| Titel: | Die Wiedergewinnung des Silbers aus Cyansilber-Bädern; von Dr. Graeger. | 
| Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. XXXIII., S. 201 | 
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                        XXXIII.
                        Die Wiedergewinnung des Silbers aus
                           								Cyansilber-Bädern; von Dr. Graeger.
                        Graeger, über Wiedergewinnung des Silbers aus
                           								Cyansilber-Bädern.
                        
                     
                        
                           Bekanntlich existiren für den obigen Zweck mehrere Methoden; ohne auf eine nähere
                              									Besprechung hier einzugehen, mag erwähnt seyn, daß, wie auch Andere gefunden haben,
                              									keine derselben, weder in Beziehung auf leichte Ausführbarkeit der Operationen, noch
                              									in Beziehung auf die Wiedergewinnung des sämmtlichen in diesen Bädern enthaltenen
                              									Silbers zufriedenstellende Resultate liefert. Ebenso verhält es sich mit dem
                              									kürzlich von Ney vorgeschlagenen Verfahren, wornach das
                              									Silber durch Salzsäure als Chlorsilber abgeschieden werden soll. Die Abscheidung des
                              									Silbers ist weder eine vollständige, noch ist die weitere Behandlung des
                              									Niederschlages eine einfache, und abgesehen davon, daß der Proceß von einer starken
                              									Blausäureentwickelung begleitet ist, wenn auch nicht geradezu lebensgefährlich, doch
                              									für viele Personen im höchsten Grade unangenehm.
                           Der Zufall hat mich ein Verfahren auffinden lassen, welches auf die leichteste und
                              									einfachste Weise alles Silber wiedergewinnen läßt, und auch von jedem Nichtchemiker
                              									leicht ausgeführt werden kann. Dasselbe stützt sich auf die von mir gemachte
                              									Wahrnehmung, daß Cyansilber aus Lösungen, die kein freies
                                 										Cyanalkalimetall (Cyankalium oder Natrium) enthalten, durch Traubenzucker
                              										vollständig zu metallischem Silber reducirt wird.
                           Bewirkt man die Zerstörung, beziehentlich Umbildung des Cyankaliums durch Hinzufügen
                              									einer angemessenen Menge aufgelösten Eisenvitrioles in Ferrocyankalium, so tritt
                              									eben in der alkalisch gemachten Flüssigkeit auf Zusatz von Traubenzucker die
                              									Reduction des Silbers ein.
                           Bei Ausführung der Methode würde man das unbrauchbar gewordene und durch Absetzen
                              									geklärte Silberbad in einem großen eisernen Kessel erwärmen, dasselbe nach und nach
                              									mit so viel Eisenvitriol versetzen, bis ein schwacher, beim Umrühren nicht wieder
                              									verschwindender Niederschlag (Eisenoxyd) entsteht, dann zum Sieden erhitzen, wenn
                              									nöthig durch
                              									Kali- oder Natronlauge stark alkalisch machen, und nach und nach soviel von
                              									einer Traubenzuckerlösung hinzugeben, bis die Flüssigkeit eine bräunlichgelbe
                              									Färbung angenommen hat. Nun läßt man das Feuer abgehen, die Flüssigkeit sich klären,
                              									zieht diese, nachdem sie sich geklärt hat, mit einem Heber ab, bringt das am Boden
                              									abgelagerte, mit Eisenoxyd u.s.w. gemengte Silber auf ein Filter, wäscht aus,
                              									trocknet, glüht, und behandelt den Rückstand mit Salpetersäure, die das Silber löst
                              									und das Eisenoxyd größtentheils zurückläßt. Alles Silber des Silberbades findet sich
                              									bis auf die letzte Spur in der Salpetersäure gelöst.
                           Bei einem Versuche, um festzustellen, ob unter den gegebenen Verhältnissen auch
                              									wirklich alles Silber wiedererhalten werde, wurden 0,85 Grm. salpetersaures
                              									Silberoxyd in 1300 Kubikcentimeter destillirten Wassers gelöst, mit Chlornatrium,
                              									Kupfer- und Zinkvitriol, Aetznatron, kohlensaurem Natron und mit soviel
                              									Cyankalium versetzt, bis eine völlig klare Lösung entstand. Der dritte Theil hiervon
                              									erhielt einen angemessenen Zusatz von Eisenvitriol, wurde dann zum Sieden gebracht
                              									und mit Traubenzucker versetzt. Der so erhaltene Niederschlag, wie oben behandelt,
                              									gab mit Chlornatrium titrirt 0,238 Grm. salpetersaures Silber, und 3mal genommen,
                              									0,714 Grm., statt der angewandten 0,85 Grm. = 84 Proc.; ein zweiter Versuch gab 94,5
                              									Proc.
                           Diese Ergebnisse müssen wohl als sehr günstige angesehen werden, besonders wenn man
                              									berücksichtigt, daß es sich um eine Flüssigkeit handelte, die noch nicht einmal
                              									4/10000 Silber enthielt.
                           Als eine auffallende Erscheinung muß es noch bezeichnet werden, daß unter den
                              									angeführten Umständen von dem absichtlich zugesetzten Kupfer auch nicht eine Spur
                              									durch den Traubenzucker reducirt wurde. (Böttger'spolytechnisches Notizblatt, 1873, Nr. 14.)