| Titel: | Bestimmung der Salpetersäure mit Indigo; von Ferd. Fischer. | 
| Autor: | Ferd. Fischer | 
| Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. CII., S. 423 | 
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                        CII.
                        Bestimmung der Salpetersäure mit Indigo; von
                           Ferd. Fischer.
                        Fischer, über Bestimmung der Salpetersäure mit Indigo.
                        
                     
                        
                           BoussignaultDingler's polytechn. Journal, 1857 Bd. CXLIV.
                                    384; 1858 Bd. CXLIX S. 278. bestimmte schon im J. 1857 die Salpetersäure im Regenwasser mit
                              Indigolösung.
                           MarxD. p. J. 1869 Bd. CXCI S. 315; Zeitschrift für analytische Chemie, Bd. 7 S.
                                    412. vereinfachte diese Titration und wendete sie namentlich zur Bestimmung der
                              Salpetersäure im Brunnenwasser an. Derselbe versetzt zu diesem Zweck 50 Kub. Centim.
                              des zu untersuchenden Wassers mit 100 K. C. reiner Schwefelsäure und läßt solange
                              eine Indigolösung, deren Wirkungswerth durch eine Salpeterlösung festgestellt ist,
                              zufließen, als sie noch entfärbt wird.
                           GoppelsröderSitzungsbericht der kgl. bayer. Akademie der Wissenschaften in München, 1870
                                    Bd. 1 S. 129; Zeitschrift für analytische Chemie Bd. 9 S. 1 und 177; Bd. 10
                                    S. 259; Bd. 11 S. 16; Journal für praktische Chemie II Bd. 1 S. 198; Bd. 4
                                    S. 139 und 383; D. p. J. 1870 Bd. CXCVIII S. 535. suchte dieses Verfahren dadurch zu verbessern, daß er die durch einen
                              vorläufigen Versuch festgestellte Indigomenge dem Wasser zusetzt, Schwefelsäure
                              zufügt, und nun so lange Indigolösung zutropfen läßt, als dieselbe noch entfärbt
                              wird.
                           TrommsdorffJournal für praktische Chemie, Bd. 108 S. 373; Zeitschrift für analytische
                                    Chemie, Bd. 8 S. 364. bestimmt nach Marx, später (Zeitschrift für
                              analytische Chemie, Bd. 9 S. 171) nähert er sich der Verbesserung von 
                              Goppelsröder, indem er die beim ersten Versuche
                              gebrauchte Indigolösung in einem Strahle, „ohne sich mit dem Umschütteln
                                 abzuhalten“, zufließen läßt und dann mit Indigo zu Ende titrirt. Er
                              gebraucht so häufig 1 K. C. Indigo mehr, als bei einem vorläufigen Versuche nach
                              Marx.
                           Finkener versetzt 50 K. C. Wasser mit nur 33 K. C.
                              concentrirter Schwefelsäure, erwärmt auf 120 bis 125° und läßt die bekannte
                              Indigolösung zufließen. (Rose, Analytische Chemie, 6. Aufl. Bd. 2 S. 831).
                           Scheurer-Kestner (Bulletin
                                 de la société industrielle 1870), List (Studien zur Statistik des Wassers. Heidelberg 1873) und Müller (Archiv für Pharmacie, Bd. 199 S. 17) halten diese
                              Bestimmungen für hinreichend genau.
                           Schon Reichardt
                              Zeitschrift für analytische Chemie Bd. 8 S. 120. machte darauf aufmerksam, daß diese Bestimmung der Salpetersäure im
                              Brunnenwasser ungenau sei, und Struve
                              Z. f. a. Ch. Bd. 11 S. 25 zeigte, daß entgegen der Behauptung von Trommsdorff
                              Z. f. a. Ch. Bd. 8 S. 368. die Indigolösung auch von der salpetrigen Säure entfärbt wird.
                           BemmelenZ. f. a. Ch. Bd. 11 S. 136. schließt aus zahlreichen Versuchen, daß die Menge der Schwefelsäure das
                              doppelte der wässerigen Flüssigkeit betragen muß, und daß erst dann die größte
                              Indigomenge verbraucht wird, wenn die rechte Menge Indigo gleich dem Wasser zugefügt
                              und dann mit der Schwefelsäure gemischt wird, daß demnach die Methode von Marx, Trommsdorff und Goppelsröder ungenau ist. Er versetzt das zu untersuchende Wasser mit
                              einer bestimmten Menge der titrirten Indigolösung, dann mit zwei Volum
                              Schwefelsäure. Der Versuch wird mit kleineren oder größeren Indigomengen wiederholt,
                              bis die Farbe grünlich bleibt.
                           Goppelsröder (Journal für praktische Chemie, neue Folge,
                              Bd. 4 S. 156) meint, daß das Resultat durch organische oder unorganische Stoffe nur
                              bis 2 oder 3 Procent beeinflußt werden könne.
                           Trommsdorff (Zeitschrift für analytische Chemie, Bd. 8 S.
                              367) theilt mit, daß bei Verdünnung der Salpetersäure mit dem Condensationswasser
                              seines Dampfkessels dreimal hintereinander nichts von der Indigolösung entfärbt
                              wurde, obgleich dieselbe vorher 5 K. C. Indigo verbraucht hatte; derselbe Fall
                              wiederholt sich noch ein Dutzend Mal. (Ebendaselbst Bd. 9 S. 172.)
                           
                           Bei der Untersuchung der Brunnenwässer HannoversMittheilungen des Gewerbevereins für Hannover, 1873 S. 21. hat Verfasser die Salpetersäure nach Marx und Schlösing (dies Journal, 1873, Bd. CCX S. 294) bestimmt. Obgleich bei
                              Anwendung reiner Lösungen die Resultate dieser Titration mit Indigolösung durchaus
                              befriedigend waren, gab diese Bestimmung in Brunnenwässern fast immer viel weniger
                              Salpetersäure als nach Schlösing. Weitere Untersuchungen
                              (Journal für praktische Chemie, n. F. Bd. 7 S. 60) zeigten, daß diese Ungenauigkeit
                              durch die organischen Stoffe, welche in fast keinem
                              städtischen Brunnenwasser fehlen, bedingt ist. Auch die Bestimmungen nach Bemmelen werden durch organische Substanzen
                              beeinträchtigt, aber bei Weitem nicht so stark als die nach Marx und Goppelsröder. Offenbar wird hier die
                              Salpetersäure unter dem Einfluß der hohen Temperatur und der freien Schwefelsäure
                              durch die organischen Stoffe zersetzt, noch ehe die Indigolösung hinzukommt, während
                              nach der Methode von Bemmelen und der vom Verf.
                              angegebenen die frei werdende Salpetersäure hinreichend Indigo vorfindet.
                           Es ist mehrfach vorgeschlagen, die organischen Stoffe mit Kaliumpermanganat zu
                              oxydiren und dann mit Indigolösung in gewöhnlicher Weise zu titriren. (Berichte der
                              deutschen chemischen Gesellschaft, 1873 S. 1047). Nach den Versuchen des Verfassers
                              werden jedoch in mit organischen Stoffen stark verunreinigten Lösungen nach der
                              Oxydation mit Chamäleon, durch Mischen mit Schwefelsäure und Zutropfen der
                              Indigolösung nur 70 bis 80 Procent der wirklich vorhandenen Salpetersäure gefunden,
                              vor der Oxydation sogar nur 20 bis 30 Proc., während nach der Methode von Bemmelen und der vom Verfasser angegebenen in denselben
                              Lösungen 92 bis 96 Proc. gefunden wurden. (Vergl. Journal für praktische Chemie, n.
                              F. Bd. 7 S. 62).
                           Schon Marx betont, daß nicht mehr als 5 bis 6 Milligrm.
                              Salpetersäure in der zu untersuchenden Lösung vorhanden sein dürfen, da sonst die
                              Flüssigkeit durch die Oxydationsproducte zu stark gefärbt wird. Wässer welche viel
                              Salpetersäure enthalten, mußten daher mit destillirtem Wasser verdünnt werden.
                           Diese gefärbten Oxydationsproducte rühren jedoch nur zum geringsten Theil von dem
                              reinen Indigoblau her und sind vorwiegend den Verunreinigungen des käuflichen
                              Indigos oder Indigocarmines zuzuschreiben. Die mit einer Lösung von Indigotin
                              (C₁₆H₁₀N₂O₂) versetzte Schwefelsäure
                              behält ihre rein blaue Farbe beim Zutropfen des Wassers bis zu Ende der Reaction, wo
                              sie in ein schwaches Grün übergeht. Die Salpetersäuresäurebestimmung gewinnt hierdurch so sehr an
                              Schärfe, daß sie ohne Bedenken für die gewöhnlichen Trinkwasseruntersuchungen zu
                              empfehlen ist.
                           Während die Lösung des käuflichen Indigocarmins schon in kurzer Zeit an Wirkungswerth
                              verliert, hat sich eine vor etwa 2 Jahren nach der in Gmelin-Kraut's Handbuch der Chemie, Bd. 6 S. 411 gegebenen
                              Vorschrift durch Reduction des Indigo mit Traubenzucker, Alkohol und Natronlauge,
                              Oxydation durch Luft und Lösen des gefüllten Indigotins in Schwefelsäure
                              hergestellte Titrirflüssigkeit bis jetzt unverändert erhalten. Nach persönlicher
                              Mittheilung wendet Bergcommissär Hildebrandt eine Lösung
                              von sublimirtem Indigo in derselben Weise mit den besten Erfolgen an.
                           Die Bestimmung der Salpetersäure in Brunnenwässern führt man nun in folgender Weise
                              aus.
                           Zu 5 Kub. Centim. einer verdünnten Indigotinlösung und 30 K. C. reiner Schwefelsäure
                              läßt man unter Umschütteln solange eine Salpeterlösung von bekanntem Gehalt (im
                              Liter etwa 0,5 Grm.) zufließen, bis die schön blaue Farbe der Flüssigkeit eben in
                              ein schwaches Grün übergeht. Die Indigotinlösung wird dann passend soweit verdünnt,
                              daß 1 K. C. derselben 0,0025 Milligrammäquivalent oder 0,2525 Milligrm.
                              salpetersaures Kalium entspricht. (Dies Journal, 1873, Bd. CCX S. 297).
                              Selbstverständlich muß man sich durch Controllversuche von dem richtigen Gehalte
                              dieser Lösung überzeugen.
                           Zu 4 Kub. Centim. dieser Indigotinlösung und 20 K. C. Schwefelsäure läßt man in
                              derselben Weise von dem zu untersuchenden Wasser aus einer in 0,1 K. C. getheilten
                              Bürette bis zur schwach grünen Färbung zufließen. – Da 4 K. C.
                              Indigotinlösung 0,01 Milligrammäquivalent Salpetersäure entsprechen, so gibt 10
                              dividirt durch die Anzahl der verbrauchten Kubik-Centimeter Wasser die
                              Milligrammäquivalente Salpetersäure, welche in einem Liter enthalten sind. Waren
                              z.B. 4 K. C. Wasser erforderlich, so enthält 1 Liter 2,5 Milligrammäquiv.
                              Salpetersäure, entsprechend 252,5 Milligrm. salpetersaures Kalium.
                           Gibt bei der Vorprüfung, welche nie zu unterlassen ist, 1 Tropfen des betreffenden
                              Wassers mit Brucin und Schwefelsäure (vergl. dies Journal, 1873, Bd. CCX S. 292) nur
                              eine hell violette Färbung, so werden 2 K. C. – bei sehr geringer Färbung nur
                              1 K. C. Indigotin angewendet. Sind mehr als 8 K. C. Wasser erforderlich, so werden
                              100 K. C. auf 20 K. C. eingedampft, und hiermit wie gewöhnlich verfahren. Das
                              Volumen der Schwefelsäure muß stets mindestens doppelt so groß sein als das Volumen
                              der Indigotinlösung und des Wassers zusammen; die Temperatur darf nicht unter
                              110° sinken.
                           
                           Bei einiger Uebung gelingt es leicht, aus der Vorprüfung die passende Indigotinmenge
                              zu ersehen und die ganze Bestimmung in kaum 5 Minuten auszuführen, ohne größere
                              Fehler als 1 bis 3 Procent befürchten zu müssen.