| Titel: | Maschine zum Besteigen eines säulenförmigen Baues oder freistehender Fabrikschornsteine. | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XLIX., S. 195 | 
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                        XLIX.
                        Maschine zum Besteigen eines säulenförmigen Baues
                           oder freistehender Fabrikschornsteine.
                        Mit Abbildungen.
                        Maschine zum Besteigen eines säulenförmigen Baues etc.
                        
                     
                        
                           Das Besteigen säulenförmiger Baulichkeiten und der gebräuchlichen freistehenden
                              Fabrikschornsteine behufs ihrer Untersuchung und Reparatur war bisher ein ziemlich
                              gewagtes Unternehmen. Die ungeheuerliche Höhe mancher derselben veranlaßte die
                              Construction von Steig- oder Kletter-Apparaten. Der hier beschriebene
                              Apparat ist ein solcher, wie er in England Anwendung gefunden hat. Holzschnitt 1 und 2
                              sind zwei Ansichten des Apparates; derselbe besteht blos aus zwei übersetzten
                              Haspeln, die auf hölzernen Rahmen befestigt sind, aus zwei Reibungswalzen und einer
                              besonderen Spannvorrichtung. Die zwei auf den einander gegenüberliegenden Seiten des
                              Schornsteins befindlichen Hälften des Apparates sind einander gänzlich gleich.
                           A, A ist der hölzerne Rahmen, welcher eine Platform B trägt, die auf beiden Seiten mit einem Geländer
                              versehen ist und auf welche sich der Steiger stellt. Will man einen Schornstein
                              ersteigen, so legt man an zwei einander gegenüberliegenden Seiten unten am Schornsteine die zwei Rahmen
                              an, wie aus Fig. 1 zu ersehen ist. Die nöthige
                              Adhäsion an der Schornsteinmauer wird durch die Gewichte C,
                                 C hervorgebracht, welche mit ihren Seiltrommeln an die vorstehenden Enden
                              des horizontalen Querholzes D befestigt sind. Diese
                              Gewichte hängen an Seilen, welche 12zölligen Trommeln E,
                                 E geschlungen sind. Letztere sind auf derselben Achse fest, auf welcher
                              sich die völligen Trommeln F, F befinden, welche die
                              Enden des Seiles G, G aufnehmen. Dieses Seil geht über
                              die Rollen H, H, welche zusammen eine Art Flaschenzug
                              bilden, so daß die im vorliegenden Falle 56 Pfd. schweren Gewichte C, C den oberen Theil der Rahmen gegen einander ziehen.
                              Die unteren Rahmenenden legen sich mit den hölzernen Walzen J, J an den Schornstein an, während die oberen hölzernen Walzen K, K stark gegen die Mauerfläche gedrückt werden, um
                              eine solche Adhäsion zu erzielen, daß die Maschine auf jeder Höhe hängen bleibt.
                           
                              
                              Fig. 1, Bd. 214, S. 196
                              
                           
                              
                              Fig. 2, Bd. 214, S. 196
                              
                           Die Operation des Ersteigens geschieht durch zwei Männer, von denen der eine auf der
                              einen, der andere auf der anderen Platform B
                              steht, und welche durch
                              die Kurbeln L, L die beiden Rahmen gleichzeitig
                              auf- oder abwärts bewegen. Die Kurbeln sind auf der Achse einer endlosen
                              Schraube fest, die in ein Rad auf der Querachse M
                              eingreift, auf deren Ende ein Getriebe N aufgesteckt
                              ist, welches das Rad O treibt. Letzteres Rad ist auf das
                              eine Ende der oberen Querachse aufgekeilt, deren anderes Ende mit einem Getriebe P versehen ist, das in ein Rad eingreift, welches auf
                              der Achse K der hölzernen Reibungswalze steckt. –
                              Durch das Drehen dieser Walzen hebt oder senkt sich die ganze Maschine an dem
                              Schornsteine. Da die Maschine durch die endlose Schraube bewegt wird, so ist kein
                              Sperrrad mit Sperrklinke nothwendig, und dieselbe kann sich nur dann bewegen, wenn
                              die Kurbel gedreht wird. Geht die Maschine in die Höhe, so wickelt sich stets etwas
                              von dem Seil an den großen Trommeln ab, weshalb die Reibungswalzen beständig gleich
                              stark an die Schornsteinoberflächen gedrückt werden, wenn auch der Schornstein nach
                              oben zu schlanker wird.
                           Diese Maschine ist für jede Schornsteinform anwendbar; für einen achtseitigen kann
                              sie gerade so benützt werden, wie sie für einen vierseitigen paßt. Für einen runden
                              Schornstein braucht man die Reibungswalze nur etwas auszukehlen. Ueberhaupt kann mit
                              dem beschriebenen Apparat jeder säulenförmige Bau erstiegen werden. (Aus der Zeitschrift für praktische
                                    Baukunst durch das Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen,
                                 1874 S. 193.)