| Titel: | Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873; mitgetheilt von Johann Zeman. | 
| Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. LXX., S. 286 | 
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                        LXX.
                        Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873;
                           mitgetheilt von Johann
                              Zeman.
                        Mit Holzschnitten und Abbildungen auf Tab. IV.
                        (Fortsetzung von S. 28 des vorhergehenden Bandes.)
                        Zeman, Notizen aus der Wiener Weltausstellung.
                        
                     
                        
                           77. Dampfhammer von B. und S. Massey,
                                 Openshaw, Manchester. (Figur 9 bis 13.)
                           Unter den Dampfhämmern kleineren und mittleren Kalibers, welche auf der Wiener
                              Weltausstellung vertreten waren, muß in Rücksicht auf Einfachheit, Dauerhaftigkeit
                              und Präcision der Steuerung der Dampfhammer von B. und S. Massey in Manchester mit in erster Reihe genannt werden. Diese Hämmer
                              gehören in England zu den verbreiterten und auch auf dem Continente ist das Original
                              stark vertreten, sowie es auch von verschiedenen Maschinenfabriken schon nachgebaut
                              wird. Der Massey-Hammer gehört zu den
                              Schnellschlägern – 200 bis 400 Hübe pro Minute;
                              er ist mit Hand- und Selbststeuerung versehen, für Oberdampf eingerichtet,
                              und das Gerüst war ein einseitiges.
                           Die Steuerung erscheint in Fig. 9 bis 13 in verschiedenen
                              Ansichten dargestellt und ist daraus sehr leicht zu verstehen. Bei Aufgang des
                              Hammers stößt die Rolle a gegen den Winkelhebel bb', welcher hinten zwischen den beiden
                              Seitenwänden des Gerüstes gelagert und mit dem Vertheilungsschieber A in Verbindung gebracht ist. Es wird somit der Schieber
                              A gehoben, der Dampfraum unter dem Kolben im
                              Dampfcylinder mit dem
                              Abzugsrohr A' in Verbindung gesetzt, frischer Dampf
                              dagegen aus dem Schiebergehäuse über den Dampfkolben geleitet und der Hammer abwärts
                              getrieben. Sowie die Rolle a den Steuerungshebel bb' verläßt, kehrt letzterer wegen der Spiralfeder
                              c in seine frühere Stellung zurück. Je nachdem man
                              die Position des Steuerungshebels bb' verändert
                              – und zwar mit Hilfe des Stellarmes mit Sperrquadrant d – wird die Hubhöhe des Hammers verschieden. Wenn man den
                              Winkelhebel ganz zurückzieht, so läßt sich der Hammer nach Belieben von Hand durch
                              den Griff f dirigiren.
                           Die nähere Einrichtung des bekannten Napier-Schiebers erkennt man ohne nähere Erklärung aus den Abbildungen.
                              Figur 10
                              gibt einen Horizontalschnitt durch das Schiebergehäuse; Figur 11 und 12 den
                              entlasteten Kolbenschieber für die Dampfvertheilung im Vertical- und
                              Horizontalschnitt und Figur 13 einen Schnitt
                              durch den Sitz des Kolbenschiebers.
                           Der Absperrschieber war bei dem ausgestellten 5 Centner-Dampfhammer durch
                              Handgriff e und Zugstange verstellbar; bei den kleinen
                              Massey-Hämmern (1/2 Centner Bärgewicht) ist
                              ein Fußtritt zur Stellung des Absperrschiebers vorhanden. – In der Ansicht
                              (Figur 9)
                              erscheint die Steuerungsschieberstange mit einer am Dampfcylinder angeschraubten
                              Führung versehen. Wenn ich mich aber recht entsinne, hat Massey diese Stange gerade herabgeführt und den Handsteuerhebel f etwas weiter links gesetzt; die Verbindung der
                              Schieberstange mit dem Winkelhebel gewährte hinlänglich Spielraum.
                           Die gangbaren Größen der Massey-Hämmer sind
                              folgende:
                           
                              
                                 
                                    Daten
                                    
                                 Gewicht des Hämmerbäres in Centner
                                 
                              
                                 
                                 0,5
                                 1,5
                                 3
                                 5
                                 7
                                 10
                                 15
                                 
                              
                                 Durchmesser des Cylinders. (Millimeter)
                                 114
                                 152
                                 190
                                 229
                                 254
                                 305
                                 340
                                 
                              
                                 Fallhöhe (Millimeter)
                                 280
                                 330
                                 432
                                 533
                                 610
                                 686
                                 762
                                 
                              
                                 Gewicht ohne Chabotte. (Centner)
                                   13
                                   24
                                   32
                                   48
                                   60
                                   80
                                 130
                                 
                              
                                 Gewicht der Chabotte. (Centner)
                                     5
                                   12
                                   24
                                   40
                                   56
                                   80
                                 120
                                 
                              
                                 Mittlere Hubzahl bei Selbststeuerung pro
                                    Min.
                                 400
                                 350
                                 300
                                 250
                                 200
                                 200
                                 200
                                 
                              
                                 Mittlere Dicke des Arbeitstückes, das in
                                    einer    Hitze ausgeschmiedet werden kann.
                                    (Mm.)
                                   50
                                   76
                                 102
                                 152
                                 178
                                 203
                                 229
                                 
                              
                           
                        
                           78. Dampf-Preßhammer von B. und
                                 S. Massey, Openshaw, Manchester. (Mit Holzschnitten.)
                           Weniger bekannt aber ebenso beachtenswerth wie die Dampfhämmer der oben genannten
                              Firma erscheinen dem Referent die Massey'schen
                              Dampfpreßhämmer, mit deren Hilfe eine große Zahl von Schmiedestücken wie sie im nachstehenden Tableau
                              zusammengestellt sind, rasch und in scharfen Formen hergestellt werden können.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 213, S. 288
                              
                           Die Disposition des Preßhammers erhellt zur Genüge aus nebenstehendem Holzschnitt.
                              Der Steuerungs- und Absperrschieber hat die beim Dampfhammer besprochene
                              Einrichtung. Wenn der Absperrschieber geöffnet wird, tritt Dampf unter den Kolben
                              und hebt den Oberstempel. Hat man das Eisen im Untergesenk eingelegt, so wird ein
                              Fußtritt niedergetreten und dadurch der Dampfschieber so umgestellt, daß die untere
                              Cylinderhälfte mit der Atmosphäre in Verbindung tritt, über den Kolben aber frischer
                              Dampf gelangt, welcher den Stempel mit einem kräftigen Schlag auf das Untergesenk
                              hinabtreibt. Sofort erhebt sich der Stempel – wenn der Fußtritt nicht
                              absichtlich niedergehalten wird – und das gepreßte Schmiedestück kann durch
                              Schlag auf einen Hebel aus dem Untergesenk herausgeschoben werden.
                           Die kräftige Spiralfeder am oberen Verbindungs-Querstück der verticalen als
                              Buffer für den aufsteigenden Dampfkolben, der im Innern des Cylinders gegen die
                              Bufferspindel anstößt, welche durch die obere Stopfbüchse hindurchgeführt ist.
                           Nachstehend folgen die Hauptgrößen der Massey'schen
                              Dampfpreßhämmer:
                           
                              
                                 
                                    Daten
                                    
                                 Gewicht des Preßstempels in Centner
                                 
                              
                                 
                                  1/2
                                 1 1/2
                                 3
                                 5
                                 7
                                 10
                                 
                              
                                 Durchmesser des Cylinders. (Mm.)
                                 127
                                 178
                                 229
                                 254
                                 279
                                 305
                                 
                              
                                 Fallhöhe. (Mm.)
                                 280
                                 330
                                 432
                                 533
                                 610
                                 686
                                 
                              
                                 Totalgewicht. (Centner)
                                   12
                                   30
                                   40
                                   50
                                   62
                                   80
                                 
                              
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 213, S. 289
                              
                           
                        
                           79. Ganzzeug-Holländer von Debie,
                                 Granger und Pasquier. (Figur 14.)
                           Auf dem Gebiete der Papier-IndustrieReferent verweist bei dieser Gelegenheit auf die inzwischen erschienenen
                                    Specialberichte und zwar: „Officieller Ausstellungsbericht über
                                       Papier-Industrie“; von Emil Twerdy, Ingenieur und Papierfabrikant in Bielitz. Heft 38. 35 S.
                                    in gr. 8. Preis 40 Neukreuzer Druck und Verlag der k. k. Hof- und
                                    Staatsdruckerei in Wien 1873. – Ferner „Die
                                       Papier-Industrie“; von Professor Dr. Rud. Weber in
                                    Berlin. Autorisirter Abdruck aus dem Amtlichen Berichte über die Wiener
                                    Weltausstellung im J. 1873. Bd. I, Hft. 7. 56 S. in 8. Pr. 1 Mark. Friedr.
                                    Vieweg und Sohn in
                                    Braunschweig 1874. fanden sich in Wien eine Reihe von Novitäten vor, welche in diesen Notizen
                              nicht fehlen dürfen. Die eingehendste Beachtung verdient zunächst der von der Karolinenthaler
                              
                              Maschinenfabrik (vorm. Lüsse,
                                 Märky und Bernard) in Prag ausgestellter
                              Ganzzeug-Holländer (System Debie, Granger und Pasquier). Mit Bezug auf die in Figur 14 beigegebene
                              Skizze lasse ich die Beschreibung nach Rudel's
                              Centralblatt für deutsche Papierfabrikation hier folgen.
                           Alle Papierfabrikanten haben sicher die Ueberzeugung gewonnen, daß
                              die bis jetzt noch allgemein gebräuchliche Maschine zur Bearbeitung des Ganzstoffes
                              eine ihrem Zwecke sehr mangelhaft entsprechende ist. Wenn man sich die Aufgabe,
                              welche die Operation der Umwandlung von Geweben in feinstgetheilte Fasern, die in
                              der Papierfabrikation mit dem Namen „Ganzstoff“ bezeichnet
                              werden, klar vorstellt, so kann man das Trennen der verschiedenen Gewebearten durch
                              die Hand der Sortirerinnen und Verkleinern der Stücke auf dem Sortirtisch mit
                              Vor- und Nachsortirung, das Schneiden auf dem Hadernschneider, das Entfasern
                              der Hadern durch die Halbstoff-Mühle als durchaus zweckmäßige und
                              systematisch richtig aus einander folgende Arbeiten bezeichnen, für welche kaum
                              jemals bessere Verfahrungsweisen gefunden werden dürften, weil die Zwischenarbeiten
                              der Reinigung durch das Stäuben (Wolfen), Kochen, Waschen und Bleichen nur in dem
                              Stadium richtig erfolgen können, in welchem sich die Gewebe und Fasern in dem
                              jeweiligen Grade ihrer Bearbeitung befinden. Bis zum Halbstoff muß eben die
                              Zerlegung der Gewebe bis zu Fasern durch das Schneiden, das Auflockern des
                              Gespinnstes und die Extraction der in den Fasern mehr oder weniger enthaltenen
                              Substanzen durch das Kochen, die Reinigung derselben für die darauf folgende
                              Bleichung durch das Waschen geschehen, und kann nur einerseits in der Form des klein
                              geschnittenen Gewebes, andererseits in der Form der Faser stattfinden.
                           Ganz anders ist die Aufgabe bei der Umwandlung des Halbstoffes in
                              Ganzstoff. Der Ganzstoff soll nicht allein eine fein getheilte, sondern auch
                              zertheilte Faser sein, d.h. er soll eine Spaltung der ursprünglichen Dicke der Faser
                              in auch der Länge nach feineren Fäserchen sein. Denn diese Zertheilung ist es,
                              welche die feine Verfilzung des Papierblattes und damit die Festigkeit desselben,
                              seine bessere Qualität, seine Reinheit in der Durchsicht und gute Leimung zu einem
                              guten Theile mit bedingt. Für die Operation der Spaltung der Halbstoff-Fasern
                              in feinere Fasern kann kaum eine schlechter dazu geeignete Vorrichtung gefunden
                              werden, als es die deutsche, durch die Holländer verbesserte Cylindermühle ist.
                              Nicht allein daß durch die gering dargebotenen Flächen an den Schienen des Cylinders
                              und Grundwerkes, wo allein die Spaltung durch Reibung und Druck erfolgen kann, die
                              Arbeit unendlich verzögert wird, so geschieht dies auf Kosten der gleichmäßigen
                              Zertheilung noch mehr durch die überwiegend große Menge hohler Räume zwischen den
                              Schienen, in welche der Stoff beliebig schlüpfen und sich der Operation des Mahlens
                              entziehen kann; es ist kein Zwang sondern nur ein Zufall, welche und wie viel Fasern
                              dabei zur Bearbeitung gelangen und daraus muß ganz natürlicher Weise eine
                              außerordentliche Ungleichheit der Faserlängen und Feinheilen, aber auch eine
                              ungehörige Zeitverschwendung hervorgehen.
                           Die geringe Leistungsfähigkeit einer Cylindermühle war es, welche
                              die HHrn. E. Debie, Granger und Pasquier zur Construction ihres vervollkommneten Systemes geführt hat.
                              Dieses Holländersystem hat seit den fünf Jahren seines Bestehens eine solche
                              Ausbildung erfahren, daß die Kenntniß desselben nunmehr für jeden Papierfabrikanten
                              von Wichtigkeit ist. Die von den Professoren Lespermont
                              und Sagebien am 12. September 1872 in der Papierfabrik zu
                              Wizernes an einer Cylindermühle von 1 Meter Walzendurchmesser, 0,70 Meter Breite,
                              1000 Kilogrm. wiegend,
                              bei 180 Touren per Minute angestellten Bremsversuche
                              ergaben, daß zum Mahlen von Stroh und chemischem Holzstoff sechs Pferdekraft, zum
                              Mahlen feste Hadernstoffs acht und bei Füllung des Troges
                              voll mit Wasser ohne Stoff zehn Pferdekraft nöthig waren.
                              Der kolossale Aufwand an Kraft zur Bewegung des Stoffes ist ganz erklärlich, da die
                              Schienen der Walze die Function des Rades eines Dampfschiffes haben, welches mit
                              Schnelligkeit große Lasten im Wasser bewegt – mit dem Unterschiede, daß hier
                              die Last, dort aber die flüssige Masse bewegt wird. Bei Dampfschiffen ist
                              bekanntlich ein großer Kraftverbrauch und nur bis 25 Procent Nutzeffect. Die
                              Schaufeln tauchen höchstens nur mit dem achten Theile des Radumfanges ein, während
                              die Walze mit den Schienen fast bis zur Hälfte eintaucht, den Stoff in die Höhe
                              schleudert und ihn wieder nach vorn nimmt; denn der kleinste Theil des von den
                              Schienen gefaßten Stoffes geht über den Kropf oder Sattel und von da weiter im Troge
                              herum.
                           Die bei der neuen Stoffmühle ausgeführten Verbesserungen haben zum
                              Hauptzwecke: eine große Ersparniß an Kraft in der Anwendung der Walze, bei voller
                              Beibehaltung derselben Art der Wirksamkeit dieses Werkzeuges als Mahlapparat.
                           Die erste dieser Verbesserungen gründet sich auf die Beobachtung,
                              daß bei dem alten Verfahren die Walze zwei unterschiedene Functionen auszuführen
                              hat, welche für ein gutes Ergebniß der Triebkraft, geradezu entgegengesetzte
                              Bedingungen der Geschwindigkeit erheischen. Diese Functionen sind die Speisung der
                              mahlenden Flächen und die Mahlung selbst. Die erstere besteht in der Ertheilung
                              einer regelmäßigen und gleichmäßigen Bewegung der im Troge befindlichen Stoffmenge
                              und wird durch eine sehr geringe Geschwindigkeit erlangt. Die zweite hat die
                              allmälige Verminderung der Faserlängen während des Durchganges über das Grundwerk
                              zum Zweck und verlangt dagegen eine sehr große Geschwindigkeit. Untersucht man die
                              für jede dieser beiden Functionen aufgewendete Menge an Triebkraft, so findet man,
                              daß in der älteren Stoffmühle diese Triebkraft im Verhältniß der Speisung zur
                              nutzbar gemachten Arbeit beträchtlich ist.
                           In der neuen Stoffmühle werden die beiden Functionen der Speisung
                              und Mahlung durch zwei verschiedene Mechanismen ausgeführt: die erstere durch eine
                              neue Vorrichtung, Elevator genannt, die zweite durch die alte Vorrichtung, die
                              Walze. Die Walze ist auf dem oberen Theil des Troges mit dem Grundwerke erhoben und
                              dieses etwas geneigt und vor der Walze derartig angebracht, daß der Stoff in den
                              Trog zurückfällt, ohne gegen die Haube geworfen zu werden. Um dabei das absolute
                              Freiwerden der Walzschienen zu sichern, steht der obere Theil des Grundwerkes um
                              mehrere Centimeter über das Niveau des Stoffes heraus. Aufsteigend vor dem
                              Grundwerke ist eine stark gebogene Fläche, welcher der durch die specielle
                              Vorrichtung, die man Elevator nennt, aufgeführte Stoff regelmäßig folgt. Der vor
                              dieser gebogenen, steil aufsteigenden Fläche befindliche Elevator besteht aus einem
                              Rade mit Schaufeln von 1,2 Meter Durchmesser und derselben Breite wie die Walze,
                              macht nur 1 1/4 Umdrehungen per Minute wegen des tiefen
                              Eintauchens der Schaufeln, welche nach der Bewegungsrichtung des Stoffes hin stark
                              gebogen sind. Die Uebertragung der Bewegung erfolgt von der Walzenwelle aus, damit
                              die relativen Bewegungen dieser beiden Theile des Apparates mit einander
                              wechselseitig in Verbindung stehen.
                           Gleichmäßig durch diesen Apparat hinaufgezogen, kommt der Stoff
                              von selbst oben an und gelangt auf natürliche Weise zwischen die Schienen der Walze
                              und des Grundwerkes, um da wie in den älteren Mühlen gemahlen zu werden. Da die Walze nicht mehr den
                              Zugang des Stoffes zu bewirken hat, so ist es nicht mehr nöthig, daß die Schienen so
                              stark wie früher hervorragen; dies ist auf fünf bis sechs Millimeter verringert. Der
                              durch den Stoff der Walzenbewegung bereitete Widerstand ist demnach auf das
                              Geringste reducirt und kann diese Ersparniß je nach dem Rauminhalt der Stoffmühlen
                              und den verschiedenen Bedingungen der Aufstellung 20 bis 30 Procent betragen.
                           Die zweite Verbesserung, welche kein geringes Interesse bietet,
                              besteht in der neuen Anordnung des Bodens der Stoffmühle. Betrachtet man die
                              gewöhnliche Form der Stoffmühl-Tröge, so bemerkt man, daß die dem Boden
                              zunächst liegenden Stoffschichten eine viel langsamere Bewegung als die höheren
                              Schichten haben, so daß die letzteren viel öfter die Walze passiren als die
                              ersteren. Die einzige Hilfe gegen diesen unangenehmen Vorgang ist das Aufrühren, und
                              ist dieses nur ein sehr mangelhaftes Mittel. Besonders unregelmäßig ist die
                              Geschwindigkeit der Stoffschichten am Boden und der Oberfläche, am aufsteigenden
                              Theile des Kropfes, welchen der Stoff zu ersteigen genöthigt ist, um das Niveau zu
                              erreichen, wo in den älteren Mühlen durch die Walze die Aufschleuderung stattfindet.
                              Indem man diesen Kropf beseitigt und den Elevator bis auf den Boden des Troges
                              eintauchen läßt, erreicht man eine fast absolute Gleichartigkeit der
                              Geschwindigkeiten aller Stofflagen. Die Reibung am Boden kann allein noch den Gang
                              der untersten Lagen ein wenig verlangsamen. Um diesen Uebelstand zu beheben, erhält
                              der ganze Boden des Troges eine ununterbrochene Neigung vom Austritte den Stoffes
                              unter der Walze an bis zu dem Punkte, wo der Elevator ihn von neuem erfaßt. Es
                              bestand noch eine Ungleichheit des Mahlens durch die sehr verschiedenen Bewegungen,
                              welchen mit einer ziemlich gleichen Geschwindigkeit die Stoffschichten nahe an der
                              Mittelwand und der Außenwand folgen. Um diese Unregelmäßigkeit zu überwinden, wird
                              das Uebermaß von Stoff benützt, welchen der Elevator beständig vor die Walze bringt.
                              Dieses Zuviel wird durch einen Canal an den äußeren Rand der inneren Mittelwand
                              geführt, und findet somit in ununterbrochener Weise und während der ganzen Zeit des
                              Mahlens ein Querabfluß an verschiedenen Theilen des Troges statt, welcher die
                              vollkommene Vermischung sichert. Diese beiden letzteren Anordnungen liefern die
                              wirkliche Lösung des Rührers, ohne jede Mithilfe eines mechanischen Werkzeuges.
                           Die ökonomischen Ergebnisse bestehen in einer beträchtlichen
                              Beschleunigung des Mahlens, daher Zeitersparniß und auch einem geringeren
                              Kraftverbrauch, welcher fast nur 50 Procent von dem bei älteren Stoffmühlen
                              benöthigten ausmacht.
                           Die neuen Anordnungen bieten jedoch auch noch andere Vortheile von
                              großer Wichtigkeit. Seit mehreren Jahren hat sich die Anwendung von Grundwerken mit
                              Schienen ohne zugeschliffene Schneide allgemein eingebürgert und ist diese auch
                              überdies durch den Vortheil einer großen Regelmäßigkeit der Fabrikation, der
                              Vermeidung des Schärfens u.s.w. gerechtfertigt. Dieselbe Anordnung bei den
                              Walzenschienen zu treffen, war daher folgerichtig; aber die Dicke von 3 bis 5
                              Millimeter im Maximum, welche sie am besten haben mußten, und das nothwendige
                              Vorstehen derselben, um das Ergreifen des Stoffes zu bewirken, gaben ihnen bei der
                              alten Construction nicht die gehörige Festigkeit. Bei der neuen hingegen, wo das
                              Vorstehen dieser Schienen auf 5 bis 6 Millimeter und mehr vermindert ist, dürfen die
                              Schienen ohneweiters ohne Schärfe und ganz dünn sein. Da der Elevator die Walze von
                              der Arbeit der Speisung enthebt, so wird der Durchmesser der Walze von der Größe des
                              Troges ganz unabhängig. Bei einer Vermehrung des Fassungsraumes ist man nicht mehr
                              wie bisher genöthigt, auch den Durchmesser der Walze und damit ihr Gewicht zu vergrößern. Bei
                              Vergrößerung der Stoffmühle bleibt der Walzen-Durchmesser derselbe, nur
                              erhält die Walze eine größere Länge, um dadurch verhältnißmäßig die Production zu
                              vermehren. Die Walzen erhalten demnach die möglichst kleinen Durchmesser, um sie
                              weniger kostspielig zu machen.
                           Der von der Karolinenthaler
                                 Maschinenbau-Gesellschaft (vormals Lüsse,
                                 Märky und Bernard) in Prag ausgestellte
                              Holländer hatte einen aus Cement gebauten Trog; doch werden diese auch in Gußeisen
                              ausgeführt. Nähere Mittheilungen hierüber ertheilen H. Everling in Paris (26, rue cadet), Dr. Alwin Rudel in Dresden
                              und die genannte Karolinenthaler Maschinenbau-Gesellschaft. Von diesen
                              Holländern sind bereits 60 Stück im Betriebe – und zwar in 17 Fabriken
                              Frankreichs, in 2 belgischen, 1 bayerischen, 3 preußischen, 3 österreichischen, 1
                              italienischen und 1 russischen Papierfabrik.
                           
                        
                           80. Rotirender Knotenfänger von Henry
                                 Watson in Newcastle. (Figur 15.)
                           Der schon im zweiten Juliheft, 1873 Bd. CCIX S. 81 erwähnte rotirende Knotenfänger
                              von Watson wurde bis zum Schluß der Ausstellung nicht in
                              completten Zustand versetzt; es sei demnach nur auf die einfache Skizze in Figur 15
                              verwiesen, welche diesen Knotenfänger im Längenschnitt andeutet. In der
                              Wirkungsweise mag derselbe mit dem Bertram'schen
                              Knotenfänger (a. a. O. S. 84) übereinstimmen; er unterscheidet sich in der
                              Ausführung zunächst durch den achteckigen Querschnitt, vielleicht um eine größere
                              wirksame Fläche der Knotenplatten zu erzielen. Um ferner ein Ansetzen von dickerem
                              Stoff um den Cylinder zu verhüten, ist um denselben herum eine – ebenfalls
                              mit Knotenspalten versehene – Schiene (etwa 20 Millimeter hoch)
                              schraubenförmig herumgelegt, welche den Stoff auch in der Längenrichtung der Bütte
                              in Bewegung erhält. Das Einsaugen des Zeuges und dessen Weiterbeförderung durch ein
                              Abflußventil a zur Papiermaschine scheint wie bei Bertram durch eine rasch bewegte Pumpe zu erfolgen.
                           
                        
                           81. Werkzeug zum Abschneiden von
                                 Stehbolzen. (Figur 16 bis 18.)
                           In dem Pavillon der Kaiser Ferdinands-Nordbahn
                              (vergl. dies Journal, 1873 Bd. CCX S. 250) befand sich auch ein nettes Werkzeug zum
                              Abschneiden von Stehbolzen. Um nämlich gleichmäßige Nietköpfe zu erzielen, müssen
                              die vorstehenden Enden der in Stehkesseln eingeschraubten Stehbolzen auf gleiche
                              Höhe abgeschnitten werden, was mit diesem Werkzeuge ein Arbeiter bei bis zu 26
                              Millimeter starken Bolzen aus Kupfer, Eisen und selbst Stahl rasch und exact
                              ausführen kann.
                           
                           Das Werkzeug wird mit seiner Oeffnung über den abzuschneidenden Stehbolzen
                              aufgesteckt und die oben sechskantig auslaufende Büchse a mit Hilfe eines Schlüssels gedreht, welcher in Figur 18 in kleinerem
                              Maßstab skizzirt ist. Dabei legt sich das Werkzeug mit dem Schwanz b₁ der Grundplatte b
                              gegen einen benachbarten Bolzen an.
                           Die Büchse a ist drehbar zwischen die Grundplatte b und die Deckplatte c
                              eingefügt; sie nimmt den excentrisch eingesetzten
                              stählernen Schneidring d auf, welcher nach etwaiger
                              Abnützung leicht wieder ausgewechselt werden kann. Zur Verbindung der Büchse a und des Schneidringes d
                              dient die Niete e.
                              
                           Die Grundplatte ist von Schmiedeisen; die den abzuschneidenden Stehbolzen umfassende
                              Oeffnung ist aber der Dauerhaftigkeit halber mit einem Stahlring armirt, wie dies
                              durch die Schraffirung hervorgehoben wurde.
                           
                        
                           82. Sauerbrey's Salzmühle. (Figur 19 und
                              20).
                           Die zweckmäßige Construction dieser von der Staßfurter
                                 Maschinen- und Dampfkesselfabrik ausgestellt gewesenen Mühle zum
                              Mahlen von Stein-, Kali- oder Düngesalz, ferner aber auch von Zucker,
                              Chamotte, Phosphorite u.s.w. erhellt zur Genüge aus den beigegebenen zwei Ansichten
                              in Figur 19
                              und 20.
                           Der Läufer, Mahlrumpf und die Mahlkränze sind aus Hartguß. Leistung pro 10 Stunden je nach Größe der Mühle 250 bis 800 und
                              1000 Centner hartes Mahlgut (Steinsalz etc.), beziehentlich 300 bis 1000 Ctr. poröse
                              Masse (Düngesalz u.a.).
                           Um ein bequemes Demontiren zu gestatten, sitzt das Triebrad auf der horizontalen
                              Welle nicht direct auf, sondern auf einem auf der Welle aufgekeilten conischen
                              Futter, auf welchem das Rad durch Schrauben und Keil befestigt ist. Ein Abziehen
                              dieses Rades kann nun sehr leicht erfolgen, wenn es auch – was bei solchen
                              Mühlen nicht zu vermeiden ist – stark verrostet wäre. Man lüftet die
                              Schrauben, stößt das Rad von der conischen Büchse ab, nimmt die Lagerdeckel der
                              Welle weg, worauf die Welle sammt Büchse herausgezogen wird, während das Rad in der
                              Fundamentgrube bleibt. Dann kann das Rad herausgenommen und im Falle eines Bruches
                              oder drgl. durch ein neues ersetzt werden. – Ein unmittelbar auf der Welle
                              aufgekeiltes und auf dieser festgerostetes Zahnrad würde nur mit großen
                              Schwierigkeiten abgezogen werden können; deshalb die Einschaltung der conischen
                              Büchse.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
