| Titel: | Einwirkung der Salpetersäure auf das Paraffin; von A. G. Pouchet. | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XXXI., S. 130 | 
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                        XXXI.
                        Einwirkung der Salpetersäure auf das Paraffin;
                           von A. G.
                              Pouchet.
                        Pouchet, über Einwirkung der Salpetersäure auf das
                           Paraffin.
                        
                     
                        
                           Läßt man rauchende Salpetersäure von 47° B. oder eine Mischung derselben mit
                              Schwefelsäure auf Paraffin einwirken, so oxydirt sich dieses und verwandelt sich in
                              eine ölige Flüssigkeit, welche schwach gelblich grün gefärbt ist. Champion hat sie „Paraffinsäure“
                              benannt und ihr die Formel C₂₆H₂₆NO₁₀ beigelegt. Die
                              Producte dieser Einwirkung sind immer dieselben, wenn man 110° nicht
                              überschreitet und den Proceß unterbricht, sobald das Paraffin Butterconsistenz
                              angenommen hat. Wir unterscheiden hierbei: 1) In der Mutterlauge und in den Waschwässern lösliche
                              Producte und 2) unlösliche Producte.
                           1) Die ersteren bestehen aus einer Reihe solcher Fettsäuren, wie sie bei der
                              Oxydation der Fette mittels Salpetersäure entstehen. Die Caprinsäure herrscht vor;
                              an sie schließen sich Butter-, Capryl-, Caprinsäure etc. Diese Säuren
                              finden sich hauptsächlich im Waschwasser, begleitet von Kork-,
                              Valerian- und Oenanthylsäure.
                           Wenn man die saure Mutterlauge getrennt von den Waschwässern bei ganz geringer Hitze
                              eindampft, krystallisirt eine erhebliche Menge Korksäure heraus, sowie eine geringe
                              Quantität einer eigenthümlichen, in Wasser und Alkohol löslichen, zerfließlichen
                              Säure. Dieselbe krystallisirt strahlenförmig und sieht unter dem Mikroskop aus wie
                              Federfahnen. Ihr Baritsalz ist in Wasser unlöslich. Die unkrystallisirbare Partie
                              der Mutterlauge besteht aus den Nitroproducten der flüchtigen Fettsäuren, worunter
                              Nitrocapryl- und Nitrocaprinsäure vorzuherrschen scheinen. Man kann sie durch
                              ihr Baritsalz, das klebrig und in Wasser unlöslich ist, von der Nitropropion-
                              und Nitrovaleriansäure trennen, deren Baritsalze löslich aber unkrystallisirbar
                              sind.
                           Diese Säuren treten auf in der Form dicker Oeltropfen, mehr oder weniger gelblich
                              roth oder grünlich gelb gefärbt sind in Wasser unslöslich. In der Wärme zersetzen
                              sie sich unter Entwickelung salpetriger Dämpfe. Auch Bernstein-,
                              Adipin- und Pimelinsäure scheinen in geringer Menge in der Mutterlauge
                              enthalten zu sein.
                           2) Das in Wasser unlösliche Product erregte besonders meine Aufmerksamkeit. Es wurde
                              zur Entfernung der Säuren wiederholt mit Wasser gewaschen und erwies sich als eine
                              neue Fettsäure, der ich den Namen „Paraffinsäure“ beilege. Durch die flüchtigen Fettsäuren und
                              ihre Nitroderivate wird sie in Emulsion, wenn nicht in Lösung gehalten. Um dieses
                              Rohproduct rein zu erhalten, unterwirft man dasselbe der Destillation. Zwischen 90
                              und 100° beginnt es zu sieden; es färbt sich immer mehr, je höher man in der
                              Temperatur geht, und bei 150° zersetzen sich die Nitrosäuren unter
                              Lichtentwickelung und Ausstoßung salpetriger Dämpfe. Die Masse scheidet Kohle aus.
                              Nun löst man den Rückstand in verdünnter Kali- oder Natronlauge, fällt mit
                              verdünnter Schwefelsäure und krystallisirt zwei- bis dreimal aus Alkohol um.
                              So erhält man die Paraffinsäure in vorzüglicher Reinheit.
                           
                        
                           Eigenschaften der
                                 Paraffinsäure.
                           Die reine Säure ist fest, weiß mit einem Stich ins Gelbliche,
                              leichter als Wasser und stark nach Wachs riechend. Beim Schmelzen färbt sie sich,
                              und wird überhaupt durch Wärme leicht zersetzt. Bei geringer Temperatur angezündet,
                              brennt sie mit rußiger Flamme.
                           
                           Sie ist unlöslich in Wasser, ziemlich löslich in verdünntem, sehr
                              löslich in concentrirtem Alkohol, sowie in Aether, Chloroform, Benzin und
                              Petroleum.
                           Aus ihrer alkoholischen Lösung krystallisirt sie bei langsamer
                              Verdunstung in Form glänzender perlmutterartigen Blättchen.
                           Ihre alkoholische Lösung röthet Lackmus entschieden.
                           Sie schmilzt zwischen 45 und 47°. Mit Kalikalk bis zur
                              Rothglut erhitzt, zersetzt sie sich in eine Reihe von Kohlenwasserstoffen von den
                              Formeln CnH₂n
                              und CnH₂n + 2
                              welche von 50 bis 300° und darüber sieden. Paraffin wird hierbei regenerirt.
                           Verdünnte Schwefelsäure verkohlt sie in der Wärme, concentrirte
                              schon in der Kälte.
                           Salpetersäure verwandelt sie in der Wärme in Korksäure und
                              Nitroproducte.
                           Sie ist einbasisch. Ihre Formel, berechnet aus der
                              Elementaranalyse sowie aus ihren Barit-, Blei- und Silbersalzen, ist:
                              C₄₈H₄₇O₃,HO
                              (HO.C₂₄H₄₇O).
                           Ihre Alkalisalze sind zerfließlich und nicht krystallisirbar, in
                              Alkohol und Aether löslich. Man stellt sie direct dar durch Sättigung der Säure mit
                              Alkali. Ein Ueberschuß von Wasser zersetzt sie unter Bildung von basischem Salz, das
                              sich ausscheidet.
                           Die Barit-, Strontian-, Kalk- und
                              Magnesiasalze sind leicht lösliche, käsige Niederschläge von gelblich weißer Farbe.
                              Man erhält sie durch doppelte Zersetzung.
                           Die Fällungen der Metallsalze haben folgende Farben:
                           
                              
                                 Von
                                    Eisenoxydul          
                                 bräunlich grün
                                 
                              
                                   
                                    „   Eisenoxyd
                                 röthlich braun
                                 
                              
                                   
                                    „   Kupferoxyd
                                 dunkelgrün
                                 
                              
                                   
                                    „   Quecksilber
                                 weiß
                                 
                              
                                   
                                    „   Blei
                                 weiß
                                 
                              
                                   
                                    „   Silber
                                 weiß
                                 
                              
                           Die Zusammensetzung der Paraffinsäure erlaubt in sicherer (? der Ref.) Weise den
                              Schluß, daß dem Paraffin die Formel C₄₈H₅₀
                              (C₂₄H₅₀) zukömmt, und daß es nicht
                                 ein Gemenge verschiedener Kohlenwasserstoffe ist, sondern ein wohl
                              bestimmtes Individuum. (Comptes rendus, t. LXXIX p. 320;
                                 August 1874.)
                           
                              V. G.