| Titel: | Untersuchungen über (Festigkeit und Elasticität der Constructions-Materialien; von Professor R. H. Thurston. | 
| Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 1 | 
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                        Untersuchungen über (Festigkeit und Elasticität
                           								der Constructions-Materialien; von Professor R. H. Thurston.Vom Verfasser, Professor der Technologie am
                                    											Stevens-Institute in Hoboken (N. J. Amerika), gütigst eingesandter
                                    											Separatabdruck seiner im Franklin-Institute gehaltenen
                                    											Vorträge.
                        Mit Abbildungen und Taf.
                              										A und B.
                        Thurston, Untersuchungen über Festigkeit und Elasticität der
                           								Constructions-Materialien.
                        
                     
                        
                           Vor einigen Monaten, als Verfasser mit den vorgeschrittenen Jahrgängen des Stevens-Institute of Technology beschäftigt war,
                              									die Festigkeit der Materialien zu untersuchen, fand sich, daß die Coefficienten,
                              									welche von den verschiedenen Autoritäten gegeben wurden, weder vollkommen unter
                              									einander übereinstimmten, noch auch mit seinen eigenen Versuchsresultaten. Der
                              									Verfasser war daher veranlaßt, eine eigenthümliche Maschine zu construiren, um
                              									mittels derselben zu bestimmen, wie weit diese Differenzen durch individuelle
                              									Beobachtungsfehler einerseits, durch die Verschiedenartigkeit der Materialien
                              									andererseits beeinflußt seien. Er entschied sich zu einer Vorrichtung zum Messen von
                              									Torsionswiderständen, und versah dieselbe mit einem automatischen Registrirapparat,
                              									um mittels desselben ein Diagramm zu erhalten, das eine verläßliche und exacte
                              									Darstellung aller Umstände bei Verdrehung und Bruch des Probestückes geben sollte.
                              									Kein Modus persönlicher Beobachtung konnte selbstverständlich so verläßliche
                              									Resultate geben wie dieses automatisch geschriebene Diagramm, und keine früher
                              									angewendete Methode war im Stande, gleichzeitig und in jedem Momente des
                              									Experimentes, die Größe der Verdrehungs kraft und des
                              									entsprechenden Verdrehungs winkels anzuzeigen. Es konnten
                              									daher wohl von der Anwendung dieses Apparates neue und wichtige Resultate erwartet
                              									werden—eine Voraussetzung, die sich auch vollkommen bewährt hat.
                           Die ursprünglich vom Verfasser construirte und zu seinen Versuchen im Stevens-Institute benutzte Maschine ist in
                              									umstehendem Holzschnitte Fig. 1 dargestellt. Seitdem
                              									wurden allerdings verschiedene Maschinen für specielle Zwecke (für Drahtwalzwerke,
                              									Eisenbahn- und Brückenbau-Werkstätten) construirt, welche aber nur
                              									geringe Modificationen aufweisen.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 2
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 2
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 2
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 2
                              
                           Wie aus der Abbildung ersichtlich ist, trägt das Gestelle A
                                 										A′ in seinem oberen Ende zwei Hebel C E
                              									und B D gelagert, von denen der erstere mit einem
                              									Handgriffe, letzterer mit einem Gewicht versehen ist. Der Hebel C E ist in der rechten Wange des Gestelles gelagert, B D in der linken, und beide sind so lange vollkommen
                              									von einander unabhängig, bis ein Probestück eingespannt wird. Dieses wird in der aus
                              									Holzschnitt Fig. 3 und 4 ersichtlichen Weise mit vierkantigen Enden zugerichtet und mittels
                              									derselben in die Klauen M U (Fig. 2) der beiden Hebel eingelegt, welche sodann derart mit einander
                              									verbunden sind, daß bei der Abwärtsbewegung des Hebels C
                                 										E — welcher bei Beginn in eine horizontale Lage gestellt wird
                              									— der ursprünglich vertical herabhängende Hebel B
                                 										D, der Bewegung von C E folgend nach aufwärts
                              									steigen muß und dabei durch das Gewicht D immer größere
                              									Torsionsmomente auf das eingespannte Probestück ausübt. Dieselben werden dadurch
                              									gemessen, daß ein mit B D verbundener Stift I von einer am Gestelle A
                                 									A′ befestigten Leitcurve F derart
                              									vorgeschoben wird, daß seine Querverschiebung genau proportional der Größe des von
                              										D ausgeübten Drehungsmomentes ist. Indem nun der
                              									Stift I auf einer an C E
                              									befestigten Papiertrommel G einspielt, so muß er auf
                              									derselben eine Curve beschreiben, deren Ordinaten sofort die Größe der jeweiligen
                              										Drehungsmomente angeben, die Abscissen aber, wie ohne
                              									weiteres erhellt, die Bogenlänge  des Winkels, um den sich C E
                              									gegen B D verdreht, d. i. der jeweilige Torsionswinkel des Probestückes. Ein Maximumzeiger J, welcher nur dem Vorwärtsgange des belasteten Hebels
                              										B D folgt, dient als Controle der Angaben des
                              									Diagrammes.
                           Die Methode des Experimentirens bedarf sonach keiner weiteren Erklärung; erwähnt mag
                              									nur noch werden, daß bei der vom Verfasser angewendeten und in Figur 1 dargestellten Maschine die Bewegung des Hebels
                              										C E zwar direct von Hand erfolgt, daß aber bei
                              									größeren Maschinen auch Vorsorge getroffen wird, dieselbe durch ein Getriebe zu
                              									vermitteln.
                           Jedenfalls zeichnet sich der hier beschriebene Apparat vor allen anderen
                              									Festigkeitsmaschinen auch durch seine Einfachheit und den billigen Preis (150
                              									Dollars = 645 Mark für eine Maschine wie die zu den hier beschriebenen Versuchen
                              									benützte) aus — Eigenschaften, welche verbunden mit der Leichtigkeit des
                              									Experimentirens und der Transportfähigkeit des ganzen Apparates für den Ingenieur
                              									kaum weniger wichtig sind, als die Genauigkeit und Vollständigkeit der damit
                              									erzielbaren Resultate.
                           Die so erhaltenen Diagramme geben somit in ihren Ordinaten die Torsionsmomente, in
                              									ihren Abscissen die Verdrehungswinkel an, und nachdem der Widerstand gegen
                              									Abscherung bei homogenem Materiale dem Zugwiderstande proportional ist, so folgt
                              									daraus, daß bei derartigen Materialien die Ordinaten auch den Zugwiderstand
                              									bezeichnen können, und näherungsweise auch bei nicht vollkommen homogenem Materiale
                              									zu Vergleichungen der absoluten Festigkeiten dienen können, so lange, wie es
                              									geschah, alle Probestücke genau dieselben Dimensionen erhielten.
                           Nachdem ferner die Elasticität des Materiales durch das
                              									Verhältniß der Verdrehungskraft zu der dadurch bewirkten bleibenden und
                              									vorübergehenden Verdrehung bestimmt ist, so erhellen auch aus den Diagrammen die
                              									Elasticitäts-Eigenschaften des Materiales, sowie endlich dessen Dehnbarkeit und totale Widerstandsarbeit gegen Bruch (resilience),
                              									letztere gemessen durch die Fläche des Diagrammes.
                           Aus den Diagrammen, welche in der beigeschlossenen Tafel gegeben werden, geht hervor,
                              									daß der erste Theil der Diagrammlinie eine Curve von kleinem Radius, convex gegen
                              									die Abscissenachse, ist und daß die Linie dann unter einem kleinen Neigungswinkel
                              									gegen die Verticale nahezu gerade hinaufsteigt, bis sie, an einem Punkte in einiger
                              									Höhe über dem Ausgangspunkt, eine umgekehrte Krümmung annimmt.
                           Der erste Theil der Linie wird wahrscheinlich durch das Nachgeben der nicht scharf
                              									genug passenden Beilagen hervorgerufen, welche zum Einspannen des Probestückes
                              									verwendet werden; ferner aber wohl auch  bei manchen Materialien durch das vorzeitige Nachlassen
                              									einiger Fasern, welche schon vorher überansprucht waren. Sobald ein fester Halt
                              									erlangt ist, wird die Linie bisweilen fast ganz gerade, und zeigt, wie der Betrag
                              										der Verdrehung annähernd proportional ist der verdrehenden
                                 										Kraft, entsprechend dem „Hooke'schen
                                 										Gesetze“: ut tensis sic vis.
                           Nach Erreichung eines bestimmten Verdrehungswinkels, welcher durch den specifischen
                              									Charakter des Probestückes bedingt ist, wird die Linie gekrümmt, indem die
                              									Formveränderung ein rascheres Aenderungsverhältniß hat wie die Inanspruchnahme.
                              									Sobald diese Aenderung bemerkbar wird, beginnen wahrscheinlich die Molecüle, welche
                              									bis zu diesem Punkte im Allgemeinen ihre relative Position beibehalten und nur die
                              									relativen Distanzen vergrößert hatten, nun auch ihre Stellungen zu einander
                              									verschieben — in einer Weise, welche wohl mit der von TrescaL'écoulement des corps solides Comptes rendus
                                    											1869, 1871. als „Fluß der festen Körper“
                              									beschriebenen Erscheinung identisch sein dürfte.
                           Es ist dieser Punkt, bei welchem die Linie concav gegen die Basis zu werden beginnt,
                              									welcher als die Grenze der Elasticität betrachtet werden
                              									kann. Man wird bemerken, daß diese Grenze sehr genau bestimmt ist bei den Hölzern,
                              									weniger deutlich, aber noch immer wohl ersichtlich, bei sehnigem Eisen und den
                              									weniger homogenen Mustern anderer Metalle, aber vollkommen unbestimmbar wird, sobald
                              									wirklich homogene Materialien, beispielsweise die besten Qualitäten von gut
                              									durchgearbeitetem Gußstahl, untersucht werden. Dieser Punkt bezeichnet übrigens
                              									nicht, wie gewöhnlich angenommen wird, den Beginn der bleibenden Setzung, indem, wie
                              									später ersichtlich sein wird, eine Formveränderung — sei es vorübergehend
                              									oder bleibend, und gewöhnlich beides zugleich — bei jedem, auch noch so
                              									geringen Betrag der Verdrehung eintritt. Dieselbe tritt allerdings erst nach
                              									Ueberschreitung der Elasticitätsgrenze in beträchtlicherem Maße und dann auch zum
                              									größten Theile als bleibende Formveränderung auf.
                           Die Neigung des geraden Theiles der Diagrammlinie gegen
                              									die Horizontale gibt ein Maß der Steifigkeit des
                              									Materiales, indem die Tangente des Neigungswinkels das Verhältniß der
                              									Verdrehungskraft zum Verdrehungsbogen bis zur Elasticitätsgrenze hinauf bezeichnet.
                              									Derselbe Werth kann gewissermaßen auch als Ausdruck für die Härte der Metalle angesehen werden, nachdem dieselbe, wie aus den
                              									Versuchen hervorgeht, bei homogenen Substanzen der Steifigkeit nahezu proportional
                              									ist.
                           
                           Nach Ueberschreitung der Elasticitätsgrenze wird die Diagrammlinie mehr und mehr
                              									parallel zur Abscissenachse und beginnt dann — bei den Hölzern ausnahmslos,
                              									aber auch bei einigen Metallen — rasch zu fallen, noch ehe ein Bruch in dem
                              									Probestück ersichtlich wird. Dies läßt sich nur dadurch erklären, daß bei sehnigen
                              									Substanzen — wie es eben Holz und einige Metalle sind — eine derartige
                              									Verschiebung der einzelnen Fasern über einander stattfindet, daß sie successive alle
                              									zum höchsten Widerstand gebracht werden und schließlich auch nur successive ihre
                              									Widerstandskraft verlieren, während harte und spröde Materialien, bevor noch ein
                              									solcher „Fluß der festen Partikeln“ bemerkbar wird, mitten in
                              									der aufsteigenden Linie mit einem Schlag brechen können.
                           Es ist klar, daß die Normalformeln für Torsionswiderstand, ebensowohl wie für andere
                              									Formen des Widerstandes, nicht vollkommen correct sein können, nachdem sie nicht
                              									diesen Unterschied in dem Charakter des Widerstandes von geschmeidigem und steifem
                              									Material andeuten.
                           Die Elasticität des Materiales wird dadurch bestimmt, daß
                              									die Verdrehungskraft zeitweise nachgelassen wird, um dem Probestück Zeit zu geben,
                              									sich von der Verdrehung soviel, als es seine Elasticität gestattet, zu erholen. In
                              									solchen Fällen wird man finden, daß der rückgehende Stift eine Linie beschrieben
                              									hat, die in ihrer allgemeinen Form und Lage derjenigen ähnelt, welche die
                              									Anfangspartie des Diagrammes gebildet hat, aber beinahe vollkommen gerade und mehr
                              									der Verticalen angenähert ist. Ebenso wie nun die Tangente des ursprünglichen
                              									Neigungswinkels Θ der aufsteigenden Diagrammlinie gegen die Horizontale ein
                              									Maß der Steifigkeit des Materiales abgab, so bezeichnet nun die Tangente des
                              									Neigungswinkels φ der von dem rückgehenden Stifte beschriebenen Linie den
                              									Grad der Elasticität, indem sie das Verhältniß der die elastische Federung
                              									hervorbringenden Kraft zum Betrage dieser Kraft angibt.
                           Die Thatsache aber, daß dieser Werth tang φ stets
                              									größer ist wie tang Θ bei demselben Materiale,
                              									ist Beweis, daß stets eine größere oder geringere bleibende Setzung eintritt, wie
                              									viel oder wie wenig auch das Probestück verdreht worden sein mag.
                           Endlich zeigt die Form der Curve, nachdem sie ihr Maximum passirt hat, die Art der Kraftveränderung
                              									während des Bruches an. Diese Schlußpartie des Diagrammes ist sehr schwer auch nur
                              									mit annähernder Genauigkeit zu erhalten, außer bei den zähesten und geschmeidigsten
                              									Materialien. Dieser Schlußtheil der Curve sollte, nach der Theorie, eine kubische
                              									Parabel sein, indem der Verlust der Widerstandskraft mit dem successiven Brechen
                              									concentrischer Lagen fortschreitet, und  der zurückbleibende cylindrische Theil kleiner und
                              									kleiner wird, bis der Widerstand mit dem Bruche der Achslinie Null ist. In einigen
                              									Fällen ergeben die Diagramme, welche von dehnbaren Metallen erhalten wurden, diese
                              									parabolische Linie sehr deutlich. Bei allen harten Materialien aber ist der Riß,
                              									welcher durch den plötzlichen Bruch der äußeren, am meisten gespannten Partikeln
                              									entsteht, genügend, auch die inneren zu trennen, und dann wird die Schlußlinie
                              									gerade und vertical.
                           Die Homogenität des untersuchten Materiales ist häufig
                              									kaum weniger wichtig als dessen Festigkeit, und es wäre sehr wünschenswerth für den
                              									Experimentator, irgend eine Gewißheit zu erhalten über den Charakter seiner
                              									Stichproben, inwieweit sie den Charakter der ganzen Lieferung, aus der sie entnommen
                              									sind, repräsentiren.
                           Wenn die Stichproben vollkommen homogen sind, so kann man mit Zuversicht annehmen,
                              									daß sie genau die ganze Lieferung repräsentiren; wenn sie jedoch unregelmäßig in
                              									Structur und Festigkeit ausfallen, so kann kein verläßliches Urtheil über die ganze
                              									Lieferung gefällt werden, und es gibt keine Sicherheit, daß unter dem angewendeten
                              									Material nicht gerade an der Stelle, wo Festigkeit am nothwendigsten wäre,
                              									unverläßliche Bestandtheile sich befinden. Je homogener das Material ist, desto
                              									regelmäßiger ändert sich seine Widerstandskraft und desto weicher und symmetrischer
                              									sind die Linien des Diagrammes.
                           Die Depression der Curve unmittelbar hinter der Elasticitätsgrenze stellt die größere
                              									oder geringere Homogenität des Materiales dar. Diese Thatsache ist in schlagender
                              									Weise bei einigen der erhaltenen Diagramme dargestellt, und gewährt (was nach dem
                              									Verfasser bis jetzt noch nie gefunden war) ein directes Mittel, um die Homogenität zu bestimmen.
                           Die Widerstandsarbeit (resilience) des Probestückes wird durch die Fläche gemessen, welche in
                              									seinem Diagramme eingeschlossen ist, indem dieselbe bestimmt wird durch das Product
                              									aus der mittleren Widerstandskraft in den Weg, durch welchen sie wirkt, bis der
                              									Bruch hervorgebracht wird; d. h. sie ist proportional der Arbeit, welche von dem
                              									Probestück im Widerstand gegen Bruch geleistet wird, und stellt den Werth des Materiales im Widerstand gegen Stöße dar. Die
                              									Fläche innerhalb der Ordinate der Elasticitätsgrenze bezeichnet den Widerstand zur
                              									Aufnahme eines Stoßes ohne gefährliche Verdrehung und schädliche
                              									Formveränderung.
                           Die Dehnbarkeit des Materiales wird abgeleitet aus dem
                              									Werthe des totalen Verdrehungswinkels, und ihr Maß ist die Verlängerung einer Linie
                              									der Oberflächen-Partikel, welche — ursprünglich parallel zur  Achse — mit dem
                              									Nachgeben des Materiales eine schraubenförmige Gestalt annimmt und zuletzt in oder
                              									nahe dem Punkte reißt, wo der Maximal-Widerstand erreicht ist.
                           Nachdem in unserem Falle bei der Verdrehung des Probestückes, keine merkbare
                              									Verringerung des Querschnittes oder Formveränderung des Probestückes stattfindet, so
                              									ist dieser Werth der Verlängerung ein thatsächliches Maß der größten Dehnbarkeit des
                              									Materiales und ist selbst eine genauere Angabe als der Bruchquerschnitt, wie
                              									derselbe gewöhnlich nach Zerreißversuchen gemessen wird.
                           Es mag hier auch bemerkt werden, daß, wo immer hier Vergleichungen gemacht sind, ohne
                              									ausdrückliche Constatirung anderer Bedingungen, nur Probestücke derselben
                              									Dimensionen in den Diagrammen dargestellt sind.
                           Festigkeitsversuche mit Hölzern.
                           Auf Tafel A sind Curven verzeichnet, welche die
                              									charakteristischen Eigenschaften verschiedener Hölzer erkennen lassen. Die
                              									Holzarten, mit welchen experimentirt wurde, waren folgende, wobei die Nummern der
                              									Curve auf der Tafel je das Material bezeichnen, welches nachstehend mit gleicher
                              									Ziffer benannt ist.Auf Tafel A sind auf der Abcissenachse von
                                    											rechts nach links fortschreitend die entsprechenden Verdrehungswinkel von 10
                                    											zu 10° angegeben. Die Höhen sind nach den Drehmomenten in engl.
                                    											Fußpfunden bezeichnet und werden durch Multiplication mit 0,13825 auf
                                    											Meter-Kilogramm reducirt.
                           
                              
                                 1
                                 Föhre (Weymouthskiefer) Pinus strobus.
                                 
                              
                                 2
                                 FöhrePinus australis Splintholz.
                                 
                              
                                 3
                                 FöhrePinus australis Kernholz.
                                 
                              
                                 4
                                 TanneAbies nigra.
                                 
                              
                                 5
                                 EscheFraxinus americanus.
                                 
                              
                                 6
                                 NußbäumJuglans nigra.
                                 
                              
                                 7
                                 Virginische CederJuniperus virginiana.
                                 
                              
                                 8
                                 MahagoniSwietenia mahagoni.
                                 
                              
                                 9
                                 EicheQuercus alba.
                                 
                              
                                 10
                                 HickoryholzCarya alba.
                                 
                              
                                 11
                                 Unechte AkazieRobinia pseudoacacia.
                                 
                              
                                 12
                                 KastanieCastanea vesca.
                                 
                              
                           Die Probestücke waren alle von der Gestalt der Figur 3
                              									und 3¾ Zoll (95,3 Mm.) lang, 7/8 Zoll (22¼ Mm.) stark im ausgedrehten
                              									Halse. Man wird bemerken, daß die Curve in allen Fällen beim Beginne fast vollkommen
                              									gerade aufsteigt, mit schwacher Neigung gegen die Verticale. Diese Bestätigung von
                              										Hooke's Gesetz innerhalb der Elasticitätsgrenze ist
                              									am besten ersichtlich aus der separat (auf Tafel A
                              									links) herausgenommenen 
                              									Partie a a a der Curve 11 vom Akazienholz, in welcher
                              									der horizontale Maßstab etwas vergrößert wurde.
                           Man wird bemerken, daß bei der größeren Zahl der Hölzer der Torsionswiderstand mit
                              									großer Regelmäßigkeit zunimmt bis nahe zu dem Winkel der größten Beanspruchung;
                              									plötzlich aber nimmt diese rapide Zunahme ab, und nach Ueberschreitung der
                              									Elasticitätsgrenze vermindert sich der Widerstand rasch mit zunehmendem
                              									Verdrehungswinkel, bis er zuletzt Null wird.
                           Bei den zäheren und dichteren Arten tritt diese Abnahme des Widerstandes langsamer
                              									ein, und verschwindet bei einigen erst nach einem sehr großen Verdrehungswinkel.
                           In den Curven von ausnahmsweise starkem und zähem Holze, bei welchem die
                              									longitudinale Cohäsion die seitliche Cohäsion weit überwiegt — wie bei 11,
                              									besonders aber bei 10 — ist eine merkwürdige Eigenthümlichkeit zu
                              									constatiren, welche besonders wichtig in einer Beziehung
                              									ist, die später ausführlicher besprochen werden soll.
                           In diesen Fällen ist der Widerstand proportional der Verdrehung, bis ein Maximum
                              									erreicht ist. Dann fällt die Linie mit zunehmender
                              									Verdrehung, bis ein Minimum erreicht ist, um später aufs Neue zu steigen und ein
                              									zweites Maximum (selbst höher wie das erste, wie bei Hickoryholz 10) zu erreichen,
                              									ehe sie schließlich ununterbrochen zur Abscissenachse herabsinkt.
                           Diese interessante und früher nie beobachtete Eigenthümlichkeit zeigte sich bei
                              									aufmerksamer Beobachtung als die Folge eines plötzlichen Nachgebens der seitlichen
                              									Cohäsion, wenn das Verdrehungsmoment das erste Maximum erreichte. Nachdem die Fasern
                              									derart von einander gelöst waren, gab dieses lose Bündel rasch nach, bis sie durch
                              									seitliche Anhäufung und Annahme einer Schraubenform sich übereinander legten, an der
                              									weitere Verdrehungen gegenseitig hinderten und den Torsionswiderstand aufs Neue
                              									erhöhten.
                           Beim zweiten Maximum begann das Nachgeben abermals, indem die Fasern unter der Längsspannung
                              									brachen, zunächst die äußeren Lagen und dann successive die inneren bis zum Bruche
                              									der achsialen Faser. In diesem Falle scheint der Bruch nie durch Abscherung längs einer bestimmten Querschnittsebene zu erfolgen.
                              									Diese Erscheinung in der Gestalt der Curve ist somit ein Zeichen von mangelnder
                              									Symmetrie in der Vertheilung der Widerstandskräfte. Dieselbe mag entweder herrühren
                              									von thatsächlicher Verschiedenheit der longitudinalen und lateralen Cohäsion, oder
                              									auch von fehlerhafter Structur eines Probestückes, dessen Material selbst gleiche
                              									Cohäsion nach allen Richtungen hat.
                           
                           
                           Autographische Diagramme der Widerstandskraft. der Hölzer.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. interleaf
                              
                           
                              
                                 1
                                 Föhre (Pinus
                                       												strobus).
                                 
                              
                                 2
                                 Föhre (Pinus
                                       												australis) Splintholz.
                                 
                              
                                 3
                                 Föhre (Pinus
                                       												australis) Kernholz.
                                 
                              
                                 4
                                 Tanne (Abies
                                       											nigra).
                                 
                              
                                 5
                                 Esche (Fraxinus
                                       												americanus).
                                 
                              
                                 6
                                 Nußbaum (Juglans
                                       												nigra).
                                 
                              
                                 7
                                 Virginische Ceder (Juniperus virginiana).
                                 
                              
                                 8
                                 Mahagoni (Swietenia
                                       												mahagoni).
                                 
                              
                                 9
                                 Eiche (Quercus
                                       											alba).
                                 
                              
                                 10
                                 Hickoryholz (Carya
                                       												alba).
                                 
                              
                                 11
                                 Unechte Akazie (Robinia
                                       												pseudoacacia).
                                 
                              
                                 12
                                 Kastanie (Castanea
                                       												vesca).
                                 
                              
                           
                           Die Curven der Tafel A zeigen deutlich den
                              									verhältnißmäßigen Werth der Materialien für die verschiedenen Zwecke des
                              									Ingenieurs.
                           Föhrenholz (von Pinus strobus)
                              									ist, wie die starke Neigung seiner Steifigkeitslinie (1) bezeichnet, weich und wenig
                              									steif. Die Elasticitätsgrenze ist bald erreicht, und der größte Widerstand findet
                              									sich bei einem Moment von 15½ Fußpfund (2,14 Meter-Kilogramm). Rasch
                              									an Stärke verlierend nach Passirung der Widerstandsgrenze, ist das Probestück
                              									vollkommen abgebrochen bei einem Winkel von 130°. Die kleine Fläche des
                              									Diagrammes zeigt, daß es geringen Widerstand zur Aufnahme von Stößen besitzt.
                           Holzprobe 2 und 3 (Föhre
                              									Pinus australis) übertrifft ersteres bedeutend in allen
                              									werthvollen Eigenschaften, die aus der Curve ersichtlich sind. Das Splintholz (2)
                              									scheint in dem untersuchten Stück ebenso steif wie das Kernholz (3), aber es
                              									erreicht die Elasticitätsgrenze früher. Die allgemeine Form des Diagrammes ist bei
                              									beiden gleich und ist charakteristisch verschieden von dem Diagramme 1. Es hat
                              									augenscheinlich großen Werth, wo immer Steifheit, Stärke, Zähigkeit und große
                              									Widerstandsarbeit in Verbindnng mit Leichtigkeit verlangt werden, wie denn auch die
                              									letztere sehr wichtige Eigenschaft, sowie der billige Preis die so allgemeine
                              									Anwendung dieser Holzsorte bedingen. Es sei hier bemerkt, daß, indem alle
                              									Vergleichungen der Stärke auf Volumbemessungen basirt sind, auch stets eine
                              									Vergleichung der Dichtigkeiten angestellt werden sollte, um das Urtheil bei der Wahl
                              									von Materialien, deren Festigkeit bestimmt wurde, zu unterstützen.
                           Tannenholz (von Abies nigra) 4. Erreichte 18 Fußpfund (2,49
                              									Meter-Kilogramm) Widerstandsmoment.
                           Esche 5. Erreicht nur 27½
                              									Fußpfd. (3,80 M.-Kg.), so daß eine ungewöhnlich mindere Qualität des
                              									Probestückes angenommen werden dürfte.
                           Nußbaumholz 6. Bemerkenswerth steif,
                              									stark und fähig zur Aufnahme von Stößen. Erreicht 35 Fußpfd. (4,84 M.-Kg.)
                              									Widerstandsmoment und einen Verdrehungswinkel von 220°. Die Steifigkeit wird
                              									dadurch illustrirt, daß es 25 Fußpfd. (3,46 M.-Kg.) erfordert, um nur
                              									10° verdreht zu werden, während Föhre — Pinus australis (2) — nur 22 (3,04) und Abies nigra (4) nur 8 Fußpfd. (1,11 M.-Kg.) zur
                              									selben Verdrehung erfordern.
                           Virginisches Cedernholz 7. Steif
                              									aber brüchig; Bruch bei 92°; Maximalmoment 22 Fußpf. (3,04 M.-Kg.)
                           
                           Mahagoni 8. Stark und steif;
                              									Maximalwiderstand beträgt 44 Fußpfd. (6,08 M.-Kg.); für 10° Verdrehung
                              									32 Fußpfd. (4,42 M.-Kg.).
                           Eiche 9. Weniger stark wie Akazie
                              									(11), Mahagoni (8) und Hickory (10), aber außerordentlich zäh und
                              									widerstandskräftig. Der größte Widerstand von 35½ Fußpfd. (4,91
                              									M.-Kg.) findet statt bei 15° Verdrehung, bleibt nahezu unverändert bis
                              									zu 70°, weicht dann langsam zurück, bis das Probestück plötzlich bei
                              									250° unter einer Spannung von 9 Fußpfd. (1,24 M.-Kg.) nachgibt und bei
                              									253° ganz abbricht.
                           Bemerkenswerth ist die seitliche Cohäsion, welche durch das
                              									Verwachsen der Fasern hervorgerufen wird.
                           Hickory 10. Gibt die höchste
                              									Widerstandskraft, indem sein zweites Maximum selbst das der Akazie übertrifft; 45
                              									Fußpfd. (6,22 M.-Kg.) für 10° Verdrehung; mit 54 Fußpfd. (7,47
                              									M.-Kg.) bei 13° Elasticitätsgrenze; Maximalbeanspruchung 59½
                              									Fußpfd., (8,23 M.-Kg.); bricht schließlich sehr rasch bei 145° ab.
                           Akazie 11. Besitzt die größte
                              									Steifigkeit unter allen Hölzern und gibt nur 10° nach beim Maximum von 55
                              									Fußpfd. (7,60 M.-Kg.).
                           Ein Stück, besonders hart und compact, erforderte 48 Fußpfd. (6,64 M.-Kg.) für
                              									4° Verdrehung und erreichte nahezu 190°
                              									Maximal-Verdrehungswinkel.
                           Bei allen diesen Experimenten wurde beobachtet, daß die verschiedenen Probestücke
                              									derselben Gattung gewöhnlich sehr übereinstimmten in der Stärke und Steifigkeit, und
                              									daß größere Differenzen nur gelegentlich in der Elasticität und Widerstandsarbeit
                              										(resilience) beobachtet werden konnten.
                           
                              (Fortsetzung folgt.)
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
