| Titel: | Ueber Portland-Cement aus dolomitischem Kalk; von Dr. L. Erdmenger. | 
| Autor: | L. Erdmenger | 
| Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. LI., S. 286 | 
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                        LI.
                        Ueber Portland-Cement aus dolomitischem
                           								Kalk; von Dr. L. Erdmenger.
                        Erdmenger, über Portland-Cement aus dolomitischem
                           								Kalk.
                        
                     
                        
                           Die Frage, ob mit magnesiahaltigen Kalken tauglicher Portlandcement sich erzeugen
                              									lasse, ist mehrfach Gegenstand der Erörterung gewesen. Im Allgemeinen haben wohl die
                              									Ansichten, wenigstens bei Vorhandenseyn von erheblicheren Mengen von Magnesia, sich
                              									in verneinendem Sinne ausgesprochen. Es dürften daher einige Mittheilungen über
                              									Versuche von Interesse seyn, welche die Erzielung von Portlandcement aus Kalken
                              									bezweckten, die Magnesia reichlich enthielten (aus Dolomitzechstein.)
                           Es wurde zunächst aus diesen Kalken – in Ermangelung theoretischer
                              									Anhaltspunkte zur Berechnung des nöthigen Thonzusatzes – durch auf dem Wege
                              									des Probirens zugefügte Thonzuschläge Portlandcement dargestellt, der dem Aussehen
                              									und der zunehmenden Festigkeit der erhärtenden Proben nach ein befriedigendes
                              									Ergebniß zu versprechen schien. Es waren nun im Hinblick auf die reichlich
                              									vorhandene Magnesia noch weitere Versuche geboten, um zu erfahren, ob eine und
                              									welche Beziehung zwischen dem Quantum des Thonzuschlages und der Zusammensetzung des
                              									Kalkes stattfinde, und welchen Rang ein aus solchem Material erzeugter
                              									Portlandcement gewöhnlichem Kalkportlandcement gegenüber einnehme. Früheren
                              									Untersuchungen bezüglich dieses Gegenstandes gegenüber führten die vorliegenden
                              									Versuche zu günstigeren, von früheren Versuchen überhaupt abweichenden
                              									Resultaten.
                           Es wurden 3 Schichten Zechsteinkalk zu den Versuchen verwandt. Die Analysen derselben
                              									stellen sich nach den wesentlichen Bestandtheilen wie folgt:
                           
                              
                                  
                                 Schicht a
                                 Schicht b
                                 Schicht c
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 40,4
                                 44,0
                                 46,1
                                 
                              
                                 Kalk
                                 33,0
                                 31,5
                                 30,7
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 13,1
                                 17,5
                                 19,5
                                 
                              
                                 Thonerde (+ Eisenoxyd)
                                   5,0
                                   1,2
                                   1,8
                                 
                              
                                 Kieselsäure (+ Unlösliches)
                                   7,5
                                   5,0
                                   2,6
                                 
                              
                                  
                                 –––––––
                                 ––––––––
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 Summe der kohlensauren Salze
                                 86,5
                                 93,0
                                 96,3
                                 
                              
                           Der zur Verwendung hinreichend getrocknete Thon bestand im Wesentlichen aus:
                           
                              
                                 Kieselsäure (+ Unzersetzbares)
                                 55,4
                                 
                              
                                 Thonerde (+ wenig Eisenoxyd)
                                 34,5
                                 
                              
                                 Wasser
                                 9,5
                                 
                              
                           
                           Der Cement, welcher aus den Zusammenmischungen von Kalk und Thon – nach den
                              									erforderlichen, zunächst empirisch gefundenen Verhältnissen – resultirt, hat
                              									je nach den verschiedenen Kalksorten im Wesentlichen folgende Zusammensetzung:
                           
                              
                                  
                                 Cement aus Schicht a
                                 Schicht b
                                 Schicht c
                                 
                              
                                 Kalk
                                 52,4
                                 49,0
                                 47,5
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 20,6
                                 27,2
                                 30,1
                                 
                              
                                 Thonerde (+ Eisenoxyd)
                                 10,9
                                   7,1
                                   8,8
                                 
                              
                                 Kieselsäure (+ Unlösliches)
                                 16,7
                                 16,5
                                 13,4
                                 
                              
                           Der in den angeführten Zusammensetzungen erhaltene, – ganz wie gewöhnlicher
                              									Portlandcement bei annähernd Weißgluth (kleiner Schachtofen mit Kohks) erbrannte
                              									– Cement unterscheidet sich in der Farbe der festen erbrannten Stücke und des
                              									Pulvers wenig von anderen Portlandcementen. Das spec. Gewicht des Pulvers stellt
                              									sich zu 2,9–3,2. Vergleichende Versuche mit anderen Portlandcementen ergaben
                              									für dieselben folgende spec. Gewichte:
                           
                              
                                 Nr. 1)
                                 eine englische Marke
                                 2,6
                                 
                              
                                 Nr. 2)
                                 eine deutsche Marke
                                 2,7
                                 
                              
                                 Nr. 3)
                                 eine deutsche renommirte Marke
                                 2,8–3,1
                                 
                              
                           40 Grm. Kalkmagnesiacement, mit 20 Grm. Wasser angemacht, bewirkten eine
                              									Temperaturerhöhung
                           
                              
                                 von 1–2 1/2° C. In derselben Weise geprüft
                                    											zeigte
                                  
                                 
                              
                                 obige renommirte Marke
                                 Nr. 3
                                 eine
                                 Temperaturerhöhung
                                 um
                                 0–1 1/2° C.
                                 
                              
                                 eine englische gute Marke
                                 Nr. 4
                                 „
                                 „
                                 „
                                 0–   1/2° C.
                                 
                              
                                 eine böhmische Marke
                                 Nr. 5
                                 „
                                 „
                                 „
                                 1–3° C.
                                 
                              
                           Von 16, in dünnwandigen Reagenzgläschen eingeschlossenen Proben Kalkmagnesiacements
                              									sprangen innerhalb 14 Wochen 11 Gläschen nicht. Von den übrigen fünfen sprangen:
                           
                              
                                 1 Gläschen
                                 nach
                                   5 Tagen
                                 
                              
                                 1      „
                                    „
                                 17    „
                                 
                              
                                 1      „
                                    „
                                 34    „
                                 
                              
                                 2      „
                                    „
                                 50    „
                                 
                              
                           Zur Vergleichung wurde von den obigen letzten drei Nummern (3,4 und 5) fremder
                              									Cemente – doch je nur 1 Reagenzgläschen – gefüllt.
                           
                              
                                 Nr. 3 sprengte
                                 das Gläschen
                                 nach
                                      14 Tagen
                                 
                                 
                              
                                 Nr. 4    „
                                 „        
                                    											„
                                 „
                                 30    „
                                 (mit wenig Energie)
                                 
                              
                                 Nr. 5    „
                                 „        
                                    											„
                                 „
                                 16    „
                                 
                                 
                              
                           Uebrigens konnte man bei allen diesen Proben das constatirte Treiben nur durch so
                              									empfindliche Prüfung erkennen, wie dünnwandige Reagenzgläschen sie gestatten. Gegossene Proben zeigten in
                              									ihrem äußeren Ansehen ein Blättern oder Treiben noch nicht.
                           Eine Anzahl prismatischer Gußproben Kalkmagnesiacements wurde auf relative Festigkeit
                              									geprüft (man s. Michaelis
                              									Die hydraulischen Mörtel, insbesondere der
                                    											Portland-Cement, in chemisch-technischer Beziehung, für
                                    											Fabrikanten, Bautechniker etc.; von Dr. W. Michaelis. Leipzig, Verlag von Quandt und Händel,
                                    											1869. S. 244 u. 245, Fig. 37 u. 38), und aus der Bruchfestigkeit wurde die
                              									absolute Festigkeit berechnet nach der Formel Pl = Wk, wo W = bh²/α
                              									und hier α = 2,55 ist,Die eigentliche Formel für das Biegungs- resp. Bruchmoment für einen
                                    											rechtwinkeligen Balken ist bekanntlich: Pl = Wk, und da W =
                                    												bh²/6, so ist Pl = k (bh)²/6.Pl ist das statische Moment.k ist die absolute Festigkeit für eine Faser vom
                                    											Querschnitt 1 im Abstand 1/2 h von der
                                    											Neutralachse.b und h sind Breite
                                    											und Höhe des Querschnittes.Die Formel W = bh²/6 gilt nur für Eisen, ist wenigstens allein aus dessen
                                    											Festigkeitsergebnissen hergeleitet. Für jedes andere Material wird eventuell
                                    											statt 6 eine andere Ziffer stehen müssen; sie sey α, so daß im Allgemeinen W =
                                    												bh²/α, also W α = bh².Michaelis glaubt nun annehmen zu dürfen, daß bei
                                    											Cement α = 2,55, so daß also hier W = bh²/2,55. (man s. Michaelis S. 248). Die absolute
                              									Festigkeit ergab sich je nach besonderen Umständen innerhalb 15 Tagen zu 6–22
                              									Kilogrm. pro Quadratcentimeter. Ausführliches über die
                              									Festigkeit des vorliegenden Cementes, namentlich auch in Vergleichung zu der
                              									Festigkeit anderer gewöhnlicher Kalkportlandcemente, bleibt einer späteren
                              									Mittheilung vorbehalten.
                           Nach den bisher erwähnten Eigenschaften verhält sich also der in Rede stehende
                              									Kalkmagnesiacement im Ganzen analog einem gewöhnlichen Portlandcemente, und es ist
                              									wohl die Annahme gerechtfertigt, daß hier wie dort die Erhärtung im Wesentlichen auf
                              									gleiche Weise vor sich geht. Auch hier werden als die Erhärtung bedingende Substanz
                              									Kalkverbindungen anzunehmen seyn, die durch Wasser und Kohlensäure zersetzt werden.
                              									Es liegt dieß um so näher, als ein Blick auf die angeführten drei Cementanalysen
                              									zeigt, daß die Kieselsäure plus Sesquioxyde
                              									gegenübergestellt dem vorhandenen Kalk, kaum ausreichen, die gewöhnlich im
                              									Portlandcement hypothetisch angenommenen Kalkverbindungen zu bilden. Nimmt man also
                              									wie gewöhnlich die Bildung solcher Kalkverbindungen an, so bleiben für die Magnesia
                              									keine Säurebestandtheile disponibel, um damit etwa Magnesiaverbindungen zu bilden,
                              									die mit den angedeuteten Kalkverbindungen mehr oder weniger entsprechen.
                           ––––––––––
                           Man erhält einen Cement, der alle Erscheinungen von zuviel Thonzusatz zeigt, sobald
                              									man dem nach den meisten Portlandcementanalysen gewöhnlichen Verhältniß der
                              									Säurebestandtheile zum Kalk, bekanntlich etwa 1 : 1,6 bis 1 : 1,7, durch
                              									Thonvermehrung zu nahe kommt oder dasselbe gar überschreitet. Daraus geht hervor,
                              									daß man die Magnesia durchaus nicht etwa als eine Base betrachten kann, die den Kalk
                              									in den Portlandcementen unter Umständen den Säurebestandtheilen gegenüber vertreten
                              									könne. Es wird sich demnach der Thonzuschlag resp. der Zuschlag an
                              									Säurebestandtheilen lediglich – wie bei gewöhnlichen Portlandcementen
                              									– nach dem Gehalte an Kalk zu richten haben; die Magnesia aber wird bei
                              									dieser Berechnung gänzlich außer Acht zu lassen seyn.
                           Das Verhältniß der Säurebestandtheile zum Kalt stellt sich nun in den angeführten
                              									Cementen bei:
                           
                              
                                 Cement
                                 aus Schicht
                                 a) wie
                                 1 : 1,90
                                 
                              
                                 „
                                   „      
                                    											„
                                 b)  „
                                 1 : 2,08
                                 
                              
                                 „
                                   „      
                                    											„
                                 c)  „
                                 1 : 2,14
                                 
                              
                           Man kann, ohne Gefahr zu laufen, ein schlechtes Product zu erhalten, heruntergehen
                              									bis zu dem Verhältniß von etwa 1: 1,8. Von Schicht c)
                              									entspricht diesem Verhältniß folgender Cement:
                           
                              
                                 Kalk
                                 45,5
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 28,9
                                 
                              
                                 Thonerde (+ Eisenoxid)
                                 10,0
                                 
                              
                                 Kieselsäure (+ Unlösliches)
                                 15,1
                                 
                              
                           Zeigt schon dieser Cement in ziemlichem Grade die Eigenschaft des Zerfallens der
                              									gezogenen größeren Stücke in kleinere resp. in Pulver, so verstärkt sich dieser
                              									Fehler immer mehr, je niedriger das erwähnte Verhältniß wird. So liefert das
                              									Verhältniß 1: 1,37 entsprechend aus Schicht c) einen
                              									Cement von der Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Kalk
                                 2,3 Proc.
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 6,9
                                 
                              
                                 Thonerde (+ Eisenoxyd)
                                 2,0
                                 
                              
                                 Kieselsäure (+ Unlösliches)
                                 8,7
                                 
                              
                           welcher zum beträchtlichen Theile schon lockeres Pulver ist.
                              									Das spec. Gewicht des Pulvers fällt in entsprechendem Grade. Trotz der bereits
                              									eintretenden Erscheinung des Zerfallens sprengen gleichwohl die Proben bis etwa zu
                              										dem Verhältniß 1 :
                              									1,7 herunter dann und wann noch ein Reagenzgläschen. Es kann diesem Umstande ein
                              									zuweilen mangelhaftes Mischen oder das oft nicht ganz vermiedene Vorhandenseyn noch
                              									ungarer Stücke zu Grunde liegen. Noch weiter herunter tritt ein Treiben nicht mehr
                              									ein. Aufwärts kann man gehen bis höchstens zu dem Verhältniß 1 : 2,4. Es entspricht
                              									demselben aus Schicht c) folgender Cement:
                           
                              
                                 Kalk
                                   9,5 Proc.
                                 
                              
                                 Magnesia
                                   1,4
                                 
                              
                                 Thonerde (+ Eisenoxyd)
                                   7,5
                                 
                              
                                 Kieselsäure (+ Unlösliches)
                                 11,6
                                 
                              
                           Schon bei dieser Zusammensetzung äußert sich das Treiben bei weitaus den meisten der
                              									Prüfung ausgesetzten Reagenzgläschen und nimmt bei noch höherem Kalkgehalte in immer
                              									stärkerem Maaße zu. Gegossene Platten und Prismen indeß zeigen beim Erhärten an der
                              									Luft bei dem Verhältniß 1 : 2,4 und selbst 1 : 2,5 das Treiben meist erst nach
                              									längerer Zeit, selten vor 8–14 Tagen. Bei Cement von etwa dem Verhältniß 1 :
                              									2,6 ab und auch noch früher zeigt sich das Treiben auch schon nach einigen Tagen
                              									ganz deutlich bei trockenen: Lagern der gegossenen Stücke. Namentlich rasch und
                              									empfindlich äußert sich aber das Treiben, – und zwar dann schon ganz sicher
                              									von 1 : 2,5 ab und noch früher – wenn die Gußproben nach möglichst kurzer
                              									Frist nach dem Gießen (nach 2–60 Minuten) in Wasser gebracht und darin
                              									belassen werden. Diese Wasserprobe ist so empfindlich als die Probe mit den
                              									Glasröhrchen. Wie gewöhnlich beim Treiben bekommen die Proben meist mehr oder
                              									weniger durch das ganze Innere hindurchgehende Risse, deren Linien an der Oberfläche
                              									unregelmäßige Figuren bilden. Die Proben im Reagenzgläschen zersprengen resp.
                              									zersplittern nicht nur das Glas, meist springt auch – wenigstens bei höherem
                              									Kalkgehalt – die Probe selbst der Länge nach durch und zeigt oft noch viele
                              									Quersprünge. Wie bei den erwähnten niedrigen Verhältnissen zuweilen immer noch
                              									Treiben sich zeigt, so kommt bei den höheren Verhältnissen umgekehrt bisweilen der
                              									Fall vor, daß ein Reagenzgläschen nicht oder doch erst nach relativ langer Frist
                              									gesprengt wird,Hierzu die Beispiele in der nachfolgenden Tabelle I. Wir lenken die
                                    											Aufmerksamkeit auf die vorletzte Verticalcolumne. so noch bei den Verhältnissen 1 : 3,45 und 1 : 4,17.
                           
                           Tabelle I.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 291
                              
                                 
                                 reiner
                                    											kohlensäurefreier Kalk, also ohne Thonzusatz.
                                 
                              Chemische Zusammensetzung der
                                 										Cementproben aus Schicht c); Verhältniß der
                                 										Säurebestandtheile zum Kalk; Anzahl der gesprungenen Gläschen.; Alter am Datum
                                 										des Springens, in Tagen; Anzahl der nicht gesprungenen Gläschen; Alter in Tagen;
                                 										Procentsatz der gesprungenen Gläschen; Innerhalb wie viel Tagen?
                              
                           
                           Um das Verhältniß 1 : 2,6 bis 1 : 3,0 herum ist stets das Treiben am zeitigsten
                              									wahrnehmbar gefunden worden, rascher als bei noch höherem Kalkgehalt. Es könnte zum
                              									Belege hierfür zu den 11 angeführten, innerhalb 6 Tagen gesprungenen Proben noch
                              									eine größere Anzahl Proben angeführt werden, die nur deßhalb weggelassen werden,
                              									weil sie von Schicht a) und b) ausgeführt sind, während die Tabelle nur auf Schicht c) Bezug nimmt. Es läßt sich die erwähnte Erscheinung
                              									auch erklären. Bei den Verhältnissen von 1 : 2,5 bis 1 : 3,0 erhält man ein zunächst
                              									noch rasch erhärtendes und oft in kurzer Frist eine hohe Festigkeit erlangendes
                              									Gußstück, das in seiner Festigkeit erst später bei eintretendem und zunehmendem
                              									Treiben wieder zurückgeht. In bereits fest gewordenen Stücken können nun bei
                              									beginnendem Treiben die im Inneren liegenden Theilchen nicht mehr für sich
                              									verschoben werden. Entweder die Festigkeit paralysirt die treibende Kraft, oder das
                              									Treiben äußert sich durch das ganze Stück hindurch mehr oder weniger gleichzeitig.
                              									Bei noch mehr steigendem Kalkgehalt erzielt man dagegen überhaupt keine größere
                              									Festigkeit mehr. Eintretendes Treiben findet das Innere noch mehr oder weniger
                              									locker, kann Theilchen an einzelnen Stellen verdrängen resp. die Masse daselbst
                              									etwas zusammendrücken, ohne daß sich diese Bewegung sogleich bis an die Außenflächen
                              									fortpflanzte und an diesen das Treiben bereits sichtbar würde.
                           ––––––––––
                           Der behandelte Cement kann, zur Kugel geformt, sofort aus der Hand in Wasser gelegt
                              									werden, ohne bald oder später darin zu zerfallen oder zu treiben. Ebenso können,
                              									nicht zu dünn, im Uebrigen aber rechtzeitig gegossene Proben schon oft nach wenigen
                              									Minuten aus der Form gelöst und bei Vorsicht frei in die Höhe gehoben und in Wasser
                              									gelegt werden, ohne (selbst bei einem Gewicht von 1/2–1 Kil.) zu zerreißen
                              									oder zu zerfließen. Gleichwohl wird der Cement dabei noch nicht eigentlich fest, so
                              									daß er etwa dem Maurer beim Verarbeiten zu beschwerlich fallen könnte. Es hat hier
                              									das scheinbar rasche Erstarren seinen Grund wohl nicht im Vorhandenseyn von relativ
                              									viel freiem Kalk oder stark basischen Kalkverbindungen, als vielmehr vor Allem in
                              									der Anwesenheit von viel freier Magnesia. Dieselbe saugt wahrscheinlich das Wasser
                              									schnell auf, ist aber gleichwohl noch gänzlich unlöslich in dem aufgesogenen Wasser,
                              									leitet also nach alledem durch das Ansaugen den eigentlichen Erhärtungsproceß
                              									(Bildung von Kalkhydrat und kohlensaurem Kalk und damit verbundene Ausscheidung von
                              									verkittender Kieselsäure) noch keineswegs ein.
                           
                           Die Fähigkeit der Kugeln, so bald unter Wasser gebracht, sich intact zu erhalten,
                              									zeigt der Cement, gleichgültig ob er frisch ist oder bereits lange gelagert hat, und
                              									ferner auch dann noch, wenn der Thonzusatz ziemlich hoch als auch, wenn er niedrig
                              									gegriffen wird, ein Beweis daß reichlicher Kalkgehalt nicht die Ursache der
                              									erwähnten Eigenthümlichkeit ist. Je höher aber der Thonzusatz wird, desto
                              									vorsichtiger muß man seyn; desto länger fühlen sich die Kugeln weich und
                              									abschlämmend an, während die Kugeln und Gußproben von Cement nach dem Verhältniß von
                              									etwa 1 : 2,0, sich sogleich herzhaft behandeln, beliebig oft hintereinander in
                              									Wasser tauchen und wieder herausnehmen lassen. Von der Zusammensetzung 1 : 1,4
                              									lassen sich kaum noch haltbare Kugeln erzielen. Andererseits verliert sich aber auch
                              									die hervorgehobene Eigenschaft bei zu niedrigem Thonzusatz. In letzterem Fall muß
                              									man außerdem sehr geschwind manipuliren, weil, je mehr freier Kalk sich bilden kann,
                              									mit desto größerer Haft das Wasser nicht nur wie bei dem Verhältniß 1 : 2,0
                              									aufgesogen, sondern die Probe nun auch wirklich schnell starr und fest wird und man
                              									kaum Zeit zum Gießen resp. Formen behält. Ist das erste Erstarren bereits vor dem
                              									Formen vor sich gegangen, so zerfallen die Kugeln im Wasser, gleichgültig ob man sie
                              									nun derb trocken formt oder durch Nachgießen von ein wenig Wasser die Masse wieder
                              									plastischer macht. Von der Zusammensetzung nach dem Verhältniß 1 : 2,9 ab bleiben
                              									die Kugeln nur noch selten beisammen, selbst wenn man rechtzeitig mit dem Formen
                              									fertig geworden ist. Wahrscheinlich durch Dargebotenseyn von zuviel freiem, in
                              									Wasser löslichem Kalk lösen sich die Kugeln entweder von der Oberfläche aus, immer
                              									kleiner werdend, allmählich auf, oder bleiben zwar anfangs ganz, zertheilen sich
                              									aber nach einiger Zeit in Stücke, die schließlich zerfließen. Sowohl bei zuviel als
                              									bei zuwenig Thonzusatz lassen sich die Gußproben nicht, schon nach kurzer Frist aus
                              									der Form gelöst, frei in die Höhe heben, ohne zu zerbrechen. Reiner, bei Weißgluth
                              									wie Cement erbrannter Kalk (Zusammensetzung: 56,8 Kalk, 36,1 Magnesia, 3,3 Thonerde
                              									+ Eisenoxyd), 4,8 Kieselsäure (s. Tab. I unterste Columne) hält sich, sogleich nach
                              									dem Anmachen unter Wasser gebracht, gar nicht, ganz so wie die Proben mit sehr
                              									geringem Thonzusatz. Von 1 : 3,45 an bis zu reinem Kalk wurden auch Kugeln erst nach
                              									etwa 3/4 Stunden nach dem Anmachen in Nasser gebracht, ohne indeß Stand zu halten.
                              									Ob und wie weit die Fähigkeit, sogleich unter Wasser die Form zu behalten, der
                              									Anwesenheit der Magnesia zuzuschreiben oder von anderen Umständen abhängig ist, soll
                              									ebenfalls in einer späteren Mittheilung ausführlicher erörtert werden.
                           ––––––––––
                           
                           Nach der Seite des größeren Thongehaltes hin wird der Cement lichter und zwar schwach
                              									bräunlich bis gelblich- oder röthlichbraun. Auch die Gußproben zeigen
                              									ähnliche Färbung. Der Cement nach dem Verhältniß 1: 20, etwas darunter und etwas
                              									darüber, ist so zu sagen als Normalcement zu betrachten. Bei ihm zeigen Pulver und
                              									erhärtete Gußstücke die gewöhnliche Cementfarbe, letztere nur oft mit einem
                              									gelblichen Schimmer. Der Cement mit höherem Kalkgehalt zeigt in den erbrannten
                              									Stücken immer weniger den charakteristischen schwarzgrünen Farbeton. Das Pulver wird
                              									mehr graubräunlich. Die gebrannten Stücke zeigen sich immer weniger richtig
                              									gesintert, behalten vielmehr glattere Oberflächen und zeigen Brüchigkeit nach
                              									geraden Flächen, ähneln also schon mehr Stücken von gebranntem Kalk, nur sind sie
                              									ungleich fester. Das spec. Gewicht nimmt ab.
                           ––––––––––
                           Noch Einiges über das günstigste Verhältniß 1: 2,0. Den Cement durch steigenden
                              									Brennmaterialaufwand zum Schlacken zu bringen, scheint sehr schwer zu seyn, obgleich
                              									man vielfach annimmt die Magnesia wirke bei Gegenwart thoniger Bestandtheile
                              									verschlackend (man s. z.B. Klose über Cemente, S. 12). Es
                              									ist diese irrthümliche Meinung wohl dadurch entstanden, daß man bisher die Magnesia
                              									den Säurebestandtheilen immer in gleicher Weise wie den Kalk als Nase gegenüber
                              									stellte, den Thonzuschlag nach der Summe von Kalk und Magnesia berechnete, statt
                              									nach dem Kalke allein, in Folge dessen zu viel Thon zusetzte und so bei irgend
                              									erheblicheren Mengen von Magnesia ein Verschlacken des Ofenbrandes herbeiführte.
                           Der Wasserzusatz stimmt bei dem Kalkmagnesiacemente ziemlich mit dem bei anderen
                              									Portlandcementen üblichen überein. Um Kugeln zu formen, bedarf man zu 1,0 Maaßtheil
                              									Cement 0,3–0,4 Maaßtheile Wasser, beim Gießen 0,4–0,7 Maaßtheile
                              									Wasser auf 1,0 Maaßtheil Cement. Wieviel Sandzusatz der Cement verträgt, und welche
                              									Festigkeit der mit Sand gemischte Cement erlangt, ist noch nicht ausreichend
                              									festgestellt, wird aber ebenfalls seinerzeit mitgetheilt werden.
                           Zum Schluß dürften folgende Punkte noch einmal hervorzuheben seyn:
                           1) Gar nicht treibender Portlandcement scheint fabrikmäßig nicht oder nur selten und
                              									dann nicht ohne Gefahr für die übrige Güte des Cements dargestellt werden zu können.
                              									Um absolutes Ausbleiben von Treiben zu erreichen, müßte man wohl einen Thonzusatz
                              									anwenden, der im Großbetrieb mehr Störungen als Vortheil bringen würde. Die
                              									Nachtheile von zu hohem Thonzusatz sind bekanntlich: theilweises Zerfallen im Ofen, in Folge dessen
                              									Zugstörungen und ungleich gebrannter Inhalt der Ofenfüllung; lockereres, spec.
                              									leichteres Pulver und schließlich geringere Festigkeit der erhärteten Proben. Auch
                              									bei gewöhnlichen Kalkportlandcementen dürfte oft, nach eigenen und anderer
                              									Erfahrungen, das Verhältniß der Säurebestandtheile zum Kalk höher seyn, als
                              									gewöhnlich angenommen wird, statt 1: 1,65 vielmehr dem Verhältniß 1: 2,0 nahe
                              									kommen.
                           2) Bei magnesiahaltigen Kalken richtet sich zum Behufe der Erzeugung von
                              									Portlandcement der Thonzusatz lediglich nach dem Gehalte an freiem Kalk, ganz so wie
                              									bei gewöhnlichen, zur Portlandcementfabrication verwendeten Kalken. Die Magnesia
                              									kann nicht als einen Theil des Kalkes ersetzende Basis in Rechnung gezogen werden.
                              									Bei solcher Annahme würde ein zu hoher Thonzusatz gegeben und untaugliches Product
                              									erzielt werden.
                           3) Der Zersetzungsproceß der Kalkverbindungen und in Folge dessen der
                              									Erhärtungsproceß wird durch die Anwesenheit der nach Allem wohl als freie Base
                              									vorhandenen Magnesia nicht verhindert.
                           4) Bei scharfem Brennen wird das spec. Gewicht des Kalkmagnesiacements nicht, wie man
                              									bei Anwesenheit von viel freier Magnesia vielleicht vermuthen dürfte, unter das des
                              									gewöhnlichen Portlandcements herabgestimmt.
                           5) Die fast augenblickliche Haltbarkeit der Kugeln im Wasser dürfte wohl der
                              									Anwesenheit der Magnesia zuzuschreiben seyn.