| Titel: | Ueber den Hunt- und Douglas-Kupferprocess. | 
| Fundstelle: | Band 211, Jahrgang 1874, Nr. XXXVI., S. 184 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XXXVI.
                        Ueber den Hunt-
                           und Douglas-Kupferprocess.
                        Siemens, Ueber den Hunt- und
                           Douglas-Kupferproceß.
                        
                     
                        
                           Das im Jahre 1869 in Canada und später auch in den Vereinigten Staaten und in England
                              patentirte neue Verfahren zur Gewinnung des Kupfers aus seinen Erzen auf nassem Wege
                              von Dr. T. Sterry Hunt und
                              James Douglas
                              jun. gründet sich bekanntlich auf die Wechselwirkung
                              zwischen Eisenchlorür und Kupferoxyd (polytechn. Journal Bd. CXCVI S. 132 und 457, Bd.
                                 CCVII S. 60). Es bildet sich Eisenoxyd, welches sich aus der Flüssigkeit
                              ausscheidet, während Kupferchlorür und Kupferchlorid zu gleichen Molecülen in Lösung
                              gehen:
                           2FeCl² + 3CuO = Cu²Cl² + CuCl² +
                              Fe²O³.
                           Das gebildete Kupferchlorür soll durch gewisse Haloïdsalze (CaCl² oder
                              NaCl) in Lösung gebracht werden.
                           So interessant diese Reaction ist, – auf welche schon Meyer
                               (berg- und hüttenmänn. Zeitung, 1862 S. 182) aufmerksam gemacht hat,
                              und welche auch schon seit Jahren veranlaßte, daß die bei dem Auslaugen des Kupfers
                              mit Salzsäure nach der Cementation durch Eisen erhaltenen sogenannten
                              „Mutterlaugen,“ welche eine nicht unbeträchtliche Menge von
                              Eisenchlorür enthalten, dem Betriebe immer wieder zugeführt wurden, – so
                              glaube ich doch nicht, daß sie für die Praxis einer solchen Zukunft entgegen sieht,
                              als man auf den ersten Blick anzunehmen sich berechtigt glauben sollte. Man konnte
                              gewiß in diesem Verfahren mit Freuden einen neuen Gedanken begrüßen, der uns dem so
                              vielfach angestrebten Problem: „ein Verfahren des Ausbringens des Kupfers
                                 auf nassem Wege auszumitteln, bei welchem die Carbonate der alkalischen Erden
                                 auf das Lösungsmittel den möglichst geringen schädlichen Einfluß
                                 ausüben“ um einen großen Schritt näher gebracht hätte. Und in der
                              That wird der Kalkstein von dieser Lauge nur äußerst wenig angegriffen. Es stellen
                              sich jedoch dem Verfahren verschiedene Schwierigkeiten entgegen, welche in der
                              Praxis in gewissen, hier näher zu beleuchtenden Fällen nicht überwunden werden
                              können.
                           Die Erze, welche Malachit und Lasur enthalten, werden in den meisten Fällen behufs
                              des Auslaugens wohl nicht zu Pulver gemahlen, sondern, wie auch auf den hiesigen
                              Hütten, in 9–12 Kubikcentimeter große Graupen zerkleinert, die das Auslaugen
                              bedeutend erleichtern, und da die beiden genannten Kupferverbindungen in den meisten
                              Fällen (besonders beim Kieselschiefer) als dünner Ueberzug auftreten, so ist nicht
                              zu befürchten daß sie sich bei einer solchen gröberen Aufbereitung der Erze der
                              Einwirkung der Lauge entziehen würden. Tritt jedoch die Eisenchlorürlauge von Hunt und Douglas an diese
                              Verbindungen heran, so lagert sich an derselben Stelle, wo sich ein Molecül des
                              Kupfercarbonates zersetzt und in Lösung übergeführt wird, ein Molecül Eisenhydroxyd
                              ab, und diese dort abgelagerten Eisenhydroxydmolecüle bilden im Verein mit der aus
                              dem Kupfercarbonat austretenden Kohlensäure, welche sich als feine Bläschen zwischen
                              ihnen hält, eine undurchdringliche Wand, welche die Kupferverbindungen vor dem
                              weiteren Eingreifen der Lauge völlig schützt. Um diese Uebelstände zu vermeiden,
                              müßte zunächst der Zusammenhang der Schicht der Kupferverbindungen gelöst werden,
                              was durch ein Mahlen des Erzes zu Pulver geschehen könnte. Sodann müßte die
                              Kohlensäure durch gelindes Zubrennen ausgetrieben werden, etwa indem man das Erz
                              eine Stunde einer dunklen Rothgluth aussetzte, bei welcher Temperatur das
                              Kupfercarbonat zersetzt wird, das Calciumcarbonat jedoch seine Kohlensäure noch
                              nicht verliert.
                           Diese beiden Operationen würden jedoch noch nicht hinreichen und ein Umrühren des Erzes beim
                              Auslaugen würde nöthig seyn, um der Lauge immer neue Angriffspunkte darzubieten und
                              das Eisenoxyd zu verhindern vor den Kupferverbindungen liegen zu bleiben. Dazu kommt
                              endlich noch, daß das entstehende Kupferchlorür in der Kälte durchaus keine große
                              Bereitwilligkeit zeigt in Lösung zu gehen und die Reaction dadurch sehr verlangsamt
                              wird. Es wäre demnach ein heißes Auslaugen bei weitem
                              vorzuziehen, wie es denn auch die Erfinder vorzugsweise anzuwenden scheinen. Ein
                              Nachwaschen des Erzes mit heißer Lauge scheint mir jedenfalls ganz unumgänglich.
                              Feines Aufbereiten der Erze, – Zubrennen, – heißes Auslaugen –
                              verbunden mit Umrühren des Inhaltes der Laugekästen – das sind nun aber
                              Factoren, mit welchen man bei armen Erzen (und für solche sollen ja gerade die
                              verschiedenen Methoden des Ausbringens des Kupfers aus nassem Wege vorzugsweise
                              dienen) wohl schwerlich wird rechnen dürfen, wenn nicht die Kosten des Verfahrens
                              den Werth des ausgebrachten Kupfers noch übersteigen, viel weniger eine Rentabilität
                              in Aussicht stellen sollen. Ob man bei reichen Erzen, welche die Kosten tragen
                              können, denn doch nicht lieber den Schmelzweg betritt, läßt sich natürlich nur nach
                              den speciellen Verhältnissen des betreffenden Werkes beurtheilen.
                           Schließlich habe ich noch ein Bedenken, Es wird schwer halten, den Kupfergehalt des
                              Erzes mittelst dieser Eisenchlorürlaugen so weit herab zu bringen, wie wir es bei
                              dem Auslaugen mit Säuren gewohnt sind. Auf den hiesigen Hütten, wo Malachit-
                              und Lasurhaltiger Kieselschiefer im Gehalte von 1–2 Proc. Cu mit Salzsäure
                              verlaugt wird, pflegen wir die Erze mit nur einem viertel Procent Kupfer über die
                              Halde zu stürzen. Mit den Hunt- und Douglas'schen Eisenchlorürlaugen den Gehalt so weit herab
                              zu bringen, ist jedenfalls (wenn überhaupt) nur unter oben angeführten kostspieligen
                              Bedingungen zu bewerkstelligen. Das Verfahren in seiner jetzigen Gestalt ist demnach
                              nur für reichere Erze anwendbar und mag besonders für solche die silber- und
                              goldhaltig sind, eine bessere Zukunft haben.
                           Dr. R. Siemens.                
                              Chemiker an den Kupferhütten zu Nieder-Marsberg
                              (Westphalen).