| Titel: | Fortschritte in der Uhrmacherkunst; von F. Frese, Assistent für das Maschinenfach am k. Polytechnicum zu Hannover. | 
| Autor: | F. Frese | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XLII., S. 177 | 
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                        XLII.
                        Fortschritte in der Uhrmacherkunst; von F. Frese, Assistent für das
                           Maschinenfach am k. Polytechnicum zu Hannover.
                        Mit Holzschnitten und Abbildungen auf Tab. III.
                        Frese, über Fortschritte in der Uhrmacherkunst.
                        
                     
                        
                           1. Verbesserte Ankerhemmung von W. G.
                                 Schoof. (Figur 1 bis 5.)
                           Obgleich England sich in der Herstellung guter Uhren jeder
                              Art auszeichnet, so kann es doch in Bezug auf Billigkeit der Production einen
                              Vergleich mit anderen Ländern (Frankreich, Schweiz, Amerika) nicht aushalten. Hier
                              ist also noch ein vielversprechendes Feld für Erfinder, und bei den Verbesserungen
                              der Ankerhemmung, welche Schoof (Engineering, September 1874 S. 254) sich kürzlich hat patentiren lassen,
                              ist in der That – außer auf Sicherung eines exacten Ganges der Uhr –
                              auf Einfachheit, also auf Billigkeit der Herstellung das Hauptaugenmerk gerichtet
                              worden.
                           Schoof's Verbesserungen bestehen zunächst in
                              Vereinfachung derjenigen Theile der Hemmung, durch welche das Zusammenwirken
                              zwischen Unruh und Ankerhebel erreicht wird, und dann in Construction zweier
                              Sicherungen, welche alle durch äußere Erschütterungen hervorgerufenen Störungen in
                              der Wirkungsweise der Unruh unschädlich machen sollen. Außerdem weicht der
                              Patentinhaber noch in einigen Constructionen von den gewöhnlichen ab; er setzt
                              nämlich das Steigrad zwischen Anker und Unruh, wendet statt des sonst gebräuchlichen
                              15zähnigen Steigrades, bei welchem der Anker auf eine Bogenlänge von 2 1/2 Zähnen
                              wirkt, ein solches an mit 10 Zähnen, wobei der Anker den Raum zwischen 1 1/2 Zähnen
                              beherrscht, und macht die Steigradzähne von Gold, um Oel an den Ankerpaletten
                              entbehren zu können. Der Nutzen dieser Einrichtungen ist jedoch noch fraglich.
                           Figur 1 zeigt
                              Schoof's Ankerhemmung in ihrer einfachen Form. An der
                              auf der Achse der Unruh befindlichen Scheibe B (dem
                              sogenannten Plateau) ist ein kleiner sichelförmiger Ausschnitt, in welchem der Stift F befestigt ist. Dieser faßt zwischen die beiden Stifte
                              C, C des Ankerhebels und hat so dieselben Functionen
                              zu erfüllen, wie bei gewöhnlichen Hemmungen die sogen. Ellipse, welche sich zwischen
                              den Gabeln des Hebels bewegt. Diese Einrichtung zeichnet sich durch ihre Einfachheit
                              aus; sie soll übrigens auch einen sehr sicheren Gang zur Folge haben und die
                              schädlichen Wirkungen von äußeren Erschütterungen auf das Spiel der Unruh
                              abschwächen. Ob sie diese Vortheile in dem Maße besitzt, wie angegeben wird, muß
                              erst durch die Erfahrung festgestellt werden; jedenfalls bietet sie den Vorzug, daß
                              man bei ihr sehr leicht Sicherheitsmechanismen anbringen kann. Die Figuren 2 und 3, 4 und 5 zeigen zwei
                              derartige Mechanismen, welche Schoof bei seiner Hemmung
                              anwendet.
                           Die Sicherung Fig.
                                 2 und 3 ist fest mit dem Ankerhebel verbunden; sie soll vorzugsweise für
                              feinere Uhren und für Chronometer angewendet werden. Hier müssen, ähnlich wie bei
                              gewöhnlichen Ankeruhren, feste Anschlagstifte bezw. Messer angebracht werden, um zu
                              große Ausschläge des Ankerhebels zu verhindern. Die Einrichtung der Sicherung ist
                              folgende. An dem Schwänze des Ankerhebels A ist bei h eine Feder D befestigt,
                              welche an beiden Seiten rechtwinkelig umgebogen ist und mit ihren beiden Enden d, d zwischen die Gabeln H,
                                 H des Ankerhebels greift. Diese Gabeln haben den alleinigen Zweck, die
                              beiden Federenden festzuhalten, und müssen letztere, damit dieses geschehen kann, um
                              die Stärke des Ankerhebels breiter sein als die Feder selbst. In dem Plateau B ist ein Stein E
                              eingelassen, welcher mit den beiden Hörnern Hd in
                              Wechselwirkung tritt. Während des normalen Ganges der Uhr bewegt sich der Stift E innerhalb der beiden Hörner Hd,
                                 Hd. Sobald aber die Unruh in Folge einer Erschütterung eine sehr heftige
                              Schwingung macht, wird der Stein E nach Zurücklegung
                              eines vollen Umschwunges gegen die äußere Kante von d
                              schlagen, dann aber wegen der Elasticität der Feder diese soweit durchdrücken, daß
                              er vorbeipassiren kann, und so wieder in das Innere der Gabeln gelangen. Bei der
                              rückgängigen Drehung, welche dann die Unruh machen muß, um ihren normalen
                              Bewegungszustand wieder zu erlangen, wird der Ankerhebel mitgenommen, der Stein E drückt das andere Ende der Feder durch, gelangt in das
                              Innere, und der normale Gang ist wieder hergestellt. Durch diese Einrichtung wird
                              einmal der heftige Stoß des Steines gegen die äußere Kante der Gabel selbst
                              geschwächt (wegen der Elasticität der Feder) und dann die durch die Erschütterung
                              hervorgebrachte heftigere Schwingung der Unruh, welche bei gewöhnlichen Uhren einen
                              rascheren. Gang zur Folge hat, bis auf das normale Maß reducirt.
                           
                           Eine zweite Sicherung, welche bei Uhren der gewöhnlichen Art angebracht werden kann,
                              ist in Fig. 4
                              und 5
                              dargestellt. Hier ist ein besonderer Hebel L, drehbar um
                              den Punkt O (Fig. 5) eingeschaltet, der
                              jedoch durch eine Feder D, wirkend auf den kürzeren, an
                              seiner Endfläche verbreiterten Hebelarm von L, in seiner
                              normalen Lage erhalten wird. Der Ankerhebel ist auch hier mit zwei Gabeln versehen,
                              welche wie bei gewöhnlichen Uhren mit dem Steine E am
                              Plateau in Wechselwirkung treten. Bei normalem Gange versehen die beiden am Hebel
                              L befestigten Stifte G,
                                 G die Functionen der unbeweglichen Anschlagstifte oder Messer anderer
                              Uhren, indem sie zu große Ausschläge des Ankerhebels verhindern. Wenn jedoch starke
                              Erschütterungen die Unruh derartig afficiren, daß sie einen vollen Umschwung macht,
                              so schlägt der Stein E gegen die äußere Kante der Gabel;
                              diese wird gegen einen der beiden Stifte G gedrückt und
                              wegen der Elasticität der Feder D soweit fortgerückt,
                              daß der Stein passiren und in das Gabelinnere treten kann. Er nimmt dann bei dem
                              Rückschwung der Unruh zunächst den Ankerhebel wieder mit, schlägt nach beinahe
                              beendigtem Schwung gegen die andere äußere Kante des Ankerhebels, drückt diesen
                              soweit durch, bis er vorbei kann, und der normale Zustand ist wieder hergestellt.
                              Diese Sicherung erfüllt also denselben Zweck, wie die erste, sie hat jedoch vor ihr
                              den Vorzug, daß sie vollständig frei vom Ankerhebel ist und diesen daher nicht mit
                              belastet wie jene.
                           Beide Arten der Sicherung scheinen praktisch und gut zu sein; – verhindern sie
                              doch einmal alle Unregelmäßigkeiten des Ganges in Folge von Erschütterungen und
                              machen außerdem das bei gewöhnlichen Uhren so häufig vorkommende Abspringen des
                              Steines, oder Durchbiegen bezieh. Brechen der Unruhachse fast unmöglich. In der That
                              haben auch Versuche, die an verschiedenen Uhren, welche mit diesen Mechanismen
                              versehen waren, angestellt wurden, die günstigsten Resultate ergeben, da es sehr
                              schwer, ja fast nicht möglich war, durch irgend welche äußere Erschütterungen diese
                              Uhren in ihrem Gange zu stören.
                           
                        
                           2. Uhren von Y. M. Thomas. (Figur 6 bis
                              13.)
                           Zur Regulirung von Pendeluhren kann man bekanntlich verschiedene Pendel verwenden. Am
                              geeignetsten und deshalb bei weitem am gebräuchlichsten ist das Kreispendel; weniger
                              oft werden Centrifugal- oder Balancierpendel angewendet – und eine
                              ganz untergeordnete und für Uhrwerke zur Zeitbestimmung gar keine Bedeutung hat das
                              Torsionspendel. Es läßt sich jedoch nicht verkennen, daß auch letztere beiden
                              (Centrifugal- und Balancierpendel) ihre Vorzüge haben, und hat sich Y. M. Thomas (Boulevard
                                 Ménilmontant 99 in Paris) – nach Berichten des Bulletin de la Société d'Encouragement;
                              September 1874 S. 433 u.s.f. – zur Aufgabe gestellt, diese zu vervollkommnen,
                              indem er theils gewisse Vorzüge des Kreispendels auf sie überträgt, theils ihre
                              speciellen Eigenthümlichkeiten in geschickter Weise auszunützen sucht.
                           Die wesentlichsten Verbesserungen beziehen sich auf das Balancierpendel. Bekanntlich
                              steht die Länge eines Kreispendels in directem Verhältniß zu dem Quadrat der
                              Schwingungsdauer; will man diese verdoppeln, so müßte man die Pendellänge
                              vervierfachen. Anders ist es dagegen bei dem Balancierpendel. Hier ist die
                              Schwingungsdauer dieselbe wie beim Spiel eines gleichbelasteten Waagebalkens; sie
                              hängt ab von zwei Factoren: der Länge der Hebelarme und der verticalen Entfernung
                              des Aufhängepunktes vom Schwerpunkte der schwingenden Massen. Hat man über die Länge
                              der Pendelarme verfügt, so kann man durch Wahl des Aufhängepunktes noch immer die
                              Schwingungsdauer beliebig bestimmen, und würde man diese deshalb, falls es
                              wünschenswerth erscheinen sollte, im Vergleich zum Kreispendel nach Willkür
                              vergrößern können. Wesentlicher als dies ist jedoch der damit zusammenhängende
                              Vortheil, daß das Balancierpendel, richtig aufgehängt, eine bedeutend geringere
                              Bewegungskraft zur Aufrechterhaltung seiner Functionen absorbirt als das
                              Kreispendel. Diesen Umstand benützt Thomas, um bei
                              verhältnißmäßig geringer Triebkraft einen sehr langen Gang der Uhr zu erzielen. Er
                              glaubt, es so weit treiben zu können, daß seine Balancierpendeluhr innerhalb eines
                              Zeitraumes von 5 Jahren nicht aufgezogen zu werden braucht. Außerdem ist die
                              Compensation eine verhältnißmäßig einfache, bei der die Anwendung verschiedener Metalle vollständig vermieden wird. Der
                              ganze Kunstgriff besteht hierbei in der richtigen Wahl des Winkels, welchen die
                              Pendelstangen mit der Horizontalen bilden. Wenn nämlich durch die metallische
                              Ausdehnung der Pendelstangen die Linsen sich mehr von einander entfernen und dadurch
                              eine Verlängerung der Schwingungsdauer hervorbringen, so müssen sie wegen des
                              Winkels, welchen die Pendelstangen mit der Horizontalen bilden, sich gleichzeitig
                              etwas senken, was eine raschere Bewegung zur Folge hat. Der betreffende Winkel ist
                              demnach so zu bestimmen, daß die Verzögerung des Ganges, hervorgerufen durch die
                              größere Entfernung der Linsen von einander, und die Beschleunigung, bewirkt durch
                              das gleichzeitige Senken derselben, sich gerade aufheben. Ob eine absolut genaue Compensation auf solche Weise zu
                              erreichen, ist wohl fraglichUm zu untersuchen, wie sich die Linsenschwerpunkte in Folge von
                                    Temperaturveränderungen verschieben müssen, damit eine vollständige
                                    Compensation stattfinde, ist das Pendel in nebenstehender Figur in
                                    einfachen Linien dargestellt. O bezeichnet den
                                    Aufhängepunkt des ganzen Systems; S₁ sei
                                    der Schwerpunkt der Linsen, S₂ der
                                    Schwerpunkt des Dreieckkörpers abc mit Einschluß
                                    aller an der Schwingung theilnehmenden Körper außer den Linsen, endlich S den Schwerpunkt des ganzen Systems. Werden nun
                                    folgende Bezeichnungen eingeführt:Textabbildung Bd. 214, S. 180T = Trägheitsmoment sämmtlicher an der
                                    Schwingung theilnehmenden Körper in Bezug auf die durch 0 gehende
                                    horizontale Drehachse;TL = Trägheitsmoment einer Linse in
                                    Bezug auf die durch ihren Mittelpunkt (A bezieh.
                                    B) gehende horizontale Drehachse;TΔ = Trägheitsmoment des
                                    Dreieckkörpers abc mit Einschluß aller übrigen
                                    schwingenden Theile außer den Linsen in Bezug auf die durch den gemeinsamen
                                    Schwerpunkt S₂ gehende horizontale
                                    Drehachse;M = 2m + m₁ = Masse des ganzen schwingenden
                                    Systems;2m = Masse der beiden Linsen;m₁ = Masse der übrigen schwingenden
                                    Körper;so ergibt sich die Entfernung l des Schwingungspunktes des ganzen Systems vom Aufhängepunkt
                                    aus:1)         l = T/Mϱ
                                    Weil aber:T = 2(T
                                    L + mr²) + TΔ + m₁r₁²und Mϱ = 2m r sin
                                       α + m₁r₁ ist, so folgt:Textabbildung Bd. 214, S. 180Wird nun r₁ als constant angenommen und
                                    deshalb abkürzungsweise2T
                                    L + TΔ + m₁r₁² = C (constant)und m₁r₁ = C₁ (constant)gesetzt, so ist:Textabbildung Bd. 214, S. 180Die Schwingsdauer des Pendels ist demnach:Textabbildung Bd. 214, S. 180Diese Größe muß bei richtiger Compensation stets constant sein, woraus die
                                    BedingungTextabbildung Bd. 214, S. 180folgt oder, wenn C/2m = e, C₁/2m = c₁, K/2m = k gesetzt wird:Textabbildung Bd. 214, S. 180und wenn abkürzungsweise c₁k – c = k₁
                                    gesetzt wird:5)        r² = r sin
                                       α . k + k₁.Textabbildung Bd. 214, S. 182Aus dieser Gleichung ist das Gesetz zu erkennen, nach welchem bei
                                       Veränderung von r (in Folge von
                                       Temperaturveränderungen) α sich
                                       ändern muß, damit die Schwingungsdauer stets dieselbe bleibt; mit
                                       anderen Worten: r² = r sin α . k + k₁ ist die Gleichung
                                       derjenigen Linie, bezogen auf den Punkt O
                                       als Anfangspunkt eines polaren Coordinatensystems, in welcher die
                                       Linsenschwerpunkte sich bewegen müssen, wenn eine richtige Compensation
                                       stattfinden soll.Um über die Eigenschaften der betreffenden Linie näheren Aufschluß zu
                                    erhalten, werde das polare Coordinatensystem mit einem orthogonalen
                                    vertauscht, dessen Anfangspunkt ebenfalls O
                                    sei.Es ist dann:r² = x² + y²r sin α = y
                                    und daher die Gleichung der Curve, bezogen auf dieses
                                    neue System:6)        x² + y² = ky + k₁welches die Gleichung eines Kreises symmetrisch zur
                                    Y-Achse ist. Um die
                                    Mittelpunktsgleichung des Kreises zu finden, ist eine zweite
                                    Coordinatentransformation vorzunehmen, bei der jedoch die Y-Achse dieselbe bleibt, da der Kreis in
                                    Bezug auf sie symmetrisch verläuft. Der Coordinatenanfang werde um β auf der Y-Achse verschoben; dann ist, wenn der Symmetrie halber auch
                                    den x-Werthen Indices hinzugefügt werden,
                                    die Gleichung des Kreises, bezogen auf das System X₁Y₁:7)        x₁² + y₁² + 2y₁β + β² – ky₁
                                    – kβ – k₁ = 0.Da der neue Coordinatenanfang im Kreismittelpunkte liegen soll, so bestimmt
                                    sich β aus:2β – k = 0β = k/2.Die Kreisgleichung nimmt demnach schließlich die Form an:x₁² + y₁² + β²
                                    – kβ – k₁ = 08)        x₁² + y₁² = k²/4 + k₁aus welcher hervorgeht, daß, wenn eine wirkliche
                                    Compensation erfolgen soll, die Linsenschwerpunkte sich unter dem Einflusse
                                    von Temperaturveränderungen in einem Kreise bewegen müssen, dessen
                                    Mittelpunkt um β = k/2 unter dem Aufhängepunkte liegt, und dessen Radius R = √(k²/4 + k₁,) wobei jedoch
                                    vorausgesetzt ist, daß die Entfernung des Schwerpunktes S₂ der schwingenden Massen mit Ausnahme
                                    der Linsen vom Aushängepunkte bei allen Temperatureinflüssen sich nicht
                                    ändert.Würden die Längenveränderungen der Pendelstangen in Folge von
                                    Temperatureinflüssen allein die Lage der Linsen bestimmen, so würden diese
                                    sich in den Richtungslinien der Stangen verschieben, und müßten diese
                                    Richtungslinien deshalb so bestimmt werden, daß sie Tangenten an dem Kreise
                                    obiger Gleichung wären – in den Punkten, in welchen die
                                    Linsenschwerpunkte bei mittlerer Temperatur sich befinden. Nun wird aber
                                    auch die Formänderung des Dreieckstückes abc von
                                    Einfluß sein auf die Lage der Linsenschwerpunkte, und sind deshalb die
                                    Richtungslinien der Pendelstangen so zu wählen, daß die resultirende
                                    Bewegung der Linsenschwerpunkte in Folge der Längenveränderung der
                                    Pendelstangen und der Formveränderung des Dreieckstückes abc möglichst genau mit der bewußten Kreislinie
                                    zusammenfällt.; jedoch versichert Thomas, daß er dem Gange mehrerer seiner
                              Uhren mit großer Aufmerksamkeit gefolgt sei und daß sich nicht die mindeste
                              Differenz mit Kreispendeluhren herausgestellt habe.
                           
                           In den Figuren
                                 6 bis 10 ist Thomas' neues Balancierpendel
                              dargestellt. A ist der Balancier; B, B sind die beiden Linsen, deren Gewicht natürlich vollständig gleich sein muß. Die
                              Befestigung derselben an dem Balancier A geschieht durch
                              die Arme C, C und die vier Zapfen D, welche sämmtlich fest mit dem Balancier verbunden sind. Die Stangen C, C sind in den oberen Zapfen D fest verschraubt, während sie durch die unteren frei hindurchgehen. In
                              dem Gehäuse E findet die Aufhängung des Pendels statt.
                              Zwei an den Seitenwänden von E befestigte Zapfen tragen
                              die feinen Metallfedern F, F, welche unten durch eine
                              Traverse G verbunden sind. Diese hat in der Mitte zwei
                              Nuthen, in welche der Balancier eingelassen wird. Der mit dem Hemmungsrade I in Eingriff kommende Anker H ist durch den rechtwinkelig umgebogenen Arm H₁ an der Traverse befestigt. Die Zähne des Hemmungsrades sind
                              ebenfalls von abweichender Construction und so geformt, daß die Ankerpaletten sie
                              nur während des Zeitpunktes der Ruhe berühren. Die Platte J, welche mit einem langen verticalen Einschnitt versehen ist, dient
                              ferner dazu, das Pendelgehäuse an dem Uhrgehäuse in der richtigen Lage
                              festzuschrauben. Schließlich ist der Balancier A noch
                              mit einer Stellschraube K versehen, welche auf die
                              Traverse G drückt und zur Erreichung des wichtigen
                              Zweckes dient, den Balancier mit Pendelstangen und Linsen in verticaler Richtung zu
                              verstellen und so den Abstand zwischen Aufhängepunkt und Schwingungspunkt –
                              also die Schwingungsdauer zu reguliren.
                           Außer diesen Neuerungen finden wir bei den Thomas'schen
                              Uhren noch besondere Mechanismen angewendet, einmal um die Wochentage anzuzeigen und
                              dann um die Zahl der seit dem letzten Aufziehen verflossenen Tage in fortlaufender
                              Reihenfolge anzugeben, welches letztere bei diesen langgehenden Uhren wohl nicht
                              überflüssig sein dürfte. Der Wochentagezeiger macht in einer Woche oder in 14 Tagen
                              eine Umdrehung, während die Umdrehungszeit des zweiten Zeigers je nach dem Gange der
                              Uhr ein, auch mehrere Jahre beträgt.
                           Einen Mechanismus zur Bewegung des Tagezeigers zeigt Fig. 11. Die mit dem
                              Uhrgehäuse verbundene Platte L trägt im Verein mit der
                              Brücke O zwei Zahnräder N
                              und M, welche mit einander im Eingriff stehen. An der
                              Achse von M ist der Tagezeiger P befestigt. Die Feder Q drückt mit ihrem
                              oberen Ende gegen einen Zahn des Rades N – und
                              zwar um zu verhindern, daß dieses Rad zur Zeit eine größere Drehung als um einen
                              Zahn macht. An ihrem unteren Ende ist die Feder mittels einer Druckschraube an der
                              Platte L befestigt; das Schraubenloch ist länglich, um
                              die Lage der Feder bequem justiren zu können, ehe sie dauernd befestigt wird. Die
                              Bewegung der Räder M und N
                              wird durch das Stundenrad R hervorgebracht; an einem Arm
                              desselben befindet sich
                              nämlich ein kleiner Stift S, welcher, sobald er in
                              Berührung mit dem Rad N kommt, diesem eine Drehung um
                              einen Zahn mittheilt. Dadurch wird auch das Rad M um
                              einen Zahn gedreht; hat dieses nun, wie in unserer Abbildung, 28 Zähne, so wird, da
                              das Stundenrad in 12 Stunden eine Drehung macht, alle 24 Stunden das Rad M um 2 Zähne sich fortbewegen und daher in 14 Tagen
                              seine Drehung beendigt haben. Soll die Umdrehungszeit auf 8 Tage reducirt werden, so
                              kann man entweder ein 14zähniges Rad statt des 28zähnigen anwenden, oder aber das
                              Stundenrad mit 2 diametral gegenüberstehenden Stiften S
                              versehen, so daß das Rad M alle 6 Stunden um einen Zahn
                              fortrückt.
                           Thomas stellt auch Balancierpendeluhren her, bei denen
                              das Zifferblatt den 24 Tagesstunden entsprechend getheilt ist, so daß 12 Ziffern die
                              Tageszeit, die anderen 12 die Nachtzeit angeben. Der Stundenzeiger macht dieser
                              Theilung gemäß in 24 Stunden eine Umdrehung, während der Minutenzeiger in 2 Stunden
                              sich einmal dreht. Bei diesen Uhren verwendet Thomas
                              beispielsweise eine Spiralfeder, welche sonst für 8tägige Uhr gebräuchlich, hier
                              aber im Stande ist, den Gang der Uhr 400 Tage lang zu unterhalten.
                           Der Wochentagezeiger wird hier in etwas anderer Weise als oben bewegt, um eine
                              concentrische Bewegung mit den Hauptzeigern zu erreichen. Derselbe ist an der Hülse
                              eines 14zähnigen Rades befestigt, das lose auf der Achse des Stundenrades sitzt,
                              jedoch durch eine gegen einen seiner Zähne drückende Feder in unveränderter Lage
                              erhalten wird, so lange bis eine zweite Feder – an dem Stundenrad befestigt
                              und mit diesem sich drehend – gegen einen kleinen am Uhrgehäuse angebrachten
                              Daumen gepreßt und dadurch durchgebogen wird, in Folge dessen zwischen zwei Zähne
                              des oben erwähnten 14zähnigen Rades greift und dieses um einen Zahn fortschiebt.
                           Die Bewegung des die Tage seit dem letzten Aufziehen in fortlaufender Reihenfolge
                              angebenden Zeigers geschieht direct durch Zahnradübersetzung vom Zahnkranz des
                              Federhauses aus.
                           Schließlich ist noch die Verbesserung zu erwähnen, welche Thomas bei der Centrifugalpendeluhr angebracht hat. Es ist Regel in der
                              Uhrmacherkunst, daß – um bei einem Pendel die größte Regelmäßigkeit in der
                              Bewegung zu erzielen, deren es überhaupt fähig ist – man es einen möglichst
                              großen Theil seiner Schwingung vollständig unabhängig von der Bewegungskraft machen
                              lassen muß; mit anderen Worten, je kürzer die Zeit ist, während der bei einer
                              Schwingung die Bewegungskraft auf das Pendel einwirkt, um so größer ist die
                              Gleichförmigkeit seiner Bewegung. Bei den bisher gebräuchlichen Pendeluhren war nun das
                              Pendel dem beständigen Einflusse der bewegenden Kraft
                              unterworfen, und wurden so alle Unregelmäßigkeiten desselben auf das Pendel mit
                              übertragen. Dieses hat Thomas dadurch beseitigt, daß er
                              auch hier eine Hemmung einschaltet, welche das Pendel während einer gewissen Zeit
                              seiner Schwingung unabhängig von der Bewegungskraft macht. Dieselbe ist in Fig. 12 und
                              13
                              dargestellt. Das Steigrad a greift mit seinen Stiften
                              abwechselnd in die diametral gegenüberstehenden Einschnitte e, e der auf der Pendelachse b befestigten
                              Hülse d, und ist also nur während dieses Eingriffes eine
                              Einwirkung der Kraft auf das Pendel vorhanden. Diese Hemmung erfüllt gleichzeitig
                              einen zweiten nicht minder wichtigen Zweck – den nämlich, die Minuten in
                              Secunden zu theilen, und so die Anbringung eines Secundenzeigers an Uhrwerken,
                              welche am wenigsten hierzu geeignet schienen, zu erleichtern.
                           
                        
                           3. Hebelcompensationspendel. (Fig. 14 bis
                              16.)
                           Schließlich dürfte hier der geeignete Ort sein, noch einige Worte über ein
                              Compensationspendel zu sagen, welches allerdings nicht neu, aber doch noch äußerst
                              wenig bekannt ist und wohl in weiteren Kreisen Interesse erregen dürfte. Dasselbe
                              ist in seiner ursprünglichen Gestalt in Fig. 14 bis 16
                              dargestellt.
                           Wie man leicht erkennt, wird die Compensation hier durch die ungleiche Ausdehnung
                              verschiedener Metalle bei gleichen Temperaturveränderungen und durch Hebelwerke
                              bewirkt. Die Pendelstange a ist bei b mit der Stange c fest
                              vereinigt. Diese trägt bei d ein Querstück e, welches mit den Stangen f,
                                 f und dem unteren Querstück g einen festen
                              Rahmen bildet, der durch die Bügel h versteift wird. Die
                              Mittelstange c, welche frei durch die Bügel h hindurchgeht, ist von einem Metalle, dessen Ausdehnung
                              bezieh. Zusammenziehung durch Temperaturveränderungen bedeutender ist als jene der
                              Stangen f, f unter gleichen Umständen. Die Stange c ist unten mit zwei verstellbaren Schraubenmuttern i, i (Fig. 15) versehen, welche
                              auf die äußeren Arme α der Hebel k, k einwirken. Die inneren Arme β dieser Hebel greifen unter das Plättchen l, und tragen so die an der frei im Querstück g spielenden Stange m aufgehängte Linse n. Bei erhöhter Temperatur wird sich nun die
                              Mittelstange stärker ausdehnen als die Seitenstangen; in Folge dessen werden die
                              Schraubenmuttern i, i die Hebelarme α nach unten drücken und so ein Erheben der
                              Hebelarme β und damit der Linse um das Maß der
                              Senkung bewirken. Umgekehrt wird sich bei eintretender Kälte die Stange C um mehr als die übrigen Stangen zusammenziehen, die Arme α gehen folglich aufwärts und die Linse senkt
                              sich um so viel, daß die normale Länge wieder hergestellt wird.
                           Nimmt man an, daß sich in Folge erhöhter Temperatur die Pendellänge L (Entfernung des Aufhängepunktes vom Schwingungspunkte)
                              um λ + λ₁ vergrößere – wobei λ die Verlängerung vom Aufhängepunkte bis zum Querstück g und λ₁ die
                              Verlängerung der Stange m bezeichnet – so muß
                              diese ganze Verlängerung λ + λ₁ durch die gleichzeitige Ausdehnung der
                              Stange c (von d an
                              gerechnet), welche λ₂ betragen möge,
                              compensirt werden. Die Mehrsenkung der Schraubenmuttern i,
                                 i im Vergleich zum Querstück g, an welchem die
                              Hebel ihren Drehpunkt haben, beträgt λ₂
                              – λ, und ergibt sich daher zur Berechnung
                              der Hebellängen die Proportion:
                           (λ₂ – λ) : (λ + λ₁) = α
                              : β
                              
                           Gegenüber dem Quecksilbercompensationspendel hat dieses mit dem Jürgensen'schen Rostpendel u.a. jedenfalls den Vortheil größerer
                              Genauigkeit gemein, da bei jenem die Höhentemperaturunterschiede eines Zimmers stets
                              die Richtigkeit der Compensation beeinträchtigen werden; außerdem wird es leicht
                              durch Verstellen der Schraubenmuttern i, i justirt
                              werden können. Doch ist das Pendel noch Verbesserungen fähig, die sich vorzüglich
                              darauf werden erstrecken müssen, eine ungleichmäßige Veränderung der Hebelarme α durch ungleiches Bewegen der Schraubenmuttern
                              unmöglich zu machen. Zu diesem Zwecke würde man vielleicht, wie in Fig. 16 angedeutet ist,
                              eine etwas veränderte Anordnung des Hebelmechanismus mit Hilfe einer rechts-
                              und linksgängigen Schraube, deren Gewinde gleiche Steigung besitzen müßten und
                              welche durch Verdrehen eine gleichmäßige Annäherung oder Entfernung der
                              Hebeldrehpunkte bewirkte, mit Vortheil verwenden.
                           
                        
                     
                  
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