| Titel: | Ueber das Weldon'sche und das Deacon'sche Verfahren der Chlorentwickelung; von Georges Lemoine. | 
| Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. LXXV., S. 443 | 
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                        LXXV.
                        Ueber das Weldon'sche
                           								und das Deacon'sche Verfahren der Chlorentwickelung; von
                           								Georges Lemoine.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
                        Ueber Weldon's und das Deacon's Verfahren der
                           								Chlorentwickelung.
                        
                     
                        
                           In diesem Bande des polytechn. Journals wurde S.
                              									279–282 (zweites Augustheft 1873) aus dem Bulletin de
                                 										la Société d'Encouragement ein Aufsatz des Hrn. Lemoine über Weldon's neues
                              									Verfahren der Chlorentwickelung (mit Anwendung von Magnesia) mitgetheilt. In den Annales des mines ist diesem Aufsatze eine Skizze des
                              									bei diesem Verfahren angewendeten Apparates beigefügt, welche wir in Figur 22 ebenfalls
                              									mittheilen. A ist das Chlorentwickelungs-Gefäß,
                              										B ein Bassin zum Absetzen, C der Abdampfkessel, D der Röstofen, welcher
                              									von oben erhitzt wird; der zweite Ofen befindet sich hinter dem ersten. E ist der Condensator für die Salzsäure, F der Apparat zur Behandlung des verdünnten Chlors mit
                              									Kalk, G der Apparat in welchem durch Einwirkung
                              									schwacher Salzsäure auf die aus F abgelaufene
                              									Flüssigkeit concentrirtes Chlor entwickelt wird.
                           Der vorerwähnte Aufsatz ist ein Theil eines größeren Aufsatzes, in welchem Lemoine auch das erste Weldon'sche Verfahren – Einleiten von Luft in die Manganchlorürlösung
                              									unter Zusatz von Kalkmilch – und das Verfahren von Deacon – Leiten eines Gemisches von Salzsäure und Luft über mit
                              									schwefelsaurem Kupferoxyd imprägnirte, bis etwa 400° C. erhitzte Thonkugeln
                              									– beschreibt. Bezüglich des ersteren Verfahrens fügt er dem, was im Jahrgang
                              									1871 Bd. CXCIX S. 272 und Bd. CCI S. 354 darüber mitgetheilt ist, nichts
                              									Wesentliches hinzu, weßhalb wir diesen Theil seines Aufsatzes hier nicht weiter
                              									berücksichtigen. Hinsichtlich des Deacon'schen Verfahrens
                              									dagegen theilen wir zur Ergänzung dessen, was im Jahrg. 1871 Bd. CC S. 398 darüber
                              									gesagt ist, aus seinem Aufsatze noch Folgendes mit.
                           Bei dem Deacon'schen Verfahren wird das Mengenverhältniß
                              									der beiden Gase – Salzsäuregas und Luft – durch Ansaugen mittelst
                              									einer besonderen, ganz am Ende der Apparate aufgestellten Pumpe bestimmt; der
                              									Unterdruck beträgt an diesem Punkte ungefähr 0,17 Met. Wassersäule. Die Menge des in
                              									einer gewissen Zeit producirten Salzsäuregases hängt von der Zersetzung des
                              									Kochsalzes durch die Schwefelsäure ab und ist gegeben, da alles Salzsäuregas,
                              									welches aus der Pfanne des Zersetzungsofens austritt, direct in die zum Freimachen
                              									des Chlors bestimmten Apparate strömt. Man regulirt also, indem man mit Hülfe einer Klappe die
                              									Aspiration abändert, nur die Menge der zutretenden Luft.
                           Das Deacon'sche Verfahren wird in folgender Weise
                              									ausgeführt:
                           Ein Erhitzungsapparat (réchauffeur) empfängt das Gemisch von Luft und Salzsäuregas beim
                              									Austritt derselben aus dem Zersetzungsofen. Dieser Apparat kann die Größe von 4
                              									× 8 × 2,5 Met. haben; er wird durch einen seitwärts befindlichen Herd
                              									erhitzt. Das Gasgemisch circulirt hier in Uförmigen
                              									Röhren, ähnlich denen welche zum Erhitzen des für die Hohöfen bestimmten Windes
                              									dienen.
                           Der Regulator, welcher nun kommt, hat den Zweck, die
                              									Temperatur des Gasgemisches, welche durch ein Metallpyrometer bestimmt wird, in der
                              									Nähe von 400° Celsius zu erhalten. Bei zu niedriger Temperatur (unter
                              									320°?) würde die Reaction fast gar nicht stattfinden; bei zu hoher Temperatur
                              									(über 500°?) würde Chlorkupfer verflüchtigt werden, und indem so das Kupfer
                              									verschwände, würde die Reaction endlich aufhören. Der Regulator besteht einfach aus
                              									einer Masse von Ziegeln, die in einer fast würfelförmigen Kammer aufgeschichtet
                              									sind. Diese Kammer kann 2 Met. Seite haben und wird durch einen besonderen Herd
                              									erhitzt.
                           Der Zersetzungsapparat (décomposeur) bringt die Gase mit schwefelsaurem Kupferoxyd in
                              									Berührung, welches die Reaction bedingt. Er besteht aus 8 bis 10 eisenblechernen
                              									Kammern von 3 bis 4 Met. Höhe und circa 1,20 Met. Länge
                              									und Breite. Jede dieser Kammernst mit Thonkugeln von circa 15 Millimet. Durchmesser, die mit einer Lösung von schwefelsaurem
                              									Kupferoxyd getränkt wurden, gefüllt. Der Zersetzungsapparat wird durch zwei
                              									seitwärts befindliche Herde erhitzt. Wenn die Temperatur zu hoch steigt, kann man
                              									jede Kammer für sich abkühlen, indem man durch ein in der Mitte derselben
                              									angebrachtes verticales Rohr kalte Luft strömen läßt.
                           Die Reaction ist jetzt beendet; man hat nun bloß noch das erhaltene Chlor zur
                              									Erzeugung von Chlorkalk zu verwenden.
                           Durch Condensatoren wird die Salzsäure, welche dem
                              									Chlorgase noch beigemischt ist, abgeschieden.
                           Durch Trockenapparate wird dann das Wasser, welches sich
                              									aus dem Wasserstoff der Salzsäure gebildet hat, insoweit es sich nicht vorher schon
                              									verdichtet hat, aus dem Gase weggenommen. Es geschieht dieß, indem man das Gas
                              									zunächst durch einen Thurm, welcher über einander gestellte Hürden mit Chlorcalcium
                              									enthält, und dann – wenigstens bei Deacon –
                              									durch einen Thurm mit Kohks, durch welchen Schwefelsäure herabfließt, strömen
                              									läßt.
                           
                           Die Chlorkalk-Kammern müssen für dieses Verfahren
                              									ganz besonders eingerichtet seyn. Dasselbe bietet den Uebelstand dar, ein Chlorgas
                              									zu geben, welches mit inertem Gas, nämlich Stickstoffgas und überschüssiger Luft,
                              									gemischt ist. Wegen dieses Umstandes ist es nothwendig, die Berührungsstellen
                              									zwischen dem Gase und dem Kalk zu vermehren. In den Kammern sind daher Platten von
                              									Steinzeug (grès) angebracht, die nur circa 0,30 Met. von einander entfernt sind, und auf
                              									denen man den Kalt in einer Schicht von geringer Dicke ausbreitet. Man sucht auch
                              									das Princip der methodischen Saturation, d.h. daß das Chlor zunächst zu schon
                              									theilweise gesättigtem und erst zuletzt zu frischem Kalk geleitet wird,
                              									anzuwenden.
                           Der Aspirator, in einer einfachen Pumpe bestehend, bildet
                              									das Ende dieser Reihe von Apparaten.
                           Das Deacon'sche Verfahren wird jetzt in drei oder vier
                              									englischen Fabriken im Großen probirt; der Verf. hat es bei Deacon in Widnes und bei Pattinson in Newcastle
                              									in Anwendung gesehen.
                           Man kann gegen dieses Verfahren folgende Einwendungen machen: Die für dasselbe
                              									erforderlichen Apparate kommen viel theurer zu stehen, als die Apparate für das
                              									(erste) Weldon'sche Verfahren; sie dürften wenigstens
                              									viermal mehr kosten. Es ist zu fürchten, daß bei der Benutzung dieser Apparate
                              									leicht Störungen eintreten. Die Salzsäure aus den Calciniröfen, wo die Zersetzung
                              									des Chlornatriums beendet wird, ist bei diesem Verfahren schwierig zu verwenden,
                              									weil sie zu verdünnt ist. Endlich ist es besonders ein Uebelstand, daß man bei
                              									Anwendung des mit inertem Gas gemischten Chlorgases nicht leicht einen Chlorkalk von
                              									ebenso großem Gehalt an wirksamem Chlor bekommt, wie bei Anwendung von reinem
                              									Chlorgas. Erst in der letzten Zeit soll man, und nur mit vieler Mühe, die
                              									Schwierigkeit, welche das nach dem Deacon'schen Verfahren
                              									erhaltene Chlor in dieser Hinsicht darbietet, überwunden haben.
                           Das Deacon'sche Verfahren bietet dagegen, was nicht zu
                              									übersehen ist, den besonderen Vortheil dar, daß es die Condensation der Salzsäure
                              									zum Theil entbehrlich macht. Es kann daher bald eine große Verbreitung erlangen.
                              										(Annales des mines, 1873 p. 5; polytechnisches Centralblatt, 1873 S. 960.)
                           
                        
                     
                  
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