| Titel: | Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873; mitgetheilt von Johann Zeman. | 
| Autor: | Prof. Johann Zeman [GND] | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. I., S. 1 | 
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                        I.
                        Notizen aus der Wiener Weltausstellung 1873;
                           mitgetheilt von Johann
                              Zeman.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        (Fortsetzung von S. 294 des vorhergehenden Bandes.)
                        Zeman, Notizen aus der Wiener Weltausstellung.
                        
                     
                        
                           83–86. Maschinen zum Schleifen
                                 von Holzstoff für Papierfabrikation. (Figur 1 bis 10.)
                           Ich hatte zunächst nur die Absicht, die Maschinen zur Herstellung des geschliffenen
                              oder sogen. mechanischen Holzstoffes, welche die Firma Theod. und Friedr. Bell in Kriens bei Luzern (Schweiz) ausgestellt hatte,
                              näher mitzutheilen; der inzwischen erschienene (in diesem Journal S. 289 des
                              vorhergehenden Bandes schon angezogene) BerichtHeft 38. Druck und Verlag der k. k. Hof- und Staatsdruckerei; Wien
                                    1873. über „Papier-Industrie“ von Emil Twerdy ermöglicht es jedoch, auf die Fortschritte dieser
                              Maschinenclasse im Allgemeinen hinzuweisen und an betreffender Stelle die Bell'schen Constructionen mit Zeichnungen näher
                              beschrieben einzuschalten.
                           
                              „Die Erzeugung und Anwendung des geschliffenen Holzstoffes – so
                                 berichtet Twerdy – hat seit dem Jahre 1867
                                 einen großartigen Aufschwung genommen; die Holzstoff-Fabrikation ist zu
                                 einem selbstständigen blühenden Industriezweige geworden, der zwar im Principe
                                 keine wesentliche Aenderung, dagegen in den Details der Apparate manche
                                 werthvolle Vervollkommnung erfahren hat. Seit G. Keller den genialen Gedanken gefaßt, und Heinrich Völter in Heidenheim demselben durch zweckmäßige Form
                                 der Apparate praktische Verwerthung gegeben, sind Hunderte von
                                 Holzstoff-Fabriken errichtet worden, da sich die Verwendbarkeit des
                                 Stoffes immer deutlicher erwies und der Bedarf von Jahr zu Jahr wuchs. So würde
                                 beispielsweise Deutschland sieben Millionen Centner Hadern zur Erzeugung seines
                                 Papierquantums nöthig haben, während es nur zwei Millionen Centner producirt.
                                 Der Abgang wird zum geringen Theile durch die Haderneinfuhr und hauptsächlich
                                 durch Surrogate, worunter Holzstoff die bedeutendste Rolle spielt, gedeckt. Der
                                 außerordentliche Verbrauch an Holzstoff, welcher durch die bis 60–70
                                 Procent gehende Beimischung zu den Hadernstoffen erklärt wird, weckte die
                                 Unternehmungslust zahlreicher Interessenten, welche in der Ausführung und
                                 Verbesserung der Schleifvorrichtungen dankbare Objecte ihrer Bemühungen fanden. Allen voran
                                 steht jedoch Heinrich Völter in Heidenheim, der mit
                                 bewundernswerther Energie und Ausdauer den einmal gefaßten Gedanken verfolgte
                                 und ausbildete, und ihm gebührt das Verdienst diese Industrie zu ihrer heutigen
                                 Vollkommenheit und Bedeutung gebracht zu haben.
                              
                           
                              Die wünschenswerthen Resultate: möglichst großes Schleifquantum bei geringstem
                                 Kraftconsum, sowie große Feinheit und Gleichartigkeit der nicht allzu kurzen
                                 Faser bilden das Ziel aller Vervollkommnung. Je feiner und gleichartiger die
                                 Faser, desto schwieriger ist sie im Papiere erkennbar, und desto mehr convenirt
                                 sie dem Papierfabrikanten. Die gebräuchlichen Holzarten sind: Fichte, Tanne und
                                 Aspe. Das Aspenholz gibt ein sehr schön weißes, jedoch zu weiches Product, und
                                 erhält das Papier bei Mischungsverhältnissen, wo Fichtenholz noch sehr glattes,
                                 klangiges Papier liefert, bei Anwendung von Aspe einen lockeren, schwammigen
                                 „Griff“ und rauhes Aussehen. Hingegen kann man mit
                                 gleichem Kraftaufwand und gleichen Apparaten um 36 bis 40 Procent mehr
                                 Aspenstoff schleifen als Fichte oder Tanne. Ein sehr beliebter Ausweg, der
                                 sowohl dem Schleifer als dem Papierfabrikanten dient, ist das Mischen von
                                 Aspen- und Fichtenholz – und zwar derart, daß nach je 3 oder 4
                                 oder 5 Fichtenholz-Klötzen, 1 Aspenholz-Klotz in die
                                 Schleif- (oder Preß-) Kammern des Defibreur eingelegt und die
                                 Mischung somit sehr intensiv erhalten wird.
                              
                           
                              Die wesentlichste Bedingung zur Erzielung einer feinen und gleichmäßigen Faser
                                 ist bei guter Construction und Ausführung, sowie möglichster Stabilität des
                                 Schleifapparates ein guter, feinkörniger Schleifstein und sein oftmaliges
                                 Schärfen. Bei den meisten bisher ausgeführten Schleifapparaten mit horizontaler
                                 Achse sind mechanische Steinschärf-Vorrichtungen noch nicht in Anwendung gekommen; dagegen
                                 zeigt der von der Firma Theod. und Friedr. Bell
                                 ausgestellte Apparat mit um eine senkrechte Achse rotirendem Stein die Anwendung
                                 einer solchen, und es steht wohl zu erwarten, daß der Schärfapparat in
                                 entsprechender Modification auch bei dem erstgenannten System zur Anwendung
                                 gelangt.
                              
                           
                              Um den Stoff rasch und sicher vom Stein abzuspülen, der dadurch wesentlich
                                 angriffsfähig erhalten wird, ist eine reichliche Menge unter Druck
                                 eingespritzten Wassers nöthig, und werden zu diesem Zwecke bei guten Apparaten
                                 hinter jeder Schleifkammer Spritzrohre eingesetzt.
                                 Leider trifft man noch vielfach mißlungene Imitationen Völter'scher Apparate, welche sich mit einem einzigen Einspritzhahn
                                 begnügen, und deren verfehlte Construction es außerdem bedingt, daß der Oberbau,
                                 dieser wichtigste und complicirteste Theil der Maschine, bei jedesmaligem
                                 Wechsel des Steines demontirt werden muß – ein Umstand, welcher bei der
                                 schwierigen und oft nicht immer genauen Wiedermontirung leicht von nachtheiligen
                                 Folgen für den Betrieb begleitet sein kann, und als ein entschieden grober
                                 Fehler bezeichnet werden muß.
                              
                           
                              Eine fernere Vervollkommnung der Defibreurs besteht in der Anbringung einer Stellvorrichtung, wodurch die die Schleifkammer
                                 bildenden Platten einen sehr genauen Anschluß an die Peripherie des
                                 Schleifsteines erhalten, in Folge dessen das Splittern des Schleifklotzes,
                                 mithin Stoffverlust vermieden wird. Das Anpressen der Druckplatten an den
                                 Schleifklotz erfolgt bei den neuen guten Maschinen nur mehr durch Wirkung von
                                 Hebeln, Rollen und Gewichten.
                              
                           
                              Einen nicht minder wichtigen Einfluß auf die Qualität des Stoffes, als der
                                 Defibreur, nimmt die Construction und Behandlung der Raffinir- und Sortirapparate. Zur
                                 Ausscheidung der groben Splitter werden Cylinder oder Schüttelsiebe angewendet,
                                 jedoch verdienen die letzteren, welche wie Knotenfänger fungiren, entschieden
                                 den Vorzug vor den Cylindern, weil ihre Anschaffung nicht nur billiger, sondern auch die
                                 Reinhaltung leichter möglich ist. Die eigentliche Scheidung des Stoffes in
                                 fertiges und in der Raffinirung zu unterziehendes Product erfolgt noch immer am
                                 besten durch ein System von Cylindern, die mit verschieden maschigem
                                 Messingdraht-Gewebe übersponnen sind. Der Prima-Holzstoff, d.h.
                                 derjenige, dessen Vorkommen im Papiere mit freiem Auge nicht ersichtlich ist,
                                 hat einen ungleich höheren Werth als die Secundawaare. Ersterer kann
                                 mittelfeinen Druck-, Schreib-, Tapeten-, feinen
                                 Packpapieren sowie Affichen bis 60 Proc., sogar Cigarrettenpapieren bis 20 Proc.
                                 zugetheilt werden, ohne daß die Papiere an Güte verlieren.
                                 Secunda-Holzstoff hingegen macht selbst durch geringe Beimischung die
                                 Papiere auffallend rauh und brüchig, und findet deshalb nur zu ordinären
                                 Papieren Verwendung. Jeder Fabrikant kennt die enormen Calamitäten, welche ihm
                                 daraus erwachsen, wenn schlecht sortirter Holzstoff zu feineren Papiergattungen
                                 verwendet wird, und der fertige Bogen statt des gehofften glatten, ein
                                 bürstenähnliches Aussehen zeigt. Die Neuerungssucht von Reclame bedürftigen
                                 „Erfindern“ hat unter dem Vorwande erheblicher
                                 Kraftersparniß die Weglassung des Raffineur vorgeschlagen, wovon jedoch im
                                 Interesse des Holzschleifers selbst nicht dringend genug abzurathen ist.
                              
                           
                              Eine verläßliche Abdichtung der Ausguß-Mundstücke der Sortircylinder ist
                                 zum Zwecke einer genauen Sortirung von nicht zu unterschätzender Wichtigkeit. Am
                                 vollkommensten wird dieselbe dadurch erreicht, daß ein mit Unschlitt getränkter
                                 Hanfzopf an die gedrehte Abgußflansche durch in drehbare Messinglaschen
                                 eingesetzte Stellschrauben angepreßt wird, wodurch nicht nur ein vollkommen
                                 wasser- und stoffdichter Anschluß erreicht, sondern auch sehr geringe
                                 Reibung erzeugt wird, was sich von keinem anderen Dichtungssystem – wie
                                 angespannte Kautschukgurten, Filze, Leder etc. – behaupten läßt. Das
                                 Productionsverhältniß der zwei Stoffqualitäten beträgt bei mangelhafter Anlage
                                 und Wartung der Apparate sogar 3 : 1, so daß die Secundawaare 25 bis 20 Proc.
                                 der Gesammterzeugung ausmacht. Dagegen läßt sich durch eine gute Anlage und
                                 zweckdienliche Manipulation, sowie durch wiederholtes Raffiniren dieses
                                 ungünstige Verhältniß wesentlich günstiger gestalten, so daß nur 5 bis 7 Proc.
                                 sogenannten Zweierstoffes entstehen. Je größer die Sortir-Siebflächen
                                 sind, desto genauer erfolgt die Ausscheidung. Ein sehr günstiges Resultat ergibt
                                 eine Sortiranlage von 1 Quadratmeter Siebfläche für je einen (in 24 Stunden
                                 erzeugten) Centner lufttrocken gedachten Stoffes. In der Construction der
                                 Sortircylinder hat man zu den mannigfachsten Anordnungen gegriffen. Ein guter
                                 Cylinder muß vor Allem leicht, und die das sortirende Drahtgewebe tragende
                                 Auflagefläche nämlich der Cylindermantel derart beschaffen sein, daß dem
                                 Durchlaß des Stoffes kein Hinderniß entgegensteht, daß das Sieb keine Falten
                                 zieht und sich sehr leicht reinigen läßt.
                              
                           
                              Die billigste und vielseitig angewendete Anordnung besteht in einem Gerippe von
                                 parallel zur Cylinderachse laufenden, nach Außen conisch zugespitzten, dünnen
                                 Holzstäben, auf welchen ein kräftiges Bodensieb ruht, welches dann das
                                 eigentliche Sortirsieb trägt.
                              
                           
                              Eine andere und bessere Anordnung ist die von ebenfalls zur Achse parallel
                                 laufenden Stäben, die jedoch von geschmiedetem Rundeilen sind, über welche dünne
                                 Metalldraht-Ringe in Abständen von 25 Millim. gespannt werden, welche
                                 direct das Sortirsieb tragen.
                              
                           
                              Eine dritte Art besteht in einem gelochten Zinkblech-Unterboden, auf
                                 welchen das Sortir-Drahtgewebe aufgelöthet wird. Diese Anordnung schont
                                 die Siebe sehr, beansprucht jedoch große Cylinderdurchmesser, da wegen des
                                 zwischen den Löchern des Unterbodens stehenbleibenden vollen Blechmateriales
                                 viel Durchgangsfläche verloren geht.
                              
                           
                           
                              Die am häufigsten vorkommende Disposition der Sortircylinder besteht in deren
                                 stufenweiser Aufstellung in hölzernen Kästen, in welche der Holzstoff an der
                                 rückwärtigen Längsseite einfließt. Der das Gewebe passirende, also sortirte
                                 Theil fließt durch den offenen Seitenkranz ziemlich tief unten ab, während der
                                 gröbere, also nicht durch das Gewebe durchgehende Theil sich unterhalb des
                                 Cylinders in den Vorderraum des Kastens drängt, von dem aufsteigenden Cylinder
                                 durch Reibung in dünnen Schichten aufgenommen, durch mit Filz umwickelte Walzen
                                 abgenommen und wesentlich entwässert durch einen Schaber in einen separaten
                                 Vorkasten abgelegt wird. Der Vortheil dieser Anordnung besteht darin, daß der
                                 Stoff unter geringem hydrostatischem Drucke durch das Sieb gedrückt wird;
                                 nachtheilig hingegen ist der Umstand, daß der sortirte Theil, als am Boden des
                                 Cylinders abfließend, immer noch Gelegenheit findet, sich mit dem außen
                                 befindlichen unsortirten, also gröberen Theil zu vermischen resp.
                                 zurückzutreten, und daß der gröbere Stoff eine die Vorderseite des Cylinders eng
                                 umschließende Wand bildet, welche große Reibung verursacht und behufs der
                                 Weiterbeförderung vom Cylinder gehoben werden muß. Die zur Stoffabnahme
                                 dienenden Filzwalzen haben das Unangenehme, Stofffasern in die Gewebemaschen
                                 einzuzwängen, welche dadurch verlegt werden und den freien Durchgang der Fasern
                                 hindern.
                              
                           
                              Dieser mißliche Umstand ist bei der von der Firma Theod. und Friedr. Bell in Kriens bei Luzern (Schweiz) ausgestellten
                                 Sortiranlage durch eine sehr sinnreiche Construction behoben, und verdient
                                 überhaupt die von dieser Firma exponirte Schleifereianlage eine eingehende
                                 Würdigung.“
                              
                           Die von Bell ausgeführte Schleifmaschine (Defibreur) ist mit einem horizontal liegenden, um eine
                              verticale Achse rotirenden Stein versehen (vergl. Figur 1 in 1/40 n. Gr.),
                              um welchen acht Kästen zur Aufnahme der zu schleifenden
                              Holzstücke gleichmäßig vertheilt sind.
                           Das Anpressen des Holzes gegen den Stein erfolgt durch Hebel a, a' und Gewichte b. In jeder Preßplatte sind
                              zwei Schrauben c, c eingelassen, und deren Querstück d, welches mit dem Druckhebel a verbunden ist, durch Muttern verstellbar derart, daß beim Abnehmen des
                              Steindurchmessers die Preßplatten nachgerückt werden können. Der geschliffene
                              Holzstoff wird durch acht Spritzröhren e – je
                              eine für jede Preßkammer – vom Stein in den durch Blech abgeschlossenen Raum
                              f abgespült und durch einen Canal weggeleitet.
                           Die Schleifmaschine ist auf vier kräftigen eisernen Säulen aufmontirt; die verticale
                              Schleifstein-Spindel wird durch conische Räder von der
                              Haupttransmissionswelle angetrieben.
                           Der Steinschärfapparat, welcher ohne den Defibreur
                              zerlegen zu müssen aufgesteckt und in Thätigkeit gesetzt werden kann, ist in Figur 2 bis
                              4 (in 1/10
                              n. Gr.) dargestellt. Er besteht aus zwei durch mehrere gezahnte Stahlscheiben
                              gebildete Fräsköpfen a, a, welche sich lose um die
                              verticalen Stifte b drehen, wenn die Fräsen mittels des
                              Hebels d gegen den rotirenden Stein angedrückt werden.
                              Durch Drehung der Kurbel e erhalten die Schärfrollen
                              eine auf- und abgehende Bewegung über die ganze Höhe des Steines, indem der Lagerhebel d sich entlang der Schraubenspindel c verschiebt. Diese Spindel findet im eisernen Gerüst
                              des Steines ihre passende Lagerung (Figur 3) und zwar in einer
                              Zelle zwischen zwei Preßkammern, bei welcher vor dem Schärfen die Verschlußplatte
                              f (Fig. 4) weggenommen
                              wird.
                           Als Vortheile dieser Schleifmaschine werden angegeben: Einfache und solide
                              Aufstellung; einfacher Antrieb; gleichmäßiger Druck auf den Schleifstein; geringerer
                              Kraftbedarf bezieh. größere Production (3 bis 3 1/2 Pferdestärken pro 50 Kilogrm. trocken gedachten Stoff); Erzielung
                              eines gleichmäßigen Stoffes; bequeme Bedienung sowohl in Hinsicht des Einlegens der
                              zu schleifenden Holzstücke als der Regulirung des Druckes.
                           Eine von den bisherigen Einrichtungen wesentlich abweichende Anordnung hat der Sortirapparat, wie derselbe in Figur 5 und 6 (in
                              Vorder- und Längenansicht – theilweise Schnitt – in 1/20 n.
                              Gr.) dargestellt ist. Die drei zusammenarbeitenden Sortircylinder liegen, wie die
                              Skizzen ganz deutlich zeigen, parallel zu einander und zwar der erste oder
                              Vorsortir-Cylinder b vor den beiden anderen
                              tiefer gelegenen eigentlichen Sortircylindern c, c, über
                              welche der mittels der Rinne a herbeigeführte Stoff nach
                              seinem Durchgang durch den Cylinder b von der Blechrinne
                              d gleichförmig auffließt. Der hier durchgehende
                              Stoff wird durch die Rinnen h, h aufgenommen und zum
                              Entwässerungscylinder weitergeleitet.
                           Der auf den drei Cylindern b und c, c zurückbleibende und zum Raffineur zurückzuführende Stoff wird durch
                              die Spritzröhren e in die Behälter ff resp. gg
                              abgespült und damit zugleich die Maschen der Drahtgewebe continuirlich gereinigt und
                              ein Verschmieren derselben also wirksam hintangehalten.
                           Die Sortircylinder haben keine Radsterne; deren Mantel wird einfach durch in die zwei
                              Endkränze eingelassene Rundstäbe und darüber gelegte Drahtringe gebildet, welche das
                              Sortirsieb unmittelbar tragen. Die Endkränze sind rund abgedreht und erhalten durch
                              die Frictionsrollen i auf der Transmissionswelle, auf
                              welcher die Cylinderkränze aufruhen, eine ruhige gleichmäßige Drehung. Zur Führung
                              der Cylinder sind noch die Rollen k, k bezieh. l, l passend angebracht.
                           Und so bleibt noch der Bell'sche Trockencylinder mit directer Feuerung (Figur 7 und
                              8 in 1/40
                              n. Gr.) zu betrachten übrig; letztere wurde gewählt, theils um das Brennmaterial
                              besser auszunützen, theils um für Localitäten, welche hinlänglich Wasserkraft zur
                              Verfügung haben, die Anlage von Dampfkesseln zu ersparen.
                           Um eine zwischen den festen Gestellwänden f, f
                              angebrachte Feuerung rotirt der auf vier Rollen d liegende gußeiserne
                              Trockencylinder mit dem seitlich angegossenen Zahnkranz c, in welchen ein Getriebe der Vorgelegewelle eingreift. Ein dichter
                              Abschluß zwischen Seitenwänden und Cylinder wird durch Ringe e erzielt, welche durch Spiralfedern gleichförmig gegen den Seitenkranz am
                              Trockencylinder angedrückt werden. Die Feuerung erfolgt auf dem Roste g, welcher durch die Thüre h
                              in der einen Seitenwand zugänglich ist; die Verbrennungsgase entwickeln sich in
                              Folge der Einmauerung nach aufwärts, vertheilen sich rechts und links und ziehen
                              entgegengesetzt der Feuerthüre durch die Oeffnung k in
                              eine Röhre zum Kamin. Zur Regulirung der Wärme des Cylinders dienen die Schieber i: l bezeichnet den ebenfalls durch die Thüre
                              zugänglichen Aschenfall.
                           Der Stoff kommt von der Stoffpresse über den endlosen Filz a (Fig.
                                 7), welcher ihn an das endlose Metalltuch b
                              abgibt; dieses führt den Stoff in directer Berührung mit dem Trockencylinder herum
                              und zum nächsten Cylinder.
                           Die Gesammtanlage einer Holzschleiferei (mit Weglassung
                              der Holzputzerei, Aufzüge und sonst bekannter Hilfsapparate) noch Bell's System ist in zwei Ansichten durch Figur 9 und 10
                              veranschaulicht.
                           Von den Defibreurs A, A wird der geschliffene Holzstoff
                              durch Canäle a, a nach dem Späncylinder B geleitet – ein mit grobem Sieb überzogener
                              Cylinder, welchen der Stoff passirt, während die Späne zurückgehalten und von Zeit
                              zu Zeit entfernt werden. Von hier gelangt der Stoff über die Leitung b, b zu dem Sortirapparat C,
                              passirt zunächst die Vorsortircylinder c, c und wird
                              durch die Rinnen b', b' über die Sortircylinder c', c' ausgebreitet. Der hier zurückgehaltene Stoff wird
                              in den unterhalb des Sortirapparates C disponirten
                              Kasten C' mit Rührhaspel abgespritzt und gesammelt,
                              durch eine Pumpe P auf den Raffineur A' geschafft und nach hier stattgehabter Verarbeitung
                              wieder zum Sortiren zurückgeführt.
                           Derjenige Stoff, welcher die Sortircylinder c', c'
                              passirt hat, fließt über die Rinnen d, d zum
                              Entwässerungsapparat D. Durch die feinen Messingsiebe
                              der Entwässerungscylinder wird der Holzstoff zurückgehalten, ein Theil seines
                              Wassers aber entzogen.
                           Wird nun der Holzstoff gleich zur Papierfabrikation verwendet, so läßt man ihn aus
                              den Entwässerungscylindern in die unterhalb derselben angelegten Setzkästen D' abfließen, um ihn noch mehr zu entwässern, weshalb
                              die Böden dieser Kästen mit fein durchlöcherten Backsteinen belegt sind. Soll aber
                              der Stoff weiter versendet werden, so kommt er aus den Entwässerungscylindern in den
                              Kasten e, von wo er durch ein Schöpfrad g der Stoffpresse E regelmäßig zugeführt wird.
                              Der Stoff verläßt die Presse (mit etwa 50 bis 55 Procent Wassergehalt) in Papierform
                              und wird bei kurzen Transportsstrecken direct in die Säcke verpackt – bei
                              Versendung auf große Entfernung aber vorher auf den Trockencylindern F bis auf etwa 20 Proc. Wassergehalt getrocknet. In
                              diesem Falle kommt der Stoff von der Presse noch mit 80 Proc. Wasser beladen zum
                              ersten Trockencylinder. Die Zahl der letzteren richtet sich nach der Quantität
                              Holzstoff, welche lufttrocken geliefert werden soll. Pro
                              Cylinder kann man 500 Kilogrm. Production rechnen.
                           Bei der skizzirten Anlage ist eine 24stündige Production von circa 1500 Kilogrm. lufttrocken gedachten Holzstoff anzunehmen.
                           Theod. und Friedr. Bell haben bereits (bis Mitte 1873) 78
                              Schleifmaschinen ausgeführt und zwar: 34 für die Schweiz (darunter 12 für die Fabrik
                              Perlen bei Luzern mit 700 Pferdestärken), 20 für Frankreich (worunter 10 nach
                              Mandeure, 10 nach Bellegarde), 7 nach Baden, 3 für Württemberg, 2 für Bayern, 11 für
                              Italien und 1 Maschine nach Oesterreich. Diese 78 Schleifmaschinen erfordern über
                              3000 Pferdestärken Betriebskraft.
                           
                              „Von Holzschleif-Apparaten ist ferner eine „patentirte
                                    Holzzerfaserungs-Maschine“ von H. Völter und J. M. Voith in Heidenheim an der
                                 Brenz (Württemberg) ausgestellt gewesen. Wie zu erwarten, ist diese Maschine in
                                 Construction und Ausführung gleich vorzüglich und bietet einige beachtenswerthe
                                 Verbesserungen. Das System ist das von Völter
                                 ursprünglich aufgestellte, mit einem verticalen Schleifstein. Ein sehr
                                 kräftiges, gußeisernes Gestell enthält die Stuhlung der Hauptlager, die Führung
                                 der fünf Preßkammern und die Lager der Preßvorrichtung.
                              
                           
                              Die Form der Ständer ist derart, daß der Stein ohne Schwierigkeit heraus-
                                 und hereingebracht werden kann, und kein Theil der Maschine, außer einem
                                 leichten Blechdeckel, losgeschraubt zu werden braucht. Die Preßkammern sind
                                 verstellbar, legen sich genau an den Stein an, und hat jede Presse ihren eigenen
                                 Wasserhahn. Die Pressung erfolgt durch ein an einer Kette hängendes Gewicht, die
                                 Kette ist um sämmtliche Rollen geschlungen, woraus der Vortheil erwächst, daß
                                 die beim Auslösen einer oder zweier Pressen frei werdende Kraft sofort von den
                                 übrigen Pressen aufgenommen wird, wodurch sowohl Kraft gespart als auch zugleich
                                 ein regelmäßiger, stets sich gleich bleibender Gang der Maschine erzielt wird.
                                 Die Gewichtsbelastung wird continuirlich von der Maschine selbst in Thätigkeit
                                 erhalten, so daß der Arbeiter beim Einlegen des Holzes blos die Presse und kein
                                 Belastungsgewicht zu heben hat. Das Auslösen des Zahnrades, welches durch den
                                 Eingriff in die Zahnstange die Pressung bewirkt, von der Kettenrolle geschieht
                                 durch eine sehr sinnreich angeordnete Vorrichtung. Die Kettenrolle sitzt lose
                                 auf der Welle des Zahnrades. Letztere ist hohl und enthält eine schwache
                                 Spindel, welche an dem vorderen vorstehenden Ende ein Schraubengewinde besitzt
                                 und durch ein als Mutter fungirendes Handrädchen eine hin- und hergehende
                                 Bewegung erhält. Das andere Ende der Spindel hat eine festgekeilte
                                 Frictions-Kuppelungsmuffe, welche in eine gleiche an die Kettenrolle
                                 angegossene eingreift. Soll Pressung erfolgen, so wird durch einige Umdrehungen
                                 des erwähnten Handrädchens nach rechts die Spindel in die Kettenrolle
                                 eingekuppelt und die Zahnrad-Welle mitgenommen; soll hingegen die Presse
                                 gehoben werden, so wird durch einige Umdrehungen nach links die Spindel
                                 ausgekuppelt, und die Hebung der Zahnstange erfolgt mit Leichtigkeit. Das
                                 Aufheben des Gewichtes erfolgt durch einen schwachen Riemen und Rädervorgelege.
                                 Die Preßkammern sind allseitig dicht geschlossen, daher der Stoff nicht leicht
                                 verunreinigt werden kann.
                              
                           
                              H. Völter hat vom Jahre 1852 bis Ende 1872: 360
                                 Schleifapparate geliefert und zwar vom Jahre 1852 bis 1859: 13 Maschinen, von
                                 1860 bis 1866: 61 Maschinen, von 1867 bis 1872 : 136 Maschinen – zusammen
                                 210 Maschinen für Europa und 150 Maschinen für Nordamerika. Von den patentirten
                                 Völter-Voith'schen Apparaten sind bereits
                                 24 Stück im Betriebe. Von den 210 Apparaten arbeiten: in Deutschland 77,
                                 Oesterreich 24, Schweden und Norwegen 53, Rußland 16, Belgien 12, Frankreich 10,
                                 England 6, Schweiz 6, Italien 3, Dänemark 2 und Spanien 1 Stück. Die größten bis
                                 jetzt existirenden Holzzeugfabriken arbeiten mit Völter'schen Maschinen, wie z.B. Longed, Munkedal und Skärblacka in
                                 Schweden, sodann in Nordamerika, woselbst solche mit je deren 18, 20 und 24, in
                                 ein und demselben Locale stehend, versehen sind und zum Theil gleichsam
                                 unbegrenzte Wasserkräfte besitzen, während jene schwedischen Fabriken je über
                                 circa 1000 Pferde starke Wasserkräfte
                                 disponiren.
                              
                           
                              Ein weiterer Fortschritt in der Holzstoff-Fabrikation, welche Völter in die Praxis eingeführt, ist das von Oswald
                                 Meyh in Zwickau erfundene und ihm patentirte
                                 Verfahren, das Holz vor dem Schleifen auf eine sehr einfache und wenig
                                 kostspielige Weise zu präpariren, daß es einen zwar braun gefärbten, aber viel
                                 faserreicheren Stoff gibt, als der aus nicht präparirtem Holze ist, so daß man
                                 daraus ohne allen Zusatz von Hadern ein Papier von bemerkenswerther Zähigkeit
                                 erhält. Seiner braunen Farbe wegen ist dieser Stoff jedoch nur zu Pappen,
                                 Einschlag- und ordinären Tapetenpapieren verwendbar. Das den Herren C. A.
                                 Specker und Waisnix
                                 patentirte Holzstoff-Sortirungsverfahren, mittels gelochter blecherner
                                 Schüttelsiebe und mit Weglassung des Raffineur zu sortiren, war auf der
                                 Ausstellung nicht vertreten und hat bisher nur wenig Anklang gefunden.
                              
                           
                              Die zur Erzeugung des Holzstoffes nöthigen Schleif- und Raffineursteine
                                 spielen in dieser Industrie eine wichtige Rolle, und erst seit kurzer Zeit
                                 befassen sich mehrere Mühlstein-Fabriken mit der Herstellung auch dieser
                                 Sorten. Die eigenthümliche Structur des hierzu nöthigen Materiales fand sich
                                 nicht überall, wo sonst ganz brauchbare Mühlsteine gewonnen wurden. Sächsische
                                 und schweizer Steine werden sogar noch heute nach Schweden und Norwegen
                                 exportirt.
                              
                           
                              Gebrüder Israel in Währing bei Wien hatten einige sehr
                                 schöne Exemplare von Defibreurs und Raffineurs exponirt.
                              
                           
                              Wir schließen die Betrachtung der Holzstoff-Industrie mit dem Ausdrucke
                                 der Ueberzeugung, daß dieser Papier-Rohstoff wegen seiner einfachen
                                 Erzeugung, dem massenhaften Vorkommen des Rohmateriales, und seiner Billigkeit
                                 einen bleibenden Werth in der Reihe der Hadernsurrogate behaupten wird. Der
                                 Vorwurf, daß geschliffener Holzstoff nur zu Mittelpapieren Verwendung finden
                                 kann, ist allerdings unwiderlegbar; nichtsdestoweniger ist er das einzige
                                 Hadern-Ersatzmittel, um diese Gattung Papiere, welchen eine so wichtige
                                 volkswirthschaftliche Bedeutung innewohnt, billig zu gestalten. Wir erinnern
                                 hier einfach an das Zeitungs- und Bücherpapier, dessen Billigkeit so
                                 wesentlich zur allgemeinen Zugänglichkeit wichtiger Bildungsmittel
                                 beiträgt.“
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
