| Titel: | Verhalten des salpetersauren Silberoxyds zum Wasserstoff; von H. Pellet. | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. LIX., S. 235 | 
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                        LIX.
                        Verhalten des salpetersauren Silberoxyds zum
                           Wasserstoff; von H.
                              Pellet.
                        Aus den Comptes rendus, 1874 t. LXXVIII p.
                              1132.
                        Pellet, über das Verhalten des salpetersauren Silberoxyds zum
                           Wasserstoff.
                        
                     
                        
                           Verschiedene Gelehrte haben sich schon mit diesem Gegenstande beschäftigt. Im J. 1872
                              gab Houzeau ein Verfahren zur Bestimmung des Arsens,
                              welches sich auf die Ueberführung desselben in Arsenwasserstoff bei Gegenwart von
                              Zink und Salzsäure gründet. Den Arsenwasserstoff ließ er von einer, auf 10 Kub.
                              Centim. zwei bis drei Tropfen Salpetersäure oder 0,5 Grm. Essigsäure enthaltenden
                              Lösung von Silbernitrat absorbiren. „Es ist falsch,“ sagt der
                              Verfasser, „wenn einige Chemiker behaupten, daß der reine Wasserstoff das
                                 Silbersatz allein reducire.“ – Die große Empfindlichkeit
                              dieses Verfahrens unter den von ihm angegebenen Bedingungen lassen keinen Zweifel an
                              der Richtigkeit übrig.
                           Regnault's Erfahrungen schienen damit im Widerspruche zu
                              stehen.
                           Jüngst ist Dr. Russell auf
                              diesen Gegenstand zurückgekommen und zu folgenden Schlüssen gelangt: 1) der reine
                              Wasserstoff verursacht in concentrirten Lösungen einen stärkeren Niederschlag als in
                              verdünnten; 2) die Entstehung dieses Niederschlages wird durch Erhöhung der
                              Temperatur erleichtert; 3) die Salpetersäure des Nitrats wird theilweise in Freiheit
                              gesetzt unter Bildung von salpetrigsaurem Silberoxyd.
                           In Betracht dieser Widersprüche habe ich die Versuche wieder aufgenommen und
                              gefunden, daß sie von der größeren oder geringeren Neutralität des Silbersalzes
                              herrühren.
                           A) Wirkung des Wasserstoffes auf
                                 neutrale Silbernitratlösung. Der Wasserstoff, bereitet mit destillirtem
                              Zink und reiner Salzsäure, streicht durch zwei Waschflaschen, von denen die eine
                              Natron und die andere Silbernitrat enthält, um die leisesten Spuren von Säure und
                              Arsen zu binden. Unter diesen Bedingungen übt das Gas in der Kälte auf das
                              Silbernitrat (30 Grm. im Liter) selbst während langer Zeit keine Wirkung aus. Bei
                              80° entsteht in den ersten Momenten des Versuches ein schwacher
                              gelblichgrauer Niederschlag. Derselbe nimmt mit der Concentration der Solution zu.
                              Man kann diese Thatsache, welche einen der Russell'schen
                              Sätze zu bestätigen scheint, erklären, wenn man annimmt, daß das neutrale
                              Silbernitrat etwas Silberoxyd enthält, welches durch den Wasserstoff reducirt wird;
                              denn nach Beseitigung
                              des Niederschlages, entsteht durch ferneres Einleiten des Gases keine Trübung
                              mehr.
                           B) Wirkung auf alkalisches
                                 Silbernitrat. Das geschmolzene Salz reagirt stets mehr oder weniger
                              deutlich alkalisch, was von der Gegenwart einer Spur freien Silberoxydes herrührt,
                              welches in der Wärme und in der Kälte durch reinen Wasserstoff reducirt wird.
                              Letztere Erscheinung findet nicht statt, wenn man die Silberlösung vorher durch
                              einige Tropfen Salpetersäure sauer macht. Was die von Russell behauptete Bildung eines salpetrigsauren Salzes betrifft, so
                              schien es mir, daß ein so unbeständiger Körper bei Gegenwart von freier
                              Salpetersäure nicht bestehen könne, und der Versuch bestätigte dies. Es wurde
                              nämlich eine Höllensteinlösung mit Salpetersäure (zwei Tropfen auf 20 K. C.)
                              angesäuert, und ein Theil derselben in Gegenwart von Jodstärkepapier erwärmt. Es
                              trat keine Reaction auf salpetrige Säure ein; wohl aber, als man 1 oder 2 Milligrm.
                              salpetrigsaures Silber hinzufügte.
                           Es ergeben sich daher folgende Schlüsse:
                           1) Neutrale oder sehr schwach saure Silbernitratlösung wird in der Kälte durch
                              Wasserstoff nicht reducirt.
                           2) Alkalisches Nitrat erleidet, wegen seiner Alkalinität, in der Kälte eine
                              anfangende Reduction, und höhere Temperatur beschleunigt diesen Vorgang.
                           3) Wasserstoff wirkt weder in der Wärme noch in der Kälte auf saure Silberlösung.
                           4) Salpetrigsaures Silberoxyd kann, namentlich in der Wärme, bei Anwesenheit der
                              Salpetersäure nicht bestehen.
                           
                              W.