| Titel: | Chronograph von Mathias Hipp, Director der Telegraphen-Fabrik in Neuenburg (Schweiz) | 
| Fundstelle: | Band 214, Jahrgang 1874, Nr. CXV., S. 442 | 
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                        CXV.
                        Chronograph von Mathias Hipp, Director der Telegraphen-Fabrik
                           in Neuenburg (Schweiz)
                        Mit Abbildungen.
                        Hipp's Chronograph.
                        
                     
                        
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 214, S. 442
                              
                           Von jeher ist es das Bestreben gewesen, den Chronographen, wie sie der Astronom zu
                              seinen Beobachtungen gebraucht (Fixirung von Sterndurchgängen im Passageninstrumente etc.)
                              einen möglichst gleichförmigen Gang zu geben. Für Instrumente, die auf festen
                              Stationen aufgestellt, hat man dies durch conische Pendel in Verbindung mit
                              Windfängen zu erreichen gesucht. Die Einrichtungen, welche man aber auf diese Weise
                              erhält, sind so complicirt, daß dergleichen Apparate nur schwer transportirt werden
                              können. So findet man denn bei den Chronographen, welche zu Längenbestimmungen auf
                              telegraphischem Wege benützt werden, meistens Windfänge als regulirende Elemente.
                              Die Gleichmäßigkeit der Bewegung läßt dabei viel zu wünschen übrig; zwar hat man
                              sich von den Unannehmlichkeiten der verschieden langen Secundenintervalle auf dem
                              Streifen durch eigenthümliche Ablesescalen, die auf Glas gravirt sind, zu befreien
                              gesucht, aber die Genauigkeit der Beobachtungen wird dadurch mehr oder weniger
                              illusorisch bleiben.
                           Hipp in Neuenburg, dem schon mancher Fortschritt in der
                              Verwendung der Elektricität zu wissenschaftlichen Instrumenten zu verdanken ist, hat
                              nun schon im J. 1848Dingler's polyt. Journal, 1848 Bd. CX S. 184. eine schwingende Feder als regulirendes Element in Anwendung gebracht und so
                              dem Wheatstone'schen Chronoskop einen hohen Grad von
                              Vollkommenheit gegeben. Eine genauere Beschreibung dieses Instrumentes findet man in
                              diesem Journal, 1849 Bd. CXIV S. 255, sowie Untersuchungen über etwaige
                              Fehlerursachen, Jahrg. 1852 Bd. CXXV S. 12 und 1854 Bd. CXXXII S. 259. Es dient
                              dieses Instrument zum Messen sehr kleiner Zeittheile, und sein Gang soll eine
                              Gleichmäßigkeit von chronometrischer Genauigkeit besitzen.
                           Bei dem Chronographen nun, welchen Hipp auf der
                              Weltausstellung in Wien ausgestellt hatteVergl. den officiellen Ausstellungsbericht über „Geodätische
                                       Instrumente“ von Dr. W. Tinter, Professor an der k. k. technischen
                                    Hochschule in Wien., findet sich die schwingende Feder wieder als
                              regulirendes Element. Die treibende Kraft ist die Schwerkraft und das
                              Registrirmittel ein Papierstreifen, welcher durch das Uhrwerk fortbewegt wird.
                              (Letzterem gibt man jetzt meistens den Vorzug, wenigstens bei beweglichen Stationen,
                              weil solches Telegraphenpapier überall beschafft werden kann, man das unangenehme
                              Aufziehen des Papieres auf den Cylinder vermeidet und das Ablesen leichter als beim
                              Cylinder sich vornehmen läßt.) Zum Markiren dienen Capillarfedern aus Glas, die mit
                              einem Tintengefäß in Communication stehen und so continuirliche Linien auf dem
                              Streifen zeichnen. Die Signale können durch seitliche Ablenkung der Federn leicht
                              hervorgebracht werden.
                           Vorstehende Holzschnitte stellen den Hipp'schen Apparat im
                              Grundriß und im Aufriß dar. Wir finden die regulirende Feder F in das Sperrrad R, eingreifend, während sie bei n fest aufliegt. Bei jeder Schwingung läßt die Feder
                              einen Zahn des Sperrrades R durch, und es wird durch die
                              Gleichmäßigkeit der Federschwingungen dieses Rad eine sehr gleichmäßige Bewegung
                              annehmen müssen, was durch die Erfahrung an den Chronoskopen bestätigt ist. Das
                              Räderwerk wird durch die Gewichte q an einer Kette ohne
                              Ende getrieben, und läßt sich dieser Theil des Apparates leicht aus den Figuren
                              ersehen. An der Welle mit dem Triebe t₂ steckt
                              der an der Oberfläche rauh gemachte Cylinder i',
                              zwischen welchem und dem darüber befindlichen Cylinder i
                              ein auf dem Rade r₃ befindliche Papierstreifen
                              p durchgezogen wird, und zwar in Folge der drehenden
                              Bewegung des Cylinders i'. Der Cylinder i kann durch den Hebel H
                              gehoben werden, wodurch dann die Bewegung des Streifens aufgehoben wird, wenn auch
                              das ganze Werk sich im Gang befindet.
                           Die Federn, welche die Zeichen auf den Streifen hervorbringen, bestehen aus den zwei
                              Capillarröhren c, welche mit den spitzen Enden auf dem
                              Streifen p aufruhen, während das andere Ende sich
                              erweitert und in das Tintengefäß G eintaucht. Die Federn
                              haben die Form von communicirenden Röhren. Die Signale werden nun dadurch
                              hervorgebracht, daß die Schreibfedern seitlich verrückt werden, wodurch die auf dem
                              Papiere p entstehenden Linien gebrochen sind, wie dies
                              aus der Figur I zu ersehen ist. Diese Verrückung der
                              Federn wird nun durch folgende Einrichtung erzielt.
                           Die Schreibfedern sind in die Lamellen l und l₁ eingesetzt, und es bilden die Lamellen
                              Horizontalführungen, die in Richtung ihrer Längsachse verschoben werden können,
                              geführt in den Schlitzen unmittelbar bei den Buchstaben l und l₁. Diese Horizontalführungen der
                              Schreibfedern sind mit den Bügeln b₁ und b₂ in Verbindung gebracht – in der Weise,
                              daß an der Vereinigungsstelle durch zwei horizontale Schrauben horizontale Achsen
                              entstehen, um welche sich l und b₁ resp. l₁ und b₂ drehen können. Die Bügel b₁ und b₂ sind
                              auf die horizontalen Anker A₁ und A₂ aufgeschraubt, und es befinden sich letztere
                              vor den verticalen Elektromagneten e₁, e'₁ und e₂,
                              e'₂. Die Anker spielen zwischen den Schrauben
                              s₁, s'₁
                              und s₂, s'₂,
                              welche horizontale Achsen bilden.
                           Das Spiel ist nun folgendes. Geht z.B. durch e₁,
                              e'₁ ein Strom, so wird der Anker A₁ sich um einen kleinen Winkel um die Achse s₁s'₁ drehen,
                              der Bügel b₁ um denselben kleinen Winkel, und so
                              wird die Horizontalführung l etwas nach dem
                              Elektromagneten zu bewegt werden, wodurch ein Knie in den Aufzeichnungen der Feder
                              entstehen muß. Werden die Ströme unterbrochen, so werden die Anker durch die
                              Spiralfedern 
                              f und f₁ in ihre alte
                              Lage zurück gebracht und dadurch auch die Schreibfedern.
                           Die Secundensignale der Normaluhr werden durch die eine Schreibfeder c; aufgezeichnet, indem durch den Elektromagneten e₂, e'₂ der
                              Strom der Uhrbatterie U. B., welche alle Secunden durch
                              die Uhr geschlossen wird, geht. Zur Fixirung des Beobachtungsmomentes dient der
                              Taster; sowie der Beobachter auf denselben drückt, wird der Strom der Signalbatterie
                              S. B. geschlossen; derselbe geht durch den
                              Elektromagneten e₁, e'₁ und bringt die andere Schreibfeder c auf diese Weise aus ihrer normalen Lage. Zur bequemen Herstellung der
                              Verbindungen sind im Gestell acht Messingklötzchen mit Klemmschrauben
                              angebracht.
                           In unserer Quelle wird nun mitgetheilt, daß der Gang des Apparates ein
                              außerordentlich gleichförmiger ist; es ließ sich dies, wie schon erwähnt, erwarten.
                              Doch muß dabei auf einen Umstand aufmerksam gemacht werden, der sich schon bei den
                              Chronoskopen zeigte und der unter Umständen sehr störend wirken kann. Es kam nämlich
                              vor, daß der Apparat eine solche Geschwindigkeit annahm, daß nicht bei jeder
                              Schwingung der Feder ein Zahn des Sperrrades durchging, sondern daß die Feder zwei
                              oder drei Schwingungen machte, daß also die Geschwindigkeit des Werkes 1/2 oder gar
                              1/3 der verlangten war. Bei den Chronoskopen half man sich dadurch, daß das
                              Räderwerk erst in die nöthige Geschwindigkeit gebracht wurde, worin es sich dann
                              erhielt. In den Beschreibungen der ChronoskopeDies Journal, 1849 Bd. CXIV S. 255. ist ganz ausdrücklich darauf hingewiesen worden. In wie weit diese Störungen
                              bei den jetzigen Instrumenten zum Vorschein kommen, muß natürlich der Erfahrung
                              überlassen bleiben.
                           Auf einen Uebelstand macht nun unsere Quelle noch aufmerksam, der allerdings sehr in
                              das Gewicht fällt und welcher die Brauchbarkeit des Instrumentes in dieser Form sehr
                              zweifelhaft macht. Es soll oft ein Versagen der Federn eintreten und deren
                              Auswechslung mühsam und zeitraubend sein; auch sollen sich endlich die Federn leicht
                              verstellen.
                           Der zweite Punkt, die mühsame und zeitraubende Auswechslung der Federn, machen nach
                              Meinung des Referenten das Instrument zum praktischen Gebrauche namentlich auf
                              Feldstationen, wie zu Längebestimmungen, dem Venusdurchgang etc., für welche der
                              Apparat hauptsächlich zweckmäßig sein könnte, vollständig unmöglich. So angenehm
                              eine continuirliche Aufzeichnung auch ist und so unangenehm das Suchen nach den
                              Registrirpunkten, wenn der Apparat einmal schlecht gewirkt hat oder die Federn zu
                              straff gespannt waren etc., bei dem nach dem Princip des 
                              Morse'schen Schreibapparates construirten Chronographen
                              auch sich geltend macht, so fatal es ferner ist, wenn ein Punkt schon im Papier war
                              und man nicht weiß, welches der richtige Punkt ist, so sind diese Uebelstände lange
                              nicht so groß, als wenn plötzlich mitten in den Längenbestimmungen, wo es manchmal
                              auf die Minute ankommt, der Apparat versagt oder beim Transport sämmtliche Federn
                              zerbrochen sind. Diese Uebelstände könnten sich unserer Meinung nach alle beheben
                              und ein Apparat erzielen lassen, der alle bis jetzt gebräuchlichen weit übertreffen
                              würde, wenn Hipp auf das Morse'sche System überginge und an den Apparaten, wie sie jetzt meist
                              gebräuchlich sind, seine Feder als regulirendes Element anbrächte. Bei solid
                              gearbeiteten Schreibstiften kommt dann weder beim Transport noch beim Gebrauch so
                              leicht etwas vor; die Bewegung würde eine gleichförmige sein und Telegraphenpapier
                              ist überall zu schaffen, so daß alle Bedingungen der Brauchbarkeit erfüllt sein
                              würden.
                           
                              P. S.