| Titel: | Ueber die Verschlechterung der Farbe des Zinnobers, verursacht durch Berührung mit Kupfer und Messing; von Dr. Karl Heumann, Privatdocent in Darmstadt. | 
| Autor: | Karl Heumann | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. LXXXI., S. 302 | 
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                        LXXXI.
                        Ueber die Verschlechterung der Farbe des
                           Zinnobers, verursacht durch Berührung mit Kupfer und Messing; von Dr. Karl Heumann, Privatdocent in
                           Darmstadt.
                        Heumann, über die Verschlechterung der Farbe des Zinnobers,
                           verursacht durch Berührung mit Kupfer und Messing.
                        
                     
                        
                           Vor einer Reihe von Jahren hat Karmarsch Untersuchungen
                              veröffentlichtDingler's polytechn. Journal, 1855 Bd. CXXXVI S.
                                    153., welche den Zweck hatten, die mehrfach in der Technik beobachtete Thatsache
                              aufzuklären, daß beim Drucken mit Zinnober unter Verwendung von Kupferplatten meist
                              braune oder schwärzliche Abdrücke erhalten werden. Auch in der
                              Spielkartenfabrikation hat man die Erfahrung gemacht, daß Schablonen von
                              Messingblech zum Malen der Steine oder Augen die Schönheit der Farben sehr
                              beeinträchtigen; das Roth wird nämlich durch den Einfluß des Messings zuerst
                              bräunlich, dann aber – und zwar sehr bald – dunkelbraun und gänzlich
                              unbrauchbar.
                           Karmarsch erkannte sofort, daß diese Farbenveränderung
                              auf der Bildung von Schwefelkupfer beruhen müsse, vermuthete aber, der zur
                              Entstehung desselben nöthige Schwefel stamme von Verunreinigungen des Zinnobers her,
                              „da eine Zersetzung des letzteren unter den
                                    hier vorhandenen Umständen (bei gewöhnlicher Temperatur) überhaupt höchst
                                    unwahrscheinlich ist, und die chemischen Handbücher in der That keine
                                    entsprechend auszulegenden Andeutungen enthalten.“
                              
                           Nachdem ich nun vor Kurzem nachgewiesen habe,Liebig's Annalen der Chemie, Bd. CLXXIII S. 21
                                    und Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, 1874 S. 752. daß diese damals noch für höchst unwahrscheinlich gehaltene Zersetzung des
                                 Zinnobers in der That stattfindet, schien mir Karmarsch's Vorschlag, den Zinnober vor der Benützung mit einer Lösung von
                              gereinigter Potasche auszukochen, ziemlich nutzlos, und ich wiederholte daher die
                              von ihm angestellten Versuche.
                           Zu meiner Verfügung stand ein sehr reiner und von metallischem Quecksilber vollkommen
                              freier Zinnober, welcher mit Potaschelösung gekocht, diese ganz farblos ließ und
                              überhaupt keine nachweisbaren Spuren von Schwefel an dieselbe abgab; trotzdem wurde
                              ein blankes Kupfer – oder Messingblech alsbald mit einer Schicht schwarzen
                              Schwefelkupfers überzogen, wenn ich den dreimal mit frischer Lösung ausgekochten und
                              gewaschenen Zinnober mit einen: Korkstopfen auf jene Metallstreifen ausstrich. Ganz
                              trockener Zinnober erfordert einen etwas stärkeren Druck; ist er aber mit wenig
                              Wasser zu einem Brei angerührt, so genügt schon ein Aufstreichen mit dem Finger, um
                              das Kupferblech zu schwärzen.
                           Bei stärkerem Reiben mit dem Kork löst sich sofort ein Theil des Ueberzuges vom
                              Metall los, vermischt sich mit dem übrigen Zinnober und ertheilt ihm eine fast schwarze Farbe, während das Kupfer an der mit dem
                              Zinnober in Berührung gewesenen Stelle stark amalgamirt
                              erscheint. Ja man kann sogar mit einem festen Stück sublimirten Zinnobers auf
                              Kupfer- oder Messingblech Schriftzüge ziehen, welche nach dem Abspülen mit
                              etwas Salzsäure in Silberfarbe sichtbar werden. Die durch diese Versuche constatirte
                              leichte Zersetzbarkeit des Zinnobers ist durch Kochen mit Potaschelösung natürlich
                              nicht zu beseitigen.
                           Karmarsch gibt jedoch an, daß es auf zweierlei Art
                              möglich sei, den käuflichen Zinnober von jenen Schwefelverbindungen zu befreien,
                              welche allein die Bildung des Schwefelkupfers bewirkten: nämlich durch Auskochen mit
                              Potaschelösung oder dadurch, daß man in den mit Wasser zu einem Brei angerührten
                              Zinnober Kupferstückchen bringt, welche jenen Schwefel völlig binden und dem
                              Zinnober somit die Eigenschaft nehmen sollen, noch ferner Kupfer zu schwärzen.
                              Dieses Resultat läßt sich nur dadurch erklären, daß zu den betreffenden Versuchen
                              Zinnobersorten verwendet worden waren, die wirklich ausziehbaren Schwefel
                              enthielten, durch welchen das Kupfer verändert wurde, während der Zinnober sich mit
                              letzterem in keinem so innigen Contact befand, um selbst zersetzt zu werden.
                           Ich habe dem Beispiel Karmarsch's folgend eine blanke
                              Kupfermünze einige Zeit in einen aus Wasser und Zinnober bestehenden Brei gelegt und
                              gefunden, daß nach dem Abspülen das Metall fast unverändert geblieben war; nur
                              diejenigen Stellen desselben, welche zufällig von dem Glasstab bestrichen worden waren, der zum
                              Aufrühren des Niederschlages gedient hatte, waren schwarz gefärbt. Wo ich nur irgend
                              durch Anstoßen des Kupferstückes an die Gefäßwände unterhalb des Farbbreies eine
                              etwas innigere Berührung des Metalles mit dem Zinnober bewirkte, zeigte sich sofort
                              Schwärzung und Amalgamirung des Kupfers. Die Resultate jener von Karmarsch angestellten Versuche sind demnach nur dadurch
                              möglich gewesen, daß die Kupferstücke in dem Farbbrei völlig
                                 ruhig gelegen haben und so nur im Stande waren, freien oder gelösten
                              Schwefel aufzunehmen.
                           Da nun beim Drucken mit Zinnober oder beim Hindurchwalzen und Bürsten desselben durch
                              Schablonen gewiß an manchen Stellen wenigstens, die zur Zerlegung jener Farbe
                              nöthige innige Berührung mit dem Metall eintritt, so wird die Verschlechterung des
                              Farbtones durch Auskochen des Zinnobers mit Potaschelösung wohl nicht verhindert
                              werden können, wenn auch bei Anwendung dieses Mittels jener Nachtheil vielleicht
                              nicht so augenfällig ist; im Uebrigen wird mit Oel dünn angeriebener Zinnober auch
                              viel weniger stark angegriffen, wie die trockene oder nasse Farbe. Ich füge noch
                              bei, daß Eisen den Zinnober nur bei höherer Temperatur zersetzt und deshalb beliebig
                              damit gerieben werden kann, ohne seine Nüance zu beeinträchtigen. Zink zerlegt den
                              Zinnober beim Aufreiben desselben mit Wasser nur wenig, und da das entstandene
                              Schwefelzink weiß ist, so macht sich eine Aenderung der rothen Farbe kaum
                              bemerkbar.
                           Karmarsch erwähnt in einer Anmerkung seiner mehrfach
                              citirten Abhandlung, daß das Auskochen mit Potaschelösung nicht bei allen
                              Zinnobersorten zu empfehlen sei; eine von ihm benützte wurde nämlich durch diese
                              Behandlung stark gebräunt; andere Sorten veränderten dagegen ihre Farbe nicht. Dies
                              erinnert mich an eine Probe auf nassem Weg dargestellten Zinnobers, welcher durch
                              Kochen mit verdünnter Salpetersäure von beigemengtem metallischen Quecksilber
                              befreit werden sollte, dabei aber eine etwas helle Farbe angenommen hatte und, mit
                              Aetzalkalien oder kohlensauren Alkalien oder Ammoniak zusammengebracht, alsbald tief
                              schwarz wurde.
                           Wie ich mich später überzeugt habe, entstand in Folge der Einwirkung des gebildeten
                              Quecksilberoxydnitrates auf einen Theil des Zinnobers die weiße Verbindung 2 HgS +
                              Hg(NO₃)₂ oder (2 HgS + HgO,NO₅), welche die rothe Farbe ein wenig heller
                              machte, mit Alkalien zersetzt aber ein schwarzes Gemenge von Quecksilberoxyd mit
                              Quecksilbersulfid lieferte, dessen Farbe das Roth des übrigen Zinnobers bedeutend
                              verdeckte.
                           
                           Vielleicht war der von Karmarsch benützte Zinnober
                              ebenfalls durch Salpetersäure von einem überflüssigen Quecksilbergehalt befreit
                              worden und enthielt daher wahrscheinlich geringe Mengen jener weißen Verbindung,
                              welche durch die Potaschelösung geschwärzt wurde und so das Dunklerwerden der ganzen
                              Farbe verursachte.
                           Laboratorium des Polytechnicums in Darmstadt.