| Titel: | Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873; mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman. | 
| Autor: | Prof. Johann Zeman [GND] | 
| Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. LV., S. 321 | 
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                        LV.
                        Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873;
                           								mitgetheilt vom Docenten Johann Zeman.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									V.
                        (Fortsetzung von S. 254 des vorhergehenden
                           								Heftes.)
                        Zeman, Notizen aus der Wiener Weltausstellung.
                        
                     
                        
                           33. Nietenpresse von Ch. de Bergue und
                                 										Comp. in London.Die Firma Ch. de Bergue u. Comp. in London
                                    											– 10. Strand – besitzt eine Maschinenfabrik in Manchester und eine Brückenbauanstalt in Cardiff (Südwales). Die
                                    											Maschinenfabrik ist für den Bau von Arbeitsmaschinen, speciell für
                                    											Scher- und Lochmaschinen, Nietenpressen, Nietmaschinen eingerichtet,
                                    											liefert aber auch kleinere Brücken, Eisendächer etc. Große
                                    											Eisenconstructionen werden in Cardiff ausgeführt. So baut zur Zeit die
                                    											genannte Firma eine Eisenbahnbrücke von kolossaler Länge – nämlich
                                    											von 3130 Meter – für die North British
                                       												Railway über den Tay-Fluß, unmittelbar oberhalb Dundee
                                    											(Schottland). (Figur
                                 										1 und 2.)
                           Schon auf der im Jahre 1862 in London abgehaltenen internationalen Ausstellung
                              									erregte die von der Firma Ch. de Bergue und Comp. ausgestellte Maschine zur Fabrication von Nieten
                              									durch die Eigenthümlichkeit ihrer Anordnung und durch die hohe Leistungsfähigkeit
                              									die Aufmerksamkeit der betreffenden Kreise.
                           Nicht minderes Interesse bietet diese Nietenpresse auch auf der Wiener
                              									Weltausstellung und dieß ist um so gerechtfertigter, als dieselbe in den letzten
                              									Jahren gründliche Verbesserungen erfahren hat, welche die Sicherheit des Betriebes
                              									und die Dauerhaftigkeit der Maschine erhöhen, sowie den nicht zu unterschätzenden
                              									Vortheil einer bequemen Auswechselbarkeit der einer Abnutzung zumeist unterworfenen
                              									Maschinentheile gewähren.
                           Was die Bergue'sche Maschine von anderen besonders
                              									unterscheidet ist die schräge Anordnung des Nietstempels
                              									und die continuirliche Drehung der Matrizenscheibe.
                           Der Nietstempel bewegt sich in einer, ungefähr 22 1/2 Grad gegen die Horizontale geneigten Ebene
                              									abwechselnd hin und zurück, und trifft bei jedem Niedergang gegen die in dem Umfang
                              									einer Scheibe vertheilten Matrizen, welche durch Drehen der Matrizenscheibe an dem
                              									Nietstempel vorbeigeführt werden. Das Einstecken der Bolzen in die Matrizen erfolgt
                              									von Hand, das Köpfen und Ausstoßen der gebildeten Niete aber selbstthätig durch die
                              									Maschine.
                           Als wesentlichster Vorzug des in Rede stehenden Maschinensystems läßt sich die große
                              									Zeitersparniß beim Pressen der Niete ansehen, eine Folge der continuirlichen Drehung
                              									der Matrizenscheibe, welche auch eine geringere Abnutzung der stets im gleichen
                              									Sinne sich bewegenden Maschinentheile mit sich führt.
                           Außerdem darf aber auch nicht übersehen werden, daß die Matrizen sich stets rein erhalten, da beim Ausstoßen der fertigen Niete die
                              									Matrize nach abwärts gerichtet ist und der entstandene Hammerschlag frei zu Boden
                              									fallen kann.
                           Zu diesen allgemeinen Vorzügen kommen noch specielle durch die constructive
                              									Detailausführung hinzu, welche ein genaues Justiren der zusammenwirkenden Theile und
                              									ein bequemes Um- und Auswechseln der Matrizen etc. gestatten.
                           Aus diesen Gründen rechtfertigt sich ein näheres Eingehen in die Einzelheiten der
                              									Maschine von selbst, welche in Figur 1 in der Ansicht, in
                              										Figur 2 im
                              									Schnitt nach der Linie I II und endlich im beigegebenen Holzschnitt (S. 223)
                              									perspectivisch dargestellt ist.
                           Die gußeiserne Matrizenscheibe A bildet mit der Hohlwelle
                              										B ein Stück und erhält von der Hauptwelle C aus bis 5 Umdrehungen in der Minute.
                           Die Scheibe A ist mit 8 radialen ausgebohrten Löchern
                              									versehen, in welche die Gußeisen-Matrizen a unter
                              									Zuhülfenahme der scharf passenden Stahlbüchsen b und der
                              									stählernen Unterlagsringe c; eingesetzt sind.
                           Die Matrizenscheibe A ist nicht voll, sondern in der
                              									Mitte nahezu auf den halben Durchmesser ausgebohrt; die Matrizen reichen nicht ganz
                              									durch den Scheibenring A, sondern bis etwa zwei Drittel
                              									der Ringstärke. Weiterhin ist das Loch verengt zur Aufnahme der stählernen
                              									Widerlagen d, welche nicht allein den Druck beim
                              									Anköpfen der Eisenbolzen aufnehmen, beziehungsweise auf die feste Achse D zu übertragen haben, sondern auch beim Weiterdrehen
                              									der Matrize zum Ausdrücken der fertigen Niete dienen.
                           Aus diesem Grunde sind die Widerlagen d um einen excentrisch zur Matrizenscheibe A auf der Welle D aufgesetzten gußeisernen
                              									Ring e vertheilt. Dort wo die mit einem glühenden
                              									Eisenbolzen versehene
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 209, S. 323
                              
                           
                           Matrize zum Nietstempel herantritt, muß die Widerlage d die tiefste Stellung einnehmen, dann aber successive
                              									vorwärtsschreiten, um die erzeugte Niete auszustoßen. Damit hierbei die Matrizen
                              									selbst nicht herabfallen, sind dieselben durch je zwei Stahlstifte i in A befestigt.
                           Die Widerlagen d sind Stahlbüchsen mit eingesetzten
                              									Stahlbolzen, deren Länge von der zu pressenden Niete abhängt; eventuell kann durch
                              									Unterlegen von Scheibchen unter den Widerlag-Stahlbolzen nachgeholfen
                              									werden.
                           Der Gußstahlstempel H erhält von dem an der Zwischenwelle
                              										E angegossenen Kurbelzapfen g und zufolge der Führung der Stange f, welche
                              									mit einem Auge am oberen Ende den Zapfen g umfaßt, in
                              									einem Schlitz der Achse D eine geradlinige Bewegung
                              									gegen den Mittelpunkt des Matrizenkreises.
                           Da es aber für das Gelingen der Arbeit von wesentlichem Einfluß ist, daß der
                              									druckgebende Stempel etwas länger als gerade im Moment des Vorbeidrehens der Matrize
                              									auf dem eingesteckten Eisenbolzen ruht, so ist eine sehr gelungene Anordnung
                              									getroffen den Stempel jedesmal der zukommenden Matrize entgegenzusenden.
                           Früher suchte man diese Bedingung dadurch zu erfüllen, daß man durch eigenes Zufeilen
                              									des Rades an der Matrizenachse die Dicke der betreffenden Zähne verminderte und
                              									durch Eintreten eines am Nietstempelhalter angebrachten Stiftes in Löcher am Umfang
                              									des Matrizenkopfes, letzteren zu einem kurzen Stillstand nöthigte.Man vergleiche die frühere Beschreibung im polytechn. Journal, 1864, Bd.
                                    											CLXXIV S. 334.
                              								
                           Ganz abgesehen von dieser unconstructiven Lösung der Aufgabe, veranlaßten eintretende
                              									Brüche des Haltstiftes etc. folgende vollkommen entsprechende Anordnung.
                           Der Halter des Nietstempels, welcher den Kurbelzapfen g
                              									lose umgreift, ist durch einen Winkelhebel F mit der am
                              									Kurbelzapfen verstellbar angeschraubten Stufenscheibe G
                              									in der Art zusammengebracht, daß vor jedesmaligem Aufschlag des Nietstempels eine
                              									geringe Drehung desselben nach aufwärts, der zukommenden Matrize entgegen, erfolgt;
                              									daher der Stempel den vorstehenden Eisenbolzen etwas früher niederzudrücken beginnt
                              									und im letzten Moment erst, wenn die Rolle am Winkelhebel F auf dem höchsten Punkt der Stufenscheibe G
                              									angelangt und der Stempel in der genau radialen Linie I II eingetroffen ist, den
                              									vollen Druck gibt.
                           Die Feder h drückt den Nietstempel stets nach aufwärts,
                              									beziehentlich die Winkelhebelrolle gegen die Stufenscheibe.
                           
                           Damit der Nietstempel genau auf die Matrize sich einlege, ist dessen genaue Stellung
                              									mittelst Keil und Schraube l zu reguliren, und damit ein
                              									Bruch in den Rädern ja hintangehalten werde, ist zwischen Stempel und Keilwiderlage
                              									ein leichter berstendes Zwischenstück m zur Sicherheit
                              									eingelegt.
                           Den Antrieb der Nietmaschine betreffend, so wird die Hauptwelle C durch eine Riemenscheibe in Drehung versetzt, welche
                              									durch ein Räderpaar n auf die Zwischenwelle E und von hier durch die Zahnräder k und l auf die Hohlwelle
                              										B, respect. Matrizenscheibe A übergeht.
                           Das Getriebe k ist durch Schlitzschrauben mit der Welle
                              										E verbunden, um im Falle der nothwendigen Justirung
                              									der Stellung der Matrizenscheibe ohne Weiteres vorgehen zu können.
                           Neben der Nietenpresse ist unmittelbar der Scherenapparat zum Abschneiden der
                              									Eisenbolzen angebracht. p in Figur 2 bezeichnet das
                              									Stufenrad zur Bewegung des beweglichen Scherblattes.
                           Zur Abkühlung des Stempels, der Matrizen und der Scherblätter ist eine eigene, im
                              									Holzschnitt (S. 383) zu ersehende Rohrleitung an der Maschine angebracht.
                           Die Hauptwelle C macht im Normalen 140 Umdrehungen pro Minute, was circa 35
                              									Niete in gleicher Zeit als Production der Maschine ergibt.
                           Die Nietmaschine arbeitet so ruhig und zweckmäßig, daß ein eigenes Fundament nicht
                              									erforderlich ist.
                           Der von der Nietmaschine beanspruchte Raum ist 2,675 × 1,675 Meter, und der
                              									Preis beträgt loco Manchester 300 Pfd. Sterling.
                           
                        
                           34–36. Maschinen zur Zubereitung
                                 										der Seidenabfälle für Florettspinnerei, von Theod. und Friedr. Bell in Kriens
                                 										bei Luzern (Schweiz). (Figur 3 bis 5.)
                           Unter Florettseide versteht man bekanntlich die aus bestimmten Seidenabfällen durch
                              									einen wirklichen Spinnproceß erzeugten Fäden, welche also im Gegensatz zu der
                              									gehaspelten Seide nicht aus ununterbrochen langen Fäden, sondern aus mehr oder
                              									weniger kurzen Fasern gebildet worden.
                           Jene Abfälle sind von wesentlich zweierlei Art:
                           1. Strusi, worunter man die von den Cocons beim Sammeln
                              									und Abhaspeln derselben sich ergebenden Abgänge von wirren und büschelweise
                              									zusammenklebenden Fäden, ferner die nach dem Abspinnen der Cocons zurückbleibenden
                              									pergamentähnlichen inneren Häutchen derselben begreift.
                           
                           2. Alle durchbissenen oder sonst beschädigten, überhaupt alle
                                 										nicht abhaspelbaren Cocons, zu welchen also auch die Doppelcocons sich
                              									gesellen.
                           Diese Abgänge sind im rohen Zustand nicht direct zum Verspinnen geeignet; vielmehr
                              									bedürfen dieselben einer sorgfältigen Zubereitung, um durch einen wesentlich
                              									chemischen Proceß das leimartige Bindemittel der Fadenbüschel aufzulösen und hierauf
                              									auf mechanischem Wege das Fadengewirre aufzulösen und in mehr oder minder lange
                              									Seidenbärte von untereinander gleichlangen, parallel gelegten Fäden umzuwandeln.
                           Die rohen Seidenabfälle bilden als solche Handelsware und werden in eigenen
                              									Etablissements, sogenannten Seidenkümmereien, für die eigentlichen
                              									Florettspinnereien zubereitet.
                           Die Behandlung der Strusi und der Cocons ist von Anfang an eine verschiedene, da
                              									letztere keiner so tief eingreifenden chemischen Einwirkung bedürfen wie
                              									erstere.
                           Die Strusi wird zunächst einer factischen Fäulniß, dem Maceriren, unterzogen, wobei
                              									die gummöse Substanz, welche die Fäden zusammenklebt, zerstört und den Seidenfäden
                              									selbst ein besseres Ansehen verliehen wird.
                           Dieser Gährungsproceß wird in hölzernen Bottichen vollzogen, welche mit doppelten
                              									Wänden versehen oder zweckmäßiger in einer gemauerten Grube, mit ringsum etwa 6
                              									Centimeter Spielraum versenkt sind.
                           Die rohe Strusi wird in den Gährbottich schichtenweise unter Begießen mit heißem
                              									Wasser aufgegebenanfgegeben und die oberste Lage mittelst belasteter Breter niedergedrückt, zuweilen
                              									auch, statt der Belastung mit Gewichten, der Deckel mit dem Boden durch Schrauben
                              									zusammengehalten. Um die Temperatur der langsam in Gährung übergehenden Strusimasse
                              									gleichmäßig aufrecht zu erhalten, ist der Zwischenraum zwischen den doppelten Wänden
                              									der Behälter mit Wasser angefüllt, welches durch ein vertical herabsteigendes und
                              									unten einigemal herumgeführtes Dampfrohr auf circa 80
                              									Grad Celsius erwärmt erhalten wird.
                           Diese Fäulung der Strusi dauert je nach Umständen 6 bis 10 Tage, worauf man, wenn die
                              									Degummirung hinlänglich fortgeschritten ist, die gegohrenen Massen zum Auswaschen
                              										herauszieht.An manchen Orten wird die Degummirung des Strusimateriales durch Kochen mit
                                    											Seifenwasser durchgeführt, wobei kein so übler Geruch hervorgebracht, die
                                    											Seide aber auch nicht so schön glänzend wird wie beim Maceriren.
                              								
                           Die Cocons dagegen werden sehr selten einer angehenden Fäulniß unterworfen sondern
                              									direct unter Anwendung von heißem Seifenwasser durch einen 4- bis 6 stündigen
                              									Stampfproceß präparirt.
                           
                           Die hierbei verwendete Stampfmaschine besteht im Wesentlichen aus einem langsam
                              									rotirenden cylindrischen Kessel mit doppeltem Boden und vier in demselben
                              									auf- und abgehenden Stampfen.
                           Sind die Cocons in dieser Maschine hinlänglich aufgeweicht worden, so wäscht man
                              									dieselben kurz mit warmem Wasser aus, um hierauf das gründliche Auswaschen und
                              									Ausspülen in kaltem wechselndem Wasser folgen zu lassen.
                           Dieses eindringliche Auswaschen und Spülen der gegohrenen Strusi sowohl als der
                              									gestampften Cocons geschieht, wo die Verhältnisse es angehen lassen, in fliehendem
                              									Wasser von Hand in Körben oder Kästen, ähnlich wie bei der alten Fabrikwäsche der
                              									Wolle. Vielfach benutzt man jedoch auch eigene combinirte Wasch- und Stampfmaschinen, wo das
                              									Florettmaterial auf einer langsam rotirenden kreisförmig gebogenen Rinne bei
                              									continuirlichem Zufluß von frischem Wasser unter einem oder zwei Sätzen von Stampfen
                              									vorbeigeführt wird. Die Wände der Rinne sind behufs Abflusses des Schmutzwassers
                              									siebförmig durchlöchert.
                           Ehe man jedoch die aus den Gährbottichen entnommene, heiße Strusi in kaltem Wasser
                              									auswäscht, ist es von großem Vortheil vorher ein Ausspülen derselben unter Anwendung
                              									von warmem oder wenigstens lauem Wasser in der obengenannten Coconstampfe
                              									vorzunehmen, weil bei einem zu raschen Wechsel der Temperatur ein Theil der
                              									aufgelösten Bestandtheile im kalten Wasser wieder niedergeschlagen und schwieriger
                              									aus der Florettmasse weggespült wird.
                           Nach dem Ausspülen wird das Seidenmaterial zweckmäßig auf Centrifugen ausgeschleudert
                              									und hierauf sorgfältig getrocknet auf Lattenwerk im Freien oder in luftigen Räumen;
                              									zuweilen auch unter vorsichtiger Anwendung von künstlicher Wärme in Trockenkammern
                              									oder auf eigenen Trockenmaschinen.
                           Die Strusi wäre nun zur Behandlung auf Oeffnungsmaschinen hinlänglich vorbereitet;
                              									die Cocons aber bedürfen zuvor noch einer Auflockerung durch Klopfen auf Tischenmit
                              									dünnen Holzstäbchen oder auf eigenen Klopfmaschinen, wo
                              									das Coconmaterial auf einem sich drehenden Siebe aufliegt und langsam vor den auf
                              									einem endlosen Riemen angeschraubten Schlagklappen vorbeistreicht.
                           Eine weitere Auflockerung und Oeffnung der Cocons wird noch auf dem Cocon-Opener vorgenommen, einer mit der Nappeuse
                              									der Kammgarnspinnerei zu vergleichenden Maschine, welche die Cocons auflöst und in
                              									eine Watte von aneinanderliegenden Seidenfäden und Bündelchen umwandelt.
                           
                           Jetzt endlich werden Strusi und Cocons, wenn auch zumeist gesondert, doch gleichmäßig
                              									auf gleichen Maschinen weiter verarbeitet.
                           Um durch die Behandlung auf der Maschine das Seidenmaterial am wenigsten zu
                              									beschädigen und den weiteren Zubereitungsproceß überhaupt zu erleichtern, pflegt man
                              									die Florettmassen vorher mit reinem Wasser, Seifenwasser, Glycerin oder Mischungen
                              									davon etc. einzusprengen, indem man das Material schichtenweise aufbreitet und
                              									bespritzt, die letzte Lage etwas belastet und das Ganze einige Zeit schwitzen
                              									läßt.
                           Die nächste Vorbereitungsmaschine für die Strusi oder die Cocons ist die Filling-Maschine (cardeuse) zum Auflösen und Ausziehen des vorgelegten Materiales durch
                              									weitabstehende Kammstäbe auf der sich drehenden Trommel, welche mit gestreckten,
                              									parallel neben einander liegenden Fadentheilen nach und nach sich überzieht.
                           Nach dem Aufarbeiten einer bestimmten Vorlage werden die Fäden auf dem Tambour von
                              									Kamm zu Kamm durchschnitten und mittelst eigenthümlicher Holzklammern (Bücher)
                              									abgezogen. Die nun hier gewonnenen Seidenbärte haben allerdings eine bestimmte
                              									Länge; die darin enthaltenen Fäden sind jedoch in Folge der vorausgegangenen
                              									Behandlung beim Stampfen etc. verschieden lang, viele Fäden zusammengefaltet oder
                              									doppelt gelegt, wie dieß bei dem Einziehen derselben durch eine der Kammnadeln am
                              									Fillingtambour ganz unvermeidlich ist; wieder andere Fäden haften noch durch den
                              									letzten Rest des Bindemittels mit benachbarten zusammen u. dgl. m.
                           Um aber ein schönes egales Seidengespinnst zu erzielen, müssen die Fäden der
                              									Seidenbärte nach ihrer Länge sortirt und vollkommen parallel zusammengelegt,
                              									überdieß alle zu kurzen Fasern und übrig gebliebene Unreinigkeit gänzlich
                              									ausgeschieden werden.
                           Diese Aufgabe erreicht man durch ein mehrfach wiederholtes Auskratzen oder Auskämmen
                              									der Seidenbärte und der aus denselben sich ergebenden Kämmlinge auf den sogenannten
                              										Kämmmaschinen (peigneuse
                              									– dressing maschine), von welchen sich zum Schluß
                              									mehrere Sorten, d.h. verschieden lange und demgemäß verschiedenwerthige Kammzüge
                              									ergeben.
                           Diese Kammzüge gehen nun zur Florettspinnerei, wo dieselben auf Anlege- und
                              									Bandmaschinen zu endlosen Bändern umgewandelt, dann auf Durchzügen und Spindelbänken
                              									doublirt, gestreckt und vorgesponnen, und endlich auf Watermaschinen zu Seidengarn
                              									versponnen werden. Alle diese Maschinen – bis auf die Watermaschine –
                              									haben ähnlich wie jene in der Flachsspinnerei Streckwerke mit Kammstäben und
                              									Schraubenführung.
                           
                           Die beim Auskämmen und Spinnen gesammelten Abgänge (kurze Kämmlinge, Fadenabgänge
                              									etc.) werden in der Seidenwerg-Spinnerei verwerthet.
                           Die Maschinen für die geschilderte Zubereitung des Florettmateriales wurden bisher
                              									ausschließlich aus England bezogen. Es hat sich deßhalb in den letzten Jahren die
                              									Schweizer Firma Theod. und Friedr. Bell in Kriens bei
                              										LuzernVertreten durch J. C. Bolter in Wien. für diesen Zweig der Seidenspinnerei – unseres Wissens als die erste
                              									auf dem Continente – speciell eingerichtet und auch einige der angeführten
                              									Maschinen, soweit der bewilligte Raum eben zureichte, auf der Wiener Weltausstellung
                              									vorgeführt.
                           Da über diesen Gegenstand bisher wenig veröffentlicht wurde und derselbe doch dem
                              									Techniker ein allgemeines, dem Spinner ein besonderes Interesse gewährt, so mag der
                              									vorliegende Bericht nicht ganz unzweckmäßig befunden werden.
                           Freilich hat es bei der Geheimthuerei der Besitzer von Florettkämmereien große
                              									Schwierigkeiten, alle die verschiedenen Manipulationen eingehend zu studiren; indeß
                              									liegt auch bei Abfassung dieses Berichtes nur die Absicht nach einer allgemeinen,
                              									principiellen Darstellung, keineswegs aber nach einer erschöpfenden Behandlung der
                              									Zubereitung von Seidenabfällen für Florettspinnerei vor.
                           Ich schließe daher an die vorausgegangene Uebersicht der aufeinanderfolgenden
                              									Operationen die nähere Beschreibung der hierbei verwendeten Maschinen.
                           Cocon-Stampfmaschine. Dieselbe ist in Figur 3 in
                              									einem Verticalschnitt dargestellt und besteht aus dem langsam rotirenden Eisenkessel
                              										A mit doppeltem Boden und vier in demselben
                              									auf- und niedergehenden Stampfen B.
                           Die Drehung des Kessels A erfolgt von der Hauptwelle C durch das Schneckengetriebe a, die verticale Spindel b und das Getriebe
                              										c, welches in den am Kessel angegossenen Zahnkranz
                              										d eingreift.
                           Die Excenter E, an welchen die Stampfen durch Zugstangen
                              									angelenkt sind, sitzen auf der Hauptwelle C und
                              									ertheilen denselben bei der Drehung der Welle die stoßende Bewegung. Der Kopf der
                              									Stampfen ist aus Holz, nämlich aus 4 vertical an einer Platte befestigten
                              									Bretstücken zusammengesetzt.
                           Das ganze Stampfgeschirr, die Hauptwelle C
                              									eingeschlossen, ist durch Drehung des Handrades F, der
                              									Räder e und des Zahnstangengetriebes f, innerhalb der Maschinenständer D, D vertical verschiebbar angeordnet, um die Stampfen nach Erforderniß
                              									tiefer oder höher zur Wirkung gelangen zu lassen. Die Zahnstangen f, f sind fest an den Ständern D.
                           Nachdem an dieser etwaigen Verstellung auch die Hauptwelle mit der Riemenscheibe C Theil nimmt, so läuft der Riemen über eine doppelte
                              									Spannrolle g, welche durch das Gewicht ihres
                              									Schwinglagers den Riemen in allen Stellungen des Stampfgeschirres gespannt
                              									erhält.
                           Die sich abscheidenden Unreinigkeiten, insbesondere die aus den Cocons ausgestampften
                              									Puppen u.a.m., sammeln sich unter dem falschen Boden A',
                              									von wo sie von Zeit zu Zeit durch eine leicht verschließbare Oeffnung ausgezogen und
                              									als geschätztes Dungmittel verwerthet werden. Durch diese Oeffnung wird auch das
                              									Schmutzwasser abgelassen, namentlich gegen Ende der 4 bis 6 Stunden andauernden
                              									Behandlung, welche mit einem Ausspülen der gestampften Cocons mit warmem Wasser
                              									schließt.
                           Wie oben schon erwähnt, wird die aus den Gährfässern ausgezogene Strusi vortheilhaft
                              									mit warmem Wasser in der Coconstampfe – höchstens 1/2 Stunde lang –
                              									vorgewaschen.
                           Die Stampfmaschine wiegt ca. 2250 Kilogramme und kostet
                              									ungefähr 2850 Franken; sie erfordert an Raum 1,8 × 1,5 Meter und an
                              									Betriebskraft etwa 3/4 Pferdestärke bei 100 Umdrehungen der Hauptwelle. –
                           Die Wasch- und Stampfmaschine dient zum gründlichen Auswaschen und Ausspülen der
                              									präparirten Florettmassen mit kaltem Wasser. Man begnügt sich aber nicht mit einem
                              									reichlichen Wasserzufluß allein, sondern bringt das angewässerte Material auch noch
                              									unter Stampfen, welche den Schmutz ausstoßen.
                           Diese Maschine ist auf der Ausstellung nicht vertreten; ich kann daher nur eine
                              									flüchtige Reiseskizze derselben in Figur 4 vorführen.
                           Das Seidematerial wird auf die kreisförmig gebogene Rinne R ausgebreitet und mit etwa 8 bis 10 Umdrehungen pro Minute herumgeführt. Bei jeder Tour passirt das Material zwei
                              									diametral einander gegenüber angeordnete Doppelsätze von 3 oder 4 Stampfen S, welche von der Hauptwelle A und Riemenscheibe A' angetrieben werden.
                           Die Hebedaumen B der einen Reihe der Stampfen sitzen
                              									unmittelbar auf der Hauptwelle; die anderen hinter derselben, auf einer parallel
                              									gelagerten Hülfswelle, welche von den Zahnrädern a
                              									umgedreht wird und in der Zeichnung vollkommen verdeckt erscheint.
                           Die Waschrinne R mit einem Boden aus Holz hat siebförmig
                              									gelochte Wände, um das Schmutzwasser durchzulassen; die Drehung derselben geht von der Hauptwelle
                              									durch das Schneckengetriebe C auf die verticale Achse
                              										D, auf welcher die Waschrinne geeignet befestigt
                              									ist.
                           Unterhalb der Stampfen – je 2 Reihen zu 3 oder 4 Stampfen – ruht die
                              									Waschrinne auf Rollen, welche die Stöße aufnehmen.
                           Die Waschrinne hat ca. 2 Meter äußeren Durchmesser. Für
                              									den Betrieb werden 3/4 bis 1 Pferdekraft als genügend angegeben. Der Preis stellt
                              									sich auf etwa 5300 Franken. –
                           Die Figur 5
                              									zeigt uns die ebenfalls nicht ausgestellte, in Südfrankreich vielfach verwendete Klopfmaschine zum Auflockern und Aufweichen der
                              									gewaschenen und getrockneten Cocons.
                           Der runde Tisch A, dessen äußerer Rand mit einem
                              									Drahtrost bedeckt ist, auf welchem die Cocons ausgebreitet werden, erhält eine
                              									langsame Umdrehung, um die Cocons nach einander an der Schlagvorrichtung
                              									vorbeizuführen.
                           Das Klopfen der Coconmasse erfolgt durch kleine Schlagbretchen an dem Ende schmaler
                              									Lederstreifen, welche gegenseitig versetzt auf einem breiten in Bewegung zu
                              									setzenden Lederriemen aufgenäht sind. Um das Herabziehen der Cocons zu verhüten,
                              									sind schwache Stängelchen a radial über den Tisch
                              									gelegt.
                           Die Arbeiterin steht neben dem Schlagriemen und ordnet unaufhörlich die geklopften
                              									Cocons.
                           Außer dem Preis von ungefähr 3000 Franken habe ich keine näheren Daten über diese
                              									Klopfmaschine erlangen können. –
                           Die Besprechung des Cocon-Opener, der Fillingmaschine und der Kämmmaschine
                              									setze ich ein anderes Mal fort.
                           
                        
                           37. Horizontale Ausbohr- und
                                 										Fräsmaschine, ausgeführt von der Sächsischen Maschinenfabrik (vormals Richard
                                 										Hartmann) in Chemnitz. (Fig. 6 u. 7.)
                           In Fortsetzung der Beschreibung der von oben genannter Firma ausgestellten Maschinen
                              									komme ich zur Erklärung der in Figur 6 und 7 in zwei
                              									Ansichten dargestellten horizontalen Ausbohr- und Fräsmaschine, welche sich
                              									durch ihre schöne und gelungene Construction sowie durch ihre sorgfältige Ausführung
                              									auszeichnet. Die Maschine eignet sich zum Ausbohren von Löchern, zur Herstellung von
                              									Keilnuthen und Längsschlitzen, endlich zum Abfräsen von Flächen großer
                              									Maschinentheile.
                           Der Aufspanntisch erscheint in der Abbildung nicht dargestellt; derselbe steht in
                              									unmittelbarer Verbindung mit der Wange a – welche
                              									in Figur 6
                              									abgebrochen gezeichnet werden mußte –, auf welcher der Werkzeugständer b durch entsprechendes Vorgelege bei f von der Hauptwelle e
                              									aus horizontal hin- oder hergeschoben werden kann. Auf
                              									dem Ständer d findet der Werkzeugschlitten c in verticalem Sinne seine
                              									Führung und Bewegung.
                           Die Bohrspindel d empfängt in jeder Stellung des Ständers
                              									und des Schlittens ihre Drehung von der Hauptwelle e aus
                              									durch Kegelräder g und h,
                              									ferner durch die Spurräder i, k. Zur raschen Abstellung
                              									der Drehung des Werkzeuges dient die Kuppelung bei n
                              									(neben dem Rad i).
                           Beim Ausbohren stehen Ständer b und Schlitten c unbeweglich an ihrem Platz,
                              									da die Bewegungsübertragung von der Hauptwelle nach dem Rädertrieb bei f durch die Kuppelung q
                              									unterbrochen ist. Die Bohrspindel d aber dreht sich
                              									ungehindert und erhält ihren Vorschub in bekannter Weise durch das Handrad l oder selbstthätig durch den in Figur 7 bei m ersichtlichen Rädertrieb, welcher die Mutter am
                              									Handrad l rascher oder langsamer dreht als die
                              									Bohrspindel.
                           Um jedoch die fortschreitende Bewegung des Bohrers vorwärts und rückwärts mit
                              									größerer oder geringerer Geschwindigkeit zu erzielen, sind 4 Räderpaare: 47/43, 46
                              									44 und 43/47, 44/46 vorhanden, von welchen jedoch stets nur das eine, für die
                              									betreffende Bewegung entsprechende Räderpaar in Eingriff gebracht wird. Zu diesem
                              									Zwecke sind die Zahnräder auf der Welle m in Keilnuthen
                              									verstellbar, in ihrer Stellung jedoch mittelst Schräubchen festzuklemmen.
                           Zum Fräsen von Arbeitsflächen oder beim Bohren von
                              									Keilnuthen etc. erhält der Ständer b oder der Schlitten
                              										c die erforderliche Querbewegung, indem die
                              									Kuppelung q entsprechend eingerückt wird. Liegt das
                              									Kuppelungs-Gleitstück links am Kegelrädchen an, so pflanzt sich die Drehung
                              									der Hauptwelle unverändert weiter; umgekehrt jedoch, wenn jenes mit dem
                              									rechtsgelegenen Kegelrädchen in Eingriff tritt.
                           Das mit den entsprechenden Wechseln versehene Rädervorgelege f überträgt die Drehung, je nach der Stellung der betreffenden
                              									Zahnkuppelungen r (Figur 6), auf die
                              									innerhalb der Wangen a liegende Schraubenspindel s für die Horizontalbewegung des Ständers b
                              									oder auf die parallel zur Schraubenspindel gelagerte
                              									Welle t und von dieser durch Kegelrädchen auf die
                              									stehende Schraubenspindel o zur Verticalverschiebung des
                              									Schlittens c.
                           Indessen können diese Bewegungen des Ständers oder des Schlittens auch von Hand durch
                              									einen auf das vierkantige Ende der Spindel s oder der
                              									Welle l aufgesetzten Schlüssel bewerkstelligt
                              									werden.
                           Was die Hauptabmessungen der beschriebenen Maschine betrifft, so ist die Wange a 5 Meter lang und 960 Millimeter breit. Die Lauffläche
                              										des Schlittens hat
                              									1,35 Meter Länge. Die verticale Verschiebung des Werkzeugschlittens beträgt im
                              									Maximum 1,16 Meter. Der Schlitten ist 630 Millimeter hoch.
                           Der Preis der Maschine beträgt 3160 Thaler.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
