| Titel: | Ueber Leichenverbrennung und Friedhöfe; von Ferd. Fischer. | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. XCIX., S. 382 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XCIX.
                        Ueber Leichenverbrennung und Friedhöfe; von
                           Ferd.
                              Fischer.
                        Mit Abbildungen.
                        Fischer, über Leichenverbrennung und Friedhöfe.
                        
                     
                        
                           Nach Jacob Grimm
                              Grimm: Kleinere Schriften, II. S. 218. war die Verbrennung im Alterthume bald die allgemeine Bestattungsweise der
                              Todten, bald kamen beide Methoden – das Begraben und Verbrennen –
                              gemeinsam vor; bald begrub man nur unter gewissen Verhältnissen, bald verabscheute
                              man das Verbrennen überhaupt und beerdigte ausschließlich. Im Allgemeinen herrschte
                              das Verbrennen vor bei kriegerischen und nomadischen, das Begraben bei
                              ackerbautreibenden Völkern.
                           Unstreitig ist das Begraben die älteste Bestattungsform und älter als das Verbrennen;
                              wenigstens scheint der Steinzeit die Verbrennung der Todten völlig fremd gewesen zu
                              sein. In Europa wurde der Leichenbrand erst gleichzeitig mit der Bronze durch die
                              Indogermanen eingeführt, während die, für die europäische Culturentwickelung
                              wichtigen, nichtindogermanischen Völker, die JudenDoch haben die Juden unter Umständen ihre Leichen auch verbrannt. Vergl. 1.
                                    Samuel 31. 13; 2. Chronika 16. 14 und 21. 19; Jeremias 34. 5; Jesaia 30.
                                    33., Phönizier, Araber, sowie die Chinesen, Aegypter, Etrurier, die
                              Sisadiner, denen das Feuer als heilig galt, und Andere dagegen ihre Todten
                              beerdigten. Im südlichen und westlichen Deutschland sowie in der Schweiz scheint die
                              Leichenverbrennung sogar erst von den Römern eingeführt und durch die christlichen
                              Priester abgeschafft zu sein.Mittheilungen aus dem Göttinger anthropologischen Vereine, 1874 S. 28.
                              
                           In Deutschland wurde zuerst im J. 1829 (vergl. dies Journal, 1829 Bd. XXXII S. 226)
                              die Verbrennung der Leichen wieder in Anregung gebracht, dann im J. 1856 von H. Richter
                              Gartenlaube, 1856 Nr. 49. doch fanden seine Vorschläge bei Laien und Technikern lebhaften Widerspruch
                              und wurden wieder vergessen. Seit wenigen Jahren sind von Italienern und Deutschen
                              verschiedene Vorschläge zur Beseitigung der Leichen gemacht, über deren Werth die
                              Ansichten noch sehr verschieden sind, daß es gestattet sein möge, die angeblichen
                              Vortheile und Nachtheile der Leichenverbrennung und der Friedhöfe vom Standpunkt der
                              Technik und der öffentlichen Gesundheitspflege hier kurz zu besprechen.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 214, S. 383
                              Scheiterhaufen unter freiem Himmel. Die Schifffahrt
                                 treibenden Völker des Alterthums (Skandinavier u.a.) verbrannten ihre Leichen an
                                 den Ufern der Flüsse und den Meeresküsten gewöhnlich auf dem Schiffe, welches
                                 der Todte bei Lebzeiten benützt hatte. Die Römer und Griechen errichteten
                                 Scheiterhaufen (πνρὰ und
                                 rogus) aus 2 bis 3 Meter langen Holzscheiten
                                 (Fig. I). Sie umhingen diese Scheiterhaufen
                                 mit Tüchern, Gewändern und Waffen, warfen Blumen, Vögel und Opferthiere in die
                                 Glut und sprengten Wein und Wohlgerüche hinein.Küchenmeister: Verbreitung der Cholera (1872)
                                       S. 484.
                                 
                              
                           Außerordentlich groß waren die Scheiterhaufen des Patroklus, Hektor, Cäsar; die der
                              mittleren Stände sind nicht genauer beschrieben, und die der Armen waren so klein,
                              daß die Leichen nur angesengt und dann in Todtengruben geworfen wurden. Auf den
                              öffentlichen Brandstätten Roms, culinae genannt,
                              herrschte dem entsprechend ein so mörderlicher Gestank, daß die Göttin Mephitis
                              daselbst eine Capelle hatte. Solche Brandstätten mußten wenigstens 15 Stadien oder
                              2000 Schritt von der Stadt entfernt sein.
                           Auch in den Urnen, welche in Norddeutschland so häufig gefunden werden, findet sich
                              nicht etwa ein Häuflein Asche, sondern mehr oder weniger angebrannte und
                              zerschlagene Knochensplitter. Die Verbrennung war also auch hier ungenügend.
                           Die Untersuchungen von Bischof
                              Zeitschrift für rationelle Medicin, 20 S. 75. über die Organgewichte des menschlichen Körpers geben folgende
                              Zahlenwerthe:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                 Neugeborene.
                                 
                              
                                 
                                 Mann.
                                 Weib.
                                 Jüngling.
                                 Knabe.
                                 Mädchen.
                                 
                              
                                 
                                 Proc. des Gesammtgewichtes des betr.
                                    Individuums
                                 
                              
                                 Skelett
                                 15,9
                                 15,1
                                 15,6
                                 
                                 17,7
                                 15,7
                                 
                              
                                 Muskeln
                                 41,8
                                 35,8
                                 44,2
                                 
                                 22,9
                                 23,9
                                 
                              
                                 Brusteingeweide
                                   1,7
                                   2,4
                                   3,2
                                 
                                   3,0
                                   4,5
                                 
                              
                                 Baucheingeweide
                                   7,2
                                   8,2
                                 12,6
                                 
                                 11,5
                                 12,1
                                 
                              
                                 FettHaut
                                 18,2  6,9
                                 28,2  5,7
                                 13,9  6,2
                                 
                                    
                                    
                                 20,0
                                 13,511,3
                                 
                              
                                 Gehirn
                                   1,9
                                   2,1
                                   3,9
                                 
                                 15,8
                                 12,2
                                 
                              
                           Der Körper eines Erwachsenen enthält im Durchschnitt 58,5 Proc. Wasser und 41,5 Proc.
                              Trockensubstanz, der Körper eines Neugeborenen 66,4 Proc. Wasser.
                           Aus den vergleichenden chemischen Untersuchungen von Bibra,
                                 Lehmann, Heinz u.a. berechnet sich der mittlere Gehalt der festen Knochen
                              an erdigen Bestandtheilen zu 66,6 Proc.; unter Hinzuziehung der Knorpelmassen, der
                              Epiphysen und anderer Knochenansätze sinkt dieser Werth aber auf ungefähr 55,0 Proc.
                              herab, so daß mit Einrechnung des Gehaltes an unverbrennlicher Substanz der
                              Gewebetheile zu 1 Proc. der Gesammtgehalt an Wasser, Aschenbestandtheilen und
                              organischen Massen im menschlichen Körper sich durch nachstehende Mittelwerthe
                              ausdrücken läßt.
                           
                              
                                 Wasser
                                 58,5
                                 Proc.
                                 
                              
                                 Brennbare Substanz
                                 32,5
                                 „
                                 
                              
                                 Mineralbestandtheile       
                                   9,0
                                 „
                                 
                              
                           Die Leiche eines Erwachsenen im Gewichte von 70 Kilogrm. besteht nach dieser
                              Zusammenstellung annähernd aus:
                           
                           
                              
                                 41,0
                                 Kilogrm.
                                 Feuchtigkeit,
                                 
                              
                                   6,3
                                 „
                                 Mineralbestandtheilen (Asche),
                                 
                              
                                 22,7
                                 „
                                 brennbarer organischer Masse
                                 
                              
                           und darin 7 Kilogrm. Protëin und 14 Kilogrm. Fettstoffe.
                           FleckZeitschrift für Epidemiologie, 1874 S. 164. berechnet hieraus, daß bei der Verbrennung dieser organischen Stoffe 65760
                              Wärmeeinheiten frei werden, welche also hinreichen müßten, die 41 Kilogrm. Wasser zu
                              verdampfen. Der hohe Wassergehalt würde die Verbrennungstemperatur aber so sehr
                              erniedrigen, daß an ein Weiterbrennen der etwa angezündeten Leiche nicht zu denken
                              ist.Vergl. dies Journal, 1873 Bd. CCX S. 234. Selbst wenn getrocknetes Muskelfleisch an einer Flamme angezündet wird, so
                              brennt nur das Fett, nicht aber die Protëinsubstanz fort; diese überzieht
                              sich mit einer dichten, glänzenden Kohle, welche nur sehr schwer verbrannt werden
                              kann. Auch die unter Fleck's LeitungDaselbst S. 138. ausgeführte Verbrennung von zwei Rindern mit Reisig, theergetränktem Stroh
                              und Holz erforderte 36 Stunden zur Verkohlung; und in Indien, wo der Leichenbrand
                              noch heute herrscht, wird die Luft dadurch in weitem Umkreise auf das Unerträgliche
                              verpestet. Also kein Scheiterhaufen.
                           Professor Ludwig Brunetti in PaduaBrunetti: Cremazione dè cadaveri
                                    (Padova 1873). hat einen Ofen von Backsteinen hergestellt, welcher die Gestalt eines
                              Parallelogramms hat, mit 10 durch Schieber verschließbare Oeffnungen in den Wänden
                              um die Luftzufuhr zu reguliren. Im oberen Theile des Ofens sind gußeiserne gewölbte
                              Flügelthürchen in Form einer Kuppel angebracht, welche geöffnet und geschlossen
                              werden können, um die Flammen über der Leiche zu concentriren. Diese selbst wird auf
                              einer breiten eisernen Platte mit starken eisernen Drähten befestigt, weil sie
                              sollst Bewegungen ausführen würde, auf den im Ofen aufgeschichteten Holzstoß gesetzt
                              und derselbe angezündet. Es entwickelt sich eine bedeutende Menge starkriechendes
                              Gas, welches zu einer neuen Leichenverbrennung gebraucht werden kann; von einer
                              Verwendung zu öffentlichen Beleuchtungszwecken will der Verfasser vorläufig absehen.
                              Nach etwa 30 Minuten beginnt die Leiche selbst zu verbrennen. Diese Verbrennung übt
                              nach Angabe des VerfassersWegmann-Ercolani: die Leichenverbrennung
                                    als rationellste Bestattungsart (Zürich 1874) S. 37.
                              „stets einen großen Eindruck auf das Gemüth aus und macht
                                 tiefsinnig“. Der nach etwa 2 Stunden verkohlte Leichnam wird
                              zerkleinert und unter Erneuerung des Brennmaterials innerhalb weiterer 2 Stunden
                              vollständig verbrannt. Angeblich sind zu einer Verbrennung nur 70 bis 80 Kilogrm.
                              Holz erforderlich. Bei der Verbrennung eines 51 Kilogrm. schweren Mannes wurden nur 1,75 Kilogrm. einer
                              harten glasartigen Knochenmasse erhalten, 56 Proc. der Aschenbestandtheile waren
                              demnach als Flugasche fortgeführt. – Das Verfahren ist offenbar völlig
                              unannehmbar.
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 214, S. 386
                              Figur II zeigt den Verbrennungsapparat von H. Thompsons
                                 Scientific American, Mai 1874 S. 295., der unter seiner persönlichen Aufsicht geprüft ist. Ein cylindrischer
                                 Raum von etwa 2 Meter Länge und 1,7 Meter Breite steht mit einem Ofen in
                                 Verbindung, so daß ersterer bis auf etwa 1100° erhitzt werden kann. Der
                                 Leichnam wird in einem Metallsarge auf ein Gitterwerk von feuerfesten Steinen
                                 gestellt und der Verbrennungsproceß ungefähr 55 Minuten unterhalten, nach
                                 welcher Zeit von der Leiche nur etwa 2,5 Kilogrm. Asche übrig geblieben sind. Es
                                 geht also auch hier etwa die Hälfte der unverbrennlichen Stoffe als Flugasche
                                 fort. – Die Kosten einer Verbrennung sollen sich auf 100 bis 140 Mark
                                 belaufen. Daß eine in dem Metallsarge befindliche Leiche in diesem Ofen
                                 innerhalb 55 Minuten völlig verbrannt werden kann, darf wohl bezweifelt
                                 werden.
                              
                           Der Verbrennungsapparat von Professor Polli
                              Polli: Sulla incinerazione dè
                                       cadaveri (Milano 1872). in Mailand wird nach einer Zeichnung des Ingenieurs Clericetti von dem eisernen Ringe ab (Fig. III) gestützt, welcher mittels eiserner
                              Widerlager an den gußeisernen Säulen A, B befestigt ist.
                              Der Mantel des Verbrennungsapparates, der aus Steingut nach der Form der alten
                              römischen Aschenurnen hergestellt wird, besteht aus zwei Theilen; der obere cdfe ist unbeweglich und an seiner unteren Seite mit den
                              Löchern 1 2 3 4 ... durchbohrt, welche zum Einströmen der Luft dienen. Der untere
                              kann mittels einer Winde von seiner ursprünglichen Lage ef um 470 Millim. in senkrechter Richtung bis e'f
                              ' heruntergelassen werden, wobei der Fuß in die
                              hölzerne Unterlage voxytz hineintritt. Er trägt eine Art
                              Untertasse aus Eisenblech HJK, welche die Ueberreste der
                              Verbrennung aufnimmt und
                              mittels der zwei Handhaben L bequem herausgenommen
                              werden kann, um den Inhalt in die Aschenurnen zu entleeren. Die Verbrennung
                              geschieht mittels Leuchtgas, welches durch drei an ihrer ganzen Oberfläche
                              durchlöcherte hohle Ringe zugeführt wird. Die zwei unteren Ringe rs und r's' dienen zur
                              Verbrennung der Leiche, der obere r''s'' Verbrennen des
                              Rauches.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 214, S. 387
                              Der in ein Tuch gehüllte Leichnam wird auf die Platform AB getragen und in den cylindrischen eisernen Käfig, welcher sich in
                                 dem Verbrennungsgefäß befindet, hinunter gelassen. Es wird nun das aus dem Ringe
                                 rs ausströmende Gas entzündet und beim leisesten
                                 Geräusch oder der geringsten Bewegung, die man bei einem etwaigen Scheintode
                                 wahrnehmen sollte, würde der Käfig mittels der Handhaben αβ und einer Kette sofort heraufgezogen werden –
                                 gewiß eine sonderbare Vorsicht. Nach Augenblicken der Beobachtung öffnet man die
                                 Hähne zu den beiden oberen Ringen r's' und r''s'', um zur völligen Verbrennung zu schreiten.
                                 Der Erfinder gibt zu, daß der Rauch nicht ganz geruchlos, und daß namentlich ein
                                 an gebratenes Fleisch erinnernder Geruch nur schwer zu vermeiden ist –
                                 Grund genug, das Verfahren für unannehmbar zu erklären.
                              
                           Der Verbrennungsapparat von dem Civilingenieur F. Steinmann ist nach dem Regenerativsystem eingerichtet.
                           Fig. IV stellt den Schnitt FG, Fig. V Schnitt CDE und Fig. VI Schnitt
                              AB dar. Nach seiner Angabe besteht der ganze Apparat
                              aus zwei Theilen, dem Gaserzeuger oder Generator und dem Leichenverbrennungsraum
                              nebst Schornstein. m ist ein trichterförmiger Schacht
                              zur Aufnahme der Kohle, welche in zwei Mundlöchern b, b
                              durch die Füllapparate a, a aufgeschüttet wird. Durch
                              die Schlitzöffnungen g, g' ist die Verbindung des
                              Schachtes mit den Canälen l, l' hergestellt. c, c ist eine Wechselklappe, deren Flügel auf der
                              Zeichnung so eingestellt ist, daß der von ee kommende
                              Luftstrom, seinen Weg nach rechts durch den Regenerator h' und von da weiter durch l', g' nehmend, die
                              Kohlenschicht in m durchdringt und hier die
                              Gasentwickelung bewirkt. Die entwickelten Gase werden alsdann durch g und l abgesogen, gehen durch den linken Regenerator h und die Wechselklappe c
                              von der entgegengesetzten Seite und gelangen so nach dem Schlot d.
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 214, S. 388
                              Es wird also zunächst der Regenerator h die den Gasen innewohnende Temperatur aufnehmen,
                                 welche letztere alsdann beim Umwechseln der Klappe c
                                 sich dem neuen Luftstrom mittheilt, denn es erfolgt in diesem Fall genau die
                                 entgegengesetzte Manipulation. Dadurch aber, daß der neue Luftstrom im erhitzten
                                 Zustand zur Wirkung gelangt, tritt nothwendig auch eine intensivere Gasbildung
                                 ein, und die Gase erhitzen nun in einem höheren Grad den Regenerator h'. Dieser Kreislauf geht also folgendermaßen vor
                                 sich: der eine Regenerator wird erhitzt von den abgehenden Gasen, und der in
                                 entgegengesetzter Richtung eintretende Luftstrom absorbirt einen Theil der
                                 vorher abgegebenen Hitze des anderen Regenerators; diese wird aber jedesmal
                                 wieder ersetzt resp. erhöht beim eintretenden Wechsel.
                              
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 214, S. 388
                              Der Schacht m ist auf der unteren
                                 Seite mit Blech verkleidet, damit durch Wasserzulauf zunächst der hermetische
                                 Abschluß hergestellt ist. Die entstehende Asche wird von Zeit zu Zeit bei k mittels einer Krücke herausgenommen, während die
                                 Schlacken durch die gewöhnlich verschlossenen Schlitze n,
                                    n' abgestoßen werden. f ist eine
                                 Drosselklappe zur Regulirung des Luftstromes. Das erste Anzünden der Kohle
                                 erfolgt natürlich von oben, und ist der eine Regenerator auf eine höhere
                                 Temperatur gebracht, so wechselt man von Viertel- zu Viertelstunde.
                              
                           Wenn man nun auch durch die Luftklappe f die Gasbildung oder Verbrennung so ziemlich in der Gewalt hat, so wird
                              dennoch, wie Erfahrung lehrt, bereits ein Theil der Kohlenwasserstoffgase in den
                              Regeneratoren zur Verbrennung gelangen; es bleibt also noch übrig, den nach d entweichenden Theil durch äußere Luft zu entzünden,
                              welche man durch die fünf Oeffnungen p, die durch
                              Blechröhrchen auszubüchsen sind, zuführt. Ferner wird durch die permanente
                              Wasserverdampfung bei k, event. beim Durchströmen der
                              Dämpfe durch die Glutschichten, eine Wasserzersetzung eintreten, sich also ein stark
                              wasserstoffhaltiges Gas bilden, das bekanntlich an Intensität alle anderen Gase
                              übertrifft. Am Mundloch des Schlots d ist noch ein
                              Netzwerk von Steinen angebracht, damit die Mischung von Luft und brennendem Gas vor
                              dem Austritt nach dem Verbrennungsraum q sich
                              vollständig vollziehen kann, so daß nur noch die Feuerluft nach q gelangt.
                           
                              
                              Fig. 6., Bd. 214, S. 389
                              Der zu verbrennende Leichnam wird durch die Oeffnung r auf muldenförmige Chamotteplatten gelegt. Der
                                 ganze Raum nach dem Schornstein zu ist durch ein Gewölbe abgeschlossen, in
                                 welchem sich nur die nothwendige Oeffnung, die außerdem mit einer
                                 Regulirungsklappe zu versehen ist, zum Austritt der Gase befindet. Diese Gewölbe
                                 ermöglicht eine gewisse Pression der Feuerluft und damit eine intensive
                                 Einwirkung auf alle Theile des Leichnams.
                              Ein besonderer Vortheil des Verfahrens besteht noch darin, daß
                                 man dazu sogenannte fette Steinkohle (Backkohle) verwenden kann, welche bei
                                 allen sonstigen Gasgeneratoren nicht verwendbar ist. Nicht unerwähnt darf
                                 bleiben, daß das unvermeidliche starke Geräusch,
                                 welches das Platzen der Leiche im ersten Stadium der Verbrennung verursacht,
                                 hier durch die starken Wände ziemlich unhörbar gemacht wird. (Illustrirte
                                 Zeitung.)
                              
                           Aehnlich ist das Verfahren von Siemens, doch ist hier nur
                              ein Regenerator vorhanden.
                           Nach einer Mittheilung von F. Siemens (Gartenlaube, 1874
                              S. 312) wird der Gaserzeuger derart in Betrieb erhalten, daß in Zwischenräumen von 4
                              bis 6 Stunden eine Nachfüllung des verbrauchten Brennmateriales an Steinkohle,
                              Braunkohle, Holz oder Torf stattfindet. Das gebildete Gas wird in den Regenerator
                              geführt, wo dasselbe mit einem regulirbaren Luftstrom verbrennt. Die Flamme
                              durchstreicht die Regeneratorkammer, wodurch die aufgeschichteten Ziegel bis zur
                              Weißglut erhitzt werden. Die abziehenden Verbrennungsgase bringen noch den Ofen,
                              welcher zur Aufnahme der Leiche bestimmt ist, zur schwachen Rothglut und entweichen
                              dann in den Schornstein. Nun wird der Ofendeckel gehoben, der Sarg in die
                              Verbrennungskammer hinabgelassen (Fig. VII), der
                              Deckel wieder gesenkt und die Leiche der Rothglut ausgesetzt. Dann wird die
                              Gasklappe geschlossen, so daß nur im Regenerator bis nahe zur Weißglut erhitzte Luft
                              in den Verbrennungsraum gelangt und den vorgewärmten und theilweise ausgetrockneten
                              Leichnam rasch verzehrt.
                           Mit diesem Apparate sind bereits mehrere Versuche mit ThierleichenZeitschrift für Epidemiologie, 1874 S. 319 und 400. gemacht, sowie auch zwei menschliche Leichname verbrannt. Nach den
                              Untersuchungen von Schmidt waren die abziehenden
                              Verbrennungsgase geruchlos und frei von unverbrannten Bestandtheilen; doch konnte
                              man durch Verminderung der zuströmenden Luft die abziehenden Gase auch sofort
                              rauchhaltig machen. Thierleichen von 82 Kilogrm. verbrannten in 1 1/2 Stunden und
                              erforderten für nur 3 Mark Kohlen.
                           
                              
                              Fig. 7., Bd. 214, S. 390
                              Es hat sich nachträglich herausgestellt, daß die anfangs zur Verbrennung benützte
                                 weißglühende Luft, bei welcher man die Knochen als eine weißgraue,
                                 porzellanähnliche Masse erhält, nicht so vortheilhaft ist als rothglühende. Nach
                                 einem von Reclam auf der Naturforscherversammlung in
                                 Breslau gehaltenen Vortrage scheint die Verbrennungswärme zwischen 1000 u.
                                 1500° zu schwanken. Auch der Verbrennungsapparat hat einige Abänderungen
                                 erhalten. Er befindet sich nicht mehr unmittelbar unter der Leichenhalle,
                                 sondern neben derselben, und der Sarg gleitet, wenn er in die Gruft
                                 hinabgelassen ist, durch einen zweckmäßig eingerichteten Gang auf Rollen nach
                                 dem Verbrennungsraum, dessen Kopfende durch eine die gesammte Wand einnehmende
                                 eiserne Thür verschlossen ist. Sobald durch die geöffnete Thür der Sarg
                                 eingeschoben ist, wird dieselbe wieder geschlossen und die Verbrennung beginnt.
                                 Nach Angabe des Redners verbrennen die im prachtvollsten Roth leuchtenden Körper
                                 mit vollständig weißer, nach unten herabfließender Flamme, bis nur noch das
                                 glühend leuchtende Skelett übrig ist. Keine Detonation wird vernommen, der
                                 Vorgang ist in allen Theilen ästhetisch schön (?), den Beobachter zur
                                 Bewunderung (?) hinreißend.Beilage zur Augsburger Allgemeinen Zeitung, 1874 S. 4165, 4179 u.
                                          4897.
                                 
                              
                           In Wien sollen von Dr.
                              Nowak im chemischen Laboratorium der Josephs-Akademie mit
                              einem von Köhler construirten Ofen Versuche gemacht
                              werden. (Ausland, 1874 Nr. 21).
                           Professor Gorini in LodiGorini: la conservazione della salma di Giuseppe
                                       Mazzini (Genova 1873). erhitzt eine von ihm geheim gehaltene Substanz (Salpeter?) bis zum Schmelzen
                              und verbrennt die Leiche in der wallenden Flüssigkeit. Dr. Pini in MailandWegmann-Ercolani, S. 34 und 42. beschreibt ein Experiment in folgender Weise. Nachdem die Flüssigkeit in
                              Wallung gekommen war, nahm Gorini von den am Boden
                              liegenden Bestandtheilen einer menschlichen Leiche ein Bein, einen Fuß, eine Hand,
                              eine Hüfte (?) und zuletzt einen Kopf, und kaum waren diese Theile mit der heißen
                              Flüssigkeit in Berührung gebracht, so brannten sie lichterloh auf, und in etwa 20
                              Minuten waren sie vollständig zerstört; der Rauch und die Gase, welche aus dem
                              Tiegel emporstiegen, verflüchtigten sich in der Luft; das Zerstörungswerk ging nicht
                              nur schnell sondern auch ohne alles Geräusch vor sich, und der Geruchsinn der
                              Umstehenden wurde auch nicht im mindesten beleidigt. (?)
                           Eine Einzelverbrennung kostet 50 bis 60 Mark; sind mehrere Leichen auf einmal zu
                              verbrennen, so ist das Verfahren billiger. – Selbst nach diesen
                              oberflächlichen Angaben läßt sich bestimmt sagen, daß diese Art der sogenannten
                              Feuerbestattung in keiner Weise empfehlenswerth ist.
                           Die Leiche des Fürsten Pückler-Muskau wurde am 7.
                              Februar 1871 von drei Aerzten geöffnet, das Herz in einem Glasgefäße mit 3,5
                              Kilogrm. Schwefelsäure übergossen, wodurch es bald in eine dunkelschwarze formlose
                              Masse umgewandelt wurde, das Gefäß in eine kupferne Urne gesetzt und verlöthet. Der
                              Leichnam selbst wurde in einen Metallsarg gelegt und mit 5 Kilogrm. Natron, 10
                              Kilogrm. Kali und 12,5 Kilogrm. gebrannten Kalk versetzt, dann in einem Sarge von
                              Eichenholz mit der Urne zusammen beerdigt. (Gartenlaube, 1874 S. 680.)
                           Eigenthümlich ist der Vorschlag von Franz Johann Kral:Kral: Die irdische Auferstehung. Eine
                                    naturwissenschaftlich-philosophische Betrachtung (Brünn 1873) S.
                                    8.
                              „Ich hin ganz damit einverstanden, daß mein Cadaver zuerst in den
                                 Secirsaal, dann in das pathochemische Laboratorium gelange, um nach meinen im
                                 Leben gegebenen Memorialen untersucht zu werden, im Interesse der Wissenschaft
                                 und der Menschheit. Meine Ueberreste sollen dann zweckmäßig verkleinert werden.
                                 Die Maschinen dazu existiren bereits und brauchen daher nicht mehr erfunden zu
                                 werden. Meine so zerkleinerten Ueberreste werden mit Salzsäure versetzt.
                                 Knochen- und Muskelsubstanz und leimgebende Gewebe geben mit geringen
                                 Mengen von Salzsäure eine Gallerte. Diese soll mit Erde innig gemischt werden,
                                 und dieses Gemenge so lange liegen, bis es reif und tauglich wird zur Düngung
                                 der Felder. Ich weiß, ich werde Nachahmer finden,(?) man braucht keine
                                 Kirchhöfe, man kann diese zu saatentragenden Feldern machen.“
                              
                           
                           Von diesem Standpunkte aus wäre es offenbar rationeller, die Leichen erst auf
                              Leuchtgas zu verarbeiten, die rückständige Kohle in der Zuckerfabrikation und dann
                              zum Düngen der Felder zu verwenden, oder aber die Todten im Magen der Ueberlebenden
                              zu bestatten, wie dies – zum Theil durch religiöse Anschauungen veredelt
                              – noch heute unter wilden und halbwilden Völkerschaften geschieht und auch im
                              Nomadenzeitalter der indogermanischen Race bekannt war.
                           Im Gegensatz zu diesen Vorschlägen, welche eine möglichst rasche Zerstörung des Leichnams bezwecken, suchten die Aegypter und einige
                              amerikanische Indianerstämme diesen möglichst zu conserviren. Worin das Verfahren bestand, hat selbst durch chemische
                              Untersuchung der Mumien nicht entdeckt werden können.Zeitschrift für Epidemiologie, 1874 S. 157.
                              
                           Dr. v. SteinbeisBeilage zur Augsburger Allgemeinen Zeitung vom 3. Juni 1874. hat vorgeschlagen, die Leichen in einem Troge von Portlandcement mit
                              Romancement zu bedecken. Diese Steinsärge können zum Bau von Kirchen verwendet, oder
                              als selbstständige Monumente auf einem Friedhofe aufgestellt werden.
                           
                              
                                 (Schluß folgt.)