| Titel: | Der Kupferrubin und die verwandten Gattungen von Glas; von Paul Ebell. | 
| Autor: | Paul Ebell | 
| Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. XVI., S. 53 | 
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                        XVI.
                        Der Kupferrubin und die verwandten Gattungen von
                           Glas; von Paul
                              Ebell.
                        Aus dem chemisch-technischen Laboratorium
                           des Collegium Carolinum zu
                           Braunschweig.
                        Ebell, über den Kupferrubin und die verwandten Gattungen von
                           Glas.
                        
                     
                        
                           Am Fuße der im Jahre 1871 von Max Müller
                              Dingler's polytechn. Journal, 1871 Bd. CCI S. 147 ff. veröffentlichten Mittheilungen (aus oben genanntem Laboratorium) über das
                              Rubinglas mit Gold ist auf die naheliegende Anschauung hingewiesen, wonach das Glas
                              Metalle im regulinischen Zustande zu lösen vermag und das Rubinglas einfach als eine
                              erstarrte Lösung von metallischem Gold in Glas aufzufassen ist. Ueber diese, die
                              eigentliche Natur des Goldglases, heißt es daselbst weiter, kann jedoch nicht
                              endgiltig abgeschlossen werden, ohne gründliches Studium eines anderen sehr
                              verwandten Gegenstandes, nämlich des mit Kupfer roth gefärbten Glases.
                           Die nachstehende Abhandlung enthält, nebst einigen Nachträgen über das goldhaltige
                              Glas, das Ergebniß der Studien über die kupferrothen, über die mit Silber gefärbten
                              Gläser, sowie einigen Erscheinungen bei den bleihaltigen Gläsern, welche die oben
                              für das Goldglas ausgesprochene Ansicht in ihrem ganzen Umfang bestätigen.
                           Zwei Hauptformen sind es in denen das goldhaltige Glas auftritt. Die homogenere,
                              gleichmäßig durchsichtige hat allein praktische Bedeutung; die andere, worin das
                              Gold als Ausscheidung feinzertheilt enthalten ist, das durchgegangene Goldglas
                              findet keine Anwendung. Anders bei den Kupfergläsern. Außer dem blauen mit
                              Kupferoxyd gefärbten Glase, welches hier nicht weiter in Betracht kommt, kennt die
                              Praxis dreierlei mit Kupfer roth gefärbte Gläser: den Kupferrubin, das dem Goldrubin entsprechende schöne hochrothe Glas der
                              Kirchenfenster u.s.w., den Hämatinon und den Aventurin. Während dem Goldrubin zahlreiche
                              wissenschaftliche Untersuchungen gewidmet sind, haben die kupferrothen Gläser, ihrer
                              größeren Wichtigkeit ungeachtet, nur in sparsamem Maße Bearbeitung gefunden, am
                              stiefmütterlichsten der Kupferrubin selbst.
                           Die bei weitem wichtigste Arbeit verdankt man v. Pettenkofer.Abhandlungen der naturwissenschaftlich-technischen Commission der kgl.
                                    bayer. Akademie der Wissenschaften; I. Band S. 123 ff. Sie erstreckt sich zunächst nur auf den von ihm wieder erfundenen Hämatinon und einige
                              Betrachtungen über den Aventurin, während sie dem Rubin nur ganz gelegentliche
                              Bemerkungen widmet. Wie er von dem Hämatinon nachwies, bildet dieser unmittelbar
                              nach dem Zusammenschmelzen einen rothbraunen Glasfuß, der erst durch einen
                              nachfolgenden Proceß, nämlich durch andauerndes Glühen bei der Temperatur der
                              beginnenden Erweichung, in das opake hochrothe Glas, den eigentlichen Hämatinon
                              übergeht. Aehnlich besteht der Aventurin, wie schon früher bekannt, in zwei
                              Zuständen: in dem unmittelbaren Fluß ohne die Krystallflitter und in dem
                              eigentlichen Aventurin, worin die Krystalle erst durch einen secundären Proceß
                              entwickelt werden. Nach v. Pettenkofer beruht die Bildung
                              beider Gläser auf einer Krystallisation und zwar – wie namentlich aus der
                              Härte im mineralogischen Sinn geschlossen wird – einer Krystallisation von
                              kieselsaurem Kupferoxydul.Auch H. Rose hat bei Gelegenheit die Vermuthung
                                    ausgesprochen, es bilde sich beim Schmelzen kieselsaures Kupferoxydul;
                                    dieses zersetze sich bei niederen Temperaturen und scheide das Oxydul in
                                    Krystallen aus. (Vergl. später unter III. Goldglas.) Das frisch geschmolzene Glas repräsentirt nach ihm ferner den amorphen
                              Zustand, wie der fertige Hämatinon und Aventurin den krystallinischen Zustand. Die
                              Existenz des kieselsauren Kupferoxyduls angenommen, lägen die Dinge soweit klar;
                              aber neben amorph und krystallinisch gibt es keinen dritten Zustand, wohl aber ein
                              drittes rothes Kupferglas, den durchsichtigen Rubin. Wenn in jenen beiden Gläsern
                              roh und fertig der amorphe Zustand und der krystallinische vorliegt, was ist dann
                              der Kupferrubin? Auch dieser besteht in zwei Zuständen, farblos und roth angelaufen,
                              besteht jedoch ohne alle Ausscheidungen, v. Pettenkofer
                              macht darüber die Bemerkung: das Anlaufen des Kupferrubins sei ebenfalls nur der
                              Uebergang von kieselsaurem Kupferoxydul aus dem amorphen in den krystallinischen
                              Zustand, die rothe Farbe sei eine Ausscheidung von Krystallen dieser Verbindung,
                              aber von Krystallen in geringer Menge und von solcher Winzigkeit, daß sie selbst
                              unter dem Mikroskop nicht wahrnehmbar seien. Diese nur nebenbei und gelegentlich
                              gegebene Erklärung ist nicht gut annehmbar. Krystalle bedürfen, um in einer
                              Grundmasse unsichtbar zu sein, nicht der äußersten Kleinheit; es genügt wenn sie in
                              den physikalischen, namentlich optischen Eigenschaften gleich oder nahezu gleich
                              sind mit der Grundmasse. Nun sind die Ausscheidungen, die hier in Frage kommen
                              – wie der Hämatinon und Aventurin ausweist- von der Grundmasse in
                              allen Richtungen verschieden; diese ist durchsichtig und grün, jene opak und roth.
                              Sie können also auch beim äußersten Grade von Kleinheit nicht unsichtbar sein, denn
                              sie müßten dann nicht blos dem menschlichen Auge sondern auch dem Lichtstrahl
                              entgehen.
                           
                           Nach v. Pettenkofer's Darlegung bleibt demnach die Natur
                              des Kupferrubins ganz und gar zweifelhaft, während das Hämatinon eine Ausscheidung
                              von sehr kleinen mikroskopischen, der Aventurin von größeren Krystallen aus
                              kieselsaurem Kupferoxydul wäre. Diese Verbindung ist jedoch völlig problematisch und
                              ihr Bestehen – wie schon in der Nachschrift zu Müller's Abhandlung hervorgehoben worden – in hohem Grade
                              unwahrscheinlich, weil starke Mineralsäuren das Kupferoxydul in Oxyd und
                              metallisches Kupfer spalten und nicht abzusehen ist warum die Kieselerde im feurigen
                              Fluß sich anders verhalten soll. Auch ist bekanntlich Wöhler
                              Annales de Chimie et de Pharmacie, Bd. XLV S.
                                    134; – ferner in den Göttinger gelehrten Anzeigen, 1842 Nr. 179 und
                                    180, und in diesem Journal 1843, Bd. LXXXVIII, S. 158. bei einer Untersuchung des Aventurin zu sehr abweichenden Ansichten gelangt,
                              denn er hält die Krystalle in dieser Art Glas einfach für metallisches Kupfer.
                              – Während Frémy und Clémandot
                              Dieses Journal, 1846 Bd. XCIX S. 465. bei ihren übrigens nicht weiter entscheidenden Versuchen über den Aventurin
                              sich aus Wohler's Ansicht stützen, versucht später Hautefeuille
                              Bulletin de la Société
                                       d'Encouragement, 1861 S. 609. nachzuweisen, daß die Krystalle darin kein metallisches Kupfer sein könnten,
                              weil sie mit Quecksilbersalzen (durch Verquickung) nicht weiß werden. Er nimmt an,
                              die Krystalle, die er seinen Versuchen nach nicht für metallisches Kupfer hält,
                              seien kieselsaures Kupferoxydul, schließt sich also der Pettenkofer'schen Ansicht (dessen Abhandlung er jedoch nicht zu kennen
                              scheint) an. Mit dem Hämatinon haben sich die nach v. Pettenkofer genannten Beobachter nicht befaßt. Noch muß besonders
                              hervorgehoben werden, daß man bis dahin durch bloßes Zusammenschmelzen des
                              Glassatzes mit Kupferoxydul kein rothgefärbtes Glas erhielt; v. Pettenkofer z.B. bediente sich eines Kupferhammerschlags
                              so reich an Oxydul, daß er ein rothes Pulver beim Zerreiben gab, und schmolz dieses
                              mit dem Satze in einer nur Stickstoff, Kohlensäure und Kohlenoxyd enthaltenden
                              Atmosphäre unter Umrühren mit einem Kupferstab zusammen, erhielt jedoch nur ein
                              grünes Glas. Nur bei gleichzeitiger Anwendung von Reductionsmitteln, wie Eisen und
                              Kohle, entstand ein rothbrauner Fluß, beziehungsweise Hämatinon.
                           Die bis dahin bekannt gewordenen Untersuchungen über die mit Kupfer rothgefärbten
                              Gläser bieten, wie man sieht, wesentliche Lücken, Widersprüche und Dunkelheiten; sie
                              haben unsere Kenntnisse mit zahlreichen und wichtigen Beobachtungen bereichert, aber
                              zu einer abgeschlossenen allseitig befriedigenden Erkenntniß der Natur dieser
                              Kunstproducte nicht
                              geführt. In der That kann eine solche Erkenntniß nur aus dem vergleichenden Studium
                              der drei Gattungen von Kupferglas – Rubin, Hämatinon und Aventurin –
                              hervorgehen, während man sie immer nur einzeln oder zu zweien höchstens untersucht
                              hat. Ein vergleichendes Studium muß nicht nur alle drei Gattungen der mit Kupfer
                              roth gefärbten Gläser in ihren verschiedenen Phasen, sondern auch alle analogen
                              Fälle der farbigen Gläser, namentlich des Goldes und Silbers umfassen; es darf sich
                              nicht auf das bloße chemische Vorhalten beschränken; es muß vielmehr auch die
                              übrigen Seiten des Vorhaltens in sein Bereich ziehen. Damit ist die Aufgabe
                              bezeichnet, die sich eine Reihe von Untersuchungen im hiesigen Laboratorium gesteckt
                              hat. Eine Anzahl anderer hiermit in nur mittelbarem Zusammenhang stehende Fälle sind
                              späterer Untersuchung vorbehalten. Dahin gehört die bis jetzt noch völlig
                              räthselhafte Färbung des Glases mit KohleDie Erklärung von Pelouze (Reduction von Sulfaten
                                    im Glas) kann mindestens nicht allgemein giltig sein. Denn die im hiesigen
                                    Laboratorium angestellten Controllversuche mit absolut Schwefelsäure freiem
                                    Glas gaben eine intensive und ausgezeichnete Färbung mit Kohle., die Milchgläser und theilweise die Emaile, sowie der Chromaventurin und
                              gewisse mit Borax geschmolzene kupferhaltige Gläser (Pettenkofer's Astralit) – alle einer anderen Kategorie von
                              Erscheinungen angehörig.
                           
                        
                           I. Von den mit Kupfer roth gefärbten
                                 Gläsern.
                           
                              1) Das Rubinglas als
                                    Lasur.
                              Die Glasmacherkunst lehrt zweierlei Wege zur Herstellung von Kupferrubin, nämlich
                                 nach Art der Lasur wie beim Färben des Glases mit Silber, dann durch
                                 Ueberfang.
                              Die erste, selten zur Anwendung kommende Art ist eine Färbung des in Stoff und
                                 Form fertigen Glases. Man reibt Kupfer-, Eisenhammerschlag und Ocker mit
                                 Terpentinöl zu einem zarten, mit dem Pinsel auf die zu färbende Stelle
                                 aufzutragenden Schlamm und brennt den getrockneten Ueberzug in der Muffel ein.
                                 Ein Theil des kupferhaltigen Zusatzes geht in das Glas ein, welches davon eine
                                 dunkelgrüne Farbe annimmt; der Rest mit Ocker hängt lose auf der Oberfläche und
                                 wird mit der Bürste beseitigt. Damit ist nur der Grund zur Rubinfarbe gelegt,
                                 deren Entwickelung in einem zweiten Proceß, einem reducirenden Glühen in der
                                 Muffel erfolgt, in der man Holzkohlen vertheilt hat. In der Regel fällt das Roth
                                 im ersten Brand etwas düster aus und muß erst in einem zweiten und dritten Feuer
                                 auf den vollen Ton gebracht werden. Es ist angenommen, daß die Farbe nur auf bleifreien
                                 Kaligläsern geht, nicht einmal auf dem ebenfalls kalihaltigen Bleikrystall.Bontemps, Guide du Verrier; Paris 1868, pag. 545. Eine auf ganz ähnlichem Wege zu Stande gekommene Färbung beobachtet man
                                 häufig in chemischen Laboratorien beim Verbrennen organischer Substanzen mit
                                 Kupferoxyd. Oft ist sie sehr auffallend und tritt dann meist an der Stelle auf,
                                 wo das Kupferoxyd liegt, mitunter an der mit Kupferspänen bedeckten Stelle, oft
                                 fehlt sie gänzlich. In dieser Beobachtung der zufälligen Färbung von Glasröhren
                                 bot sich ein bequemer Weg zum Studium der Erscheinung beim Färben durch Lasur,
                                 also dem Färben des starren Glases.
                              Die Versuche sind, wo nicht das Gegentheil angegeben, mit sogen.
                                 Verbrennungsröhren aus strengem Glase in dem bekannten mit Gas geheizten Ofen
                                 zur Analyse organischen Verbindungen angestellt, ausnahmsweise auch über dem Bunsen'schen Brenner. Im Röhrenofen kann die
                                 Temperatur bis zum mäßigen Erweichen des Glases gebracht werden, kaum über dem
                                 Bunsen'schen Gasbrenner. Bei der ersten
                                 Versuchsreihe diente eine mit Terpentinöl zu Schlamm abgeriebene Mischung von
                                 schwarzem Kupferoxyd mit Holzkohlenpulver und Thon, ähnlich wie in der Praxis;
                                 der Thon macht die Mischung besser am Glase haften. Durch Eingießen dieser
                                 Mischung und Umschwenken gelangt man leicht dahin, die innere Fläche der Röhren
                                 gleichförmig zu überziehen, die dann getrocknet und in: Gasröhrenofen längere
                                 Zeit geglüht wurden. Weder bei dunkler, eben sichtbarer Rothglut, noch bei dem
                                 höchsten Glühgrade, bei welchem sich die Röhren bereits durchbogen, kam eine
                                 rothe Färbung zum Vorschein. Sie zeigte sich ebensowenig, als man den Thon
                                 wegließ, oder als man während des Glühens Leuchtgas oder Wasserstoffgas
                                 durchleitete. Das Kupferoxyd fand sich einfach reducirt, einmal auch als
                                 metallischer Ueberzug auf dem Glase. Rohre aus leichtflüssigerem Glas und ein
                                 Stück Tafelglas mit derselben Mischung bestrichen und in der Muffel behandelt,
                                 verhielt sich ebenso wie die Röhre und blieb ohne alle Färbung. Bei einem Theil
                                 der Versuche mit den Röhren waren indessen Spuren von Färbung bemerklich und
                                 zwar in Gestalt von schwachrothen vereinzelten Flecken, namentlich wenn man nach
                                 längerem Einbrennen der Mischung – gewöhnlich 1 bis 2 Stunden fortgesetzt
                                 – zuletzt Wasserstoffgas durch das glühende Rohr leitete. Diesem Winke
                                 folgend, versuchte man die Wirkung desselben Gases auf die von den ersten
                                 erfolglosen Versuchen noch gebliebenen Röhren. Ein solches Rohr aus
                                 strengflüssigem Glase bei der eben sichtbaren Rothglut mit einem Gemenge von Kupferoxyd,
                                 Kohlenpulver und Thon mit Terpentinöl behandelt, wurde entzwei geschnitten, eine
                                 Hälfte von der Mischung entleert, im Gasverbrennungsofen auf die stärkste Hitze
                                 gebracht und Wasserstoff durchgeleitet. Sofort entwickelte sich eine tiefe
                                 Rubinfärbung. Dasselbe geschah bei Wiederholung mit der zweiten Hälfte des
                                 Rohres und bei einem Rohr, welches zur organischen Analyse mit Kupferoxyd
                                 gedient hatte. Als man ein strengflüssiges Glasrohr mit bloßem Kupferoxyd (mit
                                 Hilfe von etwas Terpentinöl) überzog und zuerst eine Zeit lang in
                                 Sauerstoffstrom, dann im Wasserstoffstrom glühte, entwickelte sich die gleiche
                                 tiefe volle Rubinfarbe.
                              Ganz dieselbe Erfahrung machte man bei der Behandlung mit metallischem Kupfer
                                 statt Kupferoxyd. Streng- und leichtflüssige Röhren mit Kupferdrehspänen
                                 oder gefälltem metallischem Kupfer (letzteres mit Thon und Terpentinöl
                                 angemacht) im Wasserstoffstrom länger geglüht, gaben keine Färbung, nur einmal
                                 schwache vereinzelte Flecken. Wurde dagegen das Rohr erst mit dem Kupfer 3/4
                                 Stunden für sich, also in Luft, und dann erst im Wasserstoffstrom geglüht, so
                                 trat tiefrothe Färbung ein in dem vorher farblosen oder gelblichen Glase.
                              Ein mit Kupferdrehspänen rothgefärbtes Rohr, nach dem Entleeren zwei Stunden im
                                 Luftstrom geglüht, verlor die Farbe vollkommen. Nachdem es farblos geworden,
                                 wieder im Wasserstoffstrom geglüht, entwickelte sich die rothe Farbe von neuem,
                                 nur etwas weniger intensiv als vorher.
                              Ein schmales Stück Spiegelscheibe mit Kupferoxyd, Kohlenpulver und Thon in der
                                 Muffel bis zum beginnenden Erweichen in Umgebung von Holzkohlenstücken geglüht,
                                 hatte oberflächlich eine rothe Farbe angenommen. Die Gewichtszunahme betrug nach
                                 Entfernung der aufgestrichenen lose anhängenden Masse 0,06 Grm.
                              Die Thatsachen reden klar. Die Entwickelung der rubinrothen Farbe auf dem fertig
                                 gebildeten Glase gelingt nur, wenn die Oberfläche zuerst mit einer
                                 Kupferverbindung imprägnirt und diese alsdann im Glase durch Wasserstoff (oder
                                 Kohlenoxyd) reducirt wird. Unter der Muffel, wo eine unmittelbare Färbung
                                 stattzufinden schien, geschah wegen der allmäligen Steigerung der Temperatur die
                                 Imprägnation im ersten Stadium, die Reduction durch die Atmosphäre von
                                 Kohlenoxyd im zweiten Stadium der vollen Glut.
                              Daß das Kupfer als Oxyd in das Glas übergeht, darüber kann wenig Zweifel
                                 bestehen. Dieses Oxyd gibt eine blaue oder blaugrüne Färbung von sehr geringer
                                 Intensität, die bei der auf die äußerste Oberfläche beschränkten Imprägnation,
                                 also bei der ungewöhnlichen Dünne der gefärbten Schicht dem Auge verschwindet.
                                 Beim Einbrennen von Lasur in der Praxis ist die Farbe des Kupferoxydes nach dem
                                 ersten Feuer übrigens deutlich sichtbar. Die daraus entwickelte Rubinfarbe ist
                                 im Gegentheil ungeheuer intensiv und selbst bei den allerdünnsten Schichten
                                 ungemein in die Augen springend. Die gleich anfangs zugesetzten Reductionsmittel
                                 können ebensogut wegbleiben; sie sind ohne Bedeutung, Terpentinöl durch seine
                                 Flüchtigkeit, und Kohlenpulver weil es bei seiner geringen Menge in den
                                 Versuchen nicht lange genug Stand hält, um die Wiedererzeugung von Kupferoxyd zu
                                 hindern. Wasserstoff (oder Leuchtgas) gleich anfangs durchgeleitet, färben nicht
                                 roth, weil sie durch verfrühte Reduction die Imprägnation hindern. Daß die
                                 Imprägnation des Glases bei so niederer Temperatur schon vor der Erweichung des
                                 Glases stattfindet, kann nicht befremden, denn diese Erscheinung findet häufig
                                 – beim Färben des Glases mit Silberpräparaten bei noch viel niederen
                                 Temperaturen – statt.
                              Kupferoxydul bildet sich gemeinhin nur bei Oxydation mit großem Ueberschuß von
                                 Metall; in obigen Versuchen sind immer nur verhältnißmäßig geringe Mengen in
                                 Wirksamkeit. Die Entstehung von Kupferoxydul beim anfänglichen Glühen ist schon
                                 aus diesem Grunde sehr unwahrscheinlich oder doch nur bei den Versuchen mit
                                 Drehspänen denkbar. Welches ist aber der durch Reduction des von: Glas
                                 aufgenommenen Kupferoxydes entstehende rubinroth färbende Körper?
                              Gewöhnlich glaubt man die Bildung von Kupferoxydul annehmen zu sollen, aber
                                 dieser Annahme stellen sich gewichtige Bedenken entgegen. Beim Glühen von
                                 Drehspänen im Luftstrom in einem strengflüssigen Rohre überzogen sich diese mit
                                 schwarzem Oxyd in dicker Schichte; als man nachher, ohne etwas zu ändern,
                                 Wasserstoff durch das glühende Rohr leitete, färbte sich das Rohr schön
                                 rubinroth, während das Kupfer zu Metall (nicht Oxydul) reducirt wurde. Es müßte
                                 also das Kupferoxyd gleichzeitig und bei absolut gleicher Temperatur im Glase zu
                                 Oxydul, außerhalb des Glases zu Metall reducirt sein. Unmittelbare Versuche mit
                                 Kupferoxydul sind nicht wohl durchzuführen, weil dasselbe zu leicht
                                 veränderlich, zu leicht reducirt und zu leicht oxydirt wird. Der Weg der Lasur
                                 eignet sich weniger zur endgiltigen Entscheidung über diesen Körper als
                                 Schmelzversuche.
                              
                                 
                                    (Fortsetzung folgt.)