| Titel: | Beitrag zur Kenntniss des Holzgeistes und dessen Fabrikation; von Ernst Dollfus. | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XIII., S. 62 | 
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                        XIII.
                        Beitrag zur Kenntniss des Holzgeistes und dessen
                           Fabrikation; von Ernst
                              Dollfus.
                        Aus der deutschen Industriezeitung, 1874 Nr. 11 und
                              12.
                        Dollfus, über den Holzgeist und dessen Fabrikation.
                        
                     
                        
                           Der Holzgeist ist einer derjenigen chemischen Stoffe, deren Existenz zwar schon
                              längere Zeit bekannt, die aber erst dadurch, daß sie in neuerer Zeit bedeutende
                              Anwendung in der chemischen Technik gefunden haben, gegenwärtig für den praktischen
                              Chemiker von größerem Interesse geworden sind.
                           Dieser Körper ist zuerst 1812 von Taylor in den bei
                              Verkohlung des Holzes durch Condensation gewonnenen flüchtigen Producten entdeckt
                              worden und wurde wegen seiner weingeistartigen Eigenschaften Holzgeist oder
                              Holzspiritus genannt. Erst im J. 1835 haben die näheren Untersuchungen von Dumas und Peligot bewiesen,
                              daß dieser Stoff der Alkohol der Methylgruppe sei. Der Methylalkohol ist das
                              niedrigste Glied der Alkohole der Fettsäurereihe und steht zur Ameisensäure in
                              demselben Verhältniß wie der Aethylalkohol oder Weingeist zur Essigsäure. In reinem
                              Zustand ist er ein farbloses Liquidum von angenehm aromatischem, dem Spiritus
                              ähnlichem Geruch und Geschmack. Sein Siedepunkt ist bei 65° C., sein specif.
                              Gewicht 0,807 nach Deville; er entzündet sich leicht und
                              brennt mit blauer, schwach leuchtender Flamme, vermag Harze und Fette zu lösen und
                              mischt sich in jedem Verhältniß unter Contraction und Wärmeentwickelung mit Wasser,
                              ähnelt somit im Wesentlichen dem Weingeist. Außer auf dem Wege der Synthese aus
                              Essigsäure ist es bis jetzt nicht gelungen, den Methylalkohol anders als durch
                              Verkohlung der Kohlehydrate, speciell Cellulose und Holz, zu gewinnen.Das flüchtige Oel von Gaultheria procumbens
                                    (Methyl-Salicylsäure) gibt bei der Destillation über Kalilauge
                                    wässerigen Holzgeist; doch ist bei der Seltenheit dieses Oeles diese
                                    Gewinnungsmethode jedenfalls zu kostspielig. Da die erstere Bereitungsweise, weil gegenwärtig noch zu theuer und umständlich, für die
                              Praxis ohne Wichtigkeit ist, so soll hier nur die letztere Herstellungsweise näher
                              beschrieben werden, und erlaubt sich der Verfasser hiermit seine seit längerer Zeit
                              bei fabrikmäßiger Darstellung dieses Productes gesammelten Erfahrungen zu
                              veröffentlichen.
                           Dasjenige Kohlehydrat, welches, weil das billigste, wohl ausschließlich zur
                              Holzgeisterzeugung verwendet wird, ist das Holz. Bei der Verkohlung des Holzes in
                              geschlossenen Gefäßen verfährt man zwar unterschiedlich, namentlich was den
                              angewendeten Hitzegrad anlangt, je nachdem man hauptsächlich Holzessig oder
                              Leuchtgas oder Holzkohle oder endlich Theer gewinnen will; indeß wird man wohl
                              überall hierbei die flüchtigen Destillationsproducte durch Condensation zu gewinnen
                              suchen, um dieselben weiter zu verwerthen.
                           Das Hauptproduct dieser verdichtbaren flüchtigen Verkohlungsproducte ist eine
                              wässerige Flüssigkeit, die man mit dem Namen Holzessig bezeichnet; dieselbe besteht
                              im Wesentlichen aus verdünnter Essigsäure, vermischt mit theerigen Producten, und
                              enthält außer etwas Aceton immer eine Quantität Methylalkohol, letzteren zum Theil
                              als essigsauren Methyläther. Da der Methylalkohol einen weit niedrigeren Siedepunkt
                              als die Essigsäure hat, so benützt man diesen Umstand, um den Holzgeist aus dem
                              rohen Holzessig zu gewinnen, indem man letzteren, nachdem er der Klärung in
                              Standgefäßen überlassen worden ist, wobei sich noch immer viel Theer absetzt, der
                              fractionirten Destillation unterwirft. Man füllt zu diesem Zweck den Holzessig in
                              gußeiserne oder kupferne Destillirblasen mit kupfernen Kühlvorrichtungen und
                              destillirt; das zuerst übergehende ist der Methylalkohol in freilich noch ganz
                              unreinem und verdünntem Zustand. Um sämmtlichen im Holzessig enthaltenen Holzgeist
                              zu gewinnen, genügt es, 1/5 bis 1/6 des der Destillation unterworfenen Quantums
                              Holzessig abzuziehen: indessen überzeugt man sich lieber, wie weit man mit der
                              Destillation zu gehen hat, indem man von Zeit zu Zeit eine kleine Probe des
                              Destillates ins Feuer schüttet; so lange dieselbe mit wenn auch schwacher Flamme
                              brennt, so hat man den Beweis, daß noch Holzgeist übergeht und destillirt daher so
                              lange, bis sich durch die angegebene Prüfung kein Holzgeist mehr nachweisen läßt. Da
                              der Holzgeistgehalt des rohen Holzessigs oft sehr variabel ist, so thut man gut,
                              sich durch eine derartige Prüfung, die ja leicht und schnell auszuführen ist, zu
                              überzeugen, wie weit man die Destillation zu treiben hat. Den auf diese Weise
                              erhaltenen rohen Holzgeist füllt man gewöhnlich gleich in ein anderes
                              Destillationsgefäß, um ihn zu concentriren, und unterbricht nun entweder die
                              Destillation des rohen Holzessigs oder, wenn es sich um die Herstellung eines
                              rectificirten Holzessigs handelt, so destillirt man weiter und da man in den meisten
                              Holzessigfabriken vielfache Verwendung für einen gereinigten Holzessig hat, so
                              benützt man die Destillationsapparate, welche ununterbrochen 8 Tage lang gehen.
                              Sobald etwa die Hälfte des Blaseninhaltes übergegangen ist, mäßigt man das Feuer und
                              füllt die Blase wieder mit rohem Holzessig auf. Das jetzt übergehende Destillat ist
                              nun Holzgeist, den man getrennt auffängt so lange, bis die angegebene Probe keinen
                              Holzgeist mehr nachweist. Man wiederholt diese Operation circa 8 Tage lang fort; der Betrieb geht Tag und Nacht, und unterbricht
                              man denselben am Ende dieser Zeit, weil nunmehr der Blaseninhalt zu theerhaltig wird
                              und entleert werden muß, um das Destillationsgefäß neuerdings mit Holzessig
                              aufzufüllen und in der beschriebenen Weise sofort weiter zu operiren.
                           Außer dem rohen Holzessig enthält auch noch der bei der Holzverkohlung gewonnene
                              Theer nicht unbeträchtliche Mengen Holzgeist, die dessen Gewinnung lohnend
                              erscheinen lassen. Da es nicht möglich ist, den Theer durch Abwaschen mit Wasser von
                              seinem Holzessig-, resp. Holzgeistgehalt vollständig zu befreien, so muß man
                              ihn zu diesem Behuf der Destillation unterwerfen. Nimmt man daher mit dem Theer
                              diese Operation vor (in vielen Holzessigfabriken thut man dies hauptsächlich, um den
                              Theer auf Pech zu verarbeiten), so besteht der Vorlauf aus schwachem Holzgeist,
                              entsprechend dem bei der Destillation des Holzessigs gewonnenen Product, den man
                              getrennt auffängt, bis die angegebene Probe keinen Holzgeist im Destillat nachweisen
                              läßt.
                           Der auf diese Weise gewonnene Holzgeist ist noch ein sehr unreines Product und
                              enthält außer viel Holzessig noch viel leichtflüchtige theerige Körper, von denen er
                              durch wiederholte Rectificationen befreit werden muß, wenn man ein reines Fabrikat
                              erzielen will. Man gibt ihm zunächst eine Rectification über gebranntem Kalk und
                              verwendet auf 1200 bis 1500 Liter dieses rohen Holzgeistes circa 1/2 Hektoliter gebrannten Weißkalk. Man destillirt ungefähr die
                              Hälfte des Blaseninhaltes ab und erhält auf diese Weise den Holzgeist in
                              concentrirter Form, wenn auch noch zu sehr verdünnt und unrein. Durch die
                              angedeutete Probe überzeugt man sich, ob das Destillat noch holzgeisthaltig ist und
                              wie weit man mit der Destillation zu gehen hat; sobald sich kein Holzgeist im
                              Destillat nachweisen läßt, unterbricht man das Heizen, läßt 2 bis 3 Stunden abkühlen
                              und den Inhalt des Destillationsgefäßes, der im Wesentlichen aus rohem essigsauren
                              Kalk, freiem Holzessig und viel theerigen Körpern besteht, durch ein Ablaßrohr
                              ablaufen, um ihn anderweitig zu verarbeiten. Es ist zu empfehlen, das Ablassen mit
                              der noch heißen Flüssigkeit vorzunehmen, da nur hierdurch ein vollständiges
                              Entleeren der Blase zu
                              erzielen ist; denn beim völligen Abkühlen würde der Theer erstarren und sich an die
                              Kesselwände ansetzen und ein Reinigen sehr erschweren. Aus diesem Grund nimmt man
                              auch bei Weitem nicht die genügende Menge Kalk, welche zur vollständigen Sättigung
                              der im Holzgeist enthaltenen Essigsäure nothwendig wäre, weil der Theer die
                              Eigenschaft hat, mit Kalk unlösliche Verbindungen einzugehen, die sich dann an die
                              Kesselwände ansetzen würden, und wenn man mit Dampf heizt, die Entleerung des
                              Destillationsgefäßes erschweren oder, wenn man über directem Feuer destillirt, ein
                              Verbrennen des Kessels verursachen würden.
                           Dem so gewonnenen concentrirten Holzgeist gibt man nun eine zweite Rectification über
                              gebranntem Kalk und zwar verwendet man auf 800 bis 1000 Liter dieses Holzgeistes circa 1/3 bis 1/2 Hektoliter Kalk. Auch hierbei
                              destillirt man nur so lange, bis das Destillat durch die angegebene Probe sich noch
                              holzgeisthaltig erweist, um dann abzubrechen und den Rückstand im Destillationsgefäß
                              alsbald zu entleeren. Da der Methylalkohol leichtflüchtiger als Wasser ist, so ist
                              es erklärlich, daß bei dessen Rectification stets das zuerst übergehende Destillat
                              holzgeistreicher ist als das zuletzt fließende. Bei dieser zweiten Destillation über
                              Kalk thut man daher gut, den ersten Theil des Destillates für sich aufzufangen, so
                              lange es noch klar und durchsichtig läuft; fängt dasselbe aber an trüb und milchig
                              zu fließen, so ist dies ein Zeichen, daß das Uebergehende schwächeres Product ist,
                              und dieses trennt man von dem vorhergehenden, um es bei der (früheren) ersten
                              Rectification des Holzgeistes über Kalk mit zuzugeben. Dem auf angegebene Weise
                              gewonnenen Holzgeist gibt man, um ihn zu concentriren, noch eine dritte Destillation
                              über Kalk, bei der man im Wesentlichen ebenso verfährt wie bei der vorhergegangenen,
                              nur genügt auf 800 bis 1000 Liter Holzgeist circa 1/4
                              Hektoliter gebrannter Kalk. Auf diese Weise gewinnt man nun Holzgeist, der zwar noch
                              gelb gefärbt und unrein durch Theergehalt ist, der aber bereits circa 70 bis 75° Tralles hat, entsprechend einem
                              specif. Gewicht von 0,88 bis 0,87, und den man, um ihn weiter zu reinigen und in
                              concentrirtere Form zu bringen, noch wiederholten Rectificationen über Kalk
                              unterwerfen muß. Da Holzgeist ein leichtflüchtiger und leichtentzündlicher Körper
                              ist, so ist es empfehlenswerth, namentlich wenn man über freiem Feuer destillirt,
                              der Gefährlichkeit halber nunmehr diese weiteren Rectificationen nur in kleinen
                              Destillationsgefäßen zu unternehmen, und zwar verwendet man gußeiserne Blasen mit
                              kupfernem Helm und Kühlschlange, welche circa 200 bis
                              300 Liter halten. Man setzt auf 250 Liter zu rectificirenden Holzgeist circa 1/2 Hektoliter gebrannten Kalk und destillirt,
                              indem man anfänglich vorsichtig erhitzt. Bemeerkt man, daß der Blaseninhalt zu kochen beginnt, d.h.
                              fängt der Helm der Blase an sich zu erwärmen, so schließt man, wenn man mit Dampf
                              arbeitet, den Dampf ganz ab oder, wenn man über freiem Feuer erhitzt, so zieht man
                              einen Theil desselben heraus und hält die Ofenthür offen, um ein Uebersteigen des
                              Blaseninhaltes, das sehr leicht stattfinden kann, zu vermeiden, da durch den
                              Umstand, daß der Kalk sich gewöhnlich erst kurz vor dem eintretenden Sieden des
                              Holzgeistes darin löscht, eine spontane Erhitzung der Flüssigkeit hervorgebracht
                              wird, welche durch zu starkes Heizen leicht über Gebühr gesteigert werden könnte.
                              Wenn die Destillation nach Beobachtung der angedeuteten Vorsichtsmaßregeln im Gange
                              ist, so kann man das Heizen verstärken; namentlich muß dies aber gegen das Ende
                              derselben geschehen, weil der zuletzt übergehende, weniger concentrirte Theil des
                              Destillates, da er schwerflüchtiger, mehr Hitze erfordert. Auch hierbei ist das
                              zuletzt übergehende trübe und milchig, welches man von dem vorher fließenden starken
                              Producte trennt; doch ist zu bemerken, daß nunmehr das Destillat bis zuletzt
                              holzgeisthaltig ist, und muß man eben so lange erhitzen, bis fast nichts mehr
                              destillirt, wodurch das Ende der Operation angezeigt wird. Der so gewonnene
                              Holzgeist ist nun ziemlich farblos und hat auch den widerwärtigen Geruch des rohen
                              Holzgeistes fast ganz verloren; er hält jetzt 85 bis 88° Tr., entsprechend
                              einem specif. Gewicht von 0,85 bis 0,84. Um daraus einen Holzgeist von 0,815 specif.
                              Gewicht oder 95 bis 96° Tr. herzustellen, muß man ihm aber noch mindestens 2
                              bis 3 Rectificationen über Kalk geben und auch damit ist es nicht möglich, die ganze
                              der Destillation unterworfene Portion als Product der angegebenen Stärke zu
                              gewinnen; der letzte Theil des Destillates, vielleicht 1/5 bis 1/6 desselben, wird
                              stets schwächeres Product sein, welches man daher von dem vorhergehenden trennen
                              muß, um es bei den späteren Destillationen nochmals mitzugeben. Dadurch, daß man von
                              Zeit zu Zeit eine Probe des überdestillirenden Holzgeistes mit dem Aräometer
                              abwiegt, überzeugt man sich, wenn der Zeitpunkt eintritt, wo wieder schwächeres
                              Product zu fließen beginnt. Je concentrirter der Holzgeist wird, um so
                              leichtflüchtiger wird er zwar, indessen um so weniger gefährlich ist auch der Anfang
                              der Destillation, da sich, wie es scheint, der Kalk in concentrirterem Holzgeist
                              schwerer löscht als in verdünnterem, wodurch die Gefahr einer jähen Selbsterhitzung
                              wesentlich vermindert wird. Bei diesen letzten Rectificationen treibt man die
                              Destillirblase so weit ab, bis nichts mehr überdestillirt, und erhält auf diese
                              Weise den zugesetzten Kalk im Destillationsgefäß als pulverförmiges Kalkhydrat. Da
                              nun aber der Methylalkohol, ähnlich wie der Weingeist, die Eigenschaft hat, mit
                              starken Basen, so auch mit Kalk, Alkoholate zu bilden, die selbst durch stärkeres Erhitzen nicht
                              vollständig zerlegbar sind, so ist es gerathen, behufs Wiedergewinnung des etwa an
                              Kalk gebundenen Methylalkohols diesen Kalkrückstand bei den Destillationen des rohen
                              Holzgeistes statt gebrannten Kalkes zuzusetzen, da wässeriger Holzgeist das
                              vorhandene Alkoholat zersetzt und man auf diese Weise Verluste vermeidet.
                              Selbstredend muß man bei diesen diversen Rectificationen des Holzgeistes für gute
                              Kühlung sorgen, wenn man nicht merkliche Einbuße an Material erleiden will, da mit
                              der Concentration auch die Leichtflüchtigkeit des Productes zunimmt.
                           Der Holzgeist von 0,815 ist zwar weder absolut chemisch rein noch vollkommen
                              wasserfrei, er hat aber die Concentration und bei gehöriger Verarbeitung diejenige
                              Reinheit, welche fast allgemein seine Verwendung in der Technik möglich macht. Er
                              bildet jetzt eine farblose Flüssigkeit von angenehm weingeistartigem Aroma, welches
                              sich aber beim Verdunsten sehr bald in einen unangenehmen beißenden Geruch
                              verwandelt, herrührend von Kohlenwasserstoffen, deren gänzliche Entfernung auf dem
                              Wege der fractionirten Destillation nicht möglich ist. Beim Stehen in Glasgefäßen am
                              Licht soll er sich nicht gelb färben, und außerdem wird noch vielfach von ihm
                              verlangt, daß er beim Verdünnen mit Wasser sich nicht durch Abscheiden von
                              Theertheilchen trübe. Diese letztere Eigenschaft gilt bei manchen Consumenten als
                              ein Kriterium für seine Reinheit, obgleich es trotz der sorgfältigsten Verarbeitung
                              oft fast unmöglich ist, ein Product darzustellen, welches der letztgenannten
                              Anforderung Genüge leistet.
                           Aus der beschriebenen Art, den Holzgeist herzustellen, ersieht man, daß diese
                              Fabrikation eine ziemlich langwierige und umständliche ist, und es erscheint
                              auffallend, wie viel schwerer als der Spiritus der Methylalkohol zu entwässern ist;
                              er ähnelt aber in dieser Hinsicht der ihm verwandten Ameisensäure, welche
                              bekanntlich auch weit schwerer in concentrirte Form zu bringen ist als die
                              Essigsäure. Aus diesem Grund ist es auch erklärlich, weshalb zur Concentration des
                              Holzgeistes wiederholte fractionirte Destillationen über Kalk nöthig sind, und man
                              sich nicht wie beim Spiritus mit Vortheil solcher Destillationsapparate bedienen
                              kann, mit deren Hilfe es möglich ist, durch einmalige Destillation aus schwachem
                              Product ein concentrirtes zu gewinnen. Man hat zwar neuerdings in größeren
                              Holzessigfabriken derartige Apparate aufgestellt, die sich indeß nur sehr
                              zweifelhaft bewährt haben sollen, und nach den Erfahrungen, welche Verfasser s. Z.
                              mit einem Beckenapparat zu dem benannten Zweck machte, ist die Verwendung ähnlicher
                              Apparate kaum zu empfehlen. Vor Allem wird es nie gelingen, durch einmalige
                              Destillation eines verdünnten Holzgeistes ein höchstconcentrirtes Product zu
                              erzielen; man muß stets
                              einen Holzgeist in derartigen Apparaten verarbeiten, der bereits durch
                              Rectificationen über Kalk seines Essigsäuregehaltes befreit ist, und wann ist der in
                              einem solchen Apparat einmal destillirte Holzgeist bei weitem noch nicht
                              höchstconcentrirt, so daß man ihn nochmals darin rectificiren muß. Für kleinere
                              Etablissements ist aber die Anschaffung eines derartigen Apparates schon deshalb
                              nicht rathsam, weil er ziemlich kostspielig ist und sich bei kleinerem Betrieb kaum
                              verzinsen dürfte.
                           Der bereits angeführte Umstand, daß sich Holzgeist beim Verdünnen mit Wasser trübt
                              oder „sich bläut“ (eine thatsächliche Blaufärbung tritt nicht
                              ein, sondern nur ein Milchigwerden, welches eine dichroitische Erscheinung
                              hervorruft, indem die Mischung im durchfallenden Lichte mit bläulichem Reflex
                              opalisirt), weil trotz sorgfältigster Rectification sich oft noch Theersubstanzen
                              darin befinden, die sich beim Zusatz von Wasser ausscheiden und eine Trübung
                              hervorrufen, ist zu wichtig, als daß hier nicht näher darauf eingegangen würde.
                           Der Hauptconsum des Holzgeistes fand bisher in letzter Zeit in der Anilinfarbenindustrie statt, und es wurde von vielen
                              Fabrikanten angenommen, daß ein Holzgeist, der beim Verdünnen mit Wasser sich trübt,
                              keine so reinen Farbtöne zu erzeugen vermöge wie ein solcher, welcher diese
                              Eigenschaft nicht hat. Es wurde daher für die Holzgeistproducenten die Aufgabe, nur
                              solche Waare zu erzeugen, welche dieser Anforderung entspricht. Dies scheint
                              indessen mit einiger Schwierigkeit verknüpft zu sein, denn trotz der sorgfältigsten
                              Verarbeitung ist es oft fast unmöglich, Holzgeist durch fractionirte Destillation so
                              zu reinigen, daß das ganze gewonnene Product diesen Grad der Reinheit zeige; ein
                              Theil des Fabrikates – namentlich der später übergehende, auch wenn er noch
                              95 bis 96° Tr. zeigt – wird meistens beim Verdünnen mit Wasser sich
                              trüben. Es gelingt zwar den flüchtigen Kohlenwasserstoff, welcher ein so fest
                              anhaftender Begleiter des Holzgeistes ist, durch Behandlung mit ausgeglühter
                              Holzkohle zu entfernen; indessen ist dieses Mittel zu umständlich und mit zu viel
                              Materialverlust verbunden, als daß man es mit Vortheil anwenden könnte. Man muß den
                              Holzgeist zu diesem Behuf, nachdem man ihn auf 50 bis 60° Tr. gebracht und
                              vollständig entsäuert hat, mit Wasser auf 20 bis 25° Tr. verdünnen; erst
                              diesem verdünnten Holzgeist kann man durch Behandlung mit Holzkohle seinen Gehalt an
                              flüchtigen Theeröl entziehen, und muß demselben danach durch wiederholte
                              Rectification über Kalk wieder in concentrirte Form bringen. Da die Holzkohle jedoch
                              sehr bald wirkungslos wird und durch frische ersetzt werden muß, wobei viel
                              Holzgeist in der porösen Kohle zurückbleibt, der schwer wieder zu gewinnen ist,
                              so ist es erklärlich, weshalb diese umständliche Manipulation wenig Beifall gefunden
                              hat.
                           Neuerdings, wo man den Holzgeist fast ausschließlich auf Methylanilin verarbeitet,
                              dessen Reinigung leichter als die des Jodmethyl ist scheint man übrigens weniger
                              Werth darauf zu legen, daß sich käuflicher Holzgeist beim Verdünnen mit Wasser nicht
                              trüben soll, so daß die Holzgeistproducenten ihre Waare meistens in der
                              Beschaffenheit auf den Markt bringen, wie sie durch sorgfältige Rectification über
                              Kalk zu erhalten ist.
                           Nach den Beobachtungen von A. Hardel, Besitzer einer
                              bedeutenden Holzessigfabrik in Dieppedalle bei Rouen, sollen geschälte Holzarten
                              ausschließlich einen Holzgeist geben, der sich beim Vermischen mit Wasser nicht
                              trübt, während mit Holzarten, welche mit Rinde verkohlt werden, an dem daraus
                              gewonnenen Holzgeist ein derartiges Resultat nicht zu erzielen ist. Da in dem
                              genannten Etablissement viel Schäl-Eiche verkohlt wird (nach dem Fällen der
                              jungen Eichen wird die Rinde zum Zweck der Bereitung von Gerberlohe entfernt), so
                              dürfte Hardel's Ansicht auf Erfahrungen beruhen, und es
                              ist wahrscheinlich, daß das flüchtige Oel, welches beim Verkohlen vieler Rinden
                              entsteht, derjenige Kohlenwasserstoff ist, welcher dem Holzgeist so innig anhaftet,
                              daß seine Entfernung auf dem Wege der fractionirten Destillation sich unmöglich
                              erweist. – Verfasser, der bisher nicht Gelegenheit hatte, nur mit geschälten
                              Hölzern zu arbeiten, vermochte nur zu constatiren, daß Holzgeist, welcher bei der
                              trockenen Destillation des Nadelholzes gewonnen wird, trotz sorgfältigster
                              Rectification absolut nicht frei von leichflüchtigen, theerigen Bestandtheilen war,
                              während bei Laubholz wenigstens der größere Theil des erhaltenen Holzgeistes diesen
                              Uebelstand nicht zeigte.
                           Die von Kane vorgeschlagene Methode zur Bereitung eines
                              chemisch reinen Holzgeistes (Herstellung einer krystallisirbaren Verbindung von
                              Methylalkohol mit Chlorcalcium, Reinigung dieser Verbindung durch wiederholtes
                              Umkrystallisiren und nachherige Zerlegung derselben durch Kochen mit Wasser unter
                              Wiedergewinnung des Methylalkohol), oder die Methode von Wöhler (Darstellung eines festen benzoesauren Methyläthers und nachmaliges
                              Gewinnen des Methylalkohols durch Behandlung mit einer Vase) sind für die Praxis
                              viel zu kostspielig, als daß sie überhaupt anwendbar geworden wären.
                           Mit dem Aufschwung, den im Laufe dieses Jahrhunderts in eminenter Weise die
                              Kattundruckerei und Baumwollfärberei nahm, wurde zwar auch die Fabrikation der für
                              genannte Gewerbezweige unbedingt erforderlichen Holzessigproducte wesentlich
                              gehoben; es fand sich aber längere Zeit keine rechte Verwendung für den bei der
                              Holzverkohlung mitgewonnenen Holzgeist, so daß die Holzgeistproducenten die Herstellung
                              dieses Körpers geraume Zeit nur sehr nebenbei betrieben. Versuche, den Holzgeist
                              statt des Spiritus z.B. zum Lösen von Harzen wie Schellack etc. für Politurzwecke
                              oder in der Hutmacherei zum Wasserdichtmachen des Filzes oder in der Alkannafärberei
                              zu verwenden, wozu derselbe eigentlich recht wohl sich eignen sollte und auch früher
                              wegen seines niedrigen Preises empfehlenswerth erschien, scheiterten wohl
                              hauptsächlich an der schon genannten üblen Eigenschaft dieses Körpers –
                              nämlich der, daß er beim Verdunsten einen höchst unangenehmen Geruch verbreitet,
                              welcher die Augen ganz bedenklich afficirt und wodurch das Manipuliren mit
                              derartigen holzgeistigen Lösungen für die damit betrauten Arbeiter äußerst lästig,
                              ja vielfach sogar mit sehr heftigen Augenkrankheiten verknüpft wird. Vom Continent
                              aus ging bis Mitte der fünfziger Jahre wohl der meiste Holzgeist nach England (auch
                              wohl etwas nach Holland) zu freilich sehr gedrückten Preisen, die seine Bereitung
                              kaum lohnend erscheinen ließen. Er soll dort angeblich von den betreffenden
                              Regierungen aufgekauft worden sein, welche ihn zum Mischen mit demjenigen Spiritus
                              benützt haben sollen, der für technische Zwecke Verwendung findet und die dort sehr
                              hohe Branntweinsteuer nicht zahlt, wozu allerdings Holzgeist in dem Zustand, wie er
                              damals geliefert wurde, seine Aufgabe der Denaturirung recht wohl erfüllt haben
                              mag.
                           Der Anilinfarbenindustrie war es vorbehalten, dem
                              Holzgeist eine größere Wichtigkeit zu geben, und zwar geschah dies in zwei Epochen.
                              Bekanntlich waren die zuerst hergestellten Anilinfarben das Perkins'sche Violett und das Fuchsin; diese beiden Farben waren in Folge
                              ihres außerordentlichen Lüsters und der Leichtigkeit, mit der sie sich auf die
                              verschiedenen Faserstoffe fixiren ließen, längere Zeit ganz bedeutend en vogue. Da dieselben aber nur die Nüancen Blauviolett
                              und Carmoisin repräsentirten, so wurde bald das Verlangen nach einem Rothviolett
                              rege; da gelang es im J. 1859 wohl fast zu gleicher Zeit dem Lyoner Haus Frank und dem Glauchauer Haus Grüner durch Lösen des Fuchsins in Holzgeist unter Zusatz von
                              Kalibichromat und Schwefelsäure ein Rothviolett auf Textilstoffen zu erzeugen,
                              welches weit mehr Feuer als das Perkins-Violett
                              besaß und zugleich eine neue Nüance darbot. Das Verfahren, welches einige Zeit
                              Geheimniß blieb und womit die genannten Fabrikanten in kurzer Zeit außerordentliches
                              Geld verdient haben sollen, wurde bald allgemein bekannt, und es entstand mit einem
                              Male eine ganz außerordentliche Nachfrage nach Holzgeist, diesem bisher so gut wie
                              nicht beachteten Stoff, so daß, da damals dessen Herstellung noch eine ziemlich
                              beschränkte war, ohnehin abhängig vom Absatz der Holzessigproducte, dessen Preis in Kürze ein sehr
                              hoher wurde, da das urplötzlich verlangte Quantum nicht beschafft werden konnte. Es
                              sollen damals in England Fabriken gegründet worden sein, welche lediglich Holz zu
                              dem Zweck verkohlten, um dabei den Holzgeist zu gewinnen, während die anderen
                              Verkohlungsproducte nur als Nebenartikel betrachtet wurden, was übrigens bei dem
                              Preis, den Holzgeist damals mehrere Jahre hatte, wohl recht glaublich erscheint.
                           Ueber das Wesen der Wirkung des Holzgeistes auf das Fuchsin ist man sich wohl
                              eigentlich damals nicht recht klar geworden, da man zu dieser Zeit über die
                              Constitution der Anilinfarben und speciell des Fuchsins noch keine genauen
                              Kenntnisse hatte, und als dies später durch die Arbeiten A. W. Hofmann's u.a. der Fall wurde, war diese Reaction ohne Bedeutung geworden.
                              Jedenfalls wirkte der durch die Oxydation von Seiten der Chromsäure aus dem
                              Methylalkohol gebildete Methylaldehyd reducirend auf das Rosanilinsalz des Fuchsins
                              und erzeugte so eine mehr violette Farbe; möglich auch, daß das in ungenügend
                              gereinigtem Holzgeist stets in größerer oder geringerer Menge vorhandene Aceton
                              nebenbei von einiger Wirkung auf die Nüance war. Thatsache ist es, daß Fuchsin sich
                              in Holzgeist mit weit blauerer Farbe löst als in Spiritus oder Wasser, und besitzen
                              auch aus holzgeistiger Fuchsinlösung gefärbte Stoffe einen viel blaueren Stich als
                              solche, welche aus spirituöser wässeriger Lösung gefärbt werden. Auffallend war es,
                              daß man damals keinen möglichst wasserfreien oder reinen Holzgeist verlangte, denn
                              das s. Z. fast allgemein verwendete Product hielt nur circa 80 bis 82° Tr. (spec. Gew. = 0,863 bis 0,857) und war meist
                              noch ziemlich unrein durch Theergehalt. Nachdem es aber der Anilinfarbenindustrie
                              gelungen war, durch Phenylirung des Rosanilins aus Fuchsin Farbstoffe zu erzeugen,
                              welche die mannigfachsten Töne besitzen, vom reinsten Blau bis zum Rothviolett, mit
                              noch weit mehr Feuer als dieses mit Hilfe des Holzgeistes aus Fuchsin hergestellte
                              Lilla, so verdrängten diese neuen Farben auch nach einiger Zeit die zuerst so
                              beliebte Nüance, und damit wurde auch sehr bald die Nachfrage nach Holzgeist
                              geringer und das Interesse für diesen Artikel verschwand mehr und mehr. Ein weiterer
                              Fortschritt im Bereich der Anilinfarbenbranche, die Entdeckung des sogen.
                              Jod- oder Nachtgrüns, erzeugte Mitte der sechziger Jahre jedoch plötzlich
                              wieder ein sehr lebhaftes Bedürfniß nach Holzgeist. Durch Einwirkung von Jodmethyl
                              und Holzgeist unter Druck auf Fuchsin in der Hitze gelang es ein Anilingrün
                              herzustellen, welches sich nicht allein durch seine außerordentliche Schönheit am
                              Tageslicht, sondern auch – eine bisher bei grünen organischen Farben noch gar
                              nicht beobachtete Eigenschaft – durch seine rein grüne Farbe bei künstlicher Beleuchtung
                              auszeichnete. Dieses neue Grün, welches sich sofort nach seiner Entdeckung den
                              höchsten Beifall des Publicums gewann und sehr bald eine geschätzte Modefarbe wurde,
                              verlangte zu seiner Bereitung ziemlich bedeutende Mengen Holzgeist, so daß der Preis
                              desselben, welcher wieder ansehnlich hinabgegangen war, plötzlich ganz
                              außerordentlich stieg, wenn er auch die frühere Höhe nicht mehr erreichte. Da zur
                              Herstellung von Jodmethyl und Nachtgrün nur ziemlich vollständig entwässerter und
                              möglichst reiner Holzgeist verwendet werden kann, so müssen die Holzgeistproducenten
                              diesen Artikel jetzt in concentrirter Form (95 bis 96° Tr. = 0,815 specif.
                              Gew.) und möglichst rein liefern, und wurde namentlich damals von ihm verlangt, daß
                              er sich beim Mischen mit Wasser durch Ausscheiden theeriger Stoffe nicht trübe oder
                              „bläue“. Zwar vermochte sich das Jodgrün in Folge seiner
                              ziemlich geringen Echtheit und seines durch die Seltenheit des Jods bedingten hohen
                              Preises auf die Dauer auch nicht in der Färberei zu erhalten; es gelang aber
                              einestheils, ein billigeres, eben so schönes jodfreies Methylgrün zu bereiten,
                              anderntheils wurde das sogen. Methylviolett entdeckt – eine Anilinfarbe,
                              welche sich gleichfalls durch ganz außerordentliches Feuer, namentlich auch bei
                              künstlicher Beleuchtung, auszeichnet; da nun zur Erzeugung dieser beiden Farben,
                              welche wohl neuerdings fast allgemein aus dem Methylanilin direct dargestellt
                              werden, Holzgeist unerläßlich ist und sich dieselben bis heute einen ziemlich
                              ungetheilten Beifall im Publicum bewahrt haben, so ist auch heute noch Holzgeist ein
                              für die Anilinfarbenindustrie höchst wichtiger Körper geblieben, welcher daher zur
                              Zeit wohl von allen Holzessig producirenden Fabriken nebenbei gewonnen und auf ein
                              für beregten Zweck taugliches Product verarbeitet wird.
                           Verfahren zur Prüfung des Holzgeistes auf seinen
                                 Handelswerth. – Da der Holzgeist, wie alle Chemikalien, öfters einer
                              Verfälschung oder auch unabsichtlichen Verunreinigung unterworfen ist, wodurch sein
                              Werth mehr oder weniger beeinträchtigt wird, so wird es oft nöthig, denselben auf
                              seine Reinheit zu prüfen, resp. den Handelswerth einer fraglichen Probe zu
                              constatiren, indem man den Gehalt an absolutem Methylalkohol zu bestimmen sucht. Die
                              Hauptverfälschung dürfte jedenfalls in einem Zusatz von Weingeist bestehen, welcher
                              weit billiger ist, zwar dem Holzgeist sehr ähnliche Eigenschaften besitzt, denselben
                              jedoch in der Anilinfarbenfabrikation nicht zu ersetzen vermag; doch ist oft auch
                              ein unbeabsichtigter Gehalt an Aceton, essigsaurem Methyläther, flüchtigen
                              Kohlenwasserstoffen, von mangelhafter Reinigung herrührend, für die Ausgiebigkeit
                              eines Holzgeistes zu Zwecken der Herstellung von Anilinfarben von Nachtheil. Nach Lewisson soll eine Lösung von Barithydrat, einem reinen Holzgeist
                              zugesetzt, sich nicht trüben, während bei Gegenwart von Spiritus ein Niederschlag
                              von Barit und somit eine Trübung entsteht; doch dürfte diese Methode nur für gröbere
                              Verfälschungen anwendbar sein, da sie bei geringerem Gehalt an Weingeist keine
                              sicheren Resultate ergibt. Da Holzgeist einestheils sich in Glasgefäßen wegen des
                              stoßweisen Siedens nur schwierig destilliren läßt, anderentheils aber die
                              Siedepunktsdifferenz zwischen Methyl- und Aethylalkohol – 60°
                              und 75° – eine nur geringe ist, so dürfte die Methode der
                              fractionirten Destillation eines zu bestimmenden Holzgeistes sich nicht als
                              praktisch erweisen; ebenso läßt die Constatirung des specifischen Gewichtes mittels
                              Aräometer oder Pyknometer keinen Schluß auf die Beschaffenheit eines Holzgeistes
                              ziehen, da beide Alkohole ziemlich gleiche Dichtigkeit besitzen.
                           Das bisher fast allgemein übliche Mittel zur Bestimmung des Holzgeistes bestand
                              darin, daß man durch Zusatz von Jod und Phosphor einen zu untersuchenden Holzgeist
                              in Jodür überführte. Da nun Jodmethyl bei 43°, Jodäthyl dagegen bei
                              71° destillirt, so kann man durch fractionirten Destillation der gewonnenen
                              Jodverbindung mit Leichtigkeit constatiren, ob Spiritus vorhanden gewesen, wenn bei
                              der Rectification um 43° noch nicht alles übergegangen ist. –
                           G. Krell (Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
                              1873 S. 1310) benützt dieses Verfahren zur quantitativen Ermittelung des
                              Methylalkohols im käuflichen Holzgeist; nur setzt er dabei voraus, daß kein Spiritus
                              in dem zu untersuchenden Product mit zugegen sei, da sonst die Methode hinfällig
                              wird. Krell wendet statt Jodphosphor das Phosphordijodid
                              an und verfährt wie folgt: In ein Glaskölbchen von circa
                              100 Kubikcentimeter Inhalt gibt man 30 K. C. trockenes Phosphordijodid und
                              verschließt mit einem doppelt durchbohrten Pfropfen, am besten von Glas, dessen eine
                              Bohrung ein kleines 5 K. C. fassendes Tropfgefäß, die andere Bohrung ein in etwas
                              stumpfem Winkel gebogenes Rohr enthält. Das letztere dient, mit einer guten
                              Kühlvorrichtung umgeben, als Rückflußkühler. In das Tropfgefäß bringt man genau 5 K.
                              C. des zu untersuchenden Holzgeistes und läßt denselben tropfenweise auf das
                              Phosphordijodid fließen. Ist aller Holzgeist eingetropft, so erwärmt man das
                              Kölbchen 5 Minuten lang mit kochendem Wasser, während welcher Zeit der Kühler als
                              Rückflußkühler wirkt. Hierauf gibt man dem Apparat einige Neigung – genügend,
                              um das Destillat abfließen zu lassen, und destillirt aus dem Wasserbad ab, bis
                              nichts mehr übergeht. Gegen das Ende der Destillation muß sich das ganze Kölbchen
                              in kochendem Wasser
                              befinden. Das Destillat wird in einer gläsernen Vorlage aufgefangen, welche am
                              geeignetsten aus einer graduirten, unten verjüngten und zugeschmolzenen Glasröhre
                              besteht. Das in der Vorlage so gesammelte Jodmethyl wird mit Wasser geschüttelt und
                              dann die Quantität desselben bei einer Temperatur von 15° C. abgelesen; man
                              ermittelt dann durch einfache Proportion aus der gefundenen Menge Jodmethyl das
                              demselben entsprechende Quantum Methylalkohol.
                           Nach Krell gibt diese Methode bei sorgfältigem Operiren
                              ganz genaue Resultate. Die hauptsächlichste Verunreinigung des Methylalkohols, das
                              Aceton, gibt keine dem Jodmethyl ähnlichen Körper, wohl aber der ebenfalls im
                              Holzgeist vorkommende essigsaure Methyläther, wodurch die Prüfung allerdings
                              beeinflußt werden kann. Wenn man diese aber nur zur Werthbestimmung des Holzgeistes
                              für die Benützung zur Fabrikation der Methylfarben in Anwendung bringt, und da die
                              Methylgruppe des genannten Aethers ebenfalls zur Methylirung des Anilins mit
                              beiträgt, so kann in den meisten Fällen diese Fehlerquelle unberücksichtigt
                              bleiben.