| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 213, Jahrgang 1874, Nr. , S. 255 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Wärmeverluste eingemauerter Dampfkessel.
                           Aus den an einer 110pferdigen Dampfmaschine und Kessel angestellten Untersuchungen
                              (ausführlich mitgetheilt in der Revue universelle des
                                 Mines, 1873 p. 439) entnehmen wir als besonders
                              bemerkenswerthe Resultate folgende:
                           Die Heizkraft von je einem Kilogramm der verbrannten Steinkohlen betrug 8147 W. E.
                              Davon gelangten in dem Gegenstromkessel mit untergelegter Feuerung:
                           
                              
                                 1)
                                 Zur Verdampfung
                                 4855
                                 W. E.
                                 oder
                                 59,50
                                 Proc.
                                 
                              
                                 2)
                                 Verlust an unverbrannten Kohlentheilchen
                                 743
                                 „
                                 „
                                 9,10
                                 „
                                 
                              
                                 3)
                                 Verlust durch die mit 150° vom Schornsteinabziehenden
                                    Brenngase
                                 444
                                 „
                                 „
                                 5,43
                                 „
                                 
                              
                                 4)
                                 Verlust durch unvollständige Verbrennung
                                 413
                                 „
                                 „
                                 5,07
                                 „
                                 
                              
                                 5)
                                 Verlust durch die 1 1/2 Proc. betragende Wasserhaltigkeit der
                                    Kohlen
                                 10
                                 „
                                 „
                                 0,12
                                 „
                                 
                              
                                 6)
                                 Verluste durch Ausstrahlung der Heißgaswärmedurch das Rauchgemäuer
                                    und andere Ursachen
                                 1682
                                 „
                                 „
                                 20,52
                                 „
                                 
                              
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 zusammen
                                 8147
                                 W. E.
                                 oder
                                 99,83
                                 Proc.
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 Die Verdampfung betrug bei 4,3 Atmosphären
                                    Ueberdruck
                                 7,45
                                 bis
                                 8
                                 Kilogrm.
                                 
                              
                                 Der Dampfverbrauch pro Stunde und indicirte Pferdestärke
                                 
                                 
                                 8,530
                                 „
                                 
                              
                                 pro Stunde und
                                    effective Pferdestärke
                                 
                                 
                                 9,39
                                 „
                                 
                              
                                 Der stündliche Kohlenverbrauch pro Quadratmeter Rostfläche
                                 37
                                 bis
                                 41,34
                                 „
                                 
                              
                                 pro          „          
                                    Heizfläche
                                 1
                                 „
                                 1,14
                                 „
                                 
                              
                           (Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1874 S. 44.)
                           
                        
                           Guattari's patentirter
                              pneumatischer Telegraph.
                           Der pneumatische Telegraph von Guattari breitet sich in
                              England aus; so wurde in dem „Alexandra Palace“ eine
                              vollständige Anlage zur Communication mit den Ställen hergestellt, auf eine
                              Entfernung von 780 Yard. Bei diesem Telegraph wird mittels eines klein n Blasbalges ein kleiner Luftstoß oder
                              „Strahl“ durch ein Rohr gesendet. Am Ende des Rohres
                              befindet sich ein kleiner elastischer Sack aus sehr dünnem Kautschuk; dieser Sack
                              wird durch eine Feder zwischen zwei Platten leicht zusammengepreßt; wenn der
                              Blasbalg geschlossen wird, so wird der Sack aufgeblasen und entfernt die Platten von
                              einander; da nun die eine Platte auf einem Hebel sitzt, so schlägt dabei der Hebel
                              entweder mit einem Hammer an eine Glocke, oder er bewegt ein kleines Echappement,
                              welches bei jeder Bewegung ein Zahnrad um einen Zahn fortrückt und so den Zeiger auf
                              einer Buchstabenscheibe um ein Feld weiter rückt.
                           Bei den kleinen Haustelegraphen, welche für Entfernungen unter 175 Yard bestimmt
                              sind, kann der Schlüssel 4 verschiedene Stellungen einnehmen, rechts zwei, nämlich
                              zum Geben und Empfangen mittels der Glocke, und links zwei, nämlich zum Geben und
                              Empfangen mittels des Zeigers. Diese Haustelegraphen enthalten kein Triebwerk.
                           Bei den mit Triebwerk versehenen Telegraphen führt das vom Blasbalge kommende Rohr
                              nach einem Hahn, aus dessen Gehäuse noch ein Rohr l nach
                              der zweiten Station und zwei andere Rohre m und p, welche beim Empfangen den Luftstrahl aus dem eben
                              erwähnten Rohre entweder nach dem Empfangsapparat mittels der Glocke oder mittels
                              des Zeigers führen. Die letzteren beiden Rohre enden in ein weiteres Mundstück,
                              welches mit einem sehr dünnen Häutchen oder Diaphragma aus Kautschuk geschlossen
                              ist. Dieses Kautschukhäutchen bläht sich auf, so oft die Luft in dem Rohre l mittels des Blasbalges der zweiten Station verdichtet
                              wird, und schiebt dann mittels einer auf dem Kautschukdiaphragma aufliegenden
                              Scheibe eine kleine Stange vorwärts, welche dann entweder (beim Rohr m) auf einen Fortsatz am Echappement, oder (beim Rohr
                              p) auf die Ausrückung des Wecker- oder
                              Glocken-Mechanismus wirkt, so daß im ersten Falle der Zeiger fortrückt, im
                              anderen der Wecker läutet oder die Glocke ertönt. Bei Telegraphen, die für
                              Entfernungen über 400 Yard bestimmt sind, setzen die Blasbälge ein von einer Feder
                              oder einem Gewicht getriebenes Triebwerk in Gang; der Telegraph wird dadurch
                              empfindlicher. Der Schlüssel hat dann blos 2 verschiedene Stellungen, nämlich rechts
                              zum Geben und Empfangen von Glockensignalen, links zum Telegraphiren mittels des
                              Zeigers, und bleibt für gewöhnlich in der ersteren Stellung. Wird der Blasbalg, bei
                              der anderen Stellung des Schlüssels, in Thätigkeit gesetzt, so bewegen sich die
                              Zeiger auf den Buchstabenscheiben der beiden zusammenarbeitenden Apparate
                              zugleich.
                           Die für Gasthöfe bestimmten Telegraphen, welche für Entfernungen bis 150 Yard ohne
                              Triebwerk, bei Entfernungen bis 400 Yard mit Triebwerk arbeiten, enthalten im
                              Hauptapparate ein Zeigerinstrument ohne Triebwerk und eine Tafel mit den Nummern
                              oder Namen der Orte, nach welchen telegraphirt werden soll und an denen daher die
                              eben erwähnten anderen Apparate stehen. Die Glocke des Hauptapparates erregt die
                              Aufmerksamkeit des an diesem sitzenden Telegraphisten und gleichzeitig erscheint an
                              der Tafel die Nummer oder der Name des rufenden Apparates; darauf dreht der
                              Telegraphist eine Kurbel des Hauptapparates auf die telegraphirte Nummer und stellt
                              so die Verbindung zwischen dem Zeigerapparat des rufenden und des Hauptapparates
                              her. Am Ende des Telegramms bewegt der Telegraphist eine zweite Kurbel um
                              Hauptapparate, läßt so die telegraphirte Nummer wieder verschwinden und öffnet im
                              Hauptapparate der Luft wieder den Weg nach dem Glockenapparate.
                           
                           Guattari erzeugt mittels seines pneumatischen Telegraphen
                              auch Morse-Schrift auf dem Papierstreifen eines
                              von einer Feder getriebenen Farbschreibers, welcher ebenfalls mit einer Weckerglocke
                              ausgerüstet ist. Der Hebel zur Entsendung der Luftstöße hat dabei eine ganz ähnliche
                              Gestalt wie der Morse-Taster. (Nach dem Engineer, Mai 1874 S. 342.)
                           
                              E–e.
                              
                           
                        
                           Ausgezeichnete Leistungen einer Bessemer-Anlage.
                           Die größte Production, welche jemals bei einem 5 Ton-Converter auf den
                              Bessemer-Stahlwerken in 24 Stunden erlangt worden ist, wurde auf den
                              amerikanischen Werken des John A. Griswold und Comp. zu Troy (New-York) am Freitag den 13.
                              Februar erzielt, wo 50 Chargen mit 268 Tons Eingüssen erfolgten. Die Arbeit wurde
                              ohne irgend eine vorhergehende Vorbereitung vollführt; sie beeinträchtigte auch
                              nicht den gewöhnlichen Betrieb des Werkes – weder vorher noch nachher, so daß
                              die übliche Sonnabends-Leistung von 10 Hitzen an diesem Tage doch noch
                              erfolgte. Das Gebläse bei den Kupolöfen wurde Freitag Morgens 6 Uhr 30 in Thätigkeit
                              gesetzt, die erste Charge erfolgte 7 Uhr 30 Morgens, und die 50ste wurde am
                              Sonnabend Morgens 6 Uhr 30 vollendet, so daß das Endresultat innerhalb der erwähnten
                              Zeit von 24 Stunden erreicht wurde. Die ersten 25 Chargen wurden in 11 Stunden 5
                              Minuten vollendet, sie hatten also am wenigsten Zeit bedurft. Zwei Kupolöfen waren
                              in dieser Zeit meistens im Betriebe. Der Gebläsewind wurde durch einen Nr. 8
                              Sturtevant-Bläser (dies Journal, 1869 Bd. CXCII S. 346) beschafft. (Aus Engineering and Mining Journal durch die berg-
                              und hüttenmännische Zeitung, 1874 S. 283.)
                           
                        
                           Patent-Anti-Fouling-Composition; von Jesty.
                           Die Kupferhaut der Schiffsböden der beiden englischen königlichen Jachten Alberta und
                              Elfin wurde bei der Dockung im vergangenen Herbste auf Befehl der Admiralität mit
                              Jesty's
                              Patent-Anti-Fouling-Composition bestrichen, um das Ansetzen von
                              Seegras und anderen Substanzen zu verhindern; Ende April wurden diese beiden Schiffe
                              wieder in Portsmouth gedockt, nachdem sie die ganze Zeit über im Hafen vertäut
                              gelegen waren. Das hierbei ersichtliche Resultat stellte sich als sehr
                              zufriedenstellend heraus. Alle Theile der Kupferhaut zeigten sich frei von Algen
                              oder irgend anderem Ansatze gerade so wie zur Zeit, als die Schiffe nach dem
                              Anstriche den Dock verließen, mit Ausnahme von einigen sehr kleinen Stellen unter
                              dem Buge nahe am Steuer, wo sich ein gründlicher Schleim in der Dicke eines
                              Schreibpapierblattes angesetzt hatte. (Aus der Times durch die
                              „Mittheilungen aus dem Gebiete des Seewesens.“ Pola 1874,
                              S. 494.)
                           
                        
                           Wiedergewinnung von Gold aus goldarmen Flüssigkeiten.
                           Nach Professor Böttger bringt man die goldarmen
                              Flüssigkeiten in Porzellangefäßen zum Sieden, versetzt sie dann mit einer Lösung von
                              Zinnoxydulnatron, und erhält sie so lange im Sieden, bis alles Gold – in
                              Verbindung mit Zinn – als ein feiner, intensiv schwarz gefärbter Niederschlag
                              sich ausgeschieden hat. Dieser wird etwas ausgesüßt und dann in Königswasser gelöst.
                              Die hierbei erscheinende Flüssigkeit besteht aus einem Gemisch von Goldchlorid und
                              Zinnchlorid; dampft man diese vorsichtig etwas ab, verdünnt sie mit destillirtem
                              Wasser und versetzt sie mit einer hinreichenden Quantität von weinsaurem Kalinatron
                              (sogen. Seignettesalz) und erwärmt das Ganze, so scheidet sich jede Spur Gold in
                              Gestalt eines sehr zarten bräunlichen Pulvers ab, während das Zinn gelöst
                              bleibt.
                           
                        
                           Neues Verfahren auf Kupfer zu graviren; von Bouquet.
                           Dieses Verfahren, welches gegenwärtig zum Zweck der Gravirung von Seelarten Anwendung
                              findet, und sich durch rasche und billige Ausführung empfiehlt, besteht dem Wesen nach darin, daß man 1)
                              die Kupfertafel mit einer dünnen Silberschicht überzieht und über diese einen
                              gefärbten Firniß ausbreitet; 2) die topographische ZeichnungZeichunng und die Schrift – wie bei der Diamantgravirung auf Stein –
                              mit trockener Radirnadel ausführt; 3) die Zeichnung mit Hilfe von Eisenchlorid
                              ätzt.
                           Handelt es sich um eine Reproduction in vergrößertem oder verkleinertem Maßstab, so
                              kann man das Abziehen (décalgage) vermeiden,
                              indem man auf der Silberschicht einen Daguerre'schen
                              Abdruck macht.
                           Vorstehende Andeutungen mögen genügen, um zu zeigen, daß von dem originalen Theile
                              der Graveurarbeit, soweit diese eine Künstlerhand verlangt, nichts verloren geht.
                              Die Darstellung der Zeichnung mit Aetzwasser wird insofern verbessert, als die
                              Adhäsion des Silbers die Striche nach dem Aetzen in der ganzen Reinheit ihrer
                              Ausführung erscheinen läßt; und die „Trockenheit“ des Striches,
                              welche bei Portraits nachtheilig wirken würde, ist bei kartographischen Arbeiten
                              eine absolute Nothwendigkeit. (Comptes rendus, 1874 t. LXXVIII p. 1535.)
                           
                              P.
                              
                           
                        
                           Langen's
                              „Wasserwaage“ und deren Anwendung bei der Filterabsüßung;
                              von A. Gawalovski in Prag.
                           Verfasser glaubt durch seine Arbeiten die Unbrauchbarkeit der Langen'schen Wasserwaage zu Absüßzwecken
                              (vergl. dies Journal, 1872 Bd. CCIV S. 423) dargethan zu haben, und bemerkt, daß in
                              Fällen, wo man angewiesen ist die Absüßwässer zu polarisiren, das Schmidt und Hänsch'sche
                              Polarisations-Instrument mit 400 Mm. langem Beobachtungsrohr empfehlenswerth
                              ist. da man, die Drehung halbirend, hierbei den Einstellungsfehler auf ein Minimum
                              reduciren kann, was bei so gering polarisirenden Lösungen, wie es Absüßwässer sind,
                              von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit ist. (Organ des Vereins für
                              Rübenzucker-Industrie. 1874 S. 416.)
                           
                        
                           Ueber Fäcalsteine; von Dr. Petri.
                           Nach Angabe des Verfassers (in der „Allgem. deutschen polytechnischen
                                 Zeitung,“ 1874 S. 325) rührt der unangenehme Geruch der menschlichen
                              Fäces von einer organischen Säure her (vergl. dies Journal, 1873 Bd. CCX S. 133),
                              welche sich namentlich beim Genusse von fetthaltigen Nahrungsstoffen bildet, dagegen
                              bei Abwesenheit derselben auch ganz fehlt, wie dieses z.B. in den Auswurfstoffen
                              einiger französischer Nonnenklöster wegen der vorwiegenden Weißbrodnahrung der Fall
                              sei (?). Petri liefert nun zu den Tonnen, Eimern oder
                              Closets ein Desinfectionsmittel (vorwiegend Torf), welches mit den menschlichen
                              Fäcalien zusammengerührt wird und dieselben geruchlos macht. Die lehmartige dunkle
                              Masse wird abgefahren, noch einmal gerührt, in viereckige Ziegel gepreßt und an der
                              Luft getrocknet. Angeblich ist es gelungen selbst Küchenabfälle, Küchenwässer jeder Art durch dieses Verfahren vollständig
                              zu desinficiren, indem dieselben in eine Tonne mit doppeltem Rost geführt werden, wo
                              sich die Zusatzstoffe zwischen den Rosten befinden und die Wässer alsdann aus einer
                              unterhalb des zweiten Rostes befindlichen Seitenöffnung klar und desinficirt
                              abfließen. Die Abgänge lassen sich alsdann gleichfalls als Fäcalsteine – wenn
                              auch von etwas magerer Qualität – verarbeiten, so daß wir also in dieser Tonne mit doppeltem Rost ein Mittel haben, um alle unbequemen Wirthschaftsabgänge geruchlos zu
                              desinficiren (?) und als Fäcalstoffe wieder zu gewinnen. Bezüglich der Verwerthung
                              der Fäcalsteine legt Verf. das Hauptgewicht darauf, sie
                              als Brennmaterial und die Asche zum Düngen zu verwenden. Die Fäcalsteine enthielten
                              zwar auch den vollen Dungwerth der menschlichen Excremente, und das Material könnte
                              auf Schrotmühlen grob gemahlen und wie Poudretten ausgesäet werden, aber ihn hätten
                              praktische Landwirthe versichert, daß menschliche Abfuhrstoffe
                                 überhaupt keinen so großen Dungwerth hätten, daß es sich etwa lohnen würde, sie
                                 mit Pferd und Wagen weiter als zwei Drittel Meile zu transportiren, denn
                              selbst der für die Landwirthschaft so überaus werthvolle Pferdedünger würde bei
                              einem weiteren Transporte als zwei Meilen schon durch die Transportkosten seinen
                              Werth verlieren.
                           
                           Von anderer Seite (a. a. O. S. 335) wird dagegen hervorgehoben, daß – selbst
                              wenn in Berlin täglich 900000 Kilogrm. Fäces gesammelt würden (aber völlig
                              unmöglich, da ein Mann täglich nur 150 Grm. liefert; vergl. dies Journal, 1873 Bd.
                              CCX S. 144) – der tägliche Ertrag dieser Fäcalienbriquettes nur 348 Mark
                              betragen, der dazu erforderliche Torf aber schon 675 Mark kosten würde.
                           In der That ist die Anwendung der menschlichen Auswurfstoffe als Brennmaterial die
                              denkbar schlechteste, da der werthvollste Bestandtheil derselben – die
                              Stickstoffverbindungen – hierbei verloren gehen. Für größere Städte wird eben
                              nichts weiter übrig bleiben als gut angelegte Kanalisation mit Berieselung. (Vergl.
                              dies Journal, 1874 Bd. CCXI S. 222.)
                           
                              F.
                              
                           
                        
                           Behandlung von Cloakenstoffen; nach E. Hills.
                           Die Cloakenflüssigkeit fließt in eine luftdicht verschließbare Kufe, in welche von
                              einer Seite Aetzkalk (v. d. I. 1874, Bd. CCXI S. 211) eingeführt, von einer zweiten
                              ein Luftstrom durch das Schlammgemenge getrieben wird. Das durch den Kalk frei
                              gesetzte Ammoniak wird gleichzeitig mit Schwefelwasserstoffgas durch eine zweite mit
                              der ersten in Verbindung stehende Kufe geführt, welche mit wässeriger Lösung von
                              Schwefligsäure oder mit dünner Salzsäure gefüllt ist; in beiden Fällen wird das
                              Ammoniak fixirt und Schwefel aus dem Schwefelwasserstoff abgeschieden. (Berichte der
                              deutschen chemischen Gesellschaft, 1874 S. 1032.)
                           
                        
                           Guano.
                           Die bereits gemeldete Auffindung großartiger Guanolager im Süden der Provinz Tarapaca
                              ist jetzt durch den Bericht der unter Leitung des Ingenieurs Jos. Hindle ausgesendeten englischen Kommission bestätigt. Die
                              Hindle'sche Kommission hat die Fundstellen zweimal
                              explorirt und sie fand die Angaben der von der hiesigen Regierung betrauten
                              Kommission unter Ingenieur Thierry durchaus
                              wahrheitsgetreu. Die englische Kommission spricht in ihrem Berichte d. d. Ilo, 25.
                              März die Ueberzeugung aus, daß Thierry's Schätzung der
                              Mächtigkeit der Lager auf 7 1/2 Millionen Kubikmeter nicht zu hoch gegriffen sei. Da
                              Guano aus den unteren Schichten in folge seiner größeren Dichtigkeit per Kubikmeter 1 1/3 Tonne wiegt, dürfte der Fund schon
                              jetzt auf nicht weniger als 10 Millionen Tonnen zu veranschlagen sein, also ein
                              Quantum, welches, selbst wenn davon eine tägliche Schiffsladung von 300 Tonnen
                              entnommen würde, in 100 Jahren nicht zu erschöpfen ist. Proben der verschiedenen
                              Fundorte sind vom Professor Ramondi analysirt worden und
                              ergaben mehr Phosphor- und Ammoniaksalze als der beste Guano der
                              Chincha-Inseln. (Engineering d. A.; 1874 S. 293.)
                           
                        
                           Neues Verfahren zur Untersuchung und quantitativen Bestimmung
                              des Alkohols der Weine; von Duclaux.
                           Wenn man einem gewissen Volumen Wasser nach und nach immer mehr Alkohol zusetzt, so
                              vermindert man damit zugleich die Dichtigkeit und die oberflächliche Tension der
                              erhaltenen Mischungen, und man sieht folglich die Zahl der Tropfen zunehmen, welche
                              dieselben liefern, wenn man sie langsam durch eine bestimmte Oeffnung ausfließen
                              läßt. Gibt man dieser Oeffnung constante Weiten, so ist die Zahl der jeder
                              alkoholischen Mischung entsprechenden Tropfen gleichfalls constant, und die von
                              einer Mischung zur anderen sich ergebenden Unterschiede sind groß genug, um darauf
                              ein alkoholometrisches Verfahren zu gründen, welches sehr
                                 empfindlich ist und sich noch in Grenzen bewegt, wo das gewöhnliche
                              Alkoholometer träge und unsicher erscheint.
                           Das Instrument, welches Verf. in Vorschlag bringt, ist eine sehr einfache Tropfen-Zähl-Pipette von 5 K. C. Inhalt.
                              Man füllt dieselbe mit dem zu prüfenden Weingeist an, läßt ausfließen, indem man dabei
                              die Tropfen zählt, und schließt daraus auf die Stärke des Weingeistes mit Hilfe von
                              Tabellen, welche für verschiedene Temperaturen entworfen wurden. Aber darauf
                              beschränkt sich der Nutzen des kleinen Apparates noch nicht.
                           Verf. bedient sich desselben zunächst zur ziemlich genauen und die Destillation
                              umgehenden Ermittelung des Alkoholgehaltes der Weine. Die Dichtigkeit der Weine
                              variirt bekanntlich sehr wenig unter einander und nähert sich immer sehr der des
                              Wassers. Andererseits fand Verf., daß ihre oberflächliche Tension einzig allein von
                              ihrem Weingeistgehalte abhängt. Es reicht also hin, sie durch den Tropfenzähler
                              fließen zu lassen, um ihren Alkoholgehalt zu erfahren, und auch dafür sind Tabellen
                              mit Rücksicht auf verschiedene Temperaturen gegeben. Endlich wenn man zu einem
                              Weingeist oder zu Wasser Spuren einer Substanz von hohem organischem Aequivalent und
                              folglich schwacher oberflächlicher Tension, wie z.B. Essigäther, Butylalkohol,
                              Amylalkohol etc. setzt, so nimmt die Zahl der Tropfen jenes Weingeistes oder des
                              Wassers erheblich zu. Man kann z.B. schon mit 1/4000 Essigäther einen meßbaren
                              Effect hervorbringen. Der Tropfen-Zähler setzt in den Stand, Reactionen zu
                              studiren und zu verfolgen, welche zwischen äußerst geringen Quantitäten eintreten,
                              oder auch die Mengen gewisser Materien zu ermitteln, welche kein anderes Mittel
                              anzeigen würde, und diese Mengen annähernd zu messen.
                           Verf. hat sich dieses Verfahrens zur Prüfung der aus den Weinen durch Destillation
                              erhaltenen Alkohole bedient und vermag schon unter Anwendung einiger Kubikcentimeter
                              Flüssigkeit zu erkennen, ob sie mehr oder weniger andere Materien als Weingeist
                              enthalten. Es zeigte sich dabei, daß das Fremdartige wahrscheinlich in Alkoholen
                              höherer Grade bestand. (Comptes rendus, 1874 t. LXXVIII p. 951.)
                           
                              W.
                              
                           
                        
                           Bier- und Malzanalysen; von Ch. Mène.
                           Gelegentlich einer Ausstellung von Nahrungs- und Genußmittteln hat Ch. Mène nachstehende in den Comptes rendus, 1874 t. LXXIX p. 65 mitgetheilte Analysen durchgeführt.
                           1. Bieranalysen:
                           
                              
                                 Bauereien
                                 Specif.Gewicht
                                 AlkoholProc.
                                 Extractper
                                    Liter
                                 AscheProc.
                                 StickstoffProc.
                                 
                              
                                 Detalle u. Co. in Ham (Somme)
                                 1,0100
                                 3,6
                                 50,120
                                 1,920
                                 0,785
                                 
                              
                                           „                    
                                    „
                                 0,9973
                                 4,4
                                 48,000
                                 1,080
                                 0,785
                                 
                              
                                           „                    
                                    „
                                 1,0106
                                 4,5
                                 57,120
                                 1,520
                                 0,722
                                 
                              
                                           „                    
                                    „
                                 1,0113
                                 4,0
                                 48,600
                                 1,600
                                 0,760
                                 
                              
                                 Lux u. Co. in Paris
                                 1,0106
                                 3,3
                                 42,480
                                 1,800
                                 0,620
                                 
                              
                                 Schmidt u. Co. in Paris
                                 1,0255
                                 4,3
                                 51,400
                                 2,600
                                 0,770
                                 
                              
                                           
                                    „                „
                                 1,0182
                                 4,4
                                 57,210
                                 2,400
                                 0,800
                                 
                              
                                 Wattebleed in Vernelles (Pas-de-Calais)
                                 1,0050
                                 4,5
                                 39,440
                                 1,280
                                 0,800
                                 
                              
                                       
                                    „                    „
                                 1,0078
                                 4,5
                                 35,800
                                 1,440
                                 0,710
                                 
                              
                                 Meesemäcker in Dunkerque (Nord)
                                 1,0130
                                 5,5
                                 73,120
                                 3,700
                                 0,840
                                 
                              
                                           „                    
                                    „
                                 1,0127
                                 5,2
                                 68,960
                                 1,200
                                 0,840
                                 
                              
                                 Pollet in Coutrai (Belgien)
                                 1,0080
                                 4,5
                                 48,160
                                 1,195
                                 0,750
                                 
                              
                                 Hauthyssen in Hannut (Lüttich)
                                 1,0115
                                 4,7
                                 51,105
                                 1,310
                                 0,715
                                 
                              
                           Wie aus obiger Tabelle ersichtlich ist, hat der Verfasser nicht angegeben, ob die
                              Werthe für Asche und Stickstoff in Procenten des Bieres – wie man doch
                              zunächst annehmen sollte – oder in Procenten des Bier-Extractes
                              berechnet sind. Nimmt man das erstere an, so sind die Werthe für die Asche viel zu
                              hoch, als daß sie auch nur annähernd richtig sein könnten. Die Bieraschen sind
                              äußerst higroskopisch und ziehen, wenn sie nach dem Glühen nicht unter dem
                              Exsiccator abgekühlt und dann rasch gewogen werden, leicht ein Procent Wasser an.
                              Auch der Stickstoffgehalt würde bei ersterer Annahme 10mal zu groß ausfallen. Sind aber
                              beide Werthe in Procenten des Bierextractes berechnet, was für die Stickstofftabelle
                              sogar gewiß ist, so sind sämmtliche Aschengehalte (mit Ausnahme von Nr. 10) um die
                              Hälfte zu gering. Auch die Stickstoffgehalte sind sehr gering und berechnen sich
                              daraus Eiweißstoffprocente, welche etwa um die Hälfte geringer sind wie in unseren
                              Bieren. Jedoch läßt sich dieser geringe Gehalt an Proteinen sehr leicht auf die
                              Verwendung von Traubenzucker oder Syrup – zumal im Zusammenhalte mit dem
                              auffallend hohen Alkoholgehalt obiger Biere – zurückführen.
                           2. Malzanalysen.
                           
                              
                                 
                                 Schmidt u. Co.in Paris
                                 WattebleedPas-de-Calais
                                 Lux und Co.in Paris
                                 Malengreauin St. Ghislain(Belgien)
                                 
                              
                                 Wasser
                                   9,82
                                   9,98
                                   9,550
                                 10,030
                                 
                              
                                 Dextrin
                                   5,69
                                   5,52
                                   5,615
                                 5,490
                                 
                              
                                 Stärke
                                 48,43
                                 45,95
                                 47,800
                                 46,450
                                 
                              
                                 Cellulose
                                 10,11
                                   9,89
                                 10,200
                                 10,580
                                 
                              
                                 Stickstoffhalt. Substanzen
                                   9,20
                                   8,78
                                   8,715
                                 8,550
                                 
                              
                                 Asche
                                   2,62
                                   2,42
                                   3,300
                                 2,415
                                 
                              
                                 Fett. andere Substanzen
                                 14,13
                                 17,46
                                 15,820
                                 16,485
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––
                                 ––––––––––––
                                 ––––––––––
                                 –––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                        100
                                        100
                                        100
                                        100
                                 
                              
                           Die Werthe, welche hier für Fett und andere Substanzen berechnet sind, haben nicht
                              die geringste Brauchbarkeit. Wenn unter den „anderen
                                 Substanzen“ die Extractivstoffe gemeint sind, – und es bleibt
                              keine andere Annahme übrig, so kann man nur 1 bis 2 Procent dafür zugestehen, und es
                              würde sich daher für Fett der enorme Betrag von 12 bis 15 Procent ergeben, während
                              doch nur 2 bis 4 Procent zu erwarten sind.
                           
                              V. G.
                              
                           
                        
                           Ueber den rothen Farbstoff des Weines; von E. Duclaux.
                           Der rothe Farbstoff des Weines erscheint, so lange er der Einwirkung der Luft noch
                              nicht ausgesetzt gewesen ist, als eine durchsichtige Substanz von der Farbe und
                              Consistenz des steifen Johannisbeer-Gelée. Er löst sich in Wasser und
                              in Weingeist mit kaum merklicher Flachsblüthenfarbe, die durch eine Spur Säure in
                              lebhaftes Roth übergeht. Einige Zeit der Luft ausgesetzt – namentlich unter
                              dem Einflusse der Wärme – absorbirt er Sauerstoff, wird im Wasser immer
                              unlöslicher und setzt Häutchen ab, welche bei vollständiger Eindampfung einen
                              zusammenhängenden matten Ueberzug hinterlassen, der sich nach dem Erkalten in
                              Schuppen ablöst. Der jetzt in Wasser unlösliche Farbstoff hat aber seine Löslichkeit
                              in Weingeist beibehalten, und diese Solution erscheint, selbst bei Abwesenheit von
                              Säuren, schön Purpurroth. Versetzt man dieselbe mit noch so viel Wasser, so entsteht
                              doch nicht gleich eine Trübung; erst allmälig scheidet sich der Farbstoff aus,
                              sofort aber auf Zusatz einer Spur Säure. Er ist also in diesem Zustande in sauren
                              Flüssigkeiten weniger löslich als in neutralen, während man bis jetzt das Umgekehrte
                              geglaubt hat.
                           Der durch Einwirkung der Zeit oder der Säuren entstandene Absatz trocknet zu einer
                              harten, festen, muschelig brechenden, schwach metallisch glänzenden Masse ein; dies
                              ist die letzte Grenze der Umwandlungen, welche der Farbstoff erleiden kann, ohne
                              zerstört zu werden. Der Sauerstoff der Luft spielt hierbei keine Rolle. Wenn man ihn
                              nun nach dem Zerreiben mit einigen Tropfen concentrirter Kalilauge erwärmt, so
                              bemerkt man, daß er anfangs grün und dann wieder roth wird, worauf er in Lösung
                              geht. Diese Solution läßt durch Säuren den Farbstoff in halb-gelatinösem
                              Zustande wieder fallen, der demjenigen ähnlich ist, welchen derselbe vor der
                              Behandlung mit dem Alkali hatte; aber die Löslichkeit in Weingeist ist
                              wiedergekehrt, und kann durch die Zeit oder die Säuren neuerdings verloren gehen.
                              Die alkalische Lösung des Farbstoffes hält sich übrigens nicht lange; sie absorbirt rasch den Sauerstoff
                              der Luft und der Farbstoff wird zerstört.
                           Die vorstehenden Beobachtungen erklären die Farbenveränderung der Weine im Alter,
                              worüber man sich bis jetzt keine Rechenschaft geben konnte. Wie bekannt, bedient man
                              sich besonders dreier Materien, um hellen Rothweinen eine dunklere Farbe zu
                              ertheilen oder Zusätze von Wasser zu verdecken, nämlich der Malve, der Phytolacca decundra und der
                              Cochenille. Man erkennt ihre Gegenwart im Weine auf
                              folgende Weise.
                           Der Farbstoff der Malve wird – entgegen dem des
                              Weines – durch die Einwirkung des Sauerstoffes immer löslicher in Wasser.
                           Auf den Farbstoff der Cochenille prüft man am besten
                              vermittels des Spektroskops. Seine Absorptions-Linien sind wesentlich
                              verschieden von denjenigen des Weinfarbstoffes.
                           Der Farbstoff der Phytolacca wird durch nascirenden
                              Wasserstoff augenblicklich entfärbt, der reine Wein dagegen nur sehr langsam.
                              Enthält jedoch der Wein von jenem Farbstoffe, so zieht der letztere den des Weines
                              mit in die rasche Zerstörung hinein, dergestalt daß bei 1/5 Phytolacca-Farbstoff der Wein zehnmal
                              rascher, als wenn er rein ist, entfärbt wird. (Comptes
                                 rendus, 1874 t. LXXVIII p. 1195.)
                           
                              W.
                              
                           
                        
                           Bestimmung des Chinins in Chinarinde; von Perret.
                           Diese Bestimmung beruht darauf, daß kieselsaures Natron (Wasserglas) die Alkaloide
                              auszieht, ohne sie zu verändern. Man erhitzt 10 Grm. Rinde in Pulverform mit 50 Grm.
                              90grädigem Alkohol, dem man 5 Grm. stark alkalischen kieselsauren Natrons
                              (40° B.) zugesetzt hat, filtrirt nach 10 Minuten und wiederholt dieselbe
                              Operation noch zweimal, zuerst mit 30 Grm. Alkohol und 2,5 Grm. Wasserglas und
                              endlich mit 20 Grm. Alkohol. Die vereinigten Filtrate werden bis zur Consistenz des
                              Honigs eingedampft und der Rückstand zuerst mit 30 Grm., darauf mit 20 Grm. und
                              endlich mit 10 Grm. Aether behandelt, die ätherische Lösung abgedampft und der
                              Rückstand mit verdünnter Schwefelsäure angesäuert. Das gebildete Chininsulfat kann
                              als solches, oder durch Ammoniumoxalat als oxalsaures Salz niedergeschlagen und
                              gewogen werden. Das Chininsalz enthält nur Spuren Chinidin und Cinchonin. (Berichte
                              der deutschen chemischen Gesellschaft, 1874 S. 735.)
                           
                        
                           Das künstliche Alizarin.
                           In der letzten Sitzung der „Niederrheinischen Gesellschaft für Natur und
                                 Heilkunde“ sprach Professor Kekulé
                              über das künstliche Alizarin, dessen Entdeckung auch weiteren Kreisen von Interesse
                              sein dürfte, weil es in schlagendster Weise den Beweis führt, daß die Lösung eines
                              rein wissenschaftlichen Problems im Verlaus weniger Jahre einen neuen und
                              großartigen Industriezweig hervorrufen kann. Der Vortragende gab zunächst eine kurze
                              Geschichte des Krapps, der schon seit den ältesten Zeiten seines Gehaltes an
                              Alizarin wegen zum Färben und namentlich zum Rothfärben verwendet worden ist; er
                              erwähnte, daß den zuverlässigsten Nachrichten zufolge, die jährliche Production
                              einen Werth von 15 bis 20 Millionen Thaler repräsentirt und daß etwa 3 bis 400000
                              Morgen Land durch Bau von Krapp in Anspruch genommen werden. Der rothe Farbstoff des
                              Krapps – das Alizarin – ist von der Chemie vielfach untersucht worden,
                              aber erst 1866 stellte Strecker die chemische Formel des Alizarins =
                              C₁₄H₆(OH)₂O₂ fest und sprach die Vermuthung aus,
                              es stehe zu einem im Steinkohlentheer in geringer Menge enthaltenen festen
                              Kohlenwasserstoff, dem Anthracen, in näherer Beziehung. Gelegentlich seiner schönen
                              Untersuchungen über das Chloranil und die Chinone wurde dann Gräbe zu der Ansicht geführt, das Alizarin sei ein dem Chinon ähnlicher
                              Körper; es gelang ihm, das Alizarin durch Erhitzen mit Zinkstaub in Anthracen
                              umzuwandeln und die von Strecker schon ausgesprochene
                              Vermuthung thatsächlich
                              zu begründen. Das weitere Problem, den bisher von der Natur durch Pflanzenthätigkeit
                              bereiteten Farbstoff künstlich auf chemischem Wege aus dem Anthracen zu erzeugen,
                              fand bald darauf durch Gräbe und Liebermann (dies Journal, 1870 Bd. CXCVI S. 359 und 585; Bd. CXCVII S.
                              285) seine Lösung. Da man hoffen durfte, die zunächst zu rein wissenschaftlichen
                              Zwecken im chemischen Laboratorium zur Anwendung gebrachten Methoden würden sich in
                              den Großbetrieb der chemischen Technik übertragen lassen, hielt man es für geeignet,
                              die Methode zur künstlichen Darstellung von Alizarin aus Anthracen durch ein Patent
                              zu sichern (18. November 1868). Zwei wesentliche Schwierigkeiten, die sich der
                              Einführung in die Praxis zu widersetzen schienen, wurden bald gehoben. Das Anthracen
                              war bislang nur selten und stets in kleiner Menge dargestellt worden, es war in den
                              wenigsten chemischen Sammlungen vertreten und ist nur in sehr geringer Menge, zu
                              etwa 1/2 Proc. in rohem Steinkohlentheer enthalten. Sobald es ein Gegenstand der
                              Nachfrage geworden war, fand die Technik geeignete Methoden zu seiner Darstellung,
                              und die Berechnung ergab, daß in den jährlich producirten etwa 5 Millionen Centner
                              Steinkohlentheer ein mehr als genügender Vorrath an Anthracen enthalten ist.
                              Andererseits hatten die ersten Vorschriften zur Darstellung des künstlichen
                              Alizarins Brom in Anwendung gebracht, einen Körper von beschränktem Vorkommen und
                              hohem Preise; da zeigten die Fabrikanten Meister, Lucius
                              und Brüning in Höchst (dies Journal, 1873 Bd. (NIX S. 238
                              und 1874 Bd. CCXII S. 444) durch eine am 15. Mai 1869 gerichtlich deponirte Methode,
                              daß das theure Brom, mit Vortheil sogar für der technischen Betrieb, durch die
                              billige Schwefelsäure ersetzt werden kann. Dadurch wurde, für Deutschland
                              wenigstens, die Fabrikation des künstlichen Alizarins vom Zwange des Patentes
                              befreit, während sie in Frankreich und England durch Patente geschützt ist. Außer
                              den Patentinhabern, der badischen Anilin- und Sodafabrik in Ludwigshafen und
                              der schon genannten Höchster Firma, beschäftigten sich bald auch Gebrüder Gessert (dies Journal, 1871 Bd. CC S. 421) in
                              Elberfeld (jetzt Aktiengesellschaft für chemische Industrie) und F. Bayer und Comp. in Barmen mit
                              der Fabrikation von künstlichem Alizarin, und es schlossen sich rasch weitere
                              Fabrikanten an. Der technische Betrieb hatte im Jahre 1870 begonnen. Im Jahre 1873
                              sind etwa 900000 Kilogrm. einer 10procentigen Alizarinpaste producirt worden (von
                              der Höchster Firma allein 520000 Kilogrm.) im Werthe von 3 Millionen Thaler. In
                              letzter Zeit haben sich alle Fabriken vergrößert, das Etablissement in Ludwigshafen
                              in besonders hervorragender Weise; weitere Fabriken sind neu entstanden. Im
                              Augenblicke beträgt die monatliche Gesammtproduction etwa 200000 Kilogrm. im Werthe
                              von 600000 Thaler; schon jetzt wird also 1/3 des Krapps durch künstliches Alizarin
                              ersetzt. Für das Jahr 1874 dürfte der Werth des künstlich producirten Alizarins die
                              Summe von 6 bis 7 Millionen jedenfalls erreichen; im folgenden Jahre wird sie
                              voraussichtlich auf 10 bis 12 Mill. steigen, und man nimmt an, daß spätestens im
                              Jahre 1876 das künstlich fabricirte Alizarin für die Bedürfnisse der Färberei und
                              Druckerei ausreichen. Dann wird also alles Alizarin, welches vor wenigen Jahren noch
                              der Krapppflanze entnommen wurde, künstlich aus Steinkohlentheer dargestellt werden,
                              und alles Areal, welches jetzt durch Cultur von Krapp in Anspruch genommen wird, ist
                              für andere landwirthschaftliche Zwecke verwendbar. (Musterzeitung, 1874 S. 190.)
                           
                        
                           Deacon's Bleichflüssigkeit.
                           Anstatt Aetzkalk und Wasser zur Absorption des Chlores zu benützen, wird (in der
                              engl. Patent-Specification Nr. 3309 vom 7. November 1872) kohlensaurer Kalk
                              und Wasser für diesen Zweck vorgeschlagen, und zwar wird entweder fein vertheiltes
                              Carbonat, wie solches in der Causticirung von Soda und Potasche erhalten wird,
                              genommen, oder es werden Klumpen von Kalkstein in Thürmen aufgeschichtet,
                              fortwährend mit Wasser benetzt und so einem Chlorstrome ausgesetzt. (Berichte der
                              deutschen chemischen Gesellschaft, 1874 S. 1030.)
                           
                        
                           
                           Uebermangansäure als Entzündungsmittel.
                           Mengt man in einem Porzellanschälchen (mittels eines massiven Glasstabes) 2 G. Th.
                              vollkommen staubtrockenes feingepulvertes übermangansaures Kali mit ungefähr 2 bis 3
                              G. Th. concentrirter Schwefelsäure, so erhält man (nach Professor Boettger in Poggendorff's
                              Annalen für Physik) ein Gemisch, welches in folge momentaner Entstehung und
                              Zerlegung von Uebermangansäure in steter Zersetzung begriffen ist. Bekanntlich läßt
                              sich Uebermangansäure im isolirten Zustande nicht darstellen und aufbewahren, weil
                              dieselbe im Entstehungsmomente schnell in Sauerstoffgas und Mangansupexoxydhydrat
                              zerfällt; aber aus diesem Grunde zeigt nun der hierbei im status nascendi auftretende Sauerstoff die allerenergischsten
                              Oxydationswirkungen – und zwar in einem noch weit höherem Grade, als ein
                              Gemisch von doppelt chromsaurem Kali und Schwefelsäure. Schon beim bloßen Contact
                              dieses Gemisches mit einer großen Anzahl von Stoffen, insbesondere mit ätherischen
                              Oelen, treten bei gewöhnlicher mittlerer Temperatur nicht selten die heftigsten
                              Explosionen meist unter Entflammung der betreffenden Stoffe ein – besonders
                              leicht, wenn man etwa 10 bis 12 Tropfen solcher Oele in ein Schälchen bringt und sie
                              dann mit so viel von genanntem Gemisch berührt, als an dem einen Ende eines in
                              dasselbe eingetauchten massiven Glasstabes hängen bleibt.
                           
                        
                           Darstellung von Sauerstoffgas; von J. A. Wanklyn, London.
                           Verfasser hat beobachtet, das Kupferoxyd seinen Sauerstoff leicht an Aetzbarit, der
                              hierdurch in Bariumperoxyd übergeht, abgibt. Es wird nun (in der engl.
                              Patent-Specification Nr. 8261 vom 2. November 1872) vorgeschlagen, diese
                              Eigenthümlichkeit in Gemeinschaft mit der Eigenschaft des metallischen Kupfers, bei
                              höherer Temperatur Sauerstoff zu binden, zur Abscheidung des Sauerstoffes aus der
                              atmosphärischen Luft zu benützen. Aetzbarit wird mit wenigstens seinem halben
                              Gewichte Kupferoxyd gemengt in einer eisernen Retorte auf Rothglut erhitzt, und
                              nachher Dampf über die rothglühende Masse geführt, wodurch das gebildete Peroxyd
                              seinen Sauerstoff abgibt. Wenn aller entbindbare Sauerstoff so fortgenommen worden
                              ist, wird die Dampfzufuhr abgesperrt und etwas atmosphärische Luft durch die Retorte
                              geleitet, worauf dann wieder die Behandlung mit Dampf folgt u.s.w. Statt des
                              Aetzbarits mag Aetzkalk oder Manganoxyd, oder eine Mischung des letzteren mit
                              Aetzbarit oder Aetzkalk in Verwendung kommen. (Berichte der deutschen chemischen
                              Gesellschaft, 1874 S. 1033.)
                           
                        
                           Putzpulver; von A. Viedt in
                              Braunschweig.
                           Nach mehrjährigen Erfahrungen ist die Asche der „Bogheadkohle“
                              ein ganz ausgezeichnetes Putzpulver für sämmtliche Metalle – weit besser als
                              Wiener Kalk, Prager Putzstein etc. Man reibt die Bogheadkohlen-Asche der
                              Gasanstalten durch ein entsprechend feines Sieb, befeuchtet sie' beim Gebrauch mit
                              Wasser oder Weingeist und putzt schließlich mit dem trockenen Pulver nach. Da diese
                              Asche für die Gasfabriken ohne jeden Werth, ist dieses vortreffliche Pulver nur zu
                              empfehlen. Eine Analyse ergab: 42 Procent Kieselsäure, 39,5 Thonerde, 0,8 Eisenoxyd
                              und 17,7 Wasser, organische Stoffe und Verlust.