| Titel: | Mehl, Mehlfabricate, Maschinen und Apparate der Müllerei und Bäckerei auf der Wiener Weltausstellung 1873; von Professor Fr. Kick in Prag. | 
| Fundstelle: | Band 211, Jahrgang 1874, Nr. XXI., S. 87 | 
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                        XXI.
                        Mehl, Mehlfabricate, Maschinen und Apparate der
                           Müllerei und Bäckerei auf der Wiener Weltausstellung 1873; von Professor Fr. Kick in Prag.Mit besonderer Genehmigung des Hrn. Verfassers aus dem officiellen Ausstellungsbericht über Mehl, Mehlfabricate und die
                                 Maschinen und Apparate der Müllerei und Bäckerei von Friedr. Kick, k. k. Regierungsrath und Professor am deutschen
                                 polytechnischen Institute in Prag; Druck und Verlag der k. k. Hof- und
                                 Staatsdruckerei, Wien 1873.
                           
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Kick, über Mehl, Mehlfabricate, Maschinen und Apparate der Müllerei
                           und Bäckerei auf der Wiener Weltausstellung .
                        
                     
                        
                           Die Schwierigkeit gründlicher Untersuchung des Mehles ist bekannt und ebenso wenig
                              bedarf es der Begründung, daß die vorzügliche Qualität ausgestellter Mehle noch
                              lange nicht vollgültiger Beweis ist für rationelles Gebahren in der Mühle. Gutes
                              Mehl und dieses zum erreichbaren Procentsatze aus einer bestimmten Weizensorte
                              herstellen, dieses beides gibt zusammen erst das Maaß zur
                              Beurtheilung rationellen Betriebes. Die Ausstellung bot zahllose Mehlproben aus
                              verschiedenen Ländern, höchst selten aber waren Angaben über die Erzeugungsmengen
                              der einzelnen Mehlsorten aus einer bestimmten Weizenquantität oder Angaben des
                              Verkaufspreises u. dgl. an den Ausstellungsobjecten ersichtlich gemacht. Diese
                              Angaben waren wohl der Jury in den Fragebogen ziemlich vollständig vorgelegen, der
                              Berichterstatter konnte dieselben aber trotz des Bemühens der Redaction nicht
                              erhalten. Es stellt sich die Frage: Soll der Berichterstatter die ausgestellten
                              Mehle nach ihrer Weiße oder nach ihrem Klebergehalte taxiren? Soll er z.B.
                              hervorheben, daß August v. Delhaes in Piechamin bei
                              Czempin eines der weißesten Mehle nach dem Flachmahlverfahren erzeugt exponirte,
                              oder daß zu den schönsten Mehlen der Hochmüllerei die von Oeconomo bei Trieft, jene der Kleinmünchner Kunstmühle etc. gehörten?
                              Derartige Classification hätte weder technischen noch mercantilen Werth, da sie nur auf der Grundlage der Ausstellungsobjecte erfolgen
                              könnte und allwöchentlich auf der Mehlbörse ihre Berichtigung fände. Wir wollen
                              daher zunächst von solchen Ausstellungsobjecten des Näheren sprechen, welche durch
                              die beigefügten Angaben Vergleiche und Folgerungen gestatten.
                           So trat uns in der Ausstellung des österreichischen Unterrichtswesens eine von
                              Berichterstatter als Lehrmittel exponirte vergleichende Zusammenstellung der Mehle
                              der Hoch- und Flachmüllerei entgegen. Die Mehle nach dem ersteren
                              Verfahren stammen aus Odkolek's Mühle in Prag, jene nach
                              dem zweiten wurden bei möglichst sorgfältigem Schälen oder Putzen des Getreides von
                              Ingenieur Scheib in einer Mühle bei Frankfurt a. M.
                              hergestellt.
                           Aus 100 Theilen Weizen wurden erhalten:
                           
                              
                                 Mehle der
                                       Hochmüllerei.
                                 
                                 Mehle der
                                       Flachmüllerei.
                                 
                              
                                 Nr.„
                                 00 u. 0 1
                                 AuszugsmehleBäckerauszug
                                 18,913,8
                                 Proc.„
                                 
                                    
                                    
                                 fehlen.
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 „
                                  2
                                 „
                                 12,0
                                 „
                                 
                                 Nr.
                                 0
                                 sogen. Blumenmehl
                                 23,92
                                 Proc.
                                 
                              
                                 „
                                  3
                                 Mundmehl
                                 13,7
                                 „
                                 
                                 „
                                 1
                                 Plattmehl zwischen
                                 
                                 
                                 
                              
                                 „
                                  4
                                 Semmelmehl
                                 11,9
                                 „
                                 
                                 
                                 
                                   Hochmehl Nr. 2 u.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 „
                                  5
                                 Weißes Pohlmehl
                                 7,3
                                 „
                                 
                                 
                                 
                                   3 stehend
                                 40,16
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                  6
                                 SchwarzesPohlmehl
                                 4,5
                                 „
                                 
                                 „
                                 2
                                 Griesmehl zwischen  Nr. 3 u. 4 stehend
                                 6,26
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                                 „
                                 3
                                 Kornmehl gleich Nr. 6
                                 8,91
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 82,1
                                 Proc.
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 79,25
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 „
                                 4
                                 Futtermehl
                                 4,28
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 „
                                 5
                                 Kleiemehl
                                 9,43
                                 „
                                 
                              
                           Diese letzteren beiden Mehle sind nur zur Viehfütterung verwendbar.
                           Der Rest ist Kleie, Fußmehl und Verlust.
                           Mithin ist bei beiden Vermahlungsmethoden aus 100 Theilen Weizen circa 80 Procent vom Menschen genießbares Mehl erhalten
                              worden. Während die Hochmüllerei 44,7 Proc. Auszugsmehle lieferte, ergab die
                              Flachmüllerei nur 23,92 Proc.
                           Den hervorragenden Ausstellungsobjecten der Kleinmünchner
                              Kunstmühle und Teigwaarenfabrik waren nachstehende Mahlergebnisse beigegeben.
                           Resultate der Vermahlung.
                           500 Zollcentner zum Effectivgewicht von 83 bis 84 Wiener Pfund per Wiener Metzen:
                           
                              
                                 Gries A und B
                                 2 
                                 Proc.
                                 
                                 
                              
                                 Mehl
                                 Nr.
                                 0
                                 5
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 1
                                 12
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 2
                                 6
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 3
                                 6
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 4
                                 5
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 5
                                 5
                                 „
                                 41 Proc. Auszugsmehle,
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 6
                                 14
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 7
                                 9
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 8
                                 5
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 9
                                 10
                                 „
                                 38 Proc. mittlere und ordinäre Mehle.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 79 Proc.
                                 
                              
                                 Kleie
                                 18
                                 „
                                 
                                 
                              
                                 Verlust
                                 3
                                 „
                                 
                                 
                              
                           
                           Roggenvermahlung.
                           
                              
                                 Mehl 
                                 Nr.
                                 1
                                 15
                                 Proc.
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 2
                                 38
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 3
                                 14
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 67
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Kleie
                                 31
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Verstaubung
                                 2
                                 „
                                 
                              
                           Maisvermahlung.
                           
                              
                                 Gries und Polenta
                                 80
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Mehl
                                 12
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––
                                 
                              
                                 
                                 92
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Kleie
                                 6
                                 „
                                 
                              
                                 Verlust
                                 2
                                 „
                                 
                              
                           Wir ersehen aus dieser Weizenvermahlung, verglichen mit den vorerwähnten, daß die
                              Numerirung der Mehle eine sehr verschiedene ist und behufs Beurtheilung der Farbe
                              der Vergleich mit Normalmehlen unerläßlich ist.Daher auch die Jury bei Prüfung der Mehle sich solcher Normalmehle (Typen)
                                    bediente und zwar eigener für Mehle der Hochmüllerei, der Halbhoch-
                                    und der Flachmüllerei. Die Type für Flachmehl Nr. 0 war nahe gleich jener
                                    für Hochmehl Nr. 2. Zu diesem Zwecke empfiehlt sich ein seit einiger Zeit hie und da in Ungarn
                              und Wien gebräuchliches Verfahren ganz vorzüglich, und wollen wir dasselbe an dieser
                              Stelle kurz besprechen.
                           Auf einem etwa 9 Centimet. langen, 5 Centimet. breiten, 1/2 Centimet. dicken, mit
                              Handgriff versehenen Bretchen ist ein zweites aufgeleimt, welches eine Holzschichte,
                              darüber eine Schichte weichen Papieres und endlich ein kräftiges ungeglänztes Papier
                              trägt.
                           Die Form dieses zweiten Bretchens und der Filzlage ist eine solche, daß das
                              Polsterchen eine schwache convexe Form erhält.
                           Auf dieses Polster werden die zu prüfenden Mehle knapp neben einander aufgetragen und
                              dann mit einem zweiten Pölsterchen, welches mit möglichst glattem Papier
                              (Metallpapier) überzogen, sonst aber dem ersteren ganz gleich ist, über die
                              Mehlproben mit kräftigem Drucke hingefahren, wodurch beide Proben, welche sich innig
                              berühren, eine ganz gleichglatte Oberfläche erhalten und die geringsten
                              Farbunterschiede auf das Deutlichste ersichtlich werden. Die Vergleichung der
                              Mehlsorten wird dadurch leicht und empfiehlt sich der Gebrauch dieser Vorrichtung in
                              den Mischkammern von selbst.
                           Wenn wir nun im Vorstehenden eine Besprechung der einzelnen ausgestellten
                              Mahlproducte als werthlos bezeichneten, so wird ein Gleiches wohl nicht behauptet
                              werden können, wenn wir die Mahlproducte nach den hiebei verwendeten Mahlverfahren und nach den
                              hauptsächlich exponirenden Ländern besprechen, denn gerade in dieser Richtung
                              herrscht noch manches erheiternde Vorurtheil. So ist z.B. in dem sonst trefflichen
                              deutschen Specialkatalog, Seite 140 u. 141 zu lesen: „Die dritte Periode
                                 der neueren Müllerei charakterisirt sich zunächst durch den Kampf zwischen
                                 Flach- und Hochmüllerei, dann durch die Bemühungen, völlig
                                 zufriedenstellende Getreideschäl-Maschinen zu construiren, den Oberstein
                                 ruhen und nur den Unterstein laufen zu lassen, die Walzenarbeit zum Gries machen
                                 zu verwenden etc. Die hiebei auftretenden Streite haben (nach allen Richtungen
                                 hin) zur Zeit noch zu keinem entscheidenden Ende geführt, indeß hat man doch in
                                 Bezug auf die Mahlmethode so viel erkannt (!), daß die Grießmüllerei mehr für
                                 Süddeutschland, mehr für die Kipfel-, Knödel- (überhaupt
                                 Mehlspeisen-) Esser, als für die an gröbere Kost gewöhnten Norddeutschen,
                                 und ferner dahin paßt, wo man weiß was man bei der geringen Menge (?!) edleren
                                 Mehles mit der großen Masse ordinärer Mehlsorten anfangen kann.“
                              
                           Dieser Gallimathias dürfte aus dem Journal „die Mühle“
                              abgeschrieben seyn, welches sich oft in dieser Logik gefällt! Also die
                              „Kipfelesser“ wissen mit der großen (!) Masse ordinärer
                              Mehlsorten fertig zu werden, aber die an ordinäre Kost gewöhnten Norddeutschen haben
                              dafür keine Verwendung? Und achtzehn Zeilen tiefer steht gedruckt: „Auf
                                 dem Felde der Mehlwaaren- (Teigwaaren-) Fabrication, insbesondere
                                 in der Maccaroni-, Faden- und Façonnudel-Fabrication
                                 hat auch Deutschland bereits mit Erfolg begonnen, den älteren erfahreneren
                                 Vorgängern in Italien, Oesterreich-Ungarn etc. Concurrenz zu
                                 machen.“ Es scheint also fast, daß auch Deutschland Mehlspeisen
                              consumirt und hält dieses Concurrenzmachen noch länger an, so dürften Kipfel-
                              und Knödelesser in Norddeutschland auch entdeckt werden können!? – Es zeigt
                              schon jetzt die Ausstellung der Mahlproducte Deutschlands, daß das Beispiel der „erfahreneren
                                 Vorgänger“ in der Hochmüllerei in Oesterreich und Ungarn nicht
                              unberücksichtigt blieb, und ist ein Viertheil der ausgestellten Mehle nach diesem
                              Systeme erzeugt. So haben Hochmehle ausgestellt: Beissert
                              in Dresden, Hildebrand Söhne in Weinheim, Berg in Stuttgart, Genz in
                              Heidelberg, Gramer in Schweinfurt, Wiß in Nürnberg, Bartsch in Jatzdorf bei Ohlan
                              u.a.m., also schon jetzt Hochmüller in verschiedenen Theilen Deutschlands, ja selbst
                              Nord-Deutschlands!
                           Die Mehle der Halb-Hochmüllerei und jene der Flachmüllerei stehen naturgemäß
                              im Allgemeinen zurück, doch waren auch solche von hervorragender Weiße
                              ausgestellt.
                           
                           Besondere Erwähnung verdienen die schönen Graupen und die vorzüglichen Roggenmehle
                              von Beissert in Dresden u.a., die schönsten der
                              Ausstellung; auch Erbsen- und Bohnenmehl – in Oesterreich wenig
                              gekannt – wurde von drei deutschen Ausstellern exponirt.
                           Die Aussteller von Mehlen nach dem Systeme der Hochmüllerei bezeichneten dasselbe zum
                              Theil als „Dauermehl,“ welche Benennung darin ihre Begründung
                              und Berechtigung findet, daß die Vermahlung trocken erfolgt, der
                              Griesputz-Proceß an sich auch trocknend auf die Griese wirkt, und das
                              gewonnene Mehl seines geringen Wassergehaltes wegen einen hohen Grad der
                              Dauerhaftigkeit besitzt.
                           Der in Deutschland zumeist vermahlene milde oder Weißweizen gestattet ein längeres
                              Stehenbleiben bei der Flachmüllerei eher als die harten Weizensorten, er liefert
                              geputzt und genäßt vermählen bis 72 Proc. Mittelmehle. Doch ist derselbe nach dem
                              Systeme der Hochmüllerei ebenfalls leicht zu behandeln und liefert sehr schöne
                              Producte, wenn auch nicht über 27 Procent Klebergehalt. Letztere Angabe, welche aus
                              Proben des Hrn. Mühlenbesitzers und Jurors Franz Schmid
                              in Lanzendorf stammt, veranlaßt den Berichterstatter, nachstehende Tabelle
                              einzufügen, welche Schmid's Versuchsergebnisse enthält
                              und Interesse für sich in Anspruch nimmt.
                           
                              
                                 
                                    
                                    
                                    Weizen-Mehlsorte
                                    
                                 Bei der Teigbildung absorbirtes Wasser
                                    in Proc.
                                 KleberausbeuteDie Kleberbestimmung aus je 20 Grammen Mehl erfolgte in der bekannten
                                          Weise durch Auskneten, und zeigt diese Methode überall dort zu wenig
                                          Kleber an, wo derselbe durch nachtheilige Veränderung des Mehles
                                          (z.B. als Folge von nasser Vermahlung) seine Eigenschaft im Wasser
                                          aufzuquellen verlor. Hingegen wird bei kleiereichen
                                          Mehlen um diese mehr Kleber gefunden, da die Kleie nicht durch das
                                          Säckchen geht. Die Zahlen bezeichnen das Gewicht nassen Klebers aus 100 Theile Mehl. Bei
                                          der Teigbildung wurde so lange Wasser zugesetzt, bis ein gut
                                          knetbarer, nicht klebriger Teig entstand.
                                 
                              
                                 Durchschnittsergebniß der Mehle aus der
                                    Collectivausstellung    der Wiener
                                    Mehl- und Fruchtbörse
                                 48
                                 37,5
                                 
                              
                                 Durchschnittsergebniß aus den Flachmehlen der
                                    deutschen    CollectivausstellungDie Kleberbestimmung aus je 20 Grammen Mehl erfolgte in der bekannten
                                          Weise durch Auskneten, und zeigt diese Methode überall dort zu wenig
                                          Kleber an, wo derselbe durch nachtheilige Veränderung des Mehles
                                          (z.B. als Folge von nasser Vermahlung) seine Eigenschaft im Wasser
                                          aufzuquellen verlor. Hingegen wird bei kleiereichen
                                          Mehlen um diese mehr Kleber gefunden, da die Kleie nicht durch das
                                          Säckchen geht. Die Zahlen bezeichnen das Gewicht nassen Klebers aus 100 Theile Mehl. Bei
                                          der Teigbildung wurde so lange Wasser zugesetzt, bis ein gut
                                          knetbarer, nicht klebriger Teig entstand.
                                 41
                                 25,5
                                 
                              
                                 Auszugmehl von Economo in Triest
                                 49
                                   44,25
                                 
                              
                                 Ungarische Collectivausstellung
                                 48
                                 37,0
                                 
                              
                                 Russisches Weizenmehl, Hartmehl (Canadura Weizen)    von
                                    Vochrameieff
                                    60,5
                                   48,65
                                 
                              
                                 dto. von Liaschkoff (aus weißem Weizen)
                                 47
                                 35,3
                                 
                              
                                 Amerika (Weißweizen) Mehl von Thilenius
                                    44,5
                                 32,5
                                 
                              
                                 Algerisches Hartmehl
                                    42,6
                                 32,5
                                 
                              
                                 Italien (Cesaretti, Ancona)
                                    38,5
                                 25,0
                                 
                              
                                 Spanisches Mehl
                                    40,6
                                 30,0
                                 
                              
                                 Japanisches Mehl
                                    43,0
                                 37,5
                                 
                              
                           
                           Die Mehlfabrication Oesterreichs und Ungarns nahm entschieden den ersten Rang ein. Die ungarischen Mehle
                              überraschten durch die auffallende Uebereinstimmung der Mehle Nr. 00 bis 1, eine
                              Uebereinstimmung, welche gewöhnlich in diesem Maaße nicht stattfindet, sich aber
                              wohl dadurch erklären läßt, daß man die Ausstellungsobjecte nach einer Sorte von Normalmehlen numerirte. Diese
                              Uebereinstimmung fand sich in den österreichischen Mehlen nicht vor.
                           Die Ausstellungen der Müller der verschiedenen österreichischen Kronländer, ferner
                              Ungarns und Croatiens lassen im Allgemeinen keinen wesentlichen Unterschied in der
                              Entwickelung der Müllerei wahrnehmen, denn es hatten sich die kleinen Mühlen, die
                              Schiffmühlen und dergl. von der Concurrenz in der Qualität des Erzeugnisses selbst
                              ferngehalten, während sie am Markte in Folge ihrer Billigkeit immerhin mitsprechen;
                              die österreichischen Kunstmühlen aber arbeiten alle in der Hauptsache nach derselben
                              Methode.
                           Die vorhandenen Unterschiede in der Fabrication waren zumeist nicht ersichtlich
                              gemacht, nur C. Hannak aus Brandeis in Böhmen hatte
                              seinen Producten eine tabellarische Darstellung der Fabrication beigefügt; bei A.
                              Hlavac aus Podebrad erfuhr der Berichterstatter, daß
                              die besonders schönen Mehle Nr. 2 bis 5 dieses Ausstellers theilweise in Folge
                              besonders sorgfältiger Reinigung des Getreides entstanden; L. F. Daubek in Brünnlitz stellte gereinigten Dunst aus, dessen
                              Reinigung nicht durch die Putzmaschinen mit saugender oder blasender Wirkung,
                              sondern durch einen eigenthümlichen Siebproceß (Absauberung) bewirkt wurde; Joachim
                              Nigrin in Swarow, stellte aus brandigem Weizen
                              erzeugte Mehle aus, welche ihres Gleichen wohl suchten.
                           Die Vorzüglichkeit der österreichischen Mehle läßt mit Recht vorzügliche Teigwaaren (Maccaroni, Nudeln und Schnittwaare) erwarten
                              und die Leistungen der betreffenden Fabriken Kleinmünchen
                              in Oberösterreich, R. Hofer in Fünfhaus, Fischer v. Röslerstam in Hundsthurm in Wien, ferner von
                              Pasentto's Söhne in Triest u.a. sind den
                              italienischen ebenbürtig und ließen nichts zu wünschen übrig.
                           Eine eigenthümliche ungarische Suppen-Mehlspeise die Tarhonya, exponirte J. Bartok in St. Miklos und Oblat und Comp. in Szegedin; auch die Maccaronifabrication war
                              gleichfalls durch ungarische Aussteller vertreten.
                           
                           Trotz des Aufschwunges der Pasta- oder Teigwaarenfabrication in
                              Oesterreich-Ungarn und Deutschland blieb doch die so vielseitig beliebte
                              englische Theebäckerei (Bisquits) unnachgeahmt und hatten
                              selbe nur Huntley und Palmers
                              in London, Peek, Frean und Comp. in London und Gaetani Guelfi in Pisa
                              ausgestellt.
                           Von größerer Wichtigkeit als die ausgedehntere Besprechung der ausgestellten Mehle
                              und Mehlwaaren erscheint uns die Frage nach den Fortschritten im Mühlenwesen oder
                              der Mehl- und Graupenfabrication und jene der Bäckerei.
                           In dieser Richtung zerfällt unsere Aufgabe in die Besprechung der
                              Getreidereinigungs- und Trockenmaschinen, der Putz- und
                              Schälmaschinen, der Mahlgänge und sonstigen Mittel zur Mehlerzeugung, der Mühlsteine
                              und Stein-Schärfmaschinen, der Beutelvorrichtungen, der Schrot- und
                              Griesputzmaschinen, der Graupenmaschinen und endlich der Hülfsmittel des Bäckers. In
                              dieser Reihenfolge entsprechen wir zugleich im Wesentlichen der Eintheilung unseres
                              Buches: „Die Mehlfabrication“ Leipzig, Arthur Felix 1871, welches dem Leser dort Aufschluß geben kann,
                              wo der Bericht vielleicht unklar erscheint, dessen Aufgabe methodischer Aufbau nicht
                              ist, da er nur die Ausstellung und zumeist das Neue darin zu besprechen hat.
                           
                        
                           Getreide-Reinigungsmaschinen. (Figur 1 bis 3.)
                           Die Maschinen mit Siebwerken und Ventilator, die sogenannten Säuberungsmaschinen und
                              ebenso die in reicher Auswahl ausgestellten TrieurTrieurs in reicher Auswahl für die Abscheidung der verschiedenen runden im
                                    Getreide enthaltenen Samen, sowie für Abscheidung von Gerste und Hafer aus
                                    Weizen hatte J. Pernollet, Paris, rue Saint-Maur-Popincourt 116,
                                    ferner M. Bauer in Wien u.a. ausgestellt. Die
                                    Trieurs arbeiten gut aber mit geringer Leistungsfähigkeit; M. Bauer rühmt seinen Trieurs oder Radenfängern die
                                    dreifache Leistungsfähigkeit nach u. z. Nr. 1 mit 3 Cylindern soll 1200
                                    Kilogramm per Stunde mit 3/4 Pferdekraft, Nr. 2,
                                    800 Kilogrm. mit 1/2 Pfund Kraft und Nr. 3 (mit 1 Cylinder) 400 Kilogrm. mit
                                    1/4 Pferdekraft liefern. können hier übergangen werden, weil sie einerseits mehr in das Gebiet der
                              Landwirthschaft fallen, andererseits hinlänglich bekannt sind. Zum Zwecke der
                              Entfernung der Steine aus Weizen und Gerste (bei letzterer namentlich dann von
                              besonderer Nothwendigkeit, wenn die Gerstenkörner zur Graupenfabrication auf
                              Schneidwerken getheilt werden) dienen J. Hignette's
                                 Stein-Auslese-Maschinen und arbeiten dieselben, wenn gut
                              gestellt, tadellos, doch mit geringer Lieferung. Die Figuren 1 und 2 zeigen
                              Grundriß und Vorderansicht. Das Getreide fällt bei a,
                              von einer Gosse kommend, auf die Ebene A, B, C, welche
                              auf Holzfedern F ruhend, eine geringe, dem Zwecke angemessene Steigung
                              hat.
                           Der Hauptsache nach haben wir einen dreieckigen, geneigten Kasten mit niederen
                              Wänden. Die schweren Theile werden naturgemäß durch das Rütteln in Folge der
                              geneigten Lage des Bodens gegen die tiefer liegende Spitze gleiten, die leichteren
                              Theile gehen gegen oben und verlassen die Maschine bei O,
                                 O. Die Mittelwände haben neben dem Zwecke der Vertheilung, auch die Aufgabe
                              ein zu rasches, erfolgloses, nach abwärts Gleiten des Getreides zu hindern.
                           Der Kasten D ist bei der Operation des Steinauslesens
                              geschlossen, es sammelt sich in demselben Anfangs Getreide an, dieses wird aber bald
                              durch die angesammelten Steine verdrängt, welche, nachdem der Kasten damit gefüllt
                              ist, abgelassen werden.
                           Diese oder ganz ähnlich construirte kleinere Maschinen werden auch zur Trennung
                              schweren Weizens von leichtem oder Weizen von Hafer etc. verwendet und wird dann D offen gelassen, unter demselben aber ein Sieb
                              angebracht, durch welches im Weizen enthaltene kleine Samen abgesondert werden.
                           Es ist bekanntermaßen leicht das Getreide von, der Größe nach, wesentlich
                              verschiedenen Verunreinigungen zu befreien; durch Hignette's Steinausleser werden aber gerade Steinchen von Weizenkorngröße
                              sehr leicht entfernt. Die rüttelnde Bewegung wird von einem Vorgelege, das je nach
                              der Größe der Maschine zwischen 90 und 115 Touren der Kurbelwelle besitzt,
                              hervorgebracht. Die größten Maschinen Nr. 5 sollen bis 4000 Liter tägliche Leistung
                              erreichen, es würden also auf vier Mahlgänge drei Maschinen erforderlich seyn. Diese geringe Leistung
                              steht der Anwendung der sonst vorzüglich arbeitenden Maschinen von Hignette im Wege.
                           Zum Zwecke der Trennung leichter Theile vom Weizen wird weit vortheilhafter die Saugputzmaschine (Tarare, Aspirator) angewendet, welche
                              in Fig. 3
                              dargestellt ist. Durch A fällt das zu putzende Getreide
                              in die Maschine und wird in B von der durch den
                              Saugventilator angesaugten Luft getroffen. Die schweren Körner fallen bei B herab, leichte Körner gelangen nach C und Spreu und dergl. wird durch den Ventilator
                              ausgetrieben. Diese Maschine wird häufig auch dazu verwendet, das von den
                              Schälmaschinen kommende Getreide von den noch anhängenden Kleietheilchen zu
                              reinigen. Eine Maschine dieser Art war mit der Bezeichnung M. Bauer's Patent Saug-Putzmühle ausgestellt; es blieb uns aber
                              gänzlich verborgen, worin bei dieser vielerorts gebauten Maschine das
                              „Patent“ bestehen soll.
                           
                        
                           
                           Getreide-Trockenmaschinen.
                              (Fig.
                                 4.)
                           Davey und Paxman von
                              Colchester haben eine Getreide-Trockenmaschine ausgestellt, welche der
                              Schnitt Fig. 4
                              zeigt. A ist ein hohler rotirender Cylinder, in welchen
                              links durch a Dampf eintritt, welcher durch b austritt und durch ein in der Figur nicht gezeichnetes
                              Rohr in den Dampfmantel B, B gelangt und endlich mit dem
                              Condensationswasser bei c abgeleitet wird. Der Cylinder
                              A ist mit vier schwach schraubenförmig gebogenen
                              durchlöcherten Treibern besetzt, welche Bürsten tragen. Das zu trocknende Getreide
                              wird in die Gosse G geschüttet, durch Walzenführung
                              gleichförmig in den Raum C gebracht, von den Bürsten und
                              Leisten erfaßt und allmählich zum Auslaufe D befördert.
                              Die Löcher in den Treibern bezwecken ein Wenden des Getreides. Auf diesem Wege
                              befinden sich stets ober und unter dem Getreide mit Dampf geheizte Wände, welche
                              eine Verdunstung des Wassers bewirken. Zum Zwecke der Abführung des entwickelten
                              Dunstes ist für Luftwechsel im Trockenraum gesorgt, indem ein Ventilator E die Luft aus dem Raum F
                              aussaugt, in welchen durch die Löcher i, i Luft von
                              Außen nachtritt; diese (erwärmte) Luft treibt der Ventilator in den Trockenraum,
                              welchen die Luft der Länge nach bis C durchzieht und bei
                              d geschwängert mit Dünsten verläßt. Es ist aus der
                              Zeichnung ersichtlich, daß der Cylinder A die rotirende
                              Bewegung von dem Zahnrad f erhält, der Antrieb von f, sowie des Ventilators ist jedoch weggelassen.
                           Die Maschine hat eine Länge von circa 4 Meter und soll
                              per Stunde 17,5 Wiener Metzen oder 1080 Liter
                              Getreide trocknen. Der Cylinder macht 34 Touren per
                              Minute und es wird angegeben, daß per Metzen zu
                              trocknenden Getreides ca. ein Pfund guter Kohle
                              verbraucht wird. Für Mühlen wird diese Maschine übrigens nur ausnahmsweise zu
                              empfehlen seyn, weil das Waschen des Getreides sehr selten angewendet wird.
                           
                        
                           Getreide-Putz- und
                                 Schälmaschinen. (Fig. 5 und 6.)
                           Die Zahl der Getreide-Putzmaschinen auf der Ausstellung war keine geringe und
                              waren sowohl Maschinen, welche mit scharfen Theilen (Reibblech, Sägen) als solche,
                              welche nur mit cannelirten Flächen wirken, vertreten. Wir sahen Proben von den
                              meisten derselben, welche Nichts zu wünschen übrig lassen und folgt hieraus eben,
                              daß das Getreide nach mehrerlei Façon geputzt,
                              „geschält“ werden kann. Wie bei den Nähmaschinen fast jede
                              Firma ihre Waare als die allein ausgezeichnete hinstellt, so treffen wir auch hier
                              auf die bitterste Concurrenz und oft überlautes Selbstlob und beim Ergebniß der Betrachtungen kommt man
                              immer wieder zu dem Schlusse, daß der Weizen – diese wichtigste der
                              Getreidearten – eben nie vollständig geschält werden kann, und daß die Arbeit
                              eine befriedigende genannt werden muß, wenn ein tüchtiges Putzen auf trockenem Wege
                              bewerkstelligt wird, ohne zu viele Körner zu brechen oder zu zerreißen. Wesentlich
                              ist, den abgeriebenen Putzstaub möglichst bald und vollkommen wegzutreiben, damit er
                              sich nicht wieder an die Körner anhängt.
                           Schäl- oder Putzmaschinen mit Reibblech oder
                              dergleichen hatten in conischer Form der Trommel – ausgestellt: L. Nemelka in Simmering bei Wien, Hauptstraße 106; Wenzel Jonas in Pfaffstätten (Niederösterreich), in
                              cylindrischer Form Franz Holtzhausen in Bieberstein bei
                              Siebenlehn (Sachsen), Oskar Reißmann in Mittweida und Millot in Zürich.
                           Nemelka's Maschinen sind solid gebaute Conuse, die innere
                              Trommel mit Sägen statt Reibblech armirt (System Aumann);
                              die Maschine von Jonas konnte in ihrer inneren
                              Einrichtung nicht besehen werden, und blieb eine briefliche Anfrage dießbezüglich
                              unbeantwortet, da nur mitgetheilt wurde, daß diese Maschine drei Pferdekräfte
                              benöthigt und in 24 Stunden 300 Metzen Frucht reinigt und sortirt.
                           Die Maschine von Holtzhausen ist cylindrisch, der
                              Reibblech-Cylinder ist innen durch Ringe in mehrere Etagen getheilt, wodurch
                              der Weg, welchen das Getreide zu durchlaufen hat, verlängert wird; an der verticalen
                              Welle sitzen Flügel, Treiber und unten Windflügel, wodurch das aus der Maschine
                              fallende, geputzte Getreide noch vollständiger ausgeblasen wird.
                           Reißmann's Maschine ist circa
                              sieben Fuß hoch und der Mantel theils aus Reibblech, theils aus Steinen gebildet.
                              Sie soll bei einem Kraftverbrauch von vier Pferdekräften bis zwölf Centner Weizen
                              per Stunde reinigen.
                           Millot's Putzmaschine unterscheidet sich von den
                              letztgenannten sehr wesentlich dadurch, daß der Cylinder horizontal liegt, nicht in
                              Abtheilungen getheilt wird und das Getreide durch acht schwach schraubenförmig
                              gewundene Leisten, deren vier Drahtbürsten tragen, während die anderen vier eiserne
                              Treiber bilden, herumgetrieben und langsam von dem einen Ende des Cylinders gegen
                              das andere bewegt wird. Fig. 6 stellt eine Skizze
                              des Verticalschnittes dar, aus welcher zu ersehen wie der Cylinder geformt ist.
                              Bekanntlich nutzen sich Drahtbürsten allmählich ab, und sind zu diesem Zwecke die
                              Arme, welche die Bürsten tragen, zum Verlängern eingerichtet. Der Mantel ist aus
                              Reibblech gebildet, welches jedoch nicht mit einem dreieckigen Durchschnitt, sondern einem circa sechs Millimeter langen Meißel durchbrochen wurde,
                              und daher Längsspalten obbezeichneter Dimension enthält. Der aus der Maschine
                              kommende Weizen passirt den Wind eines Ventilators. Betriebskraft zwei Pferde.
                              Leistung nicht angegeben.
                           Zu den Schälmaschinen mit cannelirten Arbeitstheilen,
                              welche also ohne Reibeisen arbeiten, gehören die von M. Bauer ausgestellten Maschinen nach Seck's
                              SystemBeschrieben im polytechn. Journal Bd. CXC
                                       S. 363. die Maschinen von Puhlmann, Kohn und zwei etwas
                              abweichende Schälmaschinen „Eureka“ genannt, von Howes und Babcock und Comp. Es haben die Schälmaschinen dieser Kategorie den
                              großen Vortheil, daß sie keiner Nachschärfung bedürfen und auch weniger getheilte
                              Körner vorkommen.
                           Wenn die Maschinen mit Reibblech noch weiter in Gebrauch stehen und neu aufgestellt
                              werden, so mag dieß seinen Grund in der meist größeren Einfachheit der Construction
                              und den von manchem Müller noch geliebten schärferen Angriff haben, so wie manche
                              gar keine „Schälmaschinen“ anwenden, sondern die Arbeit durch
                              Spitzgänge besorgen lassen, welche scharf angreifen, dafür aber auch etwas Verlust
                              mit sich bringen. Wir haben uns bei Bauer's, Puhlmann's
                              und Howe's Maschine überzeugt, daß die Arbeit eine ganz
                              vorzügliche ist, und daß von Staubbrand befallener, und dadurch ganz grauschwarzer
                              Weizen rein aus der Maschine herausgekommen ist. Dieses gleiche Resultat ist durch
                              das gleiche Princip dieser Maschinen erklärt.
                           Die Maschine von M. Bauer in Wien, Praterstraße 78, ist in
                              allen drei Variationen, welche sie seit ihrer Erfindung durchlief, in des
                              Berichterstatters Lehrbuche „Die Mehlfabrication“ beschrieben
                              und abgebildet und mag hier nur erwähnt werden, daß die anfänglich complicirte
                              Zuführung durch eine ganz einfache ersetzt und ebenso der Weg des Getreides
                              vereinfacht wurde. Gegenwärtig besteht die Maschine aus einem Cylinder aus
                              cannelirtem Bleche, welcher durch angebrachte Ringe in Etagen getheilt wird. In dem
                              äußeren feststehenden Cylinder rotirt ein Siebcylinder, welcher außen Treiber trägt,
                              die den Weizen zwingen, sich gegenseitig und an den Wänden reibend, sämmtliche
                              Etagen zu durchlaufen. Die Wand des äußeren Cylinders ist gegen die Staubkammer zu
                              durch ein Sieb ersetzt, durch welches der abgeriebene Staub vermittelst des Windes
                              getrieben wird, welcher durch große Flügel die im Inneren des Siebcylinders
                              angebracht sind, erzeugt wird.
                           Die Schäl- oder Putzmaschine von Puhlmann, Berlin,
                              Lankwitzstraße Nr. 14,
                              ist der vorstehenden sehr ähnlich. Der gleichfalls cylindrische Mantel ist mit
                              Verticalreihen von Erhöhungen oder Buckeln versehen, durch welche der Cylinder
                              gleichfalls wellig wird. Jede Erhöhung hat an ihrer höchsten Stelle einen Schlitz,
                              durch welchen die abgeriebenen Staubtheilchen in die äußere Umhüllung und von dieser
                              in die Staubkammer gelangen. Der die Maschine verlassende Weizen wird von dem Winde
                              eines unter der Maschine angebrachten Ventilators getroffen, welcher Weizen, leichte
                              Körner und Kleie scheidet.
                           Die Maschine von Albert Kuhn in Halle an der Saale soll
                              ebenso gut arbeiten und ist auch ähnlich construirt. Genaueres können wir, da die
                              Maschine geschlossen war und nicht arbeitete, nicht angeben.
                           Die Putzmaschine „Eureka“ von Howes,
                                 Babcock und Comp. in Amerika, (Vertreter J. N.
                              Sears und Comp. in London,
                              Fenchurch-Street 17) ist in Figur 5 im Durchschnitte
                              gezeichnet, und ist dieser Durchschnitt dem Prospecte des Erfinders entnommen,
                              welcher sich dadurch vortheilhaft auszeichnet, daß er an dem sonst im Mühlenfache so
                              beliebten Blindekuhspielen nicht theilnimmt; er bot eben etwas mehr als die bloße
                              Zeichnung eines Kastens, wie viele Andere dieß so sehr lieben.
                           Das Getreide tritt bei A in die Putzmaschine ein, passirt
                              den Cylinder B, gelangt durch C nach D, wo dem Weizen der angesaugte
                              Luftstrom entgegentritt, welcher die leichten Körner nach E, die Kleie nach F zum Ventilator und vor
                              diesem in die Staub- und Kleiekammer führt. Dieser Ventilator saugt, wie die
                              Pfeilchen andeuten, die Luft auch aus dem Staubmantel. Wir fügen zum Vergleiche der
                              letzten vier Maschinen nachstehende Daten nach Angabe der Aussteller bei.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 211, S. 98
                              Bezeichnung der Maschinen; Leistung
                                 der Maschine in Zollcentner; Touren pro M.;
                                 Kraftverbrauch in Pferdekräfte; Preis loco Wien Gulden österr. Währung; Höhe;
                                 Länge; Breite; in Meter; Anmerkung; M. Bauer;
                                    Puhlmann; Howes und Babcock; Kuhn; bis; Thler. loco Halle; Wird in verschiedenen Größen
                                 gebaut; Baut zwei verschiedene Größen. Die Preise in () sind für Holzgestelle;
                                 In zehn verschiedenen Größen gebaut; In drei verschiedenen Größen
                              
                           
                        
                           
                           Die Mahlgänge. (Figur 7 bis 12.)
                           Die eminente Mehrheit der ausgestellten Mahlgänge warm Steingänge mit bewegtem Oberstein und dürfte die Aufzählung derselben, da
                              sie keine besonders hervorragenden Einzelheiten boten, unterbleiben können.
                           Einen Mahlgang mit beweglichem Unterstein hatte Turner in
                              Ipswich ausgestellt. Die Steinstellung erfolgt durch Hebung des Bodensteines, zu
                              welchem Zwecke die Mühlspindel wie gewöhnlich gehoben wird.
                           Der Oberstein kann horizontal gestellt werden, steht aber sonst fest.
                           Die Walzenmühlen waren durch eine Stuhlung mit drei Paar
                              Walzen, ausgestellt von der Maschinenfabrik von Escher,
                                 Wyß und Comp. in Leesdorf bei Wien vertreten. An
                              den principiellen Theilen dieser Maschine ist Nichts eingeführt worden, doch ist
                              eine constructive Verbesserung angebracht, welche erwähnt zu werden verdient.
                           Bei den Stuhlungen früherer Construction waren die Lager der Walzen in Schlitzen der
                              Ständer verschiebbar und wurde die richtige Einstellung durch Schrauben bewirkt.
                              Hierdurch war weder ein Nachlassen der Schrauben, noch die Uebelstände des todten
                              Ganges vermieden. Diese Mängel sind durch die neueste Construction beseitigt.
                           Das Lager L des Walzenzapfens z, Figur
                                 7, ist in einer großen cylindrischen Höhlung des Ständers eingeschoben,
                              und kann in dieser Höhlung gedreht werden. In dem scheibenförmigen Lagerkörper ist
                              das Zapfenlager excentrisch eingedreht. Zum Zweck der Drehung des Lagerkörpers im
                              Ständer trägt ersterer die aus der Figur ersichtlichen geschlitzten Ansätze, deren
                              unterer in ein Zahnsegment endet, welches die Bewegung von der Schraube ohne Ende
                              s erhält. Wird der Lagerkörper um den Winkel α gedreht, so macht diese Drehung der
                              Zapfenmittelpunkt mit, wodurch die Walze um den Sinusversus von α (bei den in der Figur ersichtlichen
                              Constructions-Verhältnissen) mal dem Abstande des Zapfen- und
                              Lagermittels gegen rechts (das ist gegen die zweite Walze) bewegt wird. Es
                              verhindert schon der Eingriff des Segmentes in die Schraube ohne Ende jede
                              beabsichtigte Drehung des Lagerstückes und dadurch Verschiebung der Walze; zur
                              größeren Sicherheit jedoch wirken zwei Klemmschrauben i,
                                 i, festhaltend in der jeweilig gegebenen Stellung. Es mag hier erwähnt
                              werden, daß beide Lager der stellbaren Walze durch dieselbe Vorrichtung aber von
                              einander unabhängig ihre Position bekommen. Eine geringfügige Aenderung in der
                              Construction der Sättel, welche das Mehl gut von den Walzen abstreifen, kann
                              unbesprochen bleiben.
                           
                           Man kommt allmählich in weiteren Kreisen zu der Erkenntniß der großen Bedeutung der
                              Walzenmühlen und es mehrt sich deren Anwendung in
                              Oesterreich wesentlich. Das hervorragendste Beispiel liefert die Walzenmühle in
                              Pest, welche alle Schwierigkeiten der Mahlmethode mit Walzen glücklich überwand und
                              den durchschlagenden Beweis der ökonomischen Zulässigkeit dieses Verfahrens liefert.
                              Es mag hier erwähnt werden, daß in dieser Mühle die Walzen nicht nur zum Schroten
                              und Grieserzeugen, sondern auch zur Herstellung des Mehles verwendet sind. Die
                              Schrotgänge sind von den Weißgängen – wie ich bereits in meinem Lehrbuche, in
                              welchem die Zeichnung der Stuhlung gegeben ist, angeführt habe – dadurch
                              verschieden, daß erstere geriffelte Walzen, letztere vier glatte Walzen besitzen.
                              Man rechnet drei Walzengänge in ihrer Leistung als gleichwertig mit zwei Mahlgängen.
                              Der Kraftverbrauch beträgt je vier Pferdekräfte.
                           Walzengänge oder Schrotmühlen
                              mit einer Walze waren auf der Ausstellung nur durch Zeichnungen der
                              Maschinenwerkstätte und Eisengießerei St. Georgen bei St.
                              Gallen vertreten. Ein Walzstuhl dieser Art ist in Fig. 8 dargestellt und
                              besteht aus der rotirenden mit Stahlhülse versehenen Walze W und der Stahlschale S, welche durch
                              Kurbelrad und Schraube, wie aus der Figur ersichtlich ist, der Walze entsprechend
                              genähert werden kann. Diese Walzenmühlen werden nur zum Schroten und Erzeugen von
                              Feingries verwendet, welcher dann auf Steingängen seine weitere Verarbeitung
                              findet.
                           Per Maschine soll 1/2 bis 1 Pferdekraft erforderlich
                              seyn, die Leistung ist nicht angegeben. Statt der Stahlschale wird häufig auch ein
                              Stein gegen die rotirende Walze gedrückt. Die Fabrik fügte ihrer Zeichnung ein
                              Mahlergebniß bei; nachdem aber keine Mehlproben, welche einen Vergleich gestatteten,
                              vorlagen und das Ergebniß der Vermahlung 103,95 Procent (!) auswies, so verzichten
                              wir auf die Wiedergabe als völlig werthlos.
                           Handmahlmühle mit Mahlscheiben von Franz Sautner's Söhne in Graz, Rebengasse. Für ganz
                              ausnahmsweise, ländliche Verhältnisse mögen noch Handmühlen am Platze seyn,
                              industrielle Bedeutung haben dieselben natürlich nicht. Figur 9 zeigt eine Skizze
                              des Sautner'schen Mahlmechanismus. S, S' sind die beiden Mahlscheiben. S sitzt an
                              der Welle w und wird durch Umdrehung des Handrades R in Bewegung gesetzt. S¹ ist am Schieber B fest und kann längs
                              A, A durch die Schraube C verschoben und so der Scheibe S beliebig
                              genähert werden. In das Loch i der festen Scheibe S' (vergl. Figur 10) fällt die zu
                              vermahlende Frucht und gelangt so zwischen die Mahlscheiben, wird von diesen vermahlen und endlich
                              ausgeworfen, um in einen unterhalb liegenden Bürstencylinder zu gelangen, welcher
                              das Sieben besorgt. Den Lohnmüllern wird diese patentirte Erfindung wohl
                              ungefährlich bleiben!
                           Ueber die „Universalmühle“ von
                              Ferdinand Rechtberger in Iglau, welche in ihrer äußeren
                              Form eine Kaffee-Reibmaschine höherer Ordnung zu seyn scheint, kann der
                              Berichterstatter trotz seiner Bemühungen den Schleier zu lüften, keinen Bericht
                              erstatten.
                           Die Müllerei ist, sobald es sich um Erzeugung halbwegs besserer Mehlsorten handelt,
                              ein Gewerbe, welches Kenntnisse und Routine verlangt; es handelt sich hier nicht
                              bloß um Verkleinerung, wie beim Mahlen von Cement, Gyps, Knoppern, Kaffee u. dgl.
                              Der Müller hat mit Berücksichtigung der Eigenschaften des Getreides bei möglichster
                              Mehlausbeute doch dahin zu trachten, die äußersten Theile des Getreidekernes (Kleie)
                              nicht in's Mehl zu bringen, also möglichst wenig zu verkleinern, dennoch aber keine
                              Mehltheile an den Kleien zu belassen, sondern diese möglichst auszumahlen. Aus
                              diesem Grunde ist es nichts weiter als ungerechtfertigte Reclame, wenn Sautner's Söhne von ihrer Handmühle sagen, daß damit
                              „alle Mehlsorten erzeugt werden
                                 können.“
                              
                           Der Bauer, der sie benutzt und in zehnstündiger Arbeitszeit einen Metzen Getreide
                              vermahlen hat, wird eben nur ein ganz mittelmäßiges Mehl erhalten können, schlechter
                              wie das unserer heimischen Schiff- und Windmühlen durchschnittlich ist.
                           Die in der Müllereibranche wohlbekannte Firma L. Nemelka
                              in Simmering bei Wien, gab sich bei einem ihrer Ausstellungsobjecte einem ähnlichen
                              Irrthume hin. Die „transportable
                                    Kunstmühle,“ gegen deren compendiöse Construction Nichts
                              einzuwenden ist, soll den Vortheil bieten, keine Verbindung mit dem Gebäude zu
                              verlangen, daher auch in provisorischen Nothschupfen untergebracht werden zu können
                              und transportabel zu seyn; sie besteht aus einer Frucht-Reinigungsmaschine,
                              einem Koppcylinder, der Spreu-Abblasemaschine, dem Mahlgang, je einem
                              Schrot-, Sortir- und Mehlcylinder, und Gries-Putzmaschinen; zur
                              Verbindung sind Elevatoren und Mehlschrauben angebracht. Während Dreschmaschinen
                              unter Verhältnissen, wie sie Ungarn bietet, häufig bestimmt sind auf dem Felde hier
                              und dort zu arbeiten, können wir uns doch keinen Fall denken, wo transportable
                              Mühlen zum Bedürfnisse würden. Diese Zusammenstellung kann an sich, weil sie
                              compendiös ist, die Müllerei als landwirthschaftliches Nebengewerbe erleichtern,
                              aber darüber darf man sich nicht täuschen, daß jener Arbeiter, welcher den Gang
                              dieser transportablen Mühle leiten soll, Müller seyn und als solcher auch möglichst
                              fortwährende Verwendung hierbei finden muß. Nicht umsonst kam das Princip der
                              Arbeitstheilung im Mühlenfache schon im grauen Mittelalter zur Durchführung und
                              wurde es von der Landwirthschaft ausgeschieden, – dasselbe wieder vereinigen,
                              wäre verfehlt.
                           Beachtenswerth erscheint uns hingegen die Idee des Hrn. W. Jonas in Pfaffstätten, welcher das Getreide statt
                                 auf Mahlgängen zu schroten, seiner Fruchtschneide-Maschine übergibt,
                              welche die Verkleinerung zu grobem Gries mit der halben Kraft eines Mahlganges und
                              der doppelten Leistung besorgen soll. Leider gehört Hr.
                              Jonas zu jenen Mühlenconstructeuren, welche wünschen,
                              daß man die Katze im Sacke kaufe; denn es wurde der Berichterstattung nicht
                              ermöglicht, mehr als das Gehäuse der Maschine zu besehen, und eine briefliche
                              Anfrage hatte von Seite des Erfinders gar keine, von Seite der Vertreter Gebrüder Pichler nur die Mittheilung obiger Daten zur
                              Folge. Wir würden den Gegenstand unerwähnt gelassen haben, wenn nicht die Idee an
                              sich Erwähnung verdiente.
                           Zu den interessantesten Neuerungen im Mühlenwesen gehört Carr's
                                 Desintegrator oder Schleudermühle, welche die Zerkleinerung nach einem
                              neuen Principe bewirkt. Zwei Systeme von Stahlbolzen, an gegeneinander rotirenden Scheiben befestigt, bewegen sich mit circa 70 Fuß (23 Meter) Geschwindigkeit per Secunde und schleudern das dazwischen gebrachte
                              Getreide mit solcher Gewalt zwischen den Bolzen hin und her, daß dasselbe in ein
                              ziemlich feines, mehlreiches Schrot verwandelt wird. Die Figuren 11 und 12 zeigen uns
                              zwei Constructionen der Carr'schen Schleudermühle, welche
                              auf der Ausstellung durch zwei, von Carl Selbach und Deiters in Mannheim, im deutschen Pavillon für Ziegelei
                              und Eismaschinen ausgestellte Exemplare vertreten war, jedoch zur
                              Kohlenverkleinerung, für welche sich die Schleudermühlen ganz besonders eignen
                              sollen, bestimmt schienen.Vergleiche polytechn. Journal Bd. CCI S.
                                       387; History and description of the
                                       desintegrating flour mill by Thomas
                                    Carr. Birmingham.
                                       M.
                                    Billing
                                    and
                                    Son 1872.
                              
                           In beiden Figuren bezeichnet A den Einlauf des Getreides
                              (Gosse); B und C die
                              beiden, nach entgegengesetzten Richtungen rotirenden Scheiben, an welchen die Bolzen
                              i, i und o, o befestigt
                              sind, E, E, die Antriebs-Riemenscheiben und G die Mehlschraube zur Hinausbeförderung des Mahlgutes
                              aus der Maschine. Die Maschine ist, um das Herumschleudern von Mahlgut zu
                              verhindern, durch eine Haube h umschlossen.
                           Wird die Carr'sche Maschine zum Mahlen verwendet, resp. in
                              den Mechanismus der Mühle eingeführt, so fällt ihr nur die Aufgabe zu, ein sehr mehlreiches Schrot zu
                              liefern. Der Weizen wird zuvörderst geputzt, dann auf Walzen leicht gequetscht,
                              wobei die Körner sich zumeist in je zwei etwas flachgedrückte Theile (Hälften)
                              spalten, hierauf der Wirkung der Schleudermühle oder des Desintegrators ausgesetzt.
                              Das von diesem gelieferte, sehr mehlreiche Schrot wird abgebeutelt, hierdurch Mehl,
                              Griese und reines Schrot erhalten. Die Griese werden geputzt und getrennt vermahlen;
                              das Schrot wird gleichfalls auf Mahlgängen weiter verkleinert.
                           Die Leistungsfähigkeit dieser Maschine ist überraschend groß, ebenso bedeutend aber
                              auch der Kraftaufwand. Ein Desintegrator von 1,8 Met. Durchmesser und 0,23 Met.
                              Scheibenabstand, liefert bei 400 Touren der Mahlscheiben 5814 Liter oder 94,5 Metzen
                              Weizenschrot per Stunde. Auf 24 Stunden gerechnet gäbe
                              dieß ein Mahlquantum von circa 2200 Metzen, oder nach
                              des Erfinders Angabe die Arbeitsleistung von 25 Mahlgängen, bei einem Kraftverbrauch
                              von 145 Pferdekräften. Nachdem jedoch nach hiesigen Einführungen 1200 Zollcentner
                              Weizen (ca. 1300 Metzen) in sechzehn Stunden auf vier
                              Gängen à 7 Pferdekraft geschrotet werden, so
                              wären nur ca. fünf Gänge oder, wenn die Verkleinerung
                              des Desintegrators als doppelt so intensiv genommen würde, zehn Gänge erforderlich.
                              Der Erfinder könnte entgegnen, die durch die Schleudermühle bewirkte Verkleinerung
                              sey so groß wie die vom viermaligen Schroten der Hochmüller, ja sie sey noch größer
                              und darin liege der Gewinn.
                           Wir ersehen aus dieser Betrachtung, daß es sich zunächst um die Frage handelt: Welches sind die Eigenschaften des vom Desintegrator
                                 gelieferten Productes?
                              
                           Der Berichterstatter verdankt der Freundschaft des Hrn. Docenten J. Zeman eine kleine Sammlung von Mahlproducten der mit Carr's Desintegrator arbeitenden Getreidemühle von Gibson und Walker in Bonnigton
                              bei Edinburgh, und war hierdurch in der Lage, diese Producte zu prüfen, wenn auch
                              die geringe Menge der Probe des Desintegratorschrotes die Aufsuchung des
                              Procentgehaltes von Mehl, Grieß und Schrot nicht zuließ. Das vom Desintegrator
                              kommende Schrot enthält viel Mehl und größere Bruchstücke der Körner, hingegen wenig
                              Grieß. Nach einer Angabe (im polytechn. Journal Bd. CCIV S. 449) enthält dasselbe
                           
                              
                                 33
                                 Procent
                                 Mehl
                                 
                              
                                 20
                                 „
                                 Dunst
                                 
                              
                                 14
                                 „
                                 Gries
                                 
                              
                                 31
                                 „
                                 grobe Theile (Schrot).
                                 
                              
                           Wie verhält sich nun dieses Ergebniß gegenüber den Anforderungen der Flach-
                              und der Hochmüllerei?
                           
                           Der Hochmüllerei liegt besonders viel an einem reichen
                              Ertrage der sogenannten feinen Züge; diese lassen sich aber nur durch den ausgebildeten Griesputz- und Vermahlungsroceß
                              erlangen, daher muß der Hochmüller möglichste Griesausbeute anstreben, auf welche er
                              nur dann verzichten könnte, wenn er auf anderem Wege ebenso schönes Mehl in
                              entsprechender Menge erhielte.
                           Nachdem nun der Desintegrator wenig Gries liefert, das von ihm genommene Mehl aber
                              nicht zu den feinen Zügen gehört, wie aus nachstehendem Vergleiche zu ersehen ist,
                              so folgt, daß sich der Desintegrator für Zwecke der
                                 Hochmüllerei nicht verwenden läßt.
                           Man erhält nämlich aus 100 Theilen Weizen:
                           
                              
                                 Beim österreichischen
                                    Mahlverfahren:
                                 Mit Anwendung des Desintegrators:Dieses Mahlergebniß ist einer im August 1872 erschienenen Broschüre
                                          Carr's entnommen. Die dort
                                          befindlichen Angaben: Bran flour 4,5
                                          Proc., Exhaust flour 1,5 Proc., Seconds 4 Proc., Parings 1,75 Proc. wurden hier unter Kleiemehl etc.
                                          zusammengezogen.
                                 
                              
                                 Mehl„„
                                 Nr.„„
                                 0001
                                 oder„„
                                 KaiserauszugAuszugmehlBäckerauszug
                                 
                                    
                                    
                                 18,913,8
                                 
                                    
                                    
                                    
                                 Diese Züge fehlen gänzlich.
                                 
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 2
                                 „
                                 „
                                 
                                 12,0
                                 
                                 Semolina 
                                 26
                                 Proc.
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 3
                                 „
                                 Mundmehl
                                 
                                 13,7
                                 
                                 Mehl direct
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 vom Desintegrator 
                                 45
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 4
                                 „
                                 Semmelmehl
                                 
                                 11,9
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 5
                                 „
                                 weißes Pollmehl
                                 
                                 7,3
                                 
                                 Kleiemehl und dergleichen
                                 11,75
                                 „
                                 
                              
                                 „
                                 „
                                 6
                                 „
                                 schwarzes    „
                                 
                                 4,5
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                              
                                 Kleie, Fußmehl 
                                 
                                 
                                 16,4
                                 
                                 Kleie, Fußmehl 
                                 15,75
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 –––––
                                 
                                 
                                 ––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 98,5
                                 
                                 
                                 98,5
                                 Proc.
                                 
                              
                           Die Flachmüllerei befindet sich in einer anderen
                              Situation. Sie producirt die feinen Züge entweder ebenfalls nicht, oder in
                              geringerer Menge. Eine gut geführte Vermahlung nach diesem System, welches wir
                              bereits Eingangs unseres Berichtes erwähnten, lieferte:
                           
                              
                                 Blumenmehl (ziemlich gleich mit vorbenanntem Mehl Nr.
                                    2)
                                 23,92 
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Plattmehl (zwischen Nr. 2 und Nr. 3 stehend)
                                 40,16 
                                 „
                                 
                              
                                 Griesmehl (zwischen Nr. 3 und 4 stehend)
                                 6,26
                                 „
                                 
                              
                                 Kernmehl (gleich Nr. 6)
                                 8,91
                                 „
                                 
                              
                                 Kleie und Futtermehl (zu Kleie zu rechnen)
                                 13,71
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 91,96 
                                 Proc.
                                 
                              
                           Im Allgemeinen kann als Ergebniß der Flachmüllerei angenommen werden:
                           
                              
                                 73
                                 Proc.
                                 Mehl
                                 Nr. 1, 2 und 3
                                 
                              
                                 7
                                 „
                                 „
                                  „   4 bis 6
                                 
                              
                                 17
                                 „
                                 Kleie.
                                 
                                 
                              
                           
                           Vergleicht man diese Ergebnisse mit dem oben citirten Mahlresultate Carr's, so geht hieraus hervor, daß die Carr'sche Schleudermühle für die Flachmüllerei eher
                              Bedeutung haben könnte, daß jedoch auch hier die Vortheile fraglich sind. Carr sagt zwar: „Wie sehr auch die Raschheit
                                 und Oekonomie der Arbeit durch den Desintegrator gefördert wird, so fällt doch
                                 die Güte des erhaltenen Mehles mehr in Betracht, welche sich besonders in seiner
                                 Backfähigkeit manifestirt.“ In dem Schlußsatze mag volle Wahrheit
                              liegen, denn das Mehl vom Desintegrator ist körniger als solches von Steinen, und
                              sogenanntes todtgemahlenes Mehl kann hier kaum vorkommen.
                           Mehl dieser Art, welches die Flachmüllerei manchmal liefert, ist eben fehlerhaft, und
                              auch der Flachmüller vermeidet es durch gute Führung der Steine. Dieser eine
                              Vortheil kann allein nicht maßgebend seyn. – Es ist allerdings wahr, daß im
                              Producte der Schleudermühle die Kleie meist in größeren Parteien, also weniger
                              zersplittert vorkommt, doch würde der hierdurch bedingte Vortheil nur dadurch
                              ausgenutzt werden, wenn Gries und Schrot nach der Absonderung dem Putzprocesse
                              unterworfen würde, wie bei der Hochmüllerei, wodurch eine besondere Art von
                              Halb-Hochmüllerei entstehen würde. In ihr könnte vielleicht ein localer
                              Fortschritt sich finden lassen; gegenüber dem österreichischen Mahlverfahren oder
                              der Hochmüllerei bliebe es aber doch nur eine halbe Maßregel.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
