| Titel: | Ueber die Entdeckung eines Wismuthlagers in Frankreich; von Ad. Carnot. | 
| Fundstelle: | Band 211, Jahrgang 1874, Nr. LXXI., S. 347 | 
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                        LXXI.
                        Ueber die Entdeckung eines Wismuthlagers in
                           Frankreich; von Ad.
                              Carnot.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXXVIII p. 169; Januar
                              1874.
                        Carnot, über Entdeckung eines Wismuthlagers in
                           Frankreich.
                        
                     
                        
                           Das Wismuth ist unter den gebräuchlichen Metallen eines der seltensten. Seine Erze
                              wurden bisher nur an wenigen Orten im Auslande angetroffen, und von einem Vorkommen
                              in Frankreich wußte man nichts. Lange Zeit hindurch war Sachsen fast das einzige
                              Land, wo man es gewann. Sein Preis unterlag zu verschiedenen Zeiten
                              außerordentlichen Schwankungen; während es nämlich früher 11 Francs per Kilogramm gekostet hatte, stieg es im Jahre 1869 bis
                              auf 55 Frcs., und während des Krieges 1870 konnte man es selbst für medicinische
                              Zwecke sich kaum verschaffen. Die Rückkehr solcher Krisen ist von jetzt an
                              wahrscheinlich nicht mehr zu befürchten, denn in dem südamerikanischen Staate
                              Bolivien sind Wismuthgruben eröffnet worden; aber die Gefahr würde noch sicherer
                              fern gehalten, wenn das eigene Land den Bedarf decken könnte. Dieser Wunsch scheint
                              sich nun realisiren zu wollen, denn im Inneren Frankreichs hat man vor Kurzem ein
                              Wismuthlager entdeckt.
                           Ich übergehe die näheren Umstände dieser Entdeckung und den Antheil, welchen Veny, der Vorstand der Brücken- und Straßenbauten
                              im Departement Corrèze, daran genommen hat, beschränke mich vielmehr nur
                              darauf anzugeben, daß Versuchsarbeiten, welche im Jahre 1867 auf einem quarzigen
                              Districte unternommen wurden, wo man anfangs nichts als Wolfram, Mißpickel und
                              einige arsen- und phosphorhaltige Mineralien antraf, nach Verlauf von zwei
                              Jahren zur Entdeckung von Wismutherzen führten. Valenciennes, Director des Laboratoriums der Pharmacie centrale in Saint-Denis, wies zuerst die Gegenwart des
                              Wismuthes darin nach. Seitdem sind die Forschungen mit wenig Unterbrechung
                              fortgesetzt worden, und nicht resultatlos geblieben.
                           Das Lager befindet sich südlich von Meymac (Corrèze) auf einer der
                              Verzweigungen der Granitkette, welche die Becken der Vienne und Creuze von dem der
                              Dordogne und deren Zuflüssen trennt. Der Boden des Gebirges, wo die Arbeiten
                              begonnen haben, besteht aus porphyrartigem Granit mit schwarzem Glimmer und großen
                              Feldspathkrystallen, worin sich Nester von strahligem Turmalin, sowie von lockerem
                              und von Wasser tief ausgewaschenem Granit befinden. Der quarzige Gang, welcher die
                              Erze einschließt, durchstreicht ein granitisches Gestein mit feinem Korn und weißem Glimmer, welcher
                              stellenweise grünlich erscheint und sich salbenartig anfühlt.
                           In den Ausläufern dieses Ganges findet man zahlreiche Mineralspecies; einige
                              derselben unterscheiden sich sowohl äußerlich als auch in ihrer chemischen
                              Zusammensetzung merklich von den bis jetzt bekannten, und verdienten deßhalb eine
                              besondere Beschreibung; doch will ich nicht lange dabei verweilen, und nur die Natur
                              der interessantesten kurz angeben.
                           Das Wolfram zeigt sich in bedeutenden Massen in den oberen
                              Theilen des Ganges; allmählich macht es Platz dem Tungstein (wolframsaurem Kalk) und dem durch Zersetzung des letzteren
                              entstandenen Wolframsäure-Hydrat. Das Wismuth findet sich in verschiedenen chemischen
                              Zuständen, namentlich gediegen, geschwefelt, oxydirt und
                              als Hydrocarbonat. Als Begleiter dieser Mineralien treten
                              auf: Mißpickel reichlich, dann Eisenkies und Brauneisenstein. Auch einige Bleierze habe ich daselbst angetroffen, nämlich kohlensaures, schwefelsaures, chlorphosphorsaures und molybdänsaures Bleioxyd.
                           Ich werde jetzt mit wenigen Worten das zur Gewinnung des Wismuthes befolgte Verfahren
                              beschreiben. Von allen Wismutherzen ist das Oxyd oder Hydrocarbonat das einzige,
                              welches bis jetzt in etwas größerer Menge dort gefunden wurde. Es ist jedenfalls
                              Zersetzungsproduct des Schwefelwismuthes, und daher auch zu vermuthen, daß letzteres
                              bei weiterer Nachgrabung noch in bedeutender Menge zum Vorschein kommen wird. Jenes
                              Oxyd oder Hydrocarbonat enthält auch ein wenig Arsen, Antimon, Blei, Eisen und Kalk,
                              und eingemengt Quarz nebst Silicaten. In der Voraussicht, daß die Reduction auf
                              trockenem Wege mit bedeutendem Verlust verknüpft seyn möchte, schlug ich den nassen
                              Weg ein. Zu diesem Zwecke behandelte ich das zerkleinerte Mineral dreimal
                              nacheinander mit Salzsäure bei sehr gelinder Wärme in steinernen Geschirren unter
                              fleißigem Umrühren mit einem hölzernen Spatel, wornach es vollständig erschöpft war.
                              In die filtrirten und vereinigten Flüssigkeiten wurden eiserne Stäbe gestellt,
                              welche alles Wismuth als schwarzes schweres Pulver niederschlugen. Man goß nun ab,
                              wusch den Satz mit Wasser, sammelte ihn in einem leinenen Beutel, preßte und
                              trocknete ihn möglichst rasch, um einer Oxydation des fein zertheilten Metalles
                              vorzubeugen; das getrocknete Pulver drückte man in einen Graphittiegel ein, füllte
                              diesen mit gröblich gestoßener Kohle auf, setzte ihn einer dreistündigen, die
                              Rothgluth nicht übersteigenden Hitze aus, und goß das Metall in eine Form.
                           Das so gewonnene Metall enthielt ein wenig Blei, Arsen und Antimon. Für medicinische Zwecke bedarf
                              es natürlich noch einer weiteren Reinigung.
                           Wie man sieht, schützt das vorstehend beschriebene Verfahren der Extraction des
                              Wismuthes aus den genannten Mineralien nicht bloß vor Verlust, sondern es ist auch
                              sehr ökonomisch und einfach. Bis jetzt sind auf diese Weise circa 250 Kilogrm. Metall gewonnen worden, welche man größtentheils in der
                              Pharmacie centrale auf basisches Nitrat (Magisterium Bismuthi) verarbeitet hat.