| Titel: | Analysen einiger österreichischen Biere; von Dr. O. Kohlrausch. | 
| Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 57 | 
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                        Analysen einiger österreichischen Biere; von Dr.
                           									O. Kohlrausch.Vom Verfasser gef. eingesendeter Separatabdruck aus dem
                                    												„Organ des Vereins für
                                       												Rübenzucker-Industrie in der österr.-ungar.
                                       												Monarchie“, 1874 S. 763.
                        Kohlrausch, Analysen einiger österreichischer Biere.
                        
                     
                        
                           Im Laufe des Sommers 1874 erhielt ich von einer böhmischen Brauerei den Auftrag,
                              									Analysen derjenigen Biere vorzunehmen, welche in Wien in bedeutenderer Menge
                              									consumirt werden. Ich untersuchte damals in Gemeinschaft mit meinem Assistenten Hrn.
                              										Strohmer sieben Biersorten, und da ich in der
                              									Literatur nur sehr wenige Angaben über die Zusammensetzung österreichischer Biere
                              									fand, so beschloß ich diese Zahl zu vergrößern und die Analysen der Oeffentlichkeit
                              									zu übergeben.
                           Es hat dieß gewiß seine Berechtigung, wenn man sich vor Augen hält, daß
                              									Oesterreich-Ungarn nach Großbritannien und Irland von allen europäischen
                              									Staaten die größte Bierproduction hat, nämlich 1.221.199.953 Liter. Im J. 1872 waren
                              									2636 Brauereien in Betrieb, welche 20.305.952 Eimer Bier producirten und dem Staat
                              									einen Steuerbetrag von 23.061.365 Gulden ö. W. entrichteten. Wenn auch der
                              									Bierexport aus Oesterreich noch lange nicht auf der gewünschten Stufe steht und z.
                              									B. im J. 1872 440.766 Eimer betrug, so spielt doch das
                              									österreichische Bier auch im Welthandel eine Rolle, deren Bedeutung sehr im Zunehmen
                              									begriffen ist; man kann wohl sagen, daß es in keinem europäischen Staate den
                              									Bierbrauern so gelungen ist, die höchste Aufgabe der Bierbrauerkunst zu lösen,
                              									nämlich ein feines, leichtes, helles, nicht zu bitteres, und dabei  doch haltbares Bier zu
                              									erzeugen, als in Oesterreich-Ungarn. Ich will dies durchaus nicht allein der
                              									Intelligenz der österreichischen Brauer zuschreiben, denn es sind wenige Staaten in
                              									so günstiger Lage als Oesterreich betreffs Beischaffung der Rohmaterialien zur
                              									Brauerei; Gerste, und zwar der besten Qualität — ich erinnere nur an die
                              									weltberühmte Hannagerste, — und ebenso Hopfen werden in genügender Menge
                              									producirt; aber es ist auch außer Frage, daß der rationelle Betrieb und die
                              									Einführung guter Anlagen und Einrichtung der Bierbrauereien einen wesentlichen
                              									Antheil an dem überaus günstigen Fortschritt der österreichisch-ungarischen
                              									Bierindustrie haben.
                           Durch die Freundlichkeit des Hrn. F. Noback,
                              									Brauerei-Ingenieur in Prag, sowie auch des gräfl. v.
                              									Larisch-Mönnich'schen Centraldirectors, Hrn. Forner in Karwin, erhielt ich den größeren Theil der untersuchten Biere
                              									direct aus den Brauereien mit Originalsiegel versehen, während die Nummern I bis VII der beigegebenen
                              									Tabelle von soliden Wiener Firmen bezogen wurden.
                           Da die zuerst im Auftrag der böhmischen Brauerei vorgenommenen Analysen den
                              									gestellten Anforderungen der Praxis entsprechend durchgeführt waren, so wurde diese
                              									Methode auch später beibehalten und auf detaillirte Ermittelung der einzelnen
                              									Bestandtheile des Extractes, Stickstoffbestimmungen etc. nicht eingegangen.
                           Alle Untersuchungen mit Ausnahme der Kohlensäurebestimmung beziehen sich auf die
                              									Substanz, aus welcher vorher durch langes, sorgfältiges Schütteln die Kohlensäure
                              									entfernt war. Die Farbe der Biere wurde mit dem Stammer'schen Farbenmaß bestimmt, die Dichte mittels des Piknometers bei
                              									19°. Die Asche wurde erhalten durch Abwiegen von 50 Grm. des Bieres,
                              									Eindampfen und Verkohlen in der Plattinmuffel bei gelinder Rothglut, Auslaugen der
                              									Kohle mit destillirtem Wasser, Glühen des Rückstandes, welcher zumeist vollständig
                              									weiß, im anderen Falle aber ein zweites Mal der Operation des Auslaugens unterworfen
                              									wurde, schließlich Vereinigung des Aschenrückstandes mit den erhaltenen Filtraten
                              									und Abdampfen der ganzen Masse. Hierauf wurde gelinde geglüht, unter dem Exsiccator
                              									erkalten gelassen und rasch abgewogen.
                           Die Kohlensäurebestimmung wurde abweichend von den üblichen Methoden in folgender
                              									Weise ausgeführt. Eine größere Portion einer Mischung von Chlorbarium und
                              									Aetzammoniak, welche für alle in Aussicht genommenen Bestimmungen ausreichte, wurde
                              									so bereitet, daß zu einer doppeltnormalen Chlorbariumlösung Aetzammoniak im
                              									Ueberschuß gesetzt, aufgekocht, 12 Stunden bedeckt stehen gelassen und dann von  dem entstandenen
                              									Niederschlage von kohlensaurem Barit in eine verschließbare Flasche abfiltrirt
                              									wurde. Die so erhaltene Lösung blieb vollständig klar. In einem tarirten Kolben,
                              									welcher 50 K. C. dieser Mischung enthielt, wurden dann circa 200 Grm. des zu
                              									untersuchenden Bieres eingegossen, der Kolben mit einem Kautschukstöpsel gut
                              									verschlossen, geschüttelt und dann nach halbstündigem Stehen gekocht, vom
                              									kohlensauren Barit abfiltrirt, ausgewaschen, geglüht, und nach dem Ueberführen in
                              									schwefelsauren Barit gewogen. Aus der Menge des schwefelsauren Barits wurde dann die
                              									Kohlensäure berechnet.
                           Diese Methode leidet an einer Fehlerquelle, weil fast alle Biere geringe Mengen
                              									Schwefelsäure enthalten. So z. B. wurden im Karwiner Damenbier 0,0058, im
                              									Schwechater 0,0154, im Pilsener 0,0047 Proc. Schwefelsäure gefunden. Der hierdurch
                              									hervorgerufene Fehler ist so gering, daß ich denselben vernachlässigen zu können
                              									glaubte. Es sei aber zugleich hier bemerkt, daß die Bestimmung der Kohlensäure im
                              									Bier deswegen nur einen relativen Werth haben kann, weil Verluste selbst bei der
                              									größten Vorsicht nicht zu vermeiden sind. Voraussichtlich sind sämmtliche
                              									Kohlensäurebestimmungen zu niedrig ausgefallen; da aber bei allen Bieren gleichmäßig
                              									vorgegangen wurde, so halte ich die gewonnenen Resultate zum Zwecke der Vergleichung
                              									der Kohlensäuremengen der Biere untereinander dennoch für brauchbar.
                           Alkohol, Extract und Wasser wurden nach Balling's
                              									saccharimetrischer Bierprobe bestimmt, welche aber durchaus nicht frei von Fehlern
                              									ist, und deren Anwendung zu wissenschaftlichen Arbeiten ich nicht anrathen möchte,
                              									zumal da sich, wenn auch mühsamer als nach Balling, doch
                              									ziemlich leicht der Alkohol direct durch Destillation bestimmen läßt, der Extract
                              									durch Verdampfen des Bieres, Trocknen des Rückstandes mit Zuhilfenahme der Luftpumpe
                              									und Abwägen erhalten werden kann, und das Wasser sich genau aus der Differenz
                              									berechnen läßt. Die Zahl für den wirklichen Vergährungsgrad drückt die Menge Extract
                              									aus, welche in Alkohol übergeführt wurde, und wird erhalten, wenn man von dem
                              									ursprünglichen wirklichen Extractgehalt, aus welchem das Bier entstanden ist (p. der
                              										Balling'schen Attenuationslehre), den im vergohrenen
                              									Bier vorhandenen Extract in Abzug bringt. Der Quotient — Extractgehalt
                              									dividirt durch den Alkoholgehalt des Bieres — bezeichnet die Menge Extract,
                              									welche auf ein Theil Alkohol entfällt.
                           Aus nachstehender Tabelle ist die Zusammensetzung der untersuchten Biere
                              									ersichtlich.
                           
                           Analysen von österreichischen
                                 									Bieren.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 60
                              Nr; Benennung; Farbe bestimmt mittels des Stammer'schen Farbenmaßes; Dichte bei 19° mit dem Piknometer
                                 										bestimmt; Asche in Gewichtsprocenten des von CO2 befreiten Bieres; Kohlensäure; A Alkohol; E Extract:
                                 											W Wasser; ermittelt nach Balling's saccharimetrischer Bierprobe; Wirklicher Vergährungsgrad;
                                 										Quotient E/A; I; Klein-Schwechater Exportbier
                                 										(Flaschenbier); II; St. Marxer Lagerbier (Faßbier);
                                 											III; Hütteldorfer Lagerbier (Faßbier); IV; Liesinger Lagerbier (Faßbier); V; Pilsener Lagerbier aus dem bürg. Brauhause
                                 										(Faßbier); 0,14; VI; Chotzener Lagerbier (Faßbier);
                                 											VII; Wittingauer Lagerbier (Faßbier); VIII; Staaber Exportbier (Flaschenbier); —
                                 											IX; Kreuzherrn-Brauerei Prag 
                                 										Prälatenbier (Flaschenb.) Lager in 1-Literflaschen; X; Kreuzherrn-Brauerei Prag; XI; Brüd. Tschinkel'sche  Alebier
                                 										(Flaschenbier) Schankbier (Flaschenb.); XII;
                                 										Brauerei Lobositz XIII; Gräflich
                                 										Larisch-Mönnich'sche  Extra-Damenb. (Flschb.); — XIV; Gräflich Larisch-Mönnich'sche Lagerbier
                                 										(Flaschenbier); XV;. Brauerei Karwin Salonbier
                                 										(Flaschenbier)
                              
                                 
                                 Die Kohlensäurebestimmung des Pilsener Bieres wurde des auffallend niedrigen
                                    											Resultates wegen einige Male wiederholt und das Bier direct aus dem Faß in
                                    											der Gause'schen Bierhalle (Wien) in den mit
                                    											Chlorbarium und Ammoniak versehenen Kochkolben gegeben. In einem Falle wurde
                                    											sogar nur 0,10 Proc. Kohlensäure gefunden. Es ist dies um so auffallender,
                                    											da Pilsener und Wittingauer Bier, welch letzteres den höchsten Procentsatz
                                    											Kohlensäure aufweist, in jeder Beziehung einander ähnlich sind.
                                 
                              
                                 
                                 Die Aschenuntersuchungen von VIII und IX sind bei der Analyse mißlungen, und es fehlte
                                    											leider an Material dieselben zu wiederholen.
                                 
                              
                                 
                                 Durch ein Versehen sind die Farbenbestimmungen von XIII, XIV und XV nicht ausgeführt worden.
                                 
                              
                           
                           Aus dieser Tabelle gehen die Unterschiede in der Zusammensetzung der Biere deutlich
                              									hervor, und ich kann füglich jede weitere Erörterung unterlassen.
                           Bei dieser Gelegenheit glaube ich aber darauf hinweisen zu sollen, daß das Stammer'sche Farbenmaß (vergl. 1872 203 137. 206 331) sich zur Bestimmung der Farbe
                              									des Bieres recht gut eignet. Es ist Dr. Stammer gelungen, ein absolutes Farbenmaß mit einer für
                              									praktische Zwecke vollkommen ausreichenden Genauigkeit zu schaffen, welches sich vor
                              									anderen Chromoskopen hauptsächlich vortheilhaft dadurch auszeichnet, daß die
                              									Einstellung der Farbe nicht durch normale Meßflüssigkeit, welche sich im Laufe der
                              									Zeit ändert und hierdurch Controle mit einem Normalglase nöthig macht, oder auch
                              									trüb wird, und so häufig zum Reinigen des Instrumentes zwingt, sondern durch
                              									Normalgläser geschieht. Früher litt das Farbenmaß an manchen Fehlern; es ist jetzt
                              									aber so verbessert worden, daß es sich nicht allein für praktische, sondern auch für
                              									wissenschaftliche Zwecke eignet. Bei dem früheren Instrumente konnte man das
                              									Gesichtsfeld nicht mit einem Auge übersehen, ohne das letzte etwa 0,3 Meter von dem
                              									Apparat entfernt zu halten, und hierdurch wurde eine genaue Einstellung sehr
                              									erschwert. Durch Anbringung eines Fresnell'schen Prismas
                              									kann man aber jetzt beide Farbenhälften, in ähnlicher Weise wie bei dem
                              									Polarisationsapparat, gleichzeitig übersehen, und es ist bei einiger Uebung eine
                              									große Genauigkeit der Ablesung möglich.
                           Ein Fehler haftet übrigens dem Instrument noch bis heute an, indem der Spiegel sich
                              									zu nahe unter der Beobachtungsröhre befindet, wodurch von der rechten feststehenden
                              									Röhre, welche zur Aufnahme der zu untersuchenden Flüssigkeit dient, bei nicht
                              									genügend horizontalem Licht ein Schatten entsteht, in Folge dessen man im diffusen
                              									Licht die Bestimmung ausführen muß. Speciell bei einem Instrument, welches zur
                              									Vergleichung von Farben dient, sollte dieser Fehler abgestellt werden. Ebenso sollte
                              									die Verschiebung des Index nicht auf einer Gleitschiene, sondern durch ein Getriebe
                              									geschehen, da rasches Arbeiten durch das ruckweise Verschieben verhindert wird, und
                              									feine Nüancen schwer einzustellen sind.
                           Für Bieruntersuchungen genügt die Normalfarbe, hervorgerufen durch zwei hellbraun
                              									gefärbte Gläser in allen mir bekannten Fällen. Ich bin aber der Ansicht, daß das
                              									Instrument für diesen Zweck dadurch verbessert werden könnte, daß die
                              									Doppeltnormalfarbe als Normalfarbe genommen — kurz, daß die Farbentöne des
                              									Glases dunkler gehalten würden, und die Scale, welche bei Bieruntersuchungen ein
                              									weniger großes  Feld zu
                              									umfassen braucht, als dies z. B. bei Untersuchung der dunkelsten Melasse bis zur
                              									leichtesten Füllmasse der Zuckerfabrikation der Fall ist, feiner getheilt würde. Die
                              									Farbendifferenzen der Biere würden nach solcher Aenderung des Instrumentes durch
                              									größere Zahlenunterschiede ausgedrückt werden, als dies jetzt der Fall ist.