| Titel: | Beiträge zur Ermittelung fremder Bitterstoffe im Biere; von W. Kubicki. | 
| Fundstelle: | Band 211, Jahrgang 1874, Nr. XV., S. 60 | 
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                        XV.
                        Beiträge zur Ermittelung fremder Bitterstoffe im
                           Biere; von W.
                              Kubicki.
                        (Aus der pharmaceutischen Zeitschrift für Rußland vom August 1873, XII. Jahrgang, Nr. 15 und 16, S. 449–463 und 481–492, im
                           Auszuge mitgetheilt.)
                        Kubicki, über Beiträge zur Ermittelung fremder Bitterstoffe im
                           Biere.
                        
                     
                        
                           Um fremde Bitterstoffe im Biere sicher nachzuweisen, schien mir das Verfahren,
                              welches von Professor Dragendorff in Dorpat zur Erkennung
                              der Alkaloide, sowie anderer giftiger Substanzen und Bitterstoffe in Anwendung
                              gebracht worden ist, am meisten Erfolg zu versprechen. Dasselbe beruht auf dem
                              Erfahrungssatze, daß durch Schütteln der zu untersuchenden Flüssigkeit mit
                              Petroleumäther, Benzin und Chloroform, sowohl in saurer als auch alkalischer Lösung,
                              die in Frage stehenden Substanzen in jene aufgenommen werden und durch Abdampfen als
                              Rückstand verbleiben.
                           Zur Ausführung des Verfahrens verdampfte ich die betreffende Flüssigkeit im
                              Wasserbade zur Consistenz eines Syrupes ein, vermischte diesen mit der
                              3–4fachen Menge Weingeist von 85 Procent, ließ 24 Stunden lang in der Kälte
                              stehen, damit Gummi, Dextrin, Proteinstoffe etc. sich gehörig ablagern konnten,
                              filtrirte, destillirte von dem Filtrate den Weingeist ab, ließ den dabei
                              verbliebenen Rückstand wieder 12 Stunden stehen, filtrirte nochmals, säuerte das
                              Filtrat mit verdünnter Schwefelsäure an, versetzte es mit 1/4 bis 1/2 seines Volums
                              Petroleumäther, schüttelte eine halbe Stunde lang, goß Alles in eine Glashahnbürette
                              und überließ es darin der Ruhe. Nachdem die beiden Flüssigkeiten sich vollständig
                              wieder von einander getrennt hatten, wurde die untere, wässerige Schicht abgelassen
                              und zur weiteren Untersuchung aufbewahrt, die obere (Petroleum-) Schicht mit
                              destillirtem Wasser gewaschen, um die etwa ihr noch anhängenden Theile der
                              ausgeschüttelten wässerigen Flüssigkeit zu beseitigen, hierauf filtrirt und das
                              Filtrat verdunstet. Dieses Verdunsten nahm man bei gewöhnlicher Temperatur vor, um
                              etwa vorhandene flüchtige Materien nicht zu verlieren, und wo möglich den manchen
                              Substanzen eigenthümlichen Geruch zu erkennen; der letztere Zweck konnte jedoch
                              nicht vollständig erreicht werden, weil die geringe Fuselmenge des verwendeten
                              Weingeistes den Geruch maskirte. Der Gebrauch vollkommen reinen Weingeistes würde
                              indessen auch nicht zum Ziele geführt haben, weil das Bier selbst stets
                              Fuselbestandtheile enthält.
                           
                           Die aufbewahrte wässerige Schicht wurde hierauf weiterem Schütteln und zwar mit
                              Benzin und mit Chloroform unterworfen, übrigens unter Beobachtung derselben
                              Einzelheiten wie beim Behandeln mit Petroleumäther.
                           Dann endlich versetzte man die so behandelte wässerige Schicht mit Ammoniak bis zur
                              alkalischen Reaction, und wiederholte nach einander das Schütteln mit
                              Petroleumäther, Benzin und Chloroform.
                           Die vorstehende Methode gewährte mir noch den Vortheil, daß ich nicht mit allen
                              Bitterstoffen die Vorversuche zu machen brauchte, weil der Nachweis vieler von ihnen
                              schon Dragendorff darnach gelungen war. Es blieben mir
                              daher nur folgende nachzuweisen übrig: Quassia, Absinthium,
                                 Trifolium fibrinum, Cnicus benedictus, Ledum palustre, Aloë. Ferner
                              dehnte ich meine Untersuchung auf den Bitterstoff der Cetraria islandica aus, obgleich derselbe als Bitterstoff nur geringen
                              Werth hat; er sollte jedoch den Zusatz der isländischen Flechte anzeigen, welche
                              wegen ihrer Fähigkeit, dem Biere eine gewisse Consistenz zu ertheilen und es mehr
                              schaumig zu machen, demselben sehr oft zugesetzt wird.
                           Meine Arbeit umfaßt nun:
                           I. Die Untersuchung eines reinen, sowohl gegohrenen Bieres als auch ungegohrenen
                              Malzauszuges.
                           II. Die Ermittelung der Bitterstoffe in den reinen wässerigen Auszügen, in der
                              Beimischung zum Biere, und die Bestimmung der Quantität des Zusatzes, welche sich
                              noch im Biere nachweisen läßt.
                           Als Anhang lege ich die Resultate einiger mit hiesigen (Dorpater) bayerischen Bieren
                              angestellten Versuche vor.
                           
                        
                           I.
                           Vor Allem mußte ermittelt werden, was für Reactionen Malz- und Hopfenauszüge,
                              sowie das reine Bier mit und ohne Hopfen geben. Die hierauf bezüglichen Versuche
                              wurden sämmtlich mit selbst bereiteten Auszügen und Präparaten angestellt.
                           Da es sich herausstellte, daß die Gährung keinen und der Zusatz von Hopfen nur in
                              Bezug auf Geschmack einen Einfluß ausübt, so können die gewonnenen Resultate
                              gemeinsam mitgetheilt werden.
                           Bei der Untersuchung eines gehopften Bieres stützte ich mich, soweit dabei der
                              Bitterstoff des Hopfens in Betracht kam, auf die Arbeit von Enders und die von Lermer. Letztere konnte mir
                              indessen nur wenig nützen, weil sie keine Reactionen angibt, auch die
                              krystallinische Form, welche Lermer als charakteristisch
                              bezeichnet, und die ihm bei der großen Menge angewandten Materiales und bei seiner umständlichen
                              Methode zu erzielen gelang, für mich unerreichbar blieb.
                           Das Hopfenbitter beschreibt Enders als amorph, leicht
                              löslich in Weingeist, Aether, Chloroform, schwer löslich in Wasser. Die wässerige
                              Lösung desselben wird gefällt durch Bleiessig, nicht durch Gerbsäure, Eisenchlorid,
                              Quecksilberchlorid. Es reducirt nicht die ammoniakalische Silbernitratlösung. In
                              conc. Schwefelsäure löst es sich ebenfalls; diese Lösung färbt sich braun und läßt
                              beim Verdünnen mit Wasser graue Flocken fallen.
                           Der von Lermer erhaltene Bitterstoff hat folgende
                              Eigenschaften: Er krystallisirt in Prismen, schmeckt rein bitter und angenehm
                              reizend, löst sich leicht in Weingeist, Aether, Chloroform, in Wasser dagegen so
                              wenig, daß er auf die Zunge gebracht keinen bitteren Geschmack entwickelt; doch
                              tritt dieser im ausgezeichneten Grade hervor, wenn man die Krystalle erst in
                              Weingeist löst und dann Wasser hinzusetzt.
                           Nach Leuchs soll das Hopfenbitter durch verschiedene
                              Substanzen, namentlich durch schweflige Säure und deren Salze, durch Aldehyd,
                              Ameisensäure und deren Salze zersetzt werden.
                           Meine Untersuchungen ergaben Folgendes.
                           A. Bei der sauren Lösung:
                           Der Petroleumäther zog am wenigsten aus, die Abdampf-Rückstände der
                              Ausschüttelung waren gering, amorph, graugelb, die mit Hopfen etwas bitterer als die
                              ohne Hopfen, schmeckten und rochen im Allgemeinen nach Amylalkohol. Salpetersäure
                              und Schwefelsäure gaben nichts Charakteristisches.
                           Die Rückstände der Benzin-Ausschüttelung betrugen mehr als die vorigen, waren
                              gelb, fast vollständig löslich in Aether, die von Hopfen in Vergleich zu denen ohne
                              Hopfen sehr bitter. Salpetersäure, Schwefelsäure, Salzsäure Molybdänschwefelsäure
                              (Fröhde's Reagens), Salpeterschwefelsäure,
                              Bromwasser, Gerbsäure, Kalilauge, Kaliumquecksilberjodid (Neßler's Reagens und Jodtinctur waren ohne bemerkenswerthe Wirkung.
                           Die Rückstände der Chloroform-Ausschüttelung waren bedeutend größer als die
                              vorigen, dunkelgelb, der Geschmack aber beim gehopften und ungehopften Biere fast
                              übereinstimmend bitterlich. Conc. Schwefelsäure, Molybdänschwefelsäure, Pikrinsäure,
                              Phosphormolybdänsäure verhielten sich indifferent. Mit Gerbsäure gab der in Aether
                              unlösliche Theil weiße Fällung, dagegen nicht der in Aether lösliche Theil.
                              Ammoniakalische Silberlösung wurde reducirt, während das in Benzin Uebergegangene
                              dieß nicht bewirkte. Mir will es daher scheinen, daß verschiedene Bitterstoffe des
                              Hopfens existiren, von denen einer in Chloroform und ein anderer in Benzin übergeht; der
                              erstere besitzt die von Enders angegebenen Eigenschaften,
                              während der letztere sich gegen Gerbsäure und ammoniakalische Silberlösung anders
                              verhält.
                           B. Bei der alkalischen
                                 Lösung.
                           Das Petroleum zog fast gar nichts aus. Auch die sonstige Prüfung mit Reagentien fiel
                              verneinend aus.
                           Die Rückstände vom Benzin waren gering, grau, mit Hopfen etwas bitterer. Jodtinctur,
                              Phosphormolybdänsäure und Kaliumquecksilberjodid, gaben geringe Trübung, vielleicht
                              herrührend von einem im Biere durch Lermer
                              Polytechn. Journal, 1867, Bd. CLXXXIV S. 159. entdeckten Alkaloide. Bezüglich dieses Alkaloides habe ich gefunden, daß
                              dasselbe die gewöhnlich für Strychnin, Atropin (Daturin), Hyoscyamin benutzten
                              Identitäts-Reactionen weder theilt noch stört.
                           Die Rückstände der Chloroform-Ausschüttelung betrugen etwas mehr als die des
                              Benzins, waren gelb, fast gar nicht bitter, gaben mit Pikrinsäure und
                              Phosphormolybdänsäure keine Reaction.
                           Sämmtliche Rückstände, sowohl die aus saurer als auch die aus alkalischer Lösung
                              waren unkrystallinisch. Die mittelst Chloroform aus saurer Lösung gewonnenen Stoffe
                              blieben auch nach der Behandlung mit Aether oder Alkohol amorph.
                           Aus vorstehenden Zusammenstellungen ersieht man, daß, mit Ausnahme der Reduction
                              ammoniakalischer Silberlösung durch das Product der sauren
                              Chloroform-Ausschüttelung, der Fällung des in Aether unlöslichen Antheiles
                              aus demselben durch Gerbsäure, und der obengenannten Alkaloid-Reaction in den
                              Rückständen aus alkalischer Benzin-Ausschüttelung, weder Malz- noch
                              Bier-Ausschüttelungen solche Resultate liefern, welche uns bei späteren
                              Untersuchungen irre führen könnten.
                           
                        
                           II.
                           Die Ermittelung der Bitterstoffe in den reinen wässerigen Auszügen, in der
                              Beimischung zum Biere, ist, wie schon angedeutet, der Gegenstand des zweiten Theiles
                              meiner Arbeit. Die Quantität der zugesetzten bitteren Substanz kann, des Geschmackes
                              wegen, keine willkürliche seyn, sie darf dem Biere keine widerlichen, von denen
                              eines gewöhnlichen guten Gebräu's abweichende Eigenschaften ertheilen; die
                              Untersuchung also, ob man auch diese geringe Quantität nachweisen könne, war meine
                              weitere Aufgabe.
                           Die Versuche habe ich in folgender Weise angestellt.
                           Von den betreffenden Substanzen wurden je 10 Grm., von Aloë 2 Grm. abgewogen,
                              einige wie Quassia Cetraria mit 2 Liter Brunnenwasser
                              gekocht, die übrigen
                              nur mit kochendem Wasser ausgezogen. Die Kolatur betrug bei allen 1 Liter.
                           Die Prüfung auf diese Stoffe in ihrer Beimischung zum Biere stellte ich nicht mit
                              allen von ihnen an, namentlich schloß ich Erythraea
                                 Centaurium, Daphne Mezereum und Gentiana aus,
                              denn diese werden höchst selten zur Fälschung verwendet, und wenn dieß auch der Fall
                              seyn sollte, so könnten, wie nach Analogie mit anderen Mitteln anzunehmen ist, die
                              Resultate der Bieruntersuchung sich im Wesentlichen nicht von denen unterscheiden,
                              welche bei den wässerigen Auszügen angegeben worden sind.
                           
                              Quassia.
                              Der Rückstand nach dem Ausschütteln des wässerigen Absudes mit Petroleum war
                                 gering, amorph, grau, bitterlich, verhielt sich gegen concentrirte Schwefelsäure
                                 fast indifferent.
                              Der Rückstand vom Benzin war ziemlich bedeutend, graugelb, amorph, sehr bitter
                                 mit eigenthümlichem Nachgeschmack, in wasserfreiem Aether unlöslich. Gerbsäure
                                 gab in der heißen wässerigen Lösung einen weißen Niederschlag;
                                 Quecksilberchlorid keine Reaction, aber in der Lösung in absolutem Weingeist
                                 einen dicken weißen Niederschlag, der jedoch nur durch das Wasser des Reagens
                                 bedingt zu seyn scheint (da die Substanz in wasserhaltigem Weingeist weit
                                 weniger löslich ist als in wasserfreiem). Durch concentrirte Schwefelsäure
                                 entstand eine rothbraune, später dunkelbraune Färbung, ebenso durch
                                 Molybdänschwefelsäure. Alle übrigen Reagentien, welche ich zum Nachweis anderer
                                 Substanzen gebrauchte, verhielten sich indifferent.
                              Der Rückstand vom Chloroform war bedeutender, gelber, ebenfalls amorph und in
                                 wasserfreiem Aether unlöslich, weniger bitter, aber auch mit eigenthümlichem
                                 Nachgeschmack; die Reactionen waren ebenfalls dieselben, ein Beweis, daß nur ein
                                 Theil der bitteren Substanz in das Benzin, und der Rest in das Chloroform
                                 übergeht.
                              Die Rückstände aus der alkalischen Flüssigkeit waren gering und fast gar nicht
                                 bitter.
                              Mit Quassia versetztes Bier lieferte im Allgemeinen
                                 dieselben Resultate wie der wässerige Absud allein; nur waren die Rückstände
                                 (aus der nicht alkalisch gemachten Flüssigkeit) bedeutender und ihre Farbe
                                 dunkler. Der vom Benzin löste sich fast vollständig in Aether und enthielt alles
                                 Quassiabitter, mithin war letzteres in Gemeinschaft mit dem Hopfenbitter
                                 aufgenommen worden, während es bei Abwesenheit des letzteren in Aether unlöslich
                                 ist.
                              
                              Quassia läßt sich, selbst wenn nur das Lösliche aus
                                 1 Grm. in einer ganzen Flasche Bier befindlich ist, noch sicher nachweisen.
                              
                           
                              Absinthium.
                              Der Rückstand vom Petroleumäther war gering, anfangs ölig, später erhärtend,
                                 schmeckte wenig bitter, und lieferte keine charakteristischen Reactionen.
                              Der Rückstand vom Benzin war reichlich, grün, amorph, bitter mit eigenthümlichem
                                 Nachgeschmack, fast vollständig löslich in Aether. Gerbsäure gab in der
                                 wässerigen Lösung einen weißen Niederschlag, Schwefelsäure eine braune später
                                 violettblaue Färbung, ebenso Molybdänschwefelsäure. Andere Reagentien verhielten
                                 sich indifferent.
                              Der Rückstand vom Chloroform war ziemlich bedeutend, gelbgrün, amorph,
                                 eigenthümlich bitter, und reagirte wie der vorige.
                              Die Rückstände nach den Ausschüttelungen in alkalischer Flüssigkeit waren gering,
                                 nicht bitter und ohne charakteristische Reaction.
                              Die Ausschüttelungen des mit Wermuth bereiteten Bieres unterschieden sich nur in
                                 so fern, daß die Rückstände sämmtlich voluminöser erschienen; der vom Petroleum
                                 sah graugelb aus, der vom Benzin gelb und der vom Chloroform dunkelgelb, die
                                 beiden letzten nur theilweise in Aether löslich, und in dem Aetherauszuge befand
                                 sich das Wermuthbitter.
                              Das Wermuthbitter ist noch zu erkennen, wenn 1 Grm. des Krauts auf eine Flasche
                                 Bier verwendet ist.
                              
                           
                              Trifolium
                                    fibrinum.
                              Der Rückstand vom Petroleum war gering, grau, amorph, etwas bitter, von
                                 besonderem Geruche, wurde durch concentrirte Schwefelsäure schön roth, an den
                                 Rändern in's Violette übergehend, durch Molybdänschwefelsäure schmutzig braun,
                                 Gerbsäure verursachte leichte Trübung.
                              Der Rückstand vom Benzin war reichlich, grün, amorph, bitter, in wasserfreiem
                                 Aether unlöslich. Mit Gerbsäure enstand leichte Trübung. In Salzsäure löste er
                                 sich mit brauner Farbe, die Lösung entwickelte beim Erhitzen einen
                                 eigenthümlichen Geruch (nach Menyanthol) und trübte sich in der Kälte. Auch beim
                                 Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure trat jener Geruch auf, ebenso trübte sich
                                 die Flüssigkeit und es schieden sich ölige Tropfen ab. Ammoniakalische
                                 Silberlösung wurde reducirt.
                              Der Rückstand vom Chloroform war ebenfalls reichlich, grün, amorph, bitter, in
                                 wasserfreiem Aether unlöslich und von besonderem Geruche. Gerbsäure fällte weiß.
                                 Concentrirte Schwefelsäure färbte den Rückstand gelbbraun, dann schwarz,
                                 aber nicht violett. Beim Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure trat ein noch
                                 stärkerer Geruch nach Menyanthol auf, wie beim Benzin-Rückstande.
                              Die alkalischen Ausschüttelungen hinterließen sehr geringe, fast gar nicht
                                 bittere Rückstände ohne charakteristische Reactionen.
                              Die Rückstände von mit Bitterklee versetztem Bier waren gelb, der vom Benzin fast
                                 vollständig in Aether löslich, und der Bitterstoff (das Menyanthin) ging in den
                                 Aether über. Der Rückstand vom Chloroform löste sich nur theilweise in Aether,
                                 und auch hier nahm dieser den Bitterstoff auf.
                              Der Bitterstoff dieser Pflanze läßt sich sehr leicht nachweisen, wenn einer
                                 Flasche Bier 5 Grm. der Blätter, die eine kaum bemerkbare Bitterkeit bedingen,
                                 zugesetzt sind.
                              
                           
                              Ledum palustre.
                              Der Petroleum-Rückstand des Decocts war gering, grau, amorph, wenig
                                 bitter, roch nur fuselig, wurde durch concentrirte Schwefelsäure erst rothbraun,
                                 dann dunkelbraun, durch Molybdänschwefelsäure schmutzig braun. Das ätherische
                                 Oel der Pflanze ließ sich mithin hier nicht nachweisen.
                              Der Rückstand vom Benzin war reichlich, grün, amorph, bitter. Mit Gerbsäure
                                 entstand nichts, mit concentrirter Schwefelsäure eine braune, später
                                 schwarzbraun werdende Färbung. Erwärmen mit verdünnter Schwefelsäure lieferte
                                 kein Resultat.
                              Der Rückstand vom Chloroform war ziemlich reichlich, grünlich, amorph, bitter.
                                 Gerbsäure erzeugte keine Trübung, Schwefelsäure eine gelbrothe, dann
                                 braunschwarze, Molybdänschwefelsäure eine gelbbraune, dann dunkelbraune
                                 Färbung.
                              Die Rückstände von den alkalischen Ausschüttelungen waren sehr gering, fast gar
                                 nicht bitter und gaben keine charakteristischen Reactionen.
                              Hieraus ergibt sich, daß die erhaltenen Resultate nicht genügen, den Porsch zu
                                 charakterisiren. Ebenso wenig befriedigend fielen die mit durch Porsch
                                 versetztem Biere angestellten Versuche aus.
                              
                           
                              Cnicus
                                    benedictus.
                              Der Rückstand vom Petroleum betrug wenig, war grau, amorph, nicht bitter.
                                 Schwefelsäure färbte ihn gelblich, dann rothbraun. Mit Molybdänschwefelsäure
                                 entstand nichts.
                              Der Rückstand vom Benzin war ziemlich reichlich, grün, amorph, bitter, in
                                 wasserfreiem Aether theilweise löslich, nur der darin unlösliche Theil gab mit
                                 Salzsäure die sogleich zu erwähnende Reaction. Concentrirte Schwefelsäure färbte
                                 blutroth, später braunroth, ebenso Molybdänschwefelsäure. In Salzsäure löste er
                                 sich grünlich, die Lösung wurde in der Wärme braun, trübe und schied ölige
                                 Tropfen aus. Durch Salzsäuredämpfe wurde er anfangs blutroth, später braun.
                              Der Rückstand vom Chloroform unterschied sich von dem vorigen nur dadurch, daß er
                                 mehr betrug und weniger bitter war.
                              Die Rückstände von den alkalischen Ausschüttelungen waren gering und zeigten
                                 nichts Charakteristisches.
                              Die Rückstände von mit Cnicus benedictus versetztem
                                 Biere waren bedeutend, gelb, amorph, reagirten wie die vorigen, nur der vom
                                 Benzin löste sich fast vollständig in Aether.
                              
                           
                              Aloë.
                              Der Rückstand vom Petroleum betrug so gut wie nichts.
                              Der Rückstand vom Benzin war reichlich, gelbroth, krystallinisch, aber nicht
                                 bitter, färbte sich mit Kalilauge Purpurroth. Allem Anschein nach hatte ich also
                                 den der Chrysophansäure ähnlichen Körper vor mir, welcher den Namen
                                 Aloëtin bekommen hat. Mit rauchender Salpetersäure entstand ein Product,
                                 welches durch Kalilauge roth, durch Schwefelammonium anfangs violett, dann
                                 grünlichblau wurde, also auf die Chrysamminsäure hinweist.
                              Der Rückstand vom Chloroform war noch bedeutender als der vorige, gelb, nicht
                                 krystallinisch, nicht bitter. Kali färbte ihn schwächer roth. Sonstiges
                                 Verhalten wie oben.
                              Die Rückstände von den alkalischen Ausschüttelungen zeigten nichts
                                 Charakteristisches.
                              Die Rückstände von mit Aloë versetztem Bier unterschieden sich von den
                                 vorigen nur dadurch, daß sie bedeutender und dunkler gelb waren. Auch hier
                                 erschien der Rückstand vom Benzin krystallinisch.
                              
                           
                              Cetraria
                                    islandica.
                              Die Ausschüttelungen vom Absude dieser Flechte gaben fast gar keine Rückstände.
                                 namentlich nichts was auf dem Bitterstoff derselben, die Cetrarsäure, gedeutet
                                 hätte.
                              
                           
                              Erythraea
                                    Centarium.
                              Der Rückstand vom Petroleum war gering und nicht bitter.
                              Der Rückstand vom Benzin war ziemlich reichlich, grün, amorph, bitterlich, fast
                                 vollständig löslich in Aether, durch Gerbsäure fällbar, Schwefelsäure färbte ihn
                                 braun, ebenso Molybdänschwefelsäure. In Salzsäure löste er sich mit grünlicher
                                 Farbe, in der Wärme wurde die Lösung braun und trübe.
                              Der Rückstand vom Chloroform war bedeutend, gelb, amorph, sehr bitter, leicht
                                 löslich in Weingeist von 96 Proc., auch großentheils in Aether, der lösliche
                                 Theil gab mit Gerbsäure einen weißen Niederschlag und reducirte ammoniakalische
                                 Silberlösung. Reaction mit Salzsäure wie oben.
                              
                           
                              Daphne Mezereum.
                              Der Rückstand vom Petroleum betrug sehr wenig, schmeckte nicht bitter und wirkte
                                 auf der Haut nicht reizend.
                              Der Rückstand vom Benzin war gering, grün, in feinen Nadeln krystallisirt,
                                 bitter, unlöslich in Aether, wurde mit Kalilauge gelb, beim Erwärmen braun, mit
                                 Barytwasser beim Erwärmen dunkler und trübe. Eisenchlorid gab keine
                                 Reaction.
                              Der Rückstand vom Chloroform war ziemlich bedeutend, gelb, amorph, nicht bitter.
                                 Aus der Lösung in Benzin durch kaltes Verdunsten sich krystallinisch scheidend.
                                 Mit Gerbsäure weiße Fällung, übrigens wie beim Benzin.
                              
                           
                              Gentiana.
                              Vom Petroleum blieb fast gar kein Rückstand.
                              Der Rückstand vom Benzin war ziemlich bedeutend, grün, amorph, entschieden
                                 bitter, in Aether löslich, Verhalten zu Kalilauge, Barytwasser und Eisenchlorid
                                 wie bei Daphne Mezereum. Mit Schwefelsäure braune
                                 Färbung. Gerbsäure gab keine Fällung.
                              Der Rückstand vom Chloroform ziemlich bedeutend, gelb, amorph, bitter, in Aether
                                 theilweise löslich. Mit Gerbsäure keine Fällung. Mit Schwefelsäure nichts
                                 Besonderes, mit Molybdänschwefelsäure anfangs braune, dann schwarze Färbung.
                                 Salpetersäure von 1,42 löste mit rothbrauner Farbe.
                              ––––––––––
                              Außer den genannten bitteren Stoffen sind von solchen, welche zur Fälschung des
                                 Bieres dienen, durch Dragendorff nach seiner Methode
                                 noch folgende ermittelt worden.
                              Nicht alkaloidische: Pikrinsäure, Salicin, Colocynthin, Pikrotoxin, Capsicin.
                              Alkaloidische: Strychnin, Atropin, Hyoscyamin, Opiumalkaloide.
                              Meine deßfallsigen Beobachtungen reduciren sich auf die Koloquinten und die
                                 Kokkelskörner.
                              
                              Das Colocynthin fand ich in der Beimischung eines Auszuges von 1/2 Grm.
                                 Koloquinten zu einer Flasche Bier. Weniger nachzuweisen möchte jedoch nicht
                                 gelingen.
                              Aus einer Flasche Bier, welcher ein Auszug von 10 Grm. Kokkelskörnern in 2 Glas
                                 Wasser zugesetzt war, gelang es im Rückstande Krystalle von Pikrotoxin zu
                                 erhalten.
                              Um die von mir und von Dragendorff erzielten Resultate
                                 übersichtlicher zu machen, lege ich sie hier in einer Tabelle geordnet vor.
                              
                           
                        
                           A. Ausschütteln aus saurer Lösung.
                           
                              I. Rückstand vom
                                    Petroleumäther.
                              
                                 1. Krystallinisch, gelblich, schwer flüchtig. Die Lösung
                                    bleibt gelb, Cyankalium und Kalilauge färben beim Erwärmen blutroth. Färbt
                                    Baumwolle gelb.
                                    Pikrinsäure.
                                 2. Amorph, weiß, scharf schmeckend und hautröthend.
                                    Capficin.
                                 
                              
                           
                              II. Rückstand vom
                                    Benzin.
                              
                                 1. Krystallinisch. a) Nicht bitter, durch
                                          Kalilauge purpurroth werdend.Aloëtin.
                                          b) Bitter, durch Kalilauge
                                          gelb und beim Erwärmen braun werdend.Daphin.
                                          
                                    
                                 2. Amorph. a) Schwefelsäure färbt
                                          rothbraun, Gerbsäure fällt.Quassiin.
                                          b) Mit verdünnter
                                          Schwefelsäure erhitzt Geruch des Menyanthols mit Trübung der
                                          Flüssigkeit und Ausscheidung öliger Tropfen.Menyanthin.
                                          c) Schwefelsäure färbt
                                          blutroth, später braunroth, Salzsäure löst grünlich, nach Erwärmung
                                          braun, trübe und scheidet ölige Tropfen aus.Cnicin.
                                          d) Schwefelsäure löst braun,
                                          später violettblau, ebenso Molybdänschwefelsäure.Absinthiin.
                                          e) Schwefelsäure löst
                                          hochroth, Molybdänschwefelsäure schön kirschroth, Gerbsäure fällt
                                          gelbweiß.Colocynthin.
                                          f) Schwefelsäure färbt
                                          braun. Salzsäure löst grünlich, beim Erwärmen wird die Flüssigkeit
                                          braun, trübe.Erythrocentaurin?
                                          g) Schwefelsäure färbt rein
                                          braun. Kalilauge färbt gelb, beim Erwärmen braun. Gerbsäure fällt
                                          nicht. Salpetersäure von 1,42 färbt roth.Gentianbitter?
                                          
                                    
                                 
                              (Außerdem eventuell ein Rest des Capsicins.)
                              
                           
                              III. Rückstand vom
                                    Chloroform.
                              
                                 1) Krystallinisch. a) Reagirt nicht alkalisch.
                                          Schwefelsäure löst schön gelb; mit Salpeter gemengt, dann mit
                                          Schwefelsäure durchfeuchtet und endlich mit concentrirter
                                          Natronlauge versetzt, entsteht eine ziegelrothe Färbung.Pikrotoxin.
                                          b) Reagirt
                                          alkaloidisch.Opium-Alkaloide.
                                          
                                    
                                 2) Amorph. a) Nicht bitter. Wird durch
                                          Kalilauge purpurroth.Rest des
                                             Aloëtins.
                                          b) Bitter. Kalilauge färbt
                                          gelb. Durch Auflösen in Benzin und Verdunsten krystallisirbar zu
                                          erhalten.Rest des Daphnins.
                                          c) In Aether unlöslich. α) Schwefelsäure
                                                färbt rothbraun. Gerbsäure fällt.Rest des Quassiins.
                                                β) Mit verdünnter
                                                Schwefelsäure erhitzt Geruch des Menyanthols unter Trübung
                                                der Flüssigkeit und Ausscheidung öliger Tropfen.Größerer Theil des Menyanthols.
                                                γ) Schwefelsäure
                                                färbt blutroth, dann braunroth. Salzsäure löst grünlich,
                                                beim Erwärmen wird die Flüssigkeit braun, trübe und scheidet
                                                ölige Tropfen aus.Rest des
                                                   Cnicins.
                                                
                                          d) In Aether löslich α) Schwefelsäure
                                                löst braun, später violettblau, ebenso
                                                Molybdänschwefelsäure.Rest des
                                                   Absinthiins.
                                                β) Schwefelsäure
                                                löst hochroth, Molybdänschwefelsäure schön kirschroth,
                                                Gerbsäure fällt gelbweiß.Rest des
                                                   Colocynthins.
                                                γ) Schwefelsäure
                                                färbt braun. Salzsäure löst grünlich, beim Erhitzen wird die
                                                Flüssigkeit braun, trübe und scheidet ölige Tropfen
                                                aus.Größerer Theil des
                                                   Erythrocentaurins? 
                                                
                                          
                                    
                                 
                              
                           
                        
                           A. Ausschütteln aus ammoniakalischer Lösung.
                           
                              I. Rückstand vom Benzin.
                              Ist krystallinisch.
                              
                                 1. Wirkt pupillenerweiternd. a) Platinchlorid fällt die
                                          wässerige Lösung nicht, die Lösung in Schwefelsäure riecht beim
                                          Erwärmen eigenthümlich.Atropin.
                                          b) Platinchlorid, in der
                                          gerade nöthigen Menge angewendet, fällt.Hyoscyamin.
                                          
                                    
                                 2. Wirkt nicht pupillenerweiternd.
                                 
                              Die Lösung in Schwefelsäure wird durch Ceroxyd blau.
                              Strychnin.
                              
                           
                              II. Rückstand vom
                                    Chloroform.
                              
                                 1. Schwefelsäure löst in der Kälte farblos. a) die Lösung färbt sich
                                          auch beim Erwärmen wenig, und wird nachdem sie wieder erkaltet ist,
                                          durch Salpetersäure blauviolett. Eisenchlorid bläuet den Stoff.
                                          Molybdänschwefelsäure löst ihn sogleich violett.Morphin.
                                          b) Die Lösung wird in der
                                          Wärme blauviolett.Papaverin. 
                                          
                                    
                                 2. Schwefelsäure löst graubraun und die Lösung wird beim
                                    Erhitzen blutroth.Narceïn.
                                    
                                 
                              
                           
                              III. Rückstand vom
                                    Amylalkohol.
                              (Diese Ausschüttelung wird nur dann vorgenommen, wenn man Salicin vermuthet.)
                              Schwefelsäure löst sogleich rein roth. Beim Erwärmen mit Schwefelsäure und
                                 Kalibichromat tritt der Geruch nach salicyliger Säure auf.
                              Saliciu.
                              ––––––––––
                              
                              Aus dieser Tabelle ersieht man, daß viele von den untersuchten Stoffen durch
                                 verschiedene Extractionsmittel gewonnen werden können, da ihre Reaction ebenso
                                 im Verdunstungsrückstande der einen wie der anderen Ausschüttelung eintritt. Es
                                 ist möglich, daß nach wiederholten Ausschüttelungen mit Benzin die ganze Menge
                                 des zu suchenden Bitterstoffes in dasselbe übergeht, und das Chloroform nichts
                                 mehr davon extrahirt, was für sehr kleine Mengen von Wichtigkeit wäre. Da jedoch
                                 die von mir geprüften Quantitäten bei ihrer gewöhnlichen Anwendung nicht so
                                 gering zu seyn brauchen und außerdem wegen der Löslichkeit in Aether, die bei
                                 Benzinausschüttelungen nicht verwerthet werden kann, die Unterscheidung mancher
                                 von ihnen, besonders des Cnicins und Erythrocentaurins, im Chloroformrückstande
                                 viel leichter geschieht, so möge diese wiederholte Ausschüttelung nur in solchen
                                 Fällen gebraucht werden, wo aus der ersten Untersuchung sich schon eine
                                 Andeutung von Anwesenheit einer gewissen Verfälschung zeigt, aber die Menge des
                                 dazu verwendeten Stoffes zu gering ist, um deutliche Reactionen zu geben.
                              Behufs weiterer praktischer Uebung habe ich die hiesigen und in der Umgebung
                                 Dorpats gebrauten sogenannten bayerischen Biere einer Prüfung unterworfen und
                                 dabei Folgendes gefunden:
                              Bei zwei Bieren waren die Petroleum-Ausschüttelungen aus saurer Lösung
                                 sehr stark bitter, bitterer als alle übrigen, übrigens amorph, die Baumwolle
                                 nicht gelb färbend (keine Pikrinsäure), nicht hautröthend (kein Capsicum). Das eine dieser Biere gab deutliche
                                 Reaction auf Gerbstoff, das andere wurde leider auf diesen nicht untersucht.
                              Bei drei Bieren zeigten die Chloroform-Ausschüttelungen aus saurer Lösung
                                 nach dem Aufnehmen in Weingeist und Verdunsten deutliche
                                 dendritisch-krystallinische Massen; ob diese aber Pikrotoxin waren, blieb
                                 zweifelhaft.
                              Dieselben Ausschüttelungen gaben bei acht Bieren in ihrem in Aether löslichen
                                 Theile mittelst Gerbsäure eine starke weiße Trübung, was auf Erythraea Centarium deuten würde. Der im Aether
                                 lösliche Theil des Chloroform-Rückstandes aller anderen von mir
                                 untersuchten bitteren Substanzen wird entweder durch Gerbsäure nicht gefällt,
                                 oder gibt schon in der Benzin-Ausschüttelung eine deutliche Reaction, was
                                 bei kleinen Mengen von Erythraea nicht, wohl aber
                                 bei Quassia der Fall ist.
                              Diese Wahrnehmungen genügen mithin nicht, um über diese Biere eine positive
                                 Entscheidung aussprechen zu können.