| Titel: | Nachweisung fremder Bitterstoffe im Biere; von Prof. Dragendorff. | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. LVIII., S. 234 | 
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                        LVIII.
                        Nachweisung fremder Bitterstoffe im Biere; von
                           Prof. Dragendorff.
                        Mit einer tabellarischen Uebersicht.
                        Dragendorff, Nachweisung fremder Bitterstoffe im Biere.
                        
                     
                        
                           Der Verfasser theilt im Archiv der Pharmacie, 1874 Bd. CCIV S. 293 und 389 die in
                              Gemeinschaft mit Kubicki und Jundsill ausgeführten Untersuchungen mit über die Aufsuchung gewisser
                              Bitterstoffe, welche hie und da in betrügerischer Absicht dem Biere beigemengt
                              werden sollen.Im Frankfurter Journal macht Ferd. Diefenbach aus
                                    Darmstadt auf die allgemein verbreitete Verfälschung und Vergiftung des
                                    Bieres durch den Samen der Herbstzeitlose (Colchicum
                                       autumnale) aufmerksam. Namentlich im Odenwalde soll aus dem Sammeln
                                    dieses Giftes ein förmliches Gewerbe gemacht werden; auf der
                                    Eisenbahnstation Dieburg allein sind 10,000 Kilogrm. dieses Samens
                                    aufgegeben. – Nach einer Angabe der „Tribüne“
                                    sind in letzter Zeit auf dem Anhalter Bahnhofe in Berlin davon 4000 Kilogrm.
                                    angekommen. – Nach einer anderen Mittheilung (Industrieblätter, 1872
                                    S. 341) wird in Norddeutschland namentlich Mutterkorn zur Bierfälschung
                                    angewendet. – Selbst in einer Fachzeitschrift (Der Bierbrauer, 1874
                                    Nr. 4) wurde behauptet, daß derartige giftige Ersatzmittel des Hopfens
                                    angewendet würden; doch mußte diese Angabe sehr bald zurückgenommen
                                    werden.Da 2 Hektoliter Bier nur etwa 1 Kilogrm. Hopfen, dagegen etwa 50 Kilogrm.
                                    Malz erfordern, so ist die Anwendung solcher Bitterstoffe, welche oft
                                    theurer sind als Hopfen, ohne dessen conservirende Eigenschaften zu
                                    besitzen, schon an sich sehr unwahrscheinlich. Fast unmöglich wird aber ein
                                    derartiger Betrug für größere Brauereien, da das zahlreiche Personal dieses
                                    Geheimniß doch zu leicht verrathen und die Brauerei dadurch geradezu
                                    ruiniren könnte.F.
                              
                           Die Bitterstoffe wurden isolirt durch Eindampfen von 600 bis 1000 Kub. Centim. Bier,
                              Ausziehen mit Alkohol u.s.w., wie bereits (in diesem Journal, 1874 Bd. CCXI S. 60)
                              angegeben ist. Nach einer zweiten Methode wird etwa 1 Liter Bier erhitzt, um die
                              größere Menge gelöster Kohlensäure fortzuschaffen, dann wieder abgekühlt und solange
                              mit basischem Bleiacetat versetzt, als noch durch dasselbe ein Niederschlag hervorgerufen wird,
                              welchen letzteren man nach einigem Stehen abfiltrirt. Die durchgegangene Flüssigkeit
                              wird vom überschüssig zugesetzten Blei durch die nöthige Menge von verdünnter
                              Schwefelsäure befreit und wieder filtrirt. Bei beiden Filtrationen unterlasse man
                              ein längeres Auswaschen mit destillirtem Wasser, weil durch dieses einzelne gefällte
                              Stoffe in Lösung gebracht oder die Flüssigkeiten zu stark verdünnt werden. Ist die vom Bleisulfat abfiltrirte Flüssigkeit, ohne
                                 concentrirt zu sein, bitter oder scharf schmeckend, so ist das Bier
                                 verdächtig. Man dampft nun im Wasserbade, nachdem man durch Ammoniak den
                              größten Theil der freien Säure neutralisirt hat, möglichst schnell bis auf etwa 180
                              bis 200 K. C. (nicht zur Trockne) ein und führt die Ausschüttelungen der erkaltenden
                              Flüssigkeit mit Petroleumäther, Benzin und Chloroform wie bei der ersten Methode
                              aus.
                           Die Eigenschaften der Bitterstoffe wurden theilweise schon früher (Bd. CCXI Seite 64
                              u. sf.) besprochen. Beigegebene Tabelle gibt eine Uebersicht der Reactionen von den
                              nach beiden Methoden isolirten Bitterstoffen.
                           Bei Verarbeitung von 600 K. C. Bier können so noch nachgewiesen werden etwa 1 Grm.
                              Quassia, Ledum palustre, Wermuth, Bitterklee (Menyanthes trifoliata), Herbstzeitlosensamen, 0,5 Grm.
                              Coloquinten oder Kokkelskörner (Cocculi indici), 0,1
                              Grm. spanischer Pfeffer (Capsicum annuum), 0,05 Grm.
                              Aloe, 0,0005 Grm. Atropin (oder 0,06 Grm. Belladonnablätter), ebensoviel Hyoscyamin
                              (oder 0,25 Grm. Bilsenkraut), 0,0003 Grm. Strychnin und 0,0005 Grm. Brucin (etwa
                              0,03 Grm. Brechnüsse), aber erst 2 Grm. Tausendgüldenkraut (Erythraea), 3 Grm. Cardobenedictenkraut (Cnicus
                                 benedictus), Weidenrinde (oder 0,05 Grm. Salicin) und Daphne mezereum; dagegen konnten selbst 6 Grm. Gentiana nicht mehr deutlich nachgewiesen werden.Ueber die angebliche Schädlichkeit des Wasserzusatzes zum Biere berichtet das
                                    Journal officiel français, daß das
                                    Wasser auf das Narkoticum, welches im Malzzucker vorhanden sei, einwirke;
                                    die gute Qualität eines Bieres werde durch das Wasser in eine schläfrig
                                    machende, bittere und der Gesundheit schädliche Flüssigkeit verwandelt. Es
                                    setze den giftigen Stoff, welcher in dem Hopfen enthalten und der, mit dem
                                    Malzzucker vermischt, vollständig unschädlich sei, in Freiheit. Auf diese
                                    Weise werde durch die Gewinnsucht ein angenehmes und gesundes Getränk in
                                    eine der Gesundheit schädliche Flüssigkeit verwandelt! – Derartige
                                    Angaben entziehen sich eben jeder ernsten Kritik. F.
                              
                           
                           Tabelle zur Nachweisung fremder Bitterstoffe im Biere;von
                              Dragendorff, Professor in Dorpat.
                           Zu Dingler's polytechn. Journal. Erstes Novemberheft 1874,
                              S. 233 u. sf.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 214, S. 233
                              Name der bitteren Drogue; Methode;
                                 Isolirt mit; Name des isolirten Bitterstoffes; Form; Verhalten gegen;
                                 Goldchlorid; Tannin; Basisches Bleiacetat; Ammoniak. Silberlösung; Conc.
                                 Schwefelsäure; Fröhde's Reagens; Schwefelsäure und Zucker; Erwärmte verdünnte
                                 Schwefelsäure 1 : 10; Eisenchlorid beim Erwärmen; Geschmack; Bemerkungen;
                                 Quassia; Benzin und Chloroform; Amorph; Keine Trüb.; Keine Reduct.;
                                 Niederschlag; Schwache Trübung; Keine Reduction; Dunkelbraun; Allmälige rothe
                                 Färbung; Kein Geruch; Braune Färbung; Sehr bitter; Die Rothfärbung mit
                                 SO₄H₂ und Zucker weniger deutlich bei Methode II; Ledum palustre;
                                 Ericolin; In der Wärme Reduction; Spurenweise Trüb. Stärker im
                                 Chloroform-Rückstand; Kein Niederschlag oder Trübung; Gelbbraun;
                                 Schwarzbraun; Allmälige schön rothe Färbung; Geruch nach Ercinol; Ziemlich
                                 bitter; Absynth; Absynthiin; In der Kälte Niederschlag; Kein Niederschlag;
                                 Braun, dann violettblau; Kein besonderer Geruch; Bitter; Salzsäure von 1,135
                                 färbt grün, dann blau; Menyanthes trifoliata; Benzin und reichliches Chloroform;
                                 Menyanthin; Keine Niederschläge in der Kälte; Wird reducirt; Braune Färbung;
                                 Schön rothe Färbung; Geruch nach Menyanthol; Wenig bitter; Cnicus benedictus;
                                 Cnicin?; Blutrothe Färbung; Salzsäure färbt grün und braun; HCLgas roth u.
                                 braun; Kein Niederschlag; Keine Reduction; Nur in der Chloroformausschüttelung
                                 Niederschläge; Braungrüne Färbung; Hellkirschrothe Färbung; Salzsäure färbt
                                 nicht. Beim Erhitzen mit Schwefelsäure u. 5 Th. Wasser: Geruch nach Benzoesäure;
                                 Erythraea Centaur; Salzsäure färbt grün, dann beim Erwärmen braun; Trübung; Der
                                 Chloroformrückstand reducirt; Geruch an Menyanthol erinnernd; Salzsäure löst
                                 braun, dann schwarz. Beim Erhitzen mit Schwefelsäure u. 5 Th. Wasser: Geruch
                                 nach Benzoesäure; Gentiana; Salpetersäure von 1,43 löst rothbraun. Kalilauge
                                 löst gelb, dann braun; Flockiger Niederschlag; Braune Färbung beim Wärmen; Der
                                 Benzinrückstand wenig, der Chloroformrückstand stark bitter; Salzsäure löst
                                 braun, dann schwarz; Weidenrinde; Amylalkohol; Salicin; Rothe Lösung NB;
                                 Violette Lösung NB; Braune Färbung schon in der Kälte; Verd. Schwefelsäure und
                                 Kaliumbichromat beim Erwärmen Geruch nach salicyliger Säure; Aloë;
                                 Benzin; Aloëtin; Kryst.; Röthliche Trübung; Rothe Lösung, dann orange
                                 werdend; Geschmacklos; Rauchende Salpetersäure gibt Chrysamminsäure. Mit
                                 Kalilauge prachtvoll rothe Lösung; Kalilauge löst rothbraun; Pikrinsäure;
                                 Petrol; Wolle wird gefärbt. KCy gibt Isopurpursäure; Coloquinten; Colocynthin;
                                 Rothviolette Färbung; Sehr bitter; Diese Färbung bleibt aus; Unangenehm bitter;
                                 Cocculi indici; Pikrotoxin; Amorph, aber aus Alkohol krystallinisch; In der
                                 Wärme geringe Reduction; Gelbe Färbung; Wenig röthliche Färbung; Betäubt Fische.
                                 Gibt gereinigt, die Langley'sche Reaction; Semen Colchici; Colchicin;
                                 Salpetersäure violette Färbung; Daphne Mezereum; Benzin und Chloroform; Daphnin
                                 etc.; Färbte nicht grün; Scharf; Kalilauge und Baritwasser lösen gelb; Scharfe
                                 Bestandtheile des Seidelbastes; Capsicum; Capsicin; Kein Niederschlag, höchstens
                                 schwache Trüb.; Braunrothe Färbung; Geringe Röthung; Beim Erwärmen bräunlich;
                                 Wirkt hautröthend; Amylalkohol; Petroleum entzieht der ammoniakalischen Lösung
                                 flüchtiges Alkaloid; Belladonna; Benzinalkohol; Atropin; In conc. Lösung
                                 Niederschlag; Löst farblos b. Erwärmen eigenthümlicher Geruch; Bitterlich;
                                 Erweitert die Pupille; Hyoscyamus; Hyoscyamin; Deßgl., Platinchlorid fällt und
                                 löst im Ueberschuß wieder; Brechnuß; Strychnin; Schwefelsäure und
                                 Kaliumbichromat blaue Färbung; Brucin; Salpetersäure löst roth; Baccae Juniperi;
                                 Wahrscheinlich das diuretische Harz; Höchstens Trübung; Käsiger Niederschlag,
                                 keine Reduct.; Löst braun, dann orange; Löst grünschwarz; Schönroth; Schwacher
                                 Geruch nach Wacholderbeeren; Dieselben Reactionen, nur weit geringer