
                           Wesentliche Abweichung von allen bekannten zeigt der Einzug des Vorgespinnstes. Derselbe findet nicht durch Walzen und nicht
                              									ununterbrochen statt, sondern um den Wagenzug bei der Mule nachzuahmen, abgesetzt in
                              									längeren Fadenstücken auf einmal, welche nach der Ausgabe successive gegen die
                              									vorderen Streckwalzen vorwärtsschreiten und durch deren größere Geschwindigkeit den
                              									verlangten Verzug erfahren.
                           Indem der Verzug und die (falsche) Drahtgebung jedesmal auf längere Fadenstrecken
                              									vertheilt wird, eröffnet sich die Möglichkeit, die Ausgleichung der unegalen Stellen
                              									– analog wie bei Mule – zu erzielen.
                           Da die vorderen Streckwalzen in festen Lagern continuirlich sich drehen, so muß der
                              									Einzugsapparat bei seiner abgesetzten Drehung eine fortschreitende Bewegung des
                              									Vorgespinnstes zulassen; zugleich muß auch Vorkehrung getroffen seyn, das dem
                              									Streckwerk übergebene Fadenstück bis zu dessen vollendeter Verziehung von dem
                              									unterdessen vom Spulenwickel abgenommenen frischen Fadenstück getrennt zu
                              									halten.
                           So schön der Grundgedanke des Streckwerkes sonst zu nennen ist, der vorliegende
                              									Einzugsapparat erfüllt – meiner Ansicht nach – nur unvollkommen seine
                              									Aufgabe, bietet sogar in Folge des Festklemmens des Vorgespinnstes bei gleichzeitig
                              									statthabender Drehung des Einzugwerkes, Anlaß zu neuen Ungleichheiten im Faden.
                           Unbestritten hat dagegen die Disposition des Röhrchens und der Oberwalzen der
                              									vorderen Streckcylinder große Vorzüge, welche zweifels- ohne auch bald auf
                              									andere Drosselmaschinen und Zwirnmaschinen ausgedehnt werden.
                           Das Röhrchen ist sehr weit und erhält seine Drehung durch Auflage auf zwei eisernen
                              									Rollen, welche durch Schnüre in Bewegung kommen. An dem Röhrchen ist vorn, bei dem
                              									verengten Auslauf ein Ω artig endender Draht
                              									angebracht, um welchen der Faden geschlungen und von welchem derselbe unmittelbar
                              									zwischen die Streckwalzen eingeleitet wird.
                           
                           In der Mantelfläche des Röhrchens ist ein Schlitz eingearbeitet. Hebt man daher das
                              									Röhrchen von den Unterlagsrollen ab, so kann man ohne
                                 										Zuhülfenahme eines Hakens den Faden in einfachster Weise in das Röhrchen
                              									einbringen.
                           Bei einem Fadenbruch zieht man den Faden von der Spindel bis zum Vorfaden im
                              									Streckwerk und knüpft an, hebt das Röhrchen, läßt den Faden durch den schrägen
                              									Schlitz eintreten, schlingt sodann durch eine eigenthümliche Bewegung den Faden um
                              									den Drahthaken am Röhrchen und legt dieses ruhig auf die Frictionsrollen hin.
                           Nachdem die Oberwalzen hängend aufgelagert sind, kehrt der
                              									Faden ohne die Oberwalze rühren zu müssen, sofort an
                              									seine Stelle zwischen die Streckcylinder, wornach also die Arbeit bei vorkommenden
                              									Fadenbrüchen höchst einfach besorgt werden kann.
                           Nach dieser Vorbereitung kommen wir zu den Figuren 9 bis 11; Figur 9 gibt
                              									den Querschnitt der wesentlichsten Organe der Avery'schen
                              									Spinnmaschine; Figur 10 und 11 geben Schnitt und
                              									Ansicht der Lagerung der Oberwalzen.
                           Das Vorgespinnst kommt von den Spulen A zur Maschine,
                              									indem es hierbei durch die Einziehtrommel B und Klemme
                              										B' geleitet ist. B
                              									besteht aus zwischen je zwei Bändchen auf der Welle aufgekeilten 5 armigen
                              									Radsternen, welche vermittelst glatter Drähte an den äußeren Enden der Arme
                              									zusammengehalten werden. An den beiden äußersten Armsternen hängen an kurzen
                              									Stängelchen Holzleisten a₁, a₂ u.s.f., welche bei Drehung der Einziehachse
                              									über das Curvenstück b aufsteigen, um das vom
                              									Spulenwickel abgezogene Vorgespinnst ausgespannt zu erhalten, weiter aber auch für
                              									die Einlage zwischen Einziehdrähte und Klemmarme vorzubereiten.
                           Oberhalb der Einziehtrommel B bewegt sich in einem bei
                              										c drehbar angebrachten Rahmen die 4 armige Klemme
                              										B', welche in Folge des Eingriffes in einen der
                              									Drähte von B bei der Drehung mitgenommen wird und dabei
                              									die Aufgabe erfüllt, den Faden von der Einzugsstelle n
                              									an zu halten bis in die Position m, damit der Verzug,
                              									der Röhrchendraht nicht weiter nach rückwärts sich erstrecke, bevor die neue
                              									Fadenlieferung eintritt.
                           Die Klemme B' ist für je zwei Bändchen eingerichtet, d.h.
                              									zwischen je zwei Radsternen der Einziehtrommel liegt eine Klemme.
                           Die Bewegung der Einziehtrommel ist eine abgesetzt drehende, indem das Getriebe d, welches von der vorderen Streckwalze angetrieben
                              									wird, in einem Gehänge e eingelagert ist, welches durch
                              									eine nicht ersichtlich gemachte Stufenscheibe auf- und abwärtsschwingt. Von
                              									der Einziehtrommel geht die Bewegung durch Zahnräder zur Abwickelwalze bei A.
                           
                           In der gezeichneten Stellung der Theile ist der Proceß des Verzuges des zuletzt
                              									gelieferten Fadenstückes bis zur Hälfte etwa verlaufen. Der Verzug endet, wenn der
                              									vertical gezeichnete Arm in die punktirte Stellung m
                              									gelangt. Hier wird alsdann das durch die Leiste a₁ abgezogene frische Fadenstück, da a₁ vom Curvenstück b herabfällt, zwischen
                              										m und n ausgelegt. Das
                              									Einklemmen des Bändchens hört bei m auf, tritt aber
                              									dafür sofort bei n ein, damit der Verzug etc. nur auf
                              									das Fadenstück mn sich geltend mache. Dieses
                              									Fadenstück rückt nun allmählich bei der Drehung der Einziehtrommel vorwärts;
                              									rascher, jedoch dem statthabenden Verzug gemäß, laufen die Streckwalzen und geben
                              									das verzogene Bändchen an die Spindel E, zur Drehung und
                              									Aufwindung zugleich.
                           Was die von Potter, wenn ich richtig unterrichtet worden
                              									bin, im Jahre 1867 in Amerika patentirte Verbesserung an der Ringspindel betrifft,
                              									so ist die bekannte, auf dem Ring laufende Oese (Läufer) durch einen in der Mitte
                              									schwach gebogenen Draht ersetzt, welcher mit seinen beiden Enden in einer
                              									kreisförmigen Nuth des Ringes umläuft. Der Faden ist, bevor er zur Spindel gelangt,
                              									um diesen Draht herumgelegt und wirkt analog dem Läufer.
                           Die Disposition des Röhrchens v und die Lagerung der
                              									Druckwalzen des vorderen Streckwalzenpaares D ist
                              									endlich aus Figur
                                 										10 und 11 ohne Weiteres zu entnehmen. w bezeichnet
                              									die Mitnehmwalzen für das Röhrchen.
                           
                        
                           26. Ducommun's expansibler Schlichtstahl
                                 										für Ausbohrmaschinen. (Figur 12.)
                           Die von der Firma Heilmann-Ducommun und Steinlein ausgestellten Werkzeugmaschinen aller Art
                              									nehmen unstreitig eine hervorragende Stellung in der Maschinenhalle ein, sowohl vom
                              									Standpunkt der zweckmäßigen Construction als auch der sorgfältigen und gefälligen
                              									Ausführung.
                           Der dießmal noch übrige Raum auf der Figurentafel gestattet nur auf ein kleines, aber
                              									sinnreich ausgeführtes Werkzeug, einen expansiblen Stahl für Ausbohrmaschinen näher
                              									hinzuweisen.
                           Um nämlich cylindrische Löcher mit aller Genauigkeit und Reinheit, ohne Zuhülfenahme
                              									von Reibahlen etc. auszubohren, den Arbeitsstahl nach erfolgter Abnützung, beim
                              									Schleifen stets auf das genaue Maaß rasch und ohne Zwischenmanipulation (Erhitzen
                              									und Ausrecken u.s.w.) zu bringen, hat man das Werkzeug aus zwei durch
                              									Schwalbenschwanzführung aufs Exacteste verbundene Stücke a und b zusammengesetzt, deren Schneidkanten jederzeit,
                              									ganz nach Bedarf durch den vorzuschiebenden Keil c auf's
                              									Maaß eingestellt werden können.
                           Mit diesen expansiblen Stählen nimmt man nur den letzten Span, daher dieselben eine
                              									lange Dauer behalten und durch die Einfachheit in der Behandlung reichlich die
                              									Mehrkosten einbringen.
                           Es kosten:
                           
                              
                                   6 Stück Ausbohrstähle für 20 Millim. starke
                                    											Bohrspindeln für
                                 
                                 
                                 
                              
                                         23 bis 35
                                    											Millimeter BohrweiteDas
                                          													Intervall beträgt 2 oder 3 Millimeter. Die Dicke der Stähle geht von
                                          													6 bis 10,5 Millimeter.
                                   9 Thlr.
                                   6 Sgr.
                                 
                              
                                   7 Stück
                                 für 28 Millimet.
                                 Bohrsp. und
                                 30–  45 Millimet. Bohrw.
                                 14   „
                                 28   „
                                 
                              
                                   8    „
                                  „   30    
                                    											„
                                     „        „
                                 32–  50      „            „
                                 17   „
                                 20   „
                                 
                              
                                 10    „
                                  „   35    
                                    											„
                                     „        „
                                 37–  60      „            „
                                 27   „
                                 14   „
                                 
                              
                                 10    „
                                  „   40    
                                    											„
                                     „        „
                                 45–  75      „            „
                                 31   „
                                 22   „
                                 
                              
                                 11    „
                                  „   50    
                                    											„
                                     „        „
                                 55–100      „            „
                                 43   „
                                   3   „
                                 
                              
                           Die nähere Einrichtung dieser Ausbohrstähle ist ohne Weiteres aus Figur 12 zu
                              									entnehmen.
                           
                        
                           27. Oldfield's Fachbildung für
                                 										Gewebeleisten – selvedge motion.
                              									– (Figur
                                 										13 und 14.)
                           Wenn auf einem Webstuhl mehrere Breiten nebeneinander erzeugt werden sollen, dann
                              									erhalten die einzelnen Streifen an der Verbindungsstelle, welche nachträglich erst
                              									aufgeschnitten wird, festere Leisten dadurch, daß man diese mit gekreuzter Kette
                              									webt. Es werden die Kettenfäden an den Rändern der Gewebstreifen nicht wie
                              									gewöhnlich in's Fach genommen, sondern durch eine vom Gazegewebe her bekannte
                              									Litzenanordnung.
                           Neben den renommirten Webstühlen der Firma G. Hogdson in
                              									Bradford hat der Monteur und Vertreter dieses Hauses J. Oldfield einen kleinen netten Apparat ausgestellt, welcher die Bindung der
                              									Leistenkette bei mehrbreitiger Waare nicht mit gekreuzten, sondern mit
                              									ununterbrochen in einem Sinne sich herumdrehenden
                              									Kettenfäden erzielt.
                           Es findet thatsächlich ein Zwirnen je zweier zusammengehörigen Kettenfäden statt;
                              									doch liegen zwischen den einzelnen Drehungen die Schußfäden, welche dergestalt
                              									fester umschlungen die Leiste sicherer zusammenhalten sollen.
                           Um die angedeutete Bindung zu erreichen, sind die Leistenkettenfäden auf kleinen
                              									Röllchen a, b und a'b'
                              										(Figur 13
                              									und 14,
                              									Ansicht und Grundriß des Oldfield'schen Apparates)
                              									aufgewunden und in dem rotirenden Ring c drehbar auf
                              									zwei Spindeln aufgesteckt.
                           Von der Kurbelwelle aus soll der Ring c gedreht werden.
                              									Hierbei wird einmal der
                              									Faden a, dann der Faden b
                              									in's Oberfach gelangen, während vorn vor dem Rietblatt d
                              									nach jeder halben Drehung des zusammengehörigen Kettenpaares das Einlegen des
                              									Schusses stattfindet.
                           Nach Maaßgabe der Aufwickelung der gewebten Waare erfolgt die Abwickelung der Fäden
                              									im Ring c. Nur muß in irgend einer Weise vorgesorgt
                              									werden, daß die Fäden stets gespannt bleiben und nicht beim Wechseln des Abstandes
                              									der Spulen von der Fachspitze schlaff in's offene Fach hereinhängen.
                           Aus diesem Grunde sitzt die Spule a (beziehungsweise a') fest, die andere aber lose auf der Spindel, von
                              									welcher die zweite Spule b nur vermöge der Wirkung der
                              									Spiralfeder mitgenommen wird. Die Feder drückt die lose Spule gegen den quer unten
                              									durch die Spindel durchgesteckten Stift. (Nebenbei bemerkt, muß dieser Stift nach
                              									Herausnehmen des Messingringes c aus dem herumgelegten
                              									eisernen Scharnierband entfernt werden, um die Spindel behufs Austauschens der
                              									Spulen zugänglich zu machen.)
                           Beide auf derselben Spindel sitzende Spulen sind nach entgegengesetzter Richtung aufgewunden. Was daher von der einen Spule
                              									abgewickelt wird, sucht die andere aufzuwickeln. Es bleibt also die Fadenspannung
                              									erhalten unbeschadet des Abzuges beider Fäden nach Maaßgabe der Aufwindung des
                              									gewebten Zeuges.
                           Um die Stoffe gleich auf dem Stuhle zu trennen, ist bei e
                              									ein kleines von der Kurbelwelle anzutreibendes Schneidrädchen bemerkt.Berichtigung. Im vorhergehenden
                                    											Ausstellungsbericht (erstes Augustheft 1873) lese man Seite 89 und 90 den
                                    											Namen des Erfinders und Ausstellers des besprochenen Opener mit verticaler conischer Trommel zur Oeffnung und Reinigung
                                    											geringer wie guter Baumwollsorten, „Crighton“, „Crighton und Comp.“,
                                    											statt „Brighton.“
                                    										
                              								
                           
                        
                     
                  
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