| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 209, Jahrgang 1873, Nr. , S. 234 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Dampfpumpe zur Wasserhaltung.
                           In dem Verein zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen machte Geh. Regierungsrath
                              										Reuleaux nachstehende Mittheilung über die neueste
                              									Entwickelung des Baues und der Anwendung der Dampfpumpen. Nachdem die Dampfpumpe
                              									vorzugsweise in geringen Abmessungen für die Zwecke der Kesselspeisung sich ungemein
                              									verbreitet hatte, wurden seit 1867 gewisse ältere Bestrebungen wieder lebhafter
                              									aufgenommen, wornach die Herstellung einer praktischen Dampfpumpe ohne Kurbelachse
                              									und Schwungrad als zu erreichendes Ziel hingestellt ward. Man gelangte bei der
                              									bedeutenden Energie, mit welcher die Aufgabe dieses Mal erfaßt wurde, bald zu
                              									befriedigenden Ergebnissen. Von Cameron, Baumann,Baumann's Dampfpumpe ist nach beigegebener
                                    											Zeichnung im polytechn. Journal, 1870, Bd. CXCVII S. 303 beschrieben.
                              									Tangye und anderen wurde eine Dampfpumpe erzielt, welche
                              									namentlich vermöge einer sehr gut ersonnenen Betriebsweise des Dampfschiebers mittelst directen
                              									Dampfdruckes auf eine sehr einfache und praktische Form gebracht werden konnte. In
                              									Deutschland haben sich namentlich die Gebrüder Decker in
                              									Cannstatt die Einführung und Verbreitung der Baumann'schen Pumpe angelegen seyn lassen und in einzelnen Punkten dieselbe
                              									auch noch verbessert. Nachdem die technischen Schwierigkeiten der Maschine selbst
                              									einmal überwunden waren, machte ihre Anwendung bald bedeutende Fortschritte.
                              									Namentlich steigerte man ihre Dimensionen, d.h. ihr absolutes Leistungsvermögen, und
                              									ging dann auch dazu über, sie in den Bergwerken zur Wasserhebung zu benutzen. Nach
                              									einigen weniger gut gelungenen Versuchen kam man zu guten Resultaten. Es wurde Dampf
                              									durch (bis zu 1300 Met. lange) Rohrleitungen der unten im Schacht stehenden
                              									Pumpenanlage zugeführt und das Grubenwasser durch diese in einem einzigen Satze nach
                              									oben getrieben. Der abgehende Dampf wurde in einen Wetterschacht geleitet. Die
                              									Gebrüder Decker führten mit gutem Erfolge die viel
                              									bessere Methode ein, den Dampf mittelst des aufzupumpenden Wassers selbst zu
                              									condensiren, was unter Anderem auf der Benigna-Grube bei Schadowitz erprobt
                              									und bewährt befunden wurde. In England und theilweise auch schon in Deutschland
                              									macht nunmehr die Einführung der direct wirkenden Dampfpumpe als Grubenpumpe
                              									schnelle Fortschritte, die dadurch vor Allem begünstigt wurden, daß die Anlagekosten
                              									bei der neuen Einrichtung weit unter denen der älteren Wasserhaltungsmaschine
                              									stehen, zu denen sie sich stellenweise wie 1: 4 bis 6 oder 8 verhalten. Reuleaux glaubt als sicher ansehen zu dürfen, daß bei
                              									neuen Anlagen die neue Methode die alte verdrängen werde, weil die Kleinheit der
                              									Anlagekosten in den meisten Fällen den immerhin noch zu constatirenden Mehrverbrauch
                              									an Brennmaterial außer Betracht setzen werde. – Bei einer der neuesten
                              									Anlagen in England (Adelaiden-Grube, Bishop Auckland) von 1040' engl. Hubhöhe
                              									beträgt z.B. der Cylinderdurchmesser 26'' engl., der Pumpenkolben, welcher
                              									doppeltwirkend ist, hat 6 1/2'' Durchmesser bei 6' Hub. Ein Windkessel von 30' Höhe
                              									und 2 1/2' Weite ist angewendet, um die Wasserstöße zu beseitigen. Bei einer anderen
                              									Anlage hat der Dampfcylinder 32'', der Pumpenkolben 10 1/2'' Durchmesser etc. Den
                              									Dampfkessel stellt man, um die lange Dampfleitung zu vermeiden, in die Grube, wobei
                              									man die Verbrennungsgase durch einen Wetterschacht ableitet. Eine rheinische
                              									Kohlengrube ist beschäftigt sechs Stück der neuen Pumpen, aus dem Hause Tangye bezogen, einzubauen. In der allerneuesten Zeit ist
                              									man noch einen Schritt weiter gegangen, indem nämlich die Gebr. Tangye eine Einrichtung getroffen haben, vermöge welcher die
                              									abgehenden Rauchgase mit Wasser niedergeschlagen werden. Hier ist wieder auf das
                              									Princip des Hochdruckes zurückgegangen. Ein Blasrohr bewirkt mittelst der abgehenden
                              									Dämpfe den Zug für die Dampfkesselfeuerung, führt aber das Gemisch von Rauch und
                              									Dampf in den Niederschlag- oder Fällungsapparat, wo ein kräftiger Regen von
                              									Wasser (welches aus dem Steigrohr der Pumpe entnommen wird) das Gemisch fällt. Das
                              									Wasser fließt ein wenig trübe gefärbt ab, ohne Zweifel einen Theil der
                              									Verbrennungsgase theils chemisch, theils mechanisch beigemengt mit sich führend. Der
                              									Wetterzug beseitigt den Rest. Nach Angabe von Augenzeugen geht die Einrichtung sehr
                              									gut. – Somit hat sich auf dem Gebiete der Pumpen in den letzten Jahren eine
                              									förmliche Umwälzung theils bereits vollzogen, theils angebahnt, welche von ganz
                              									bedeutenden Folgen zu seyn verspricht. Sie kann nicht anders als auf dem praktischen
                              									Felde des Kohlenbergbaues die vortheilhafteste Wirkung ausüben, indem sie
                              									ermöglicht, leichter als bisher in größere Teufen zu gehen. Auch auf dem Gebiete der
                              									Landdampfmaschinen kann die Fällung der Verbrennungsgase, namentlich für Anlagen in
                              									großen Städten, von Wichtigkeit werden, indem sie unter Umständen die Anlage eines
                              									Schornsteines entbehrlich machen kann.
                           
                        
                           Ueber Benutzung der Condensationswässer zur
                              									Kesselspeisung.
                           Dabei muß man stets bedacht seyn, etwaige zu große Mengen von Fett entweder durch
                              									Verseifung oder durch vorherige gänzliche Entfernung unschädlich zu machen. Denn die
                              									Gefahr, unbenetzte Stellen an den Kesselwänden zu erzeugen, ist zu einleuchtend, als
                              									daß irgend eine Vorsichtsmaßregel versäumt werden sollte. Zur Verseifung der
                              									Fettstoffe wird gewöhnlich dem Condensationswasser Soda in gehörigen Mengen
                              									zugesetzt. Zur gäuzlichen Entfernung der Fettstoffe dagegen hat G. Schnackenberg
                              									 (Mittheilungen des Magdeburger Vereines für Dampfkesselbetrieb) folgendes
                              									schon früher empfohlene Verfahren bei einer größeren Kesselanlage, die hauptsächlich
                              									mit Condensationswasser gespeist wird, mit Erfolg eingeführt. – Das zu
                              									reinigende Wasser wird in ein Reservoir geleitet, mit dem noch 2 kleinere in
                              									Verbindung stehen. Diese Behälter, welche mit kräftigen Rührwerken versehen sind,
                              									werden abwechselnd bis zu 3/4 vollgefüllt und dann Petroleum hinzugefügt. Die
                              									Rührvorrichtung wird ca. 5 Minuten in Bewegung gesetzt
                              									und läßt man die Mischung dann 55 Minuten absetzen. Es sammelt sich sodann alles
                              									Petroleum über dem Wasser, nachdem es die Fettstoffe desselben aufgenommen hat. Schnackenberg's Beobachtungen stimmen ziemlich überein
                              									mit denen von Cail in Paris, der das Verfahren zuerst
                              									angegeben hat, und nach denen sich durchschnittlich 2 Decigrm. Fett pro Pferdekraft und Tag bei kleineren Maschinen und
                              									höchstens 100 Grm. pro Tag für eine Maschine von 100
                              									Pferdekräften bilden. Um zu Probiren, ob das Petroleum seine Wirksamkeit verloren
                              									hat, nimmt man 1/4 Liter Wasser aus dem Reservoir, gießt in dasselbe einige Tropfen
                              									Aetznatronlauge und läßt es kochen. Wenn sich nach Verlauf von einigen Minuten ein
                              									Schaum bildet, so zeigt dieß, daß das Petroleum nicht mehr seine ganze Wirksamkeit
                              									besitzt und erneuert werden muß. Um das verwendete Petroleum wieder zu gewinnen,
                              									destillirt man es in einer Blase mit den gewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln. Die
                              									Fettstoffe und ein wenig Petroleum bleiben zurück und können an Seifensiedereien
                              									verkauft oder zu Maschinenschmiere benutzt werden.
                           
                        
                           Die Verwerthung der durch den Rost gefallenen Cinder
                           hat man, wie Chary im
                              									westphälischen Ingenieurverein mittheilte, auf der Dortmunder Hütte in der Weise
                              									versucht, daß man in einem Schachtofen gepreßten Wind über glühende Cinder leitete.
                              									Das so gebildete Kohlenoxydgas wird dann z.B. zur Kesselheizung verbrannt und
                              									erzeugt eine Flamme von mehreren Fuß Länge. Die größte Schwierigkeit macht die
                              									Entfernung der Schlacken. Die Versuche sind noch nicht beendet, es soll ein größerer
                              									Ventilator aufgestellt werden etc., doch hat sich schon so viel herausgestellt, daß
                              									2 Kil. Cinder, durch Auslesen mit der Hand von den gröbsten Schlacken gereinigt,
                              									einen Heizeffect geben gleich dem von 1 Kil. Kohle. – Ingenieur Asthöwer hielt in dieser Frage eine gute
                              									Separationsvorrichtung für das Wichtigste. Die nasse Aufbereitung habe den
                              									Uebelstand, daß sie große Plätze zum Trocknen der gewaschenen Kohlenstückchen
                              									erfordere, und diese dann doch noch meist in feuchtem Zustande zur Verwendung
                              									kommen. Vielleicht ist es möglich, ähnlich wie bei
                              									Getreide-Reinigungsmaschinen, einen Windstrom zur Absonderung der Schlacken
                              									zu benutzen. – Ingenieur Mosler hat früher bei Funke und Hueck in Hagen, in
                              									Gemeinschaft mit Hrn. Schröder aus Kreuznach, Bausteine
                              									aus Cindern mit Kalkzusatz angefertigt, dieselben saugten aber derart Wasser an, daß
                              									beispielsweise in einem daraus erbauten Pferdestall die Jauche bis zur Decke stieg.
                              									Bei einem heftigen Platzregen floß dann der gesammte Vorrath an fertig gestellten
                              									Steinen auseinander, und die Versuche hatten ein Ende. Später wurde versucht, die
                              									Cinder auf einem sogen. Pultroste mit Unterwind zu verbrennen. Es bildete sich aber
                              									schon nach 10 Minuten ein festes Schlackengewölbe, welches keinen Wind mehr
                              									durchließ. Untersucht man die Cinder auf ihren Brennwerth durch Verkohlung im
                              									Kleinen, so ergibt sich als Durchschnittsresultat, daß Cinder, welche nur durch
                              									Auslesen mit der Hand von den gröbsten Schlacken befreit sind, 26,7 Gewichtsprocente
                              									oder 10,5 Volumprocente an unverbrennbaren Rückständen ergeben.
                           
                        
                           Ueber die Darstellung der Anilinfarben und des künstlichen
                              									Alizarins.
                           Für die Darstellung der Anilinfarben ist die Gewinnung von
                              									Benzol und Anilinöl Vorbedingung, indem letztere Substanz als Rohmaterial für diese
                              									Farben dient. Obschon die Begründung der Anilinfarben-Industrie (1856) und
                              									ihre ersten, wichtigsten Erfindungen auf englischem (Perkin 1856, Hofmann 1858 und 1863, 
                              									Medlock 1860, Nicholson 1862,
                              										Lightfoot 1863) und französischem (Verguin 1859, Béchamp
                              									1860, Girard und de Laire
                              									1860) Boden stattfanden, betheiligte sich doch Deutschland gleich anfangs durch
                              									billige und gute Fabricate an derselben, um schließlich allen Mitbewerbern den Rang
                              									abzulaufen. Seine meist sehr bedeutenden Fabriken liegen hauptsächlich in
                              									Südwest- und Westdeutschland (Offenbach, Bieberich, Höchst, Mannheim, Barmen,
                              									Elberfeld, Crefeld), kleinere über das ganze Reich zerstreut, und betheiligen sich
                              									an der europäischen Gesammtfabrication, deren Werth von 2 1/2 Mill. Thlr. in 1862
                              									auf 7 1/2 in 1867 und mindestens 10 Mill. in 1872 bei gleichzeitiger 40facher
                              									Productionsvermehrung stieg, jetzt mit ungefähr der Hälfte der Production, indem sie
                              									nach allen europäischen Staaten, dann nach Amerika und dem Orient und selbst nach
                              									den einzig concurrirenden Ländern England, Frankreich und der Schweiz in bedeutender
                              									Menge exportiren. Dagegen ist, wesentlich in Folge der Patentbeschränkungen, die
                              									französische Production bis auf ungefähr 10 Ctr. Farbstoff täglich herab gegangen.
                              									Unter den Veränderungen der letzten 5 Jahre sind für Deutschland namentlich
                              									bemerkenswerth: 1) die Steigerung der einheimischen Anilinöl-Production von
                              										circa 10000 Ctr. in 1867 auf jetzt ungefähr 25,000
                              									Ctr., zu welchen zur Deckung des deutschen Farbenfabricationsbedarfes noch 10000
                              									Ctr. vom Ausland bezogen werden müssen; 2) die Ausdehnung der deutschen Fabriken,
                              									deren jetzt viele eine Tagesproduction von 10 Ctr. Fuchsin und darüber (neben
                              									anderen Farbstoffen) liefern; 3) die gegenwärtig in Deutschland stattfindende
                              									Einführung der bisher nur in Frankreich betriebenen Fabrication von
                              									Methylanilinviolett, welches das durch die hohen Jodpreise unmöglich gewordene
                              									Jodviolett (zugleich die Basis des Lichtgrün) zu ersetzen bestimmt ist. Diese
                              									Aenderung, in deren Folge Deutschland schon jetzt mehr als 10 Ctr. Methylanilin
                              									täglich erzeugt, ist um so beachtenswerther, als mit ihrer Einbürgerung die Menge
                              									der durch die Anilinfarben bisher erzeugten giftigen Rückstände (aus jährlich 30000
                              									Ctr. in Deutschland verbrauchter Arsensäure) bedeutend vermindert würde, da
                              									Arsensäure alsdann nur noch zur Darstellung des unmittelbar zu verwendenden Fuchsins
                              									nöthig wäre. Bezüglich Unschädlichmachens oder Vermeidung solcher Rückstände sey
                              									erwähnt, daß seit zwei Jahren in der von Elberfelder und oberrheinischen Fabrikanten
                              									errichteten Fabrik zu Haan die arsenhaltigen Mutterlaugen für neue Verwendung in der
                              									Fabrication zu Gute gemacht werden, sowie ferner, daß die in den Laboratorien fast
                              									aller deutschen Anilinfabriken fortgesetzten Versuche zur Darstellung von Fuchsin
                              									nach Coupier's Verfahren unter Vermeidung der Arsensäure
                              									neuerdings größere Aussicht auf Erfolg gewähren.
                           Die von zwei deutschen Chemikern, Graebe und Liebermann, im Jahre 1868 entdeckte Thatsache, daß der
                              									als Alizarin bekannte Farbstoff des Krapp sich vom Anthracen, einem der auch im
                              									Steinkohlentheer vorkommenden Kohlenwasserstoffe, ableite, führte dieselben Ende
                              									1868 auf den umgekehrten Weg der künstlichen Erzeugung von Alizarin aus Anthracen.
                              									Seit 1870 ist die auf ihre Methoden begründete Industrie des
                                 										künstlichen Alizarins von den meisten Anilinfabriken Deutschlands
                              									aufgenommen und in stetem Wachsthum begriffen. Deutschland zählt gegenwärtig 10 bis
                              									12 meist sehr bedeutende Alizarinfabriken, England und Frankreich, der schützenden
                              									Patente wegen, nur je eine. Für 1873 beläuft sich die Gesammtproduction schon auf
                              									22000 Ctr. 10procentige Alizarinpaste im Werthe von 4 Mill. Thlr., wovon circa 15000 Ctr. auf Deutschland, circa 6000 auf England kommen. Der deutsche Export geht über ganz Europa
                              									und nach Amerika. Das das Rohmaterial bildende Anthracen ist bei 0,5 Proc. Gehalt
                              									des Theeres an demselben in den von den Gasanstalten insgesammt producirten 5 Mill.
                              									Ctr. Theer zur Deckung des ganzen gegenwärtigen Alizarinverbrauches (entsprechend 1
                              									Mill. Ctr. Krapp im Werth von 13 Mill. Thlrn.) und selbst für eine wahrscheinliche
                              									Consumsteigerung in genügender Menge vorhanden. 1872 kamen schon 15000 Ctr.
                              									40procentiges Anthracen im Werthe von über 1 Mill. Thaler hauptsächlich aus England,
                              									weniger aus Holland (600 Ctr. 70proc. im Werth von 100000 Thlrn.), Deutschland und
                              									Frankreich in den Handel. Künstliches Alizarin ersetzt sämmtliche Krapppräparate.
                              									Während Deutschland bisher die feineren Sorten der letzteren aus Frankreich bezog,
                              									wird es wahrscheinlich binnen zwei Jahren der Lieferant der ganzen Welt an Alizarin,
                              									wie heute an Anilinfarben, seyn; auch läßt, trotz augenblicklich noch stattfindender
                              									Concurrenz des künstlichen und natürlichen Farbstoffes, der Krappbau bereits nach,
                              									und werden Krappproducenten zu Fabrikanten künstlichen Alizarins. Beim Sinken der
                              									Preise des Alizarins dürfte dessen Verwendung noch weit über die heutige hinaus gehen, und der Import
                              									von Farbhölzern aus dem Orient bedeutend nachlassen. (Aus der Einleitung zu Gruppe
                              									III des deutschen Kataloges für die Wiener Ausstellung durch deutsche
                              									Industriezeitung.)
                           
                        
                           Darstellung von künstlichem Alizarin, nach Meister, Lucius und Brüning.
                           Nach einem neuerdings von den Genannten genommenen Patent auf ein Verfahren zur
                              									Darstellung von künstlichem Alizarin wird Anthracen mit einem Gemisch von
                              									doppelt-chromsaurem Kali und Salpetersäure oxydirt, das entstandene
                              									Anthrachinon durch Kochen mit Salpetersäure in Nitranthrachinon übergeführt, dieses
                              									mit einem Alkali erhitzt, und schließlich das gebildete Alizarin durch eine Säure
                              									ausgefällt.
                           Das Präparat von Meister, Lucius und Brüning zeichnet sich vor anderen, besonders dem Gessert'schen, dadurch vortheilhaft aus, daß es neben Alizarin auch
                              									Purpurin enthält. Bekanntlich können die Krappfarben nur durch Zusammenwirken der
                              									beiden im Krapp vorkommenden Farbstoffe schön und ächt erzielt werden. Aus diesem
                              									Grunde bietet nur das purpurinhaltige Präparat von M., L. und B. genügende Garantie
                              									für seine Brauchbarkeit und führt sich auch immer mehr ein.
                           Uebrigens soll das Gessert'sche Verfahren ein Abkömmling
                              									des ersten in der Höchster Fabrik angewendeten Verfahrens seyn. (Reimann's Färberzeitung, 1873,
                              									Nr. 20.)
                           
                        
                           Untersuchung von mit Anilinroth (Fuchsin) gefärbter Wurst; von
                              									Prof. Dr. E. Reichardt in
                              									Jena.
                           Die Färbung der Fleischwaaren mit Fuchsin hat leider in einer solchen Weise
                              									zugenommen, wie es nur in einer der Verbreitung derartiger Geheimmittel so geneigten
                              									Zeit geschehen kann, jedoch ist die Nachweisung ebenso leicht zu führen.
                           Die natürliche Fleischfarbe rührt von den Blutkörperchen oder dem darin enthaltenen
                              									Blutfarbstoffe her, der, wenn auch sonst sehr beständig, äußerst leicht bei
                              									angehender Zersetzung der dazu so leicht geneigten Fleischsubstanzen sich entfärbt.
                              									Bei sorgfältiger Handhabung, schneller Räucherung, genügendem Zusatz von Salpeter
                              									und Kochsalz gelingt es aber dem sorgfältigen Fabrikanten, die Fleischsubstanz in
                              									natürlicher Farbe zu erhalten und wird daher mit Recht die erhaltene Fleischfarbe
                              									als ein gutes Zeichen der Fabrication angenommen. Hiermit soll, wie leicht zu
                              									ersehen, nicht gesagt seyn, daß etwas mißfarbige Fleischwaare, wie namentlich
                              									Cervelatwurst, verdorben sey; die meisten in kleinen Schlachtereien oder im
                              									Hausbedarf dargestellten Würste behalten die frische Fleischfarbe nur sehr kurze
                              									Zeit und sind deßhalb doch völlig gut; hier wird natürlich der äußeren
                              									Beschaffenheit nicht so viel Aufmerksamkeit zugewendet, wie bei aufmerksamster
                              									Behandlung in der großen Fabrication.
                           Der Blutfarbstoff ist unlöslich in Alkohol und Aether, das
                              										Fuchsin oder Anilinroth
                              									leicht löslich und behält letzteres diese Löslichkeit auch bei, wenn es zur Färbung
                              									der Wurst gebraucht wurde.
                           Bei der mir zur Beobachtung gekommenen anilinrothgefärbten Wurst konnte man mit dem
                              									Auge, noch besser mit dem Vergrößerungsglase, einzelne besonders stark gefärbte und
                              									verdächtig aussehende Stellen und Punkte bemerken, was sich nach der Mischung der
                              									Wurst aus Fett und Fleisch auch leicht erklären läßt. Uebergießt man solche
                              									zerkleinerte Wurst mit 90procentigem Alkohol, so färbt sich dieser nach kurzer Zeit
                              									mehr und mehr roth; ungefärbte Wurst gibt gar keinen Farbstoff
                                 										an Alkohol ab. Ebenso färbt sich sehr bald Aether.
                           Die Farbe des Alkohols war unverkennbar diejenige des Anilinrothes; fügt man etwas
                              									Säure zu, so verschwindet die Farbe, Blutfarbstoff würde unter diesen Umständen erst
                              									sichtbar werden; ebenso verändert Natron oder Kali das Roth in Gelb, fast zur
                              									Farblosigkeit. Letzteres Verhalten gibt sogar Anhalt zur eventuellen quantitativen
                              									Bestimmung.
                           
                           In hiesiger Gegend wurde einmal ein Fall genau constatirt, daß durch den Genuß
                              									anilinrothgefärbter Wurst starkes Unwohlseyn einer ganzen Familie eintrat; leider
                              									kam mir die fragliche Wurst nicht in die Hand. Gegen Färbung der Nahrungsmittel, und
                              									besonders so leicht veränderlicher, ist sich schon von vorn herein zu erklären, da
                              									dadurch nur eine Täuschung des Publicums beabsichtigt seyn kann. Bei der
                              									Fleischwaare kann man durch diese Färbung sogar schlechte und sonst nicht gut
                              									verkäufliche Waare als gut erhaltene anbringen, wodurch nicht allein Betrügerei
                              									geübt wird, sondern auch sehr nachtheilige Folgen für die Gesundheit entstehen
                              									können, da bekanntlich im Zersetzen begriffene Fleischsubstanzen höchst gefährliche
                              									Wirkungen zu äußern im Stande sind.
                           Es ist aber auch ebenso leicht möglich, daß die Anilinfarben an und für sich
                              									schädlich wirken; zuletzt muß aber auch die Möglichkeit hervorgehoben werden,
                              									arsenhaltiges Fuchsin zu erhalten und zu verwenden.
                           Das meiste Anilinroth wird bis jetzt noch mit Arsensäure bereitet und ist das
                              									Handelsproduct wiederholt arsenhaltig erwiesen worden. Die Wurstfabrikanten sind
                              									aber keineswegs fähig, diese ernsten Fragen sofort durch Prüfung beantworten zu
                              									können und so bleibt nichts übrig, als die Färbung der Fleischwaaren völlig zu
                              									verwerfen und als straffällig zu bezeichnen.
                           In dem hier zur Untersuchung gelangten Falle ergaben verschiedene Prüfungen auf Arsen
                              									kein positives Resultat; nach der geringen Quantität Anilinfarbstoff, welche die
                              									Bestimmung erwies, könnten auch nur verschwindend kleine Mengen Arsen vorhanden
                              									gewesen seyn. (Archiv der Pharmacie, Bd. CCII S. 514.)
                           
                        
                           Druckfarben aus Naphtylamin, nach F. Lamy Sohn in Deville-le-Rouen.
                           Ein Naphtylaminsalz, Nitrat, Acetat oder Hydrochlorat, wird mit einem oxydirenden
                              									Körper, wie chlorsaures Kali, oder einem Kupfersalz oder auch mit
                              									Hydrofluorkieselsäure versetzt, und die so bereitete Mischung zum Zeugdruck
                              									verwendet. Das bedruckte Zeug wird dann für einige Zeit der Luft ausgesetzt, hierauf
                              									durch ein Bad von dichromsaurem Kali, dem etwas Schwefel- oder Salpetersäure
                              									zugesetzt worden ist, gezogen, und schließlich, damit ein schönes Braun oder
                              									Braunviolett entwickelt wurde, in eine Lösung eines alkalischen Chlorides
                              									getaucht.
                           Die so erzeugte Farbe ist sehr dauerhaft, besitzt die Eigenschaften von Anilinschwarz
                              									und mag als Ausgangspunkt für andere Farben benutzt werden. (Englisches Patent vom
                              									12. April 1872.) (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1873 S. 685.)
                           
                        
                           Beizen der Haasenhaare mit Carbolsäure.
                           Die Haasenhaare werden bekanntlich für die Fabrication von Hüten mit einer Lösung von
                              									salpetersaurem Quecksilberoxyd gebeizt. Agnellet und Meyer ersetzen dieses unangenehme Agens durch Carbolsäure. (Reimann's
                              									Färberzeitung, 1873, Nr. 11.)
                           
                        
                           Preisaufgabe, die Desinfection des Abgangwassers aus
                              									Rübenzuckerfabriken betreffend.
                           In dem Maaße, wie die Rübenzuckerfabrication an Ausbreitung gewonnen hat, sind
                              									Uebelstande, veranlaßt durch die Beschaffenheit des aus den Fabriken abfließenden
                              									Wassers, fühlbarer und Klagen darüber häufiger geworden. Dieses Wasser enthält
                              									Bestandtheile, welche theils an sich, theils in Folge fortlaufender
                              									Zersetzungs-Processe belästigend wirken und mehr oder minder erhebliche
                              									Nachtheile, selbst in sanitätischer Beziehung hervorrufen können. Auch wo das
                              									Auftreten derartiger Stoffe und Zersetzungsproducte sich nicht als direct schädlich
                              									bezeichnen läßt, kann unter Umständen das Wasser dadurch zu weiterer Benutzung
                              									untauglich werden; in einer Reihe von Fällen hat aber die Beschaffenheit desselben
                              									auch bereits zu polizeilichen Bedenken in verschiedener Richtung und zu Anordnungen
                              									geführt, durch welche die Betriebs- und Ertragsfähigkeit der Fabriken in
                              									nicht geringem Grade beeinträchtigt werden kann.
                           Man hat sich allerdings mehrfach mit der Auffindung geeigneter Mittel beschäftigt, um
                              									die das Wasser verunreinigenden Stoffe entweder zu beseitigen oder unschädlich zu
                              									machen; keines dieser Mittel hat aber bis jetzt allen Anforderungen entsprochen oder
                              									sich nachhaltig von Erfolg gezeigt.
                           In Anerkennung des noch ungemindert fortbestehenden Bedürfnisses, den angegebenen
                              									Uebelständen Abhülfe zu schaffen, hat deßhalb der Verein für die
                              									Rübenzucker-Industrie des Deutschen Reiches in seiner Generalversammlung zu
                              										Cassel am 21. Mai d. J. beschlossen, die
                              									zweckmäßigste Art der Herbeiführung einer genügenden Desinfection des aus den
                              									Fabriken abfließenden Wassers zum Gegenstand einer Preisaufgabe zu machen. In
                              									Gemäßheit dieses Beschlusses und im Auftrage des Vereinsausschusses setzen wir
                              									hiermit einen Preis von
                           
                              Eintausend Thalern
                              
                           für die Lösung der folgenden Aufgabe aus:
                           
                              „Welches Verfahren ist anzuwenden, um
                                    											zu verhüten daß das aus den Rübenzuckerfabriken abfließende Wasser
                                    											unmittelbar oder in Folge späterer Zersetzung schädlich oder belästigend
                                    											wirken kann.“
                              
                           Das zu prämiirende Verfahren muß ohne Beschränkung auf einen bestimmten räumlichen
                              									Umfang der Zuckerfabriken ausführbar seyn und darf nicht Kosten in solcher Höhe
                              									verursachen, daß der zu erwartende Nutzen durch den Betrag der aufzuwendenden
                              									Geldmittel illusorisch werden würde.
                           Für den Fall, daß eine vollständige Lösung dieser Aufgabe nicht erfolgen sollte,
                              									bleibt vorbehalten, diejenigen Arbeiten, welche am meisten geeignet erscheinen, die
                              									Aufgabe ihrer Lösung näher zu bringen, in angemessener Weise zu honoriren.
                           Der ausschließende Zeitpunkt für die Einsendung von Bewerbungsarbeiten, welche in
                              									Deutscher Sprache abgefaßt seyn müssen, ist der 1. August 1874. Die
                              									Bewerbungsschriften sind an das Directorium des Vereines, zu Händen des
                              									unterzeichneten Geheimen Ober-Finanzrathes a. D. Wollny in Berlin zu adressiren; eine jede derselben muß mit einem Motto
                              									versehen und dieses auf dem Aeußeren eines beigefügten versiegelten Couvertes,
                              									welches den Namen des Verfassers enthält, wiederholt seyn.
                           Die Entscheidung über die Zuerkennung des ausgesetzten Preises, eventuell eines
                              									Honorars für Arbeiten, durch welche die Lösung nicht erreicht, jedoch wesentlich
                              									gefördert werden sollte, erfolgt durch eine Kommission von Sachverständigen und wird
                              									in der Generalversammlung des Vereines im Jahre 1875 bekannt gemacht werden.
                           Das Eigenthum der eingelieferten Arbeiten verbleibt deren Urhebern, vorbehaltlich der
                              									Berechtigung des Vereines, die prämiirte Schrift, eventuell die honorirten
                              									Abhandlungen, durch die Vereinszeitschrift, ohne Gewährung eines besonderen
                              									Honorars, zu veröffentlichen.
                           Berlin, im Juni 1873.
                           Das Directorium des Vereines für die Rübenzucker-Industrie
                              									des Deutschen Reiches.
                           Wollny.              
                              										Sombart.            Treutler.