| Titel: | Hydraulischer Reactions-Freifallbohrer am Bohrschlauche mit continuirlichem Bohrschlammauftrieb; von Julius Noth in Dukla (Galizien). | 
| Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 123 | 
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                        Hydraulischer Reactions-Freifallbohrer am
                           								Bohrschlauche mit continuirlichem Bohrschlammauftrieb; von Julius Noth in Dukla (Galizien).
                        Nach der österr. Zeitschrift für Berg- und
                                 								Hüttenwesen, 1874 S. 436 u. s. f.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              									II [c/4]
                        Noth's hydraulischer Reactions-Freifallbohrer.
                        
                     
                        
                           Das Eindringen des Erdbohrers in größere Tiefen ist trotz mehrfacher Verbesserungen
                              									auf dem Gebiete der Bohrtechnik immerhin noch ein sehr mühsames und durch
                              									verschiedene Momente erschwertes. Diese das Erdbohren erschwerenden Umstände lassen
                              									sich in Folgendem zusammenfassen. Zunächst verursachen häufiges, bei den bisher
                              									üblichen Bohrmethoden nicht zu umgehendes Einlassen und Aushängen der
                              									Bohrinstrumente erheblichen Zeitverlust. — Ferner erleidet die Arbeit mittels
                              									stoßenden Bohrers einen bedeutenden Effectverlust; auch nützt sich das Werkzeug bei
                              									Durchdringung des continuirlich gebildeten Bohrschlammes rasch ab. — Einen
                              									weiteren Zeitverlust bringt die nothwendige Beseitigung des Bohrschlammes mit sich.
                              									— Das langsamere Vordringen des Bohrers selbst bedingt Erweichung und
                              									Beschädigung der Bohrlochswände, Verröhrung und schließlich Verengerung des
                              									Bohrlochsdurchmessers, vermehrt überhaupt die Unfälle, deren Ueberwindung das
                              									Erdbohren zu einer schwierigen, unsicheren und unberechenbaren Arbeit macht.
                              									— Endlich äußert sich die Wirkung des Stoßes, den der stoßende oder fallende
                              									Bohrer ausübt, nachtheilig auf die Bohrlochswände, an deren Erhaltung wesentlich
                              									liegt, sobald es sich um Erbohrung größerer Tiefen handelt.
                           Die Vortheile des Seilbohrens gegenüber dem Bohren am Gestänge wurden bereits
                              									allgemein anerkannt und so vielfach hervorgehoben, daß man mehr und mehr bemüht ist,
                              									die Nachtheile, welche dieser Bohrmethode noch anhaften, durch geeignete
                              									Verbesserungen ganz zu umgehen, oder doch weniger fühlbar zu machen. In diesem
                              									Streben vereinigte man schließlich das Freifallbohren am Bandseile mit regelmäßigem
                              									Umsetzen des Bohrers, konnte aber bisher, ohne nicht die Geschwindigkeit beim
                              									Erdbohren selbst bedeutend herabzusetzen, den beim Drehen des  Seiles und bei dem Umsetzen des
                              									Bohrers entstandenen Effectverlust nicht vermeiden. Ebenso bedingt das regelmäßige
                              									Abwerfen der Bohrstücke durch die meisten Freifallinstrumente am Seile die
                              									Einhaltung einer gewissen Grenze der Geschwindigkeit, mit welcher gebohrt werden
                              									darf, d. h. eine beschränkte, verminderte Anzahl von Spielen, mithin einen
                              									Geschwindigkeitsverlust beim Bohren selbst. Beispielsweise wirft das wegen seiner
                              									Einfachheit bekannte und durch feste Ausführung vorzügliche Freifallinstrument von
                              										Fauck, das ganz ähnliche von Rumanowsky, das von Zobel u. A. sicher ab,
                              									sobald die Anzahl der Spiele per Minute durchschnittlich die Zahl 20 nicht
                              									übersteigt und wenn man mit Anwendung von Contrebalancen und Prellvorrichtungen
                              									arbeitet.
                           Während sich diese verschiedenen Anwendungen des ursprünglich Kind'schen genialen Gedankens der Benützung des Wasserdruckes zum Abwerfen
                              									des Bohrers wirklich in der Praxis Eingang verschafften, blieben alle die bisherigen
                              									Vorschläge zur Verbesserung der Reinigungsmethode auf Versuche beschränkt, und nach
                              									wie vor wendet man mit wenig Ausnahmen zur Beseitigung des Bohrschlammes aus einem
                              									Bohrloche das Schlämmen mittels eines Schlammlöffels an.
                           Der Grund, warum die zahlreichen Verfahrungsweisen, das Bohrloch zu reinigen, sich
                              									nicht allgemeineren Eingang zu verschaffen vermochten, liegt darin, daß dieselben
                              									einestheils auf Anwendung complicirter Einrichtungen beruhten, daß sie anderentheils
                              									in die alten Gebrechen der Gestängverwendung zurückverfielen, die wir gerade zu
                              									umgehen anstreben. Einige Bohrtechniker umhüllten z. B. die unteren Bohrwerkzeuge
                              									mit einem Mantel, in welchem sich der Bohrschlamm während des Bohrens selbst eine
                              									gewisse Zeit hindurch ansammeln konnte (Frommann auf
                              									Gerhardsgrube bei Saarbrücken u. A.). Andere bedienten sich, um während des Bohrens
                              									gleichzeitig schlämmen zu können, der Schlammfänger oder Pumpen (Degenhardt, Karsten's Archiv
                              									Bd. 7(1834) S. 185; Brandes, Bergwerksfreund Bd. 10
                              									(1846) S. 491).
                           Man erhöhte zwar zuweilen durch solche Versuche das Auftreten der ohnehin zahlreichen
                              									Unfälle beim Erdbohren, doch sind diese Neuerungen trotzdem nicht a
                              									priori zu verwerfen, wenn sie nicht gerade auf einer
                              									augenscheinlichen Zweckwidrigkeit oder mechanischen Unrichtigkeit fußen.
                           Oft führt ein richtiger Gedanke zu einer neuen Epoche in einem Zweige der Industrie
                              									oder Wissenschaft, und wenn derselbe auch nicht durch seinen Schöpfer zur höchsten
                              									verwendbaren Vollkommenheit gelangte, so gab er doch den Impuls zu neuem Streben
                              									nach Vervollkommnung dieses besonderen Industriezweiges. So war der originelle
                              									Gedanke 
                              									Fauvelle's, eine Röhrentour anzuwenden, durch welche
                              									mittels Wasserdruck der Bohrschlamm während der Bohrarbeit zu Tage getrieben werden
                              									könne, zu naheliegend und bot zu viele in die Augen springende Vortheile, als daß
                              									derselbe nicht zu vielfachen Versuchen geführt hätte. Chanoit und Catelineau gründeten auf Fauvelle's System die bohrende Pumpe (v. Seckendorf im Bergwerksfreund, Bd. 22 (1860) S. 659; v.
                              										Eicken, Zeitschrift für Berg-, Hütten-
                              									und Salinenwesen, Bd. 13 S. 177). Bekannt ist der patentirte Erdbohrer von Laué (vergl. 1852 124
                              									165).
                           Obgleich man dem System Fauvelle's gewichtige Mängel
                              									vorgeworfen hat, namentlich Anwendung hohler Gestänge, Versackung des Bohrschlammes
                              									in Bohrlöchern mit nicht steigenden Wässern oder in Wasser aufsaugenden Bohrlöchern,
                              									so gründete sich doch neuerdings das Diamantbohren sowie das Röhrenbrunnenbohren auf
                              									dasselbe Princip und verschafften sich letztere beide Verfahrungsarten in der Praxis
                              									wirklich Eingang, wenn auch ihre Anwendung nur unter beschränkten Verhältnissen
                              									angezeigt ist. Man bedient sich hierbei entweder eines hohlen Gestänges, an dessen
                              									Tiefstem befestigt der Bohrer wirkt, sei dies nun stoßend, fallend oder drehend,
                              									während ein auf das in den Röhren befindliche Wasser durch eine Druckpumpe
                              									ausgeübter Druck den Auftrieb des Wassers und Bohrschlammes fortwährend bewirkt;
                              									oder man übt einen Druck auf das im Bohrloche befindliche, die Leitungsröhre
                              									umgebende Wasser aus, so daß der Wasser- und Schlammauftrieb durch die
                              									Röhrentour hindurch nach Oben erfolgt.
                           Bedingungen zum Gelingen einer Bohrung nach dem einen oder dem anderen soeben im
                              									Princip erörterten Verfahren sind weiches, vollkommen gleichartiges Gestein,
                              									regelmäßig geschichtetes Gebirge, Abwesenheit von Seitendruck, geringer
                              									Bohrlochsdurchmesser, Disposition über große Betriebsmittel. Bei eingetretenen
                              									Unfällen, Verklemmungen, Brüchen möge man lieber die Bohrung aufgeben, als sich
                              									geraume Zeit in fruchtlosen Rettungsversuchen ergehen.
                           Noch beschränkter ist die Anwendung des Diamantbohrverfahrens, welches eine Zeit lang
                              									viel von sich reden machte, als unpraktisch oder zu wenig ausgebildet verworfen
                              									wurde, in neuerer Zeit jedoch etwas verändert, wenn auch nur einseitig verbessert
                              									als Beaumont's Diamantbohren wieder auftauchte und in
                              									vielen hervorragenden technischen Blättern warm empfohlen wird. Eine genauere
                              									Prüfung dieses Bohrverfahrens läßt jedoch jeden erfahrenen Bohrtechniker sofort die
                              									Nachtheile desselben erkennen, obgleich das Princip der Wirkung des stoßenden
                              									Bohrers  mechanisch
                              									richtig bei dieser Bohrmethode durch die einfachere rotirende Bewegung unter
                              									constantem Drucke ersetzt worden ist.
                           Ich fühlte mich daher im Interesse der Wissenschaft und Praxis veranlaßt, eine
                              									Abhandlung über die wirklich bisher durch dieses Diamantbohrverfahren erzielten
                              									Resultate und insbesondere über die Nachtheile desselben zu verfassen, die in einem
                              									hervorragenden technischen Blatte ihre Verbreitung binnen Kurzem finden wird.
                           In allerneuester Zeit tritt Fauck mit einem Fortschritte
                              									zu Tage, nach welchem zwar das Einführen des Wassers in Röhren unter continuirlichem
                              									Drucke beibehalten wird, jedoch benützt derselbe eine Fabian'sche Freifallscheere mit einem excentrischen Erweiterungsbohrer,
                              									wie solche in den Oelregionen Amerikas und namentlich in Canada bei Bohrungen
                              									angewendet werden. Die Verröhrung des Bohrloches wird mit dem Bohren zugleich eine
                              									Zeit lang, ich sage nicht ungehindert, doch weniger gehindert, durch Seitendruck
                              									nachgetrieben. Fauck führt das Wasser aus der
                              									Leitungsröhre in einen die Bohrwerkzeuge umgebenden Mantel bis zum Bohrer, woselbst
                              									das Wasser durch Oeffnungen ausstürzt.
                           Mit einem Bohrmeisel (Fig. 37), dessen untere
                              									Schneide beispielsweise 150 Mm. lang ist, bohrt man ein Loch von 2×87 = 174
                              									Mm. ab. Die meisten Bohrer überhaupt bohren excentrisch, wegen Ungenauigkeit der
                              									Schmiedarbeit, welcher die Bohrer beim Schärfen unterliegen. Das Abgleiten des
                              									Bohrers von steilen Wänden wird durch Stege a, b, c, d am unteren Rande des Mantels verhindert, zwischen denen andererseits das
                              									Durchgleiten des Bohrers bis zum Tiefsten ermöglicht ist.
                           Ein praktisches Ergebniß dieses Verfahrens bis zu größerer Tiefe liegt dermalen nicht
                              									vor; es ist jedoch nicht schwer, im Voraus zu erkennen, daß dieser excentrische
                              									Erweiterungsbohrer, welcher blos durch Stoß wirkt, im gleichartigen milden Gesteine,
                              									bei horizontaler oder schwach geneigter Schichtung rasch vordringen dürfte, wie er
                              									eben in Amerika nur angewendet wird, sobald man Röhren zur Verwahrung der
                              									Bohrlochswände oder zur Absperrung des Wassers vom Bohrlochsmittel nachtreiben will.
                              									Im härteren Gesteine, und namentlich beim Auftreffen des Bohrers auf steil
                              									gerichtete Wände, Linsen oder beim Zerbohren von in das Bohrloch einragenden
                              									Geröllstücken, mag ein günstiger Erfolg trotz freien Herabfallens höchst zweifelhast
                              									sein
                           Leider ist auch bei Fauck's neuem, sinnreichem Versuche
                              									die Anwendung steifer Wassereinführungsröhren, mithin hohler Gestänge nicht
                              									umgangen, somit die Gefahr der Unfälle beim Erdbohren vermehrt, die sich in der That
                              									bei den bisher vorgenommenen Versuchen zeigten. Da außerdem die Anzahl der
                              									Balancierspiele 15, höchstens 20 pro Minute  betragen darf, damit der Krückelführer im Stande ist, das
                              									Bohrstück abzuwerfen und wieder zu fangen, so ist die Bohrgeschwindigkeit eben auch
                              									eine beschränkte, und dürfte das Verfahren, bevor es nicht von einzelnen
                              									Unvollkommenheiten befreit worden ist, nur wenig Verbreitung finden.
                           Die Vortheile des Seilbohrens mit denen des ununterbrochenen Ausschlämmens durch
                              									Wasserauftrieb zu vereinigen, stellte ich mir zur besonderen Aufgabe und wurde bei
                              									Lösung derselben besonders durch werthvolle Winke von Seite des k. k. Bergrathes
                              									Hrn. Egid Iarolimek in Wien unterstützt, so daß ich nicht
                              									umhin kann, die Mitwirkung und Aneiferung desselben dankend anzuerkennen.
                           Ich wählte für das neue Erdbohrsystem den Ausdruck „ Reactions-Freifallbohren“, weil das Umsetzen des
                              									Bohrers durch die Reactionswirkung des aus den Bohrwerkzeugen ausfließenden und vom
                              									Bohrorte durch den freien Fall derselben verdrängten Wassers erfolgt.
                           Das Bohrseil ist bei dem Reactions-Erdbohren ersetzt durch einen Bohrschlauch, welcher aus einzelnen längeren, durch
                              									Schlauchmuffe verbundenen, und kürzeren, durch Holländer aneinander gekuppelten
                              									Hanfschläuchen besteht. Die Holländer der einzelnen Bohrschläuche sind mit
                              									Verschraubungen versehen, deren Muffe sich ungehindert auf eine Seiltrommel von 316
                              									Mm. großem Durchmesser bei Aufwickelung des Bohrschlauches auflegen. Um die
                              									Muffvorsprünge bei der Aufwickelung des Bohrschläuches noch weniger fühlbar zu
                              									machen, und damit der Schlauch bei seiner auf und nieder gehenden Bewegung in der
                              									Mitte des Bohrloches spiele, sind über jeder Verschraubung Leitungen angebracht.
                              									Diese sind von Guttapercha, ihre Form für weite Bohrlöcher ist ein voller
                              									Doppelconus, für enge Bohrlöcher ein vierflügeliger, also ausgerippter Doppelconus,
                              									welcher in beiden Fällen einen Durchgang für den Bohrschlauch in seiner Achse
                              									besitzt. Das Wasser kann im Raume, welchen die Aussparungen zwischen der
                              									Bohrlochswand übrig lassen, ungehindert empordringen. Bei Beschreibung der
                              									Bohrwerkzeuge komme ich auf die Erklärung der, die Schlauchverbindungen
                              									darstellenden, Abbildungen Fig. 26 und 27 zurück.
                           Die Länge der mit Gerbstoff imprägnirten, im Inneren mit Paragummi gedichteten und
                              									geglätteten Hanfschläuche überschreitet zwar gewöhnlich nicht 100 Meter, jedoch
                              									dürfte kein Grund vorliegen, weshalb man nicht Schläuche von unbeschränkter Länge
                              									anzufertigen im Stande wäre und ihnen eine größere als die übliche Wandstärke von
                              									3,8 Mm. ertheilen könnte.
                           Die Wandstärke ω und die Dichtung der einzelnen Bohrschläuche richtet
                              									sich:
                           
                           1) nach der zu tragenden Last — und diese nach den
                              									Dimensionen des Bohrloches und der Schwere der bei Bohrung desselben anzuwendenden
                              									Bohrinstrumente;
                           2) nach dem Drucke, den man dem Wasser ertheilen muß, damit
                              									durch dessen Geschwindigkeit überhaupt das losgebohrte Bohrmehl aufgetrieben und aus
                              									dem Mundloche des Bohrloches geschleudert werde.
                           Um die Wandstärke des Bohrschlauches zu bestimmen, muß man den Querschnitt desselben
                              									berechnen, und um diesen zu ermitteln, ist es nöthig, sich über das passendste
                              									Verhältniß zwischen Bohrschlauchsdurchmesser und Bohrlochsdurchmesser klar zu
                              									werden.
                           Berücksichtigt man bei Bestimmung dieses Verhältnisses lediglich das Minimum der
                              									Reibungshöhen, so kommt man leicht zu dem Schlusse, daß ein Minimum derselben dann
                              									erreicht wird, wenn der Widerstand (H1) des Wassers im Schlauche
                              									gleich dem Widerstände (H)
                              									des den Bohrschlauch umgebenden Wassers ist, nämlich des zwischen Bohrschlauch und
                              									Bohrlochswand befindlichen Auftriebwassers. Bezeichnet man mit
                           B D den inneren
                              									Bohrlochsdurchmesser und
                           L die Tiefe des Bohrloches,
                           d den inneren,
                              									Schlauchdurchmesser
                           d1 den äußeren Schlauchdurchmesser,
                           v die Geschwindigkeit des aufgetriebenen Wassers,
                           v1 die Geschwindigkeit des
                              									Injectionswassers,
                           so muß, damit durch den Bohrschlauch dieselbe Wassermenge
                              									eingeführt werde, die zum Auftrieb gelangen soll:
                           (BD2 - d12) v = d2v1,
                           da aber
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 127
                              
                           H = H1 sein soll,
                           so läßt sich d1 und v1
                              									bestimmen.
                           Man würde jedoch in eine Ungereimtheit verfallen, wollte man blos das Minimum der
                              									Reibungshöhen als maßgebenden Factor in Betracht ziehen und hierüber andere Momente
                              									vernachlässigen. Noch sind zu berücksichtigen das Gewicht und der Preis des
                              									Bohrschlauches.
                           Das Gewicht eines Bohrapparates zum Niederbringen eines Bohrloches von 316 Mm.
                              									Durchmesser übersteigt nicht 224 Kilogrm., folglich im Wasser etwa 200 Kilogrm.
                              									Stellt man sich den Hanfschlauch als ein zusammengerolltes Hanfbandseil vor und
                              									setzt den Durchmesser des um die Litzen beschriebenen Kreises gleich 30 Mm., so
                              									beträgt das Gewicht des laufenden Meters Seil 0,95 Kilogrm.; beispielsweise für 316
                              									Meter Hanfschlauchlänge 300 Kilogrm., im Wasser jedoch nur 150  Kilogrm. Die Gesammtbelastung
                              									des Hanfschlauches, selbst wenn er seiner ganzen Länge nach in Anspruch genommen
                              									ist, beträgt demnach 350 Kilogrm. Für größere Tiefen wird das Bohrwerkzeug zwar um
                              									50 Kilogrm. leichter, das Eigengewicht des Hanfschlauches jedoch bei einer Länge
                              									desselben von 632 Meter um das Doppelte größer. Man erhält demnach eine
                              									Gesammtbelastung von 450 Kilogrm. — eine Belastung, die nicht die Hälfte der
                              									zulässigen Belastung erreicht, denn der Sicherheitsmodul eines Hanfseiles, dessen
                              									Durchmesser 1 Decimeter nicht übersteigt, beträgt pro 1 Qu.-Cm. 160 Kilogrm.,
                              									für Gespinnste mindestens 130 Kilogrm.
                           Hat man es nun mit einem Hanfschlauche von 7,13 Qu.-Cm. zu thun, so verträgt
                              									derselbe über 900 Kilogrm. Belastung bei einer Wandstärke von 2,2 bis 3,8 Mm.
                           Einem Querschnitte von 7,13 Qu.-Cm. und der bei Rohhanfschläuchen gewöhnlichen
                              									Wandstärke von 3,8 Mm. entspricht ein äußerer Schlauchdurchmesser von 72,4 und ein
                              									innerer von 65,8 Mm., und hat man somit eine doppelte Sicherheit des Bohrschlauches
                              									selbst bei der höchsten Belastung von 450 Kilogrm.
                           Was den Preis des Bohrschlauches anlangt, so gestaltet sich derselbe nicht viel höher
                              									als der eines Bandseiles oder eines eisernen Gestänges. Es kosten je 94,8 Meter rohe
                              									Hanfschläuche vom besten rheinländischen Material inclusive Verbindungsstücke 150
                              									Gulden österr. Währ. Die nämliche Länge gummirter und mit Gerbstoff imprägnirter
                              									Hanfschläuche kostet 390 Gulden.
                           Im Verlaufe der Bohrung, sobald eine größere Tiefe erreicht wird und sich der
                              									Bohrlochsdurchmesser verjüngt hat, kann man übrigens auch die lichte Weite des
                              									Bohrschlauchdurchmessers verringern, und schon bei 26 Mm. lichter Weite kosten je
                              									94,8 Meter Länge rohe Hanfschläuche 90 Gulden, gummirte und mit Gerbstoff
                              									imprägnirte Hanfschläuche 240 Gulden.
                           Der Auftrieb des Wassers braucht selbstverständlich um so geringer zu sein, je
                              									kleiner die Gesteinskörner sind, die fortgeführt werden sollen; am geringsten, wenn
                              									anstatt der Gesteinskörner Bohrschlamm beim Bohren entsteht, wie dies beim
                              									Durchbohren von Schieferthonen, Thonschiefern, Gyps, Kreidearten u. a. ähnlichen
                              									Gebirgsarten mehr oder weniger der Fall ist. Der durch das Bohren in thonigen
                              									Gesteinsarten gebildete Bohrschlamm vermengt sich mit Wasser aufs Innigste und
                              									bleibt in demselben längere Zeit suspendirt, so daß man in diesen Fällen
                              									Schlammwasser, Wasser von größerem specifischen Gewicht auszutragen hat. Das Bohren
                              									in härteren Gesteinsarten erzeugt gröbere Gesteinsstückchen, diese  aber werden bei nicht
                              									zureichendem Wasserauftrieb nur bis zu unbedeutender Höhe geführt, zurück unter das
                              									Bohrstück fallen und von diesem zu feinem Sand zermalmt werden; daher die
                              									Erscheinung, daß auch beim Bohren auf gewöhnliche Weise das Bohrmehl um so feiner
                              									ist, je härter das Gestein, so daß das Bohren in hartem Sandstein Sand gleich dem
                              									feinsten Streusand erzeugt.
                           Nimmt man nun beispielsweise den Durchmesser D von Gesteinskörnern = 1 Mm. an, die Dichte
                              									derselben δ = 2,5, so erhält man nach der bekannten Rittinger'schen AufbereitungsformelRittinger's Aufbereitungskunde, S. 191. Diese
                                    											Formel gibt den Durchschnittswerth für solche
                                    											Gesteinskörner, welche der Siebclasse vom Lochungsdurchmesser D angehören, und
                                    											ist die Geschwindigkeit v innerhalb gewisser Grenzen auch von der Form der
                                    											Körner abhängig, weshalb dieselbe in der Praxis — auch abgesehen von
                                    											zufälligen Erweiterungen des Bohrlochquerschnittes etc. — größer zu
                                    											halten wäre, und würden wir rathen, eben auch bei milden, leicht
                                    											pulverisirbaren Gesteinen mit derselben nicht zu sparen, weil hier
                                    											vergleichsweise viel Schmand abfällt und sichere Reinhaltung des Bohrsumpfes
                                    											dem Vordringen des Bohrers jedenfalls sehr förderlich ist.E. I, wenn v die Fallgeschwindigkeit des
                              									Kornes im Wasser ist:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 129
                              
                           für angenommenen Fall:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 129
                              
                           = 0,0945 Meter,
                           wofür der Einfachheit halber v = 0,1 gesetzt werden darf.
                           Bei 0,072 M. (d1) äußerem
                              									Schlauchdurchmesser und 0,237 M. (BD) innerer lichter
                              									Weite des Bohrloches müßte der Wasserzufluß (Wq) per
                              									Secunde durch Einpumpen mehr als 0,004 Kubikmeter betragen, um Bohrmehl aus 1 Mm.
                              									groben Sandkörnern auszutragen;
                           denn Wq = (BD2–d12) π/4 v
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 129
                              
                           = 0,004 Kubikmeter.
                           Da ferner die gleiche Wassermenge durch den Bohrschlauch getrieben werden muß, welche
                              									zwischen dem Bohrschlauche und der Verröhrung ausgetragen wird, so ist eine
                              									Geschwindigkeit des Wasserstrahles im Bohrschlauche v1 = 1,175 Meter nöthig, denn es ist:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 129
                              
                           Hieraus läßt sich die Geschwindigkeitshöhe (GH) zur Ueberwindung der
                              									Reibungswiderstände
                           α) im Bohrschlauch (G1H1),
                           β) an den Bohrlochswänden (G2H2),
                           γ) an der äußeren Peripherie des Bohrschlauches (G3H3)
                           berechnen, und ist
                           GH = G1H1 + G2H2 + G3H3.
                           
                           Darcy [Recherches
                                 										experimentales (1857)] gibt für glatte Metallröhren, deren
                              									Reibungscoëfficient demjenigen im Inneren gummirter Hanfschläuche entsprechen würde,
                              									während für Rohhanfschläuche der Werth doppelt zu nehmen sein dürfte, die
                              									Formel:
                           GH = (0,001014 +
                              										0,0000267/D)L/D v2.
                           Führt man für den oben angeführten speciellen Fall die einzelnen Werthe ein, und zwar
                              									für:
                           
                              
                                 α
                                 
                                    
                                    
                                 D = d = 0,066 MeterL = 316 M.v = v1 = 1,175 M.,
                                 
                              
                                 so solgt G1H1 =
                                    											9,407 M.
                                 
                                 
                              
                                 β
                                 
                                    
                                    
                                 D = BD = 0,237 M.L = 316 M.v = v1 = 0,1 M.,
                                 
                              
                                 demnach G2H2 =
                                    											0,015 M.
                                 
                                 
                              
                                 γ
                                 
                                    
                                    
                                 D = d1 = 0,072 M.L = 316 M.v =
                                    												v1 = 0,1 M.,
                                 
                              
                                 mithin G3H3 =
                                    											0,12 M.
                                 
                                 
                              
                           GH =
                              									9,407 + 0,015 + 0,12 = 9,54 M.
                           Rechnet man hierzu 15 Proc. auf verschiedene Reibungswiderstände an den Verbindungen
                              									der Bleche, an den Führungen, an den Bohrwerkzeugen, Contraction des Wasserstrahles
                              									u. s w., so resultirt als Druckhöhe 9,54 + 1,43 oder 11 Meter.
                           Die nöthige Kraft, um den Schlammauftrieb zu bewirken, ergibt sich für das angeführte
                              									Beispiel P = 0,004 ×
                              									1000 × 11 = 44 Kilogramm-Meter, und da endlich 76 M.-Kg. = 1
                              									Pferdekraft, so hat man eine Kraftaufwand von 0,6 Pferdekraft nöthig, um den
                              									continuirlichen Schlammauftrieb hervorzubringen.
                           Für die Tiefbohrungen selbst von 632 Meter und bis auf 0,158 Meter vermindertem
                              									Bohrlochsdurchmesser unter übrigens gleichen Verhältnissen würde der Kraftaufwand
                              									kein größerer sein; denn man erhält in diesem Falle v1 = 0,4546 M.; Wq = 0,00155 Kbm.; GH = 8 M.; 12 M. Druckhöhe
                              									und 18 M.-Kg. oder 0,25 Pferdekraft Kraftaufwand. Für Bohrungen von
                              									geringerer Tiefe und geringerem Bohrlochsdurchmesser würde die Kraft eines Arbeiters am Pumpenschwengel vollkommen genügen, um
                              									den Bohrschlammauftrieb durch Einpumpen von Wasser beständig zu bewirken.
                           Versuche, von Chanoit und Catelineau angestellt und veröffentlicht, ergaben, daß ein Wasserstrom von
                              									v = 0,1 Meter Geschwindigkeit feinen Sand, v = 0,2 M. groben Sand, v = 0,5 M. Geröll
                              									von 20 Mm. Durchmesser und v = 1 M. alle Kiesel fortbewegte.
                           Es wäre wünschenswerth, wenn auch von anderer Seite Versuche in dieser Richtung
                              									vorgenommen und deren Resultate gewissenhaft veröffentlicht werden möchten, damit
                              									man diese Resultate mit denen vergleichen könnte, die sich durch Berechnung
                              									ergeben.
                           Es geht ferner aus obigen Betrachtungen hervor, daß für sehr weite Bohrlöcher, etwa
                              									für Schachtbohrungen, es angezeigt wäre, das den Bohrschlauch umgebende Wasser einem
                              									constanten Drucke auszusetzen und den Bohrschlamm durch das Innere des
                              									Bohrschlauches zum Auftrieb gelangen zu lassen. Hierüber fehlen mir jedoch die  Erfahrungen, und ich
                              									beschränke mich daher in Folgendem lediglich auf die Beschreibung der
                              									Bohreinrichtung und Bohrinstrumente, welche man bereits mit Vortheil beim Pressen
                              									des Injectionswassers durch den Bohrschlauch anwendet.
                           Der Bohrschlauch hat die Tendenz, sich platt aufzuwickeln, sowie derselbe auch vor
                              									seiner Verwendung flach liegt. Es wäre daher gerathen, den Bohrschlauch über eine
                              									Spule (Bobine) auf und über einander zu wickeln. Damit jedoch der Hebelarm, an
                              									welchem die Last wirkt, sich möglichst gleich bleibe, mit anderen Worten, damit beim
                              									Aufwickeln des Bohrschlauches kein erheblich größerer Durchmesser entstehe als der
                              									ursprüngliche Durchmesser der Treibwelle, so läuft der Bohrschlauch nicht auf einem
                              									Seilkorbe über einander, sondern neben sich über eine gewöhnliche Treibwelle. Diese
                              									Treibwelle hat entweder außer ihrer drehenden Bewegung um die eigene Achse noch eine
                              									vor- und rückwärtsgehende Verschiebung in der Richtung ihrer Längenachse zu
                              									erleiden (wie die Bobine bei der mechanischen Spinnerei) oder die Aufwickelung des
                              									Bohrschlauches wird, entsprechend der Umdrehung der Treibwelle, durch zwei
                              									Leitröllchen, deren vorstehende Kranzränder den Schlauch führen, dadurch bewirkt,
                              									daß diese Leitröllchen auf einer Schraubenspindel mit vorund rückwärtsgängiger
                              									Bewegung oder auf zwei nach entgegengesetzter Richtung sich bewegenden
                              									Schraubenspindeln hin und her gleiten. Wegen ihrer Einfachheit ist namentlich die
                              									letzterwähnte Art der Einrichtung für alle Seilbohrungen empfehlenswerth und
                              									dieselbe hat den besonderen Vortheil, daß die Kraft zum Bremsen keine so erhebliche
                              									zu sein braucht, als wenn der Seiltrommeldurchmesser bei jeder Umdrehung um die
                              									doppelte Seilstärke zunimmt und man schließlich außerordentliche Kraft anwenden muß,
                              									um den Bohrapparat zu bewegen. Die bewegende Kraft, den Betriebsmotor, nützt man
                              									jedoch beim Bohrbetriebe bekanntlich sehr unvollkommen aus, weil bei demselben zwar
                              									das Bohren selbst mit Einschluß des Auslöffelns und Einlassens der Bohrwerkzeuge den
                              									bei weitem größten Theil der Zeit in Anspruch nimmt, gleichwohl aber einen geringen
                              									Theil derjenigen Kraft verbraucht, welche nöthig ist, um die Bohrwerkzeuge aus dem
                              									Bohrloche heraus zu fördern.
                           Bei der Nebeneinanderwickelung des Bohrseiles, oder im gegebenen Falle des
                              									Bohrschlauches, ist man selbst bei bedeutender Tiefe des Bohrloches im Stande, den
                              									ganzen Bohrapparat, sei der Bohrer vor Ort, oder über Tage, leicht zu bewegen; Seil
                              									oder Bohrschlauch wird sich außerdem langsamer abnützen, da ihm die Gelegenheit,
                              									sich zu reiben, benommen ist.
                           Auch die Seilscheibe in der Höhe des Bohrthurmes sei auf der Achse drehbar und habe
                              									einen im umgekehrten Verhältniß zur Höhe des Bohrthurmes  stehenden Spielraum, welcher
                              									der Seilscheibe gestattet, sich auf der Achse hin und her zu verschieben. Bei
                              									Bohrthürmen über 16 Meter Höhe ist eine Verschiebung der Seilscheibe auf ihrer Achse
                              									nicht mehr nöthig.
                           Die Kranzrinne der Seilscheibe ist nach J. Hirn's Angabe
                              									trapezisch geformt und mit Guttapercha ausgefüttert.
                           Vom Mundloche des Bohrloches an wird der Bohrschlauch mittels eines Seilwirbels a (Fig. 25) durch ein
                              									Bandseil b aufgeholt. Das Muttergewinde des Seilwirbels
                              									entspricht dem Schraubengewinde d der Ansätze des
                              									Bohrschlauches. Da der Wirbel die doppelte Aufgabe hat, eine bequem lösbare, aber
                              									immerhin sichere Verbindung zwischen Treibseil und Bohrschlauch herzustellen,
                              									gleichzeitig sich leicht zu drehen und bequem über die Seilscheibe zu gleiten, so
                              									sind die Enden e des Wirbelringes, wie bei den zur
                              									Verbindung der einzelnen kürzeren Schlauchstücke (Wechselstücke) dienenden
                              									Holländern e (Fig. 26) derartig
                              									gestaucht, daß sie außer der Drehung um die Verticalachse auch noch eine geringe
                              									seitliche Bewegung um ihre Horizontalebene zulassen und vermöge dieser Eigenschaft
                              									das Umlegen der Verschlüsse um Seilscheibe und Treibwelle gestatten. Der im Früheren
                              									erwähnte Doppelconus f von Guttapercha ist in Fig. 26
                              									dargestellt; derselbe wird am Auftrieb durch eine vorgebundene Schnur g verhindert. Der eigentliche Muff der Verschraubung h ist achtkantig und hat Rippen i1, i2 . . als Angriffspunkte für die Schlüssel. Die
                              									Holländer e sind von Stahl oder von Messing, je nachdem
                              									sie Bohrwerkzeuge von größerem oder kleinerem Gewichte zu tragen haben. Ergänzen
                              									sich die Wechselstücke des Bohrschlauches zu 100 M., so verbindet man zwei solcher
                              									Schläuche x, y durch einen
                              									ungefähr 0,6 M. langen Muff z, welcher aus einem
                              									Schlauchstück besteht, das zur lichten Weite die äußere Weite des Bohrschlauches hat
                              									und mit diesem durch Schusterdraht verbunden ist (Fig. 27). Durch das bloße
                              									Anschwellen des Bohrschlauches im Wasser pressen sich die Wände der Schläuche
                              									äußerst fest an einander und bilden eine höchst solide Verbindung. Es bleibt dem
                              									Ermessen des Bohrmeisters überlassen, die Wechselstücke bei dem jedesmaligen
                              									Aufholen des Bohrschlauches abzuschrauben oder dieselben mit ihren
                              									Verbindungsstücken über die Treibwelle laufen zu lassen. Empfehlenswerth ist
                              									jedenfalls, die kürzeren Stücke, deren Länge zusammengenommen der Höhe des
                              									Bohrthurmes gleich kommt, abzuschrauben.
                           Beim Bohren wird an demjenigen Ansatz des Bohrschlauches, welcher nicht erheblich
                              									über die Tagebühne emporreicht oder unter derselben zurückbleibt, ein Spiralschlauch
                              									eingeschraubt, dessen entgegengesetztes  Ende entweder in eine doppeltwirkende Druckpumpe oder in
                              									einen Wasserbehälter mündet, welcher über dem Balancier in der Weise angebracht ist,
                              									daß sein Mittelpunkt in die Verlängerung der Schwingungsebene des Bohrbalancier
                              									fällt. Unter den obersten Ansatz des Bohrschlauches, an welchen der Spiralschlauch
                              									durch seinen Holländer angeschraubt wurde, greift eine gabelförmige Nachlaßschraube,
                              									welche an dem senkrecht über dem Bohrloche schwingenden Balancierende durch zwei
                              									Panzerketten gehalten wird. Damit die Schwankungen beim Bohren möglichst vermieden
                              									werden und der Bohrschlauch möglichst ruhig in der Verticalachse des Bohrloches
                              									schwinge, legt sich die Kette der Nachlaßschraube über ein der Hubhöhe des Balancier
                              									entsprechend umfangreiches Kreissegment. Dieses Balancierbeschläge besteht aus zwei
                              									durch Schrauben verbundenen Bandeisen, welche mit dem hölzernen Balancier durch
                              									eiserne Arme verbunden sind
                           Am entgegengesetzten Ende des gleicharmigen Bohrbalancier wirkt entweder der Motor
                              									durch Vermittelung einer Transmission in früher mehrfach beschriebener Weise, oder
                              									direct durch den Kolben eines sogen. Bohrcylinders. Das Bohren mit einem
                              									Bohrcylinder bietet unstreitig weit größere Sicherheit des Betriebes, indem jede
                              									unbedeutende Klemmung sofortigen Stillstand der Bohrbewegung zur Folge hat. Ein Mann
                              									ist im Stande, durch Niederdrücken der Nachlaßschraube den Bohrgang augenblicklich
                              									und bei jeder beliebigen Kolbenstellung zu hemmen, die Gefahr eines Unfalles ist
                              									hierdurch möglichst umgangen. Man ist im Stande, die Hübe äußerst rasch auf einander
                              									folgen zu lassen, ohne daß beim Anheben der Last ein schädlicher Ruck erfolgt. Diese
                              									Einrichtung ist nicht neu, sondern wurde, obgleich vereinzelt, doch namentlich bei
                              									Tiefbohrungen von größerer Bedeutung schon längst angewendet.
                           Für sogen. Handbohrungen — Bohrungen, bei denen weder Dampfkraft noch
                              									Wasserkraft zur Verfügung steht, wende man anstatt des gleicharmigen Bohrbalancier
                              									einen ungleicharmigen Hebel an und gestalte den Wasserbehälter zum Cylinder einer
                              									Druckpumpe um, deren Kolben, der Schwingung des Bohrschwengels gleichmäßig folgend,
                              									das Wasser in den Bohrschlauch preßt, sobald der Niedergang des Bohrbalancier
                              									erfolgt. Der Wassercylinder dient also nicht blos als Druckpumpe, sondern auch als
                              									Contrebalance, und durch diese Anordnung wird die mechanisch richtigste Ausnutzung
                              									der Bewegung, d. i. ein annähernd gleichförmiger Kraftaufwand beim Auf- und
                              									Niedergang des Bohrbalancier erzielt. Im Uebrigen bleibt sich die Anordnung der
                              									Einrichtung auch für Handbohrung gleich; ich glaube jedoch annehmen zu dürfen, daß
                              									für jede Bohrung über 150 Meter Tiefe bei jetzigen Arbeitslöhnen die Anwendung  von Dampfkraft eine
                              									Ersparniß an Regiekosten hervorbringt, um so mehr, wenn Brennmaterial nicht
                              									besonders kostspielig zu beschaffen ist, und wenn es sich um rasche Durchführung
                              									einer Bohrung handelt. Die Wartung und Pflege der Dampfmaschine soll bei diesem
                              									Bohrverfahren Sache des Bohrmeisters sein, da derselbe nicht einmal den Krückel zu
                              									führen hat, sondern blos von Zeit zu Zeit den vom Mundloch ausgestoßenen Bohrschlamm
                              									zu beobachten und Proben abzunehmen hat.
                           Das für die Tiefe des Bohrloches bestimmte Bohrschlauchende läuft in einen stählernen
                              									Holländer a. (Fig. 28) aus, in dessen
                              									äußeren Mantel b die eigentlichen Bohrwerkzeuge
                              									geschraubt sind. Die Einschnitte c, c sind die Angriffspunkte für die Schlüssel. Der
                              									Schlauch wird dreifach gegen den Holländer gepreßt, nämlich erstens durch eine
                              									vierflüglige Führung D, durch einen Halter E und durch Schnüre F1F2. Die Führung D erhält
                              									den Bohrschlauch und mit ihm zugleich den ganzen oberen Theil der Bohrapparate in
                              									der Mitte der Bohrlochachse, und während seine Einschnitte oder Aussparungen
                              									zwischen den Flügeln dem Wasser und Schlamm ungehinderte Bewegung gestatten,
                              									erschweren die Flügel selbst eine Drehung des Bohrschlauchendes.
                           Obgleich Führungen von nicht zu unterschätzendem Einfluße, oft unentbehrlich zum
                              									regelmäßigen Bohrbetriebe sind, so hatte man dennoch bisher keine
                              									zweckentsprechenden Leitungsapparate. Ich halte daher die Beschreibung einer von mir
                              									erfundenen und bereits vielfach auch von anderen Bohrtechnikern angewendeten
                              									Leitungseinrichtung für am Platze und lasse, ohne die einzelnen Vortheile
                              									hervorzuheben, die einfache Einrichtung (Fig. 29) für sich selbst
                              									sprechen. Die vier guß- oder schmiedeisernen Flügel a. schließen das am Holländer befestigte Bohrschlauchende (oder hat man es
                              									mit einer Schwerstange zu thun, diese Schwerstange) fest ein, sobald man die
                              									Schraubenbolzen s hinreichend anzieht. Diese Schrauben
                              									dienen gleichzeitig den Röllchen r als Achsen. Die
                              									stählernen Röllchen können bei Abnahme des Bohrlochdurchmessers ausgewechselt und
                              									durch kleinere ersetzt werden. Die Peripherie der Röllchen ist beim regelmäßigen
                              									Bohrbetriebe convex; beim Ausglätten verdorbener Röhren ist die Peripherie der
                              									Röllchen mit Zähnen versehen. Bei engen Bohrlöchern kann man die Flügel
                              									ausschmieden, für weite Bohrungen der Führung ein dem Bedürfniß entsprechendes
                              									Gewicht ertheilen und sie aus Gußeisen anfertigen lassen.
                           Der Halter E (Fig. 28) besteht aus zwei
                              									Hälften eines Cylinders, an desssen Längsschnittflächen die Ränder h1, h2 so vorstehen, daß sie
                              									durch mehrere Schrauben an einander und gleichzeitig die im Inneren gerippten
                              									schwach gezahnten Cylinderhälften gegen die Schlauchoberfläche gepreßt  werden. Um das über beide
                              									Einrichtungsstücke D und E
                              									vorstehende Ende des Holländers ist endlich eine Rebschnur F1
                              									F2 gewunden.
                           Die Arbeitsstücke, welche nun durch die eigenthümliche Vermittelung des
                              									Bohrschlauches mit der arbeitenden Kraft über Tage in inniger Verbindung stehen,
                              									unterscheiden sich wesentlich von einander und lassen sich in zwei Arten theilen, je
                              									nachdem: 1) stoßend und drehend zugleich, oder 2) nur drehend gebohrt
                              									wird. Hiernach richtet sich auch die Einrichtung der Bohrhütte über Tage selbst.
                           Von der ersteren, als der seither gebräuchlichen, daher bekanntesten Bohrmethode mit
                              									Benützuug des freien Falles beim Stoßen des Bohrers ausgehend, betrachte ich
                              									zunächst die Bohreinrichtung über Tage. Diefelbe weicht von der üblichen
                              									Bohrvorrichtung der bisherigen Anlagen dadurch ab, daß Prellaparate irgend welcher
                              									Art, als der mechanischen Leistung einer Kraftäußerung schädliche Vorrichtungen,
                              									ganz umgangen sind; ferner alle auf das Reinigen (Löffeln) des Bohrloches vom
                              									Bohrschlamme bezughabenden, früher angewendeten Instrumente und Apparate in Wegfall
                              									kommen.
                           Auch die Einrichtung der Arbeitsstücke vereinfacht sich wesentlich, denn die
                              									einzelnen Theile bestehen nur aus: 1) einem Freifallinstrumente und 2) dem
                              									Bohrstücke, zusammengestellt aus einer Schwerstange und Bohrmeiselschneiden, durch
                              									welche man den bei bisher bekannten Freifallbohrmethoden kaum zu umgehenden
                              									Bohrmeisel entbehrlich macht.
                           Die Construction der einzelnen Theile der in Fig. 30 bis 36
                              									dargestellten Bohrwerkzeuge ergibt sich aus deren Functionen; was ihre Anfertigung
                              									anlangt, so erwähne ich im Allgemeinen, daß man die Theile roh zusammenschweißt,
                              									alsdann ausbohrt, oder Gasrohre zur Anfertigung von Bohrapparaten für gewisse
                              									Bohrlochsdimensionen verwendet.
                           Das Feifallstück ist mit seinem obersten Theile, dem
                              									Halse, an den untersten Theil des Holländers angeschraubt, mit seinem untersten
                              									Theile dagegen an der Schwerstange befestigt, sei es durch Keilverschluß, sei es
                              									durch Verschraubung. Als Freifallstück kann jeder geschlossene hohle Freifallapparat
                              									dienen, ebensowohl der von Zobel, v. Sparre, Fauck, Greifenhagen u. A. Bei Anwendung des Fauck'schen Freifallinstrumentes z. B. müssen die das
                              									Fangen bewirkenden Keile unterhalb des Fallschirmes durch den äußeren Mantel
                              									hindurchgreifen. Bei dem Greifenhagen'schen Instrumente
                              									bewirken bekanntlich Hebelchen an Zugstangen das Fallenlassen des Unterstückes vom
                              									Freifallinstrumente; diese Hebelchen müssen im vorliegenden Falle, ebenfalls durch
                              									den äußeren Mantel des Freifallapparates durchgreifend, das Unterstück am Ansätze
                              									erfassen und fallen lassen, wobei wenig oder kein Wasser aus dem  Inneren des hohlen Instrumentes
                              									strömt; das aber etwa entweichende Wasser wirkt auf den Auftrieb des Fallschirmes
                              									günstig ein.
                           Das Bohrstück (Fig. 30, Fig. 32 und 33) ist ein
                              									hohles cylindrisch geschweißtes, schließlich ausgebohrtes Rohr von Bessemerstahl,
                              									welches 1,3 bis 2 Meter lang ist, am oberen Ende einen Ansatz zum Fangen und zur
                              									Aufnahme des Freifallstückes besitzt, mit welchem es auf eine beliebige Weise fest
                              									verbunden ist. Der untere Theil des Bohrstückes, in Fig. 34 als Durchschnitt
                              									γ - δ, in Fig. 35 als Schnitt nach
                              									α—β dargestellt, ist erheblich gestaucht und hierdurch dermaßen
                              									verstärkt, daß er durch die diametral angebrachten Oeffnungen zum Einschieben der
                              									Kreuzbohrerschneiden G1,
                              										G2 nicht gefährlich
                              									geschwächt wird. Der conisch ausgefeilte Durchgang H1 am Bohrkopfe gestattet das Einschieben der
                              									Bohrerschneide G1,
                              									verhindert jedoch das Ausfallen derselben aus dem Bohrkopfe. Der rectangulär
                              									ausgearbeitete Durchgang H2 läßt das Durchschieben der zweiten Bohrerschneide G2 und das Einschieben des Keiles K zu, sobald die Bohrerschneide G2 durch den Bohrkopf geschoben, über die
                              									erste Bohrerschneide G1
                              									herabgefallen ist und sich in ihren Einschnitt J1 festgesetzt hat (Fig. 31). Sind beide
                              									Bohrerschneiden eingesetzt, der Keil durch den Bohrkopf hindurch gesteckt, so wird
                              									die denselben concentrisch einschließende Blechhülse LL
                              									übergeschoben, und nun ist eine Verrückung des Keiles sowie der Bohrerschneiden
                              									nicht mehr möglich. Diese Blechhülse verdeckt an der Peripherie des Bohrkopfes
                              									eingearbeitete Rinnen — die sogen. Reactionscanäle
                              									M, durch die ein Theil des mit Bohrschlamm vermengten
                              									Wassers, welches sich vor Ort, nämlich zwischen der Bohrlochsohle und dem
                              									emporgehobenen Bohrkopfe befindet, zu entweichen gezwungen ist, da ihm zwischen
                              									Bohrlochswand und Bohrkopf nur ein unbedeutender Spielraum gelassen ist.
                           Für große Bohrlochsdurchmesser enthalte diese Hülse LL
                              									selbst die Reactionscanäle und sei an den Bohrkopf mehrmals angeschraubt, wie in
                              										Fig. 32
                              									durch die punktirten Linien angedeutet ist. Zwischen den Bohrerschneiden befinden
                              									sich die vier Ausgußöffnungen R, welche den Austritt des
                              									Wassers aus dem Inneren des Bohrstückes vermitteln.
                           Die Hauptschneide G1
                              									besitzt zwei den Vollbohrer genügend ersetzende Breitbacken U1, U2, von denen der eine (U2) nur bis zur halben Höhe der
                              									Bohrerschneide, d. i. bis zum Untersten des Bohrkopfes reicht, der andere (U1) bis zur vollen Höhe
                              									der Bohrerschneide verläuft. Die Nebenschneide G2 besitzt kleinere Backen V1, V2, ist übrigens ebenso wie die Hauptschneide von
                              									Gußstahl gearbeitet. Man achte sorgfältig darauf, daß die untersten Kanten der
                              									Bohrerschneiden nach dem Ausschmieden und Härten eine horizontale Ebene bilden, und
                              									daß dieselben vollkommen  fest in einander sitzen. Man halte stets ein Paar Bohrerschneiden zur
                              									Auswechslung bereit. Diese Vorsicht beschleunigt den Betrieb und ist nicht
                              									kostspielig, da diese Bohrschneiden leicht von einem einzigen Schmied zu handhaben
                              									sind, während das Verstählen und Härten größerer Bohrmeisel oft sämmtliche
                              									Bohrarbeiter Stunden lang aufhält, diese Manipulation eine unglaubliche Menge Kohlen
                              									verzehrt und oft schlecht ausgeführt wird. Das Gewicht von einem Paar
                              									Bohrerschneiden beträgt für einen Bohrerdurchmesser von 0,237 Meter 30 Kilogrm., und
                              									da jede Bohrerschneide für sich abgesondert beim Schmieden bearbeitet wird, so hat
                              									der Schmied blos ein Arbeitsstück von 15 Kilogrm. zu handhaben.
                           Sollen von Zeit zu Zeit Gesteinskerne ausgebohrt werden, so gebe man der
                              									Hauptschneide die zum Kernbohren erforderlichen bekannten Formen, behalte aber den
                              									eigenthümlichen Keilverschluß bei.Für Bohrungen von sehr weitem Durchmesser, in gewissem Sinne Schachtbohrungen, gebe man den Bohrschneiden eine
                                    											größere Widerstandsfähigkeit durch Anbringung von Winkeleisen, welche man
                                    											gegenseitig und mit der Bohrstange durch starke Schraubenbolzen verbindet.
                                    											Man vermeide bei Anfertigung dieses Apparates alles unnöthige Gewicht, weil
                                    											bei diesem Bohrsystem stets schmandfreie Bohrlochsohle vorhanden, also kein
                                    											bedeutendes Gewicht des Bohrstückes nöthig ist, das frische Gestein
                                    											anzugreifen. Den Bohrapparat hänge man an zwei Seilen ein, die in ihrer
                                    											Mitte den Bohrschlauch haltend, mit diesem an den jeweiligen
                                    											Verbindungsstellen der Schläuche untereinander, durch Laschen verbunden, ein
                                    											einziges Hängeseil bilden. Ich darf nicht unerwähnt lassen, daß die
                                    											Anwendung eines solchen Apparates nur für Schächte von kleinen Dimensionen
                                    											und für Verhältnisse, welche durch gewisse Bedingnisse begünstigt sind,
                                    											angezeigt wäre; z. B. könnte man in Gesteinsarten, welche als
                                    											Hauptbestandtheile Schieferthon, sandige oder thonige Schiefer,
                                    											Mergelschiefer u. a. enthalten, deren Bohrmehl zu Bohrschmand wird und oft
                                    											Tage lang fein zertheilt im Wasser suspendirt bleibt, mit Vortheil kleinere
                                    											Förder-, auch Wasserschächte mit Hilfe dieses Bohrverfahrens abbohren
                                    											— vorausgesetzt, daß eine hinreichende Menge Wassers disponibel wäre,
                                    											damit durch die Vermischung des Bohrschlammes mit Wasser eine Mischung von
                                    											geringem specifischen Gewichte erzeugt werde, die einestheils durch
                                    											Auftrieb, anderentheils durch Auspumpen zu Tage gefördert werden müßte.Dieser Fall würde namentlich bei der Erdwachsgewinnung in den Bergölregionen
                                    											Galiziens in Frage kommen, wo mittels Schächten bedeutende Tiefen zu
                                    											erreichen sind und wo es sich wegen der schwierigen Wetterführung um das
                                    											Niederbringen möglichst vieler Schächte in nicht großer Entfernung von
                                    											einander handelt. Die Schächte werden nur in kleinen Dimensionen 1,0
                                    											× 1,0 M., höchstens 1,0 bis 1,3 Meter, meist in Schieferletten oder
                                    											Mergelthon mit schwachen Sandsteinschichten, der eocänen
                                    											(Karpathensandstein) und miocänen Formation angehörend, abgeteuft. Das
                                    											Hervorbrechen von schweren und leichten Kohlenwasserstoffgasen, welche das
                                    											Bergöl und Erdwachs zu begleiten Pflegen, und die wegen ihrer
                                    											Leichtentzündbarkeit und wegen ihres plötzlichen Auftretens, trotz großer
                                    											Vorsicht, die man bei Gewinnung jener nutzbaren Mineralien (Leuchtstoffe)
                                    											anwendet, oft Anlaß zu gefahrvollen Explosionen geben, erschweren den
                                    											Schachtbetrieb ungemein, so daß man sich mit dem Schachtabteufen meist auf
                                    											geringe Tiefen beschränkt, überhaupt einen sehr primitiven Raubbau auf
                                    											dieses kostbare Material betreibt. Es würde mich zu weit führen, hier
                                    											anzugeben, in welcher Weise ein regulärer Bergbau mit Hilfe dieses
                                    											Bohrverfahrens auf Bergöl- und Erdwachsgewinnung einzuleiten wäre,
                                    											behalte mir daher die ausführliche Behandlung dieses Stoffes für einen
                                    											besondern Aufsatz vor, sowie ich auch über die wirkliche Leistung des
                                    											Reactionsfreifallbohrers seiner Zeit berichten werde.
                           
                           Der Vorgang beim Bohren selbst ist ein äußerst einfacher.
                              									Nachdem man die Bohrschneiden in den Bohrkopf eingeschoben und die Verschlußhülse
                              									übergeschoben hat, läßt man den Apparat am Bohrschlauche bis vor Ort nieder,
                              									schraubt den Wirbel am Treibseil vom obersten Ansätze des Bohrschlauches ab, dagegen
                              									den Muff des Holländers am Ende des Spiralschlauches an, setzt die Nachlaßschraube
                              									mit dem Ansätze in Verbindung und öffnet den Hahn zum Einlassen des Wassers in den
                              									Bohrschlauch. Sobald das Ende des Bohrbalancier in den Lothpunkt der Verticalachse
                              									des Bohrloches gerückt worden ist, beginnt das Bohrspiel.
                           Das Fallenlassen oder Abwerfen des Freifallunterstückes
                              									und Bohrstückes erfolgt beim Niedergange augenblicklich und trotz großer
                              									Geschwindigkeit, mit welcher man bohrt, regelmäßig, also vollkommen sicher, aus dem
                              									Grunde, weil im Moment des Niederganges der Wasserdruck der den Bohrschlauch
                              									umgebenden, den Fallschirm zuvor niederhaltenden Wassersäule überwunden wird von dem
                              									auf die im Bohrschlauche befindliche Wassersäule wirkenden Druck und durch das unter
                              									dem Bohrstück befindliche, beim Niederfalle heftig gepreßte Wasser. Dieser Druck
                              									pflanzt sich folgerichtig fort auf den unteren Theil des Freifallschirmes durch die
                              									leitende Wassersäule und treibt diesen selbst empor. Gleichzeitig strömt Wasser aus
                              									dem Inneren des fallenden Bohrstückes mit großer Heftigkeit aus, es erfolgt eine
                              									Drehung des Bohrstückes vermöge der Reactionswirkung des ausfließenden
                              									Wasserstrahles nach entgegengesetzter Richtung mit der Richtung der
                              									Ausflußmündungen, bis das Bohrstück auf der Bohrlochsohle aufruht. In diesem
                              									Augenblicke eilt der Bohrschlauch mit dem Obertheil des Bohrapparates um die
                              									Fallhöhe nach, und da die Verbindung zwischen Bohrschlauch und Bohrinstrumenten
                              									durch die Holländer gelöst ist, so theilte sich die Drehung dem Obertheil des
                              									gesammten Bohrapparates während des Niederganges entweder gar nicht oder nur
                              									unvollkommen mit, so daß das Bohrstück bei jedem Hübe regelmäßig an einer anderen
                              									Stelle des Bohrortes abgeworfen wird.
                           Das Maß der Drehung läßt sich leicht durch die früher erwähnten Reactionscanäle nach
                              									Bedürfniß regeln. Die Drehung kann man so weit treiben, daß das Bohrloch bei milden
                              									Gebirgen hinreichend erweitert wird, um die Sicherheitsröhren constant nachtreiben
                              									zu können. Beim Bohren in festerem Gestein, welches trotz seiner Festigkeit zu
                              									Nachfall rasch geneigt ist, erweitere man das Bohrloch unterhalb der
                              									Sicherheitsröhren mit excentrischen Bohrerschneiden derartig, daß die Verröhrung
                              									regelmäßig mit dem Vorschreiten der Bohrung nachgetrieben werden kann. Natürlich
                              									nimmt man in diesem Falle die Seite U2 (Fig. 32)  der Hauptschneide zur
                              									Verkürzung und läßt den an ihr bei gewohnlichem Bohren angebrachtem Breitbacken
                              									weg.
                           Die Stoßwirkung des Bohrstückes durch eine gewöhnliche Rutschscheere ist bei dieser
                              									Bohrmethode allerdings auch ohne freien Fall kräftig, weil das Bohrloch rein
                              									gehalten ist; jedoch glaubte ich aus dem Grunde ein Freifallinstrument anwenden zu
                              									müssen, damit der Bohrschlauch und besonders seine Verbindung mit den einzelnen
                              									Theilen so wenig als möglich zu leiden habe.
                           Ueberraschend einfach würden sich Bohreinrichtung und Manipulation gestalten bei nur
                              									drehender Bewegung der Arbeitsstücke unter constantem Druck.
                           Auch das Diamantbohrverfahren hat diesen mechanisch richtigen Weg eingeschlagen, ihn
                              									für gleichartige Gesteinsarten mit unstreitig günstigem Erfolge verfolgt, doch ist
                              									die rotirende Bewegung zwar die mechanisch einfachste Bewegungsart beim Bohren, hat
                              									aber, ich möchte sagen, den bergmännischen Gesichtspunkt zu wenig berücksichtigt,
                              									nämlich die Verschiedenartigkeit der Härte des zu durchbohrenden Gesteins und zu
                              									Folge deren das ungleiche Krafterforderniß, das Gestein zu durchdringen. Es ist
                              									diese Art der Bohrerbewegung wohl ausführbar, weil es in unserer Hand liegt, vermöge
                              									der eigenthümlichen Vermittelung durch den Bohrschlauch, die arbeitende Kraft zu
                              									steigern und wenig geschmälert auf das Arbeitsstück zu übertragen. Letzteres würde
                              									sich zu einer archimedischen Schraube, der Bohrer zu einem Schraubenbohrer
                              									gestalten, dessen Spindel das Bohrort angreifen würde. Ich hebe ausdrücklich hervor,
                              									daß Versuche zuvörderst ergeben müssen, ob diese Bewegungsart in der Praxis mit
                              									Vortheil anwendbar sein würde oder nicht. Ich werde jedoch nicht ermangeln, auch
                              									hierüber Mittheilungen zu veröffentlichen, wenn die anzustellenden Versuche wirtlich
                              									zu einem günstigen Resultate führen sollten.
                           Bevor ich zum Schlüsse die Vortheile zusammenstelle, welche das
                              									Reactionsfreifallbohren auszeichnen, will ich einige Bedenken widerlegen, die man
                              									gegen das Bohren mit continuirlichem Schlammauftrieb im Allgemeinen ausgesprochen
                              									hat.
                           Dieses Bohrsystem erfordert Wasser; jedoch ebenso wie für unzählige Dampfmaschinen
                              									das nöthige Speisewasser beschafft wird, so dürfte sich auch in den meisten Fällen
                              									das zum Schlammauftrieb erforderliche Injectionswasser finden lassen. Bei diesem
                              									Einwand berücksichtigt man in der Regel nicht die Formation einer Gegend, in welcher
                              									gewöhnlich Bohrungen angelegt werden.
                           
                           Der Verlust, welchen der Schlammauftrieb bei Handbohrungen durch Unterbrechung des
                              									Wasserdruckes, mithin durch das Rückfallen der Schlammtheilchen erleidet, wird um
                              									Vieles durch die Geschwindigkeit aufgewogen, mit welcher gebohrt wird in Folge der
                              									Sicherheit des Abwerfens von Freifallstücken. Erfahrungsmäßig geräth durch lebhafte
                              									Bewegung der Bohrinstrumente Wasser und Schlamm in heftige Wallung und innige
                              									Vermischung, welche den Schlammauftrieb, wie früher nachgewiesen wurde, wesentlich
                              									befördert.
                           Der Einwand, daß das Wasser und die Wasserströmung in manchen Fällen zerstörend auf
                              									die Gebirgsarten der Bohrlochswände einwirke, dadurch Nachfall erzeuge und
                              									Verröhrung nöthig mache, ist vollkommen richtig und beschränkt die Anwendung des
                              									ebenfalls hydraulischen Diamantbohrverfahrens — berührt jedoch weniger das
                              									Reactionsfreifallbohren. Bei letzterem ist die Anwendung eines großen
                              									Bohrerdurchmessers zulässig, daher das Einziehen absätziger Röhrentouren weniger
                              									nachtheilig auf den Verlauf der Bohrung. Es wird hiermit jedoch keineswegs
                              									zugegeben, daß (selbst für salzige Gebirgsarten) die Trockenbohrung vorzuziehen sei,
                              									da notorisch bekannt ist, daß die durch das Einziehen der Sicherheitsröhren
                              									verursachten Kosten weit geringer sind als der Kapitalsverlust, welcher durch den
                              									Schneckengang einer Trockenbohrung aufläuft.
                           Bei Wasser aufsaugenden Schichten eines Bohrloches hebt die für diesen Fall
                              									angezeigte Verrohrung bald den dem Schlammauftrieb nachtheiligen Einfluß auf,
                              									welcher indessen beim Reactionsfreifallbohren nicht bedeutend genug ist, zu
                              									verhindern, daß der Bohrschlamm nicht wenigstens über die gesammten Bohrwerkzeuge
                              									empor geschleudert werde, wo sich derselbe für diesen besonderen Ausnahmefall in
                              									einem Schlammfänger absetzen kann, ohne die Bohrwerkzeuge durch Verschlammung zu
                              									gefährden, wie es so leicht beim Diamantbohrverfahren oder bei anderen hydraulischen
                              									Bohrarten vorkommt. Auch gestattet das Reactionsfreifallbohren am Bohrschlauch im
                              									Gegensatze zu jenen Bohrverfahren für diesen Ausnahmefall das häufige Ausziehen der
                              									Bohrwerkzeuge ohne erheblichen Zeitverlust, ja sogar das Löffeln, da man es eben
                              									nicht mit Gestängen zu thun hat.
                           Wasser- und Gaseinströmungen, die beim Bohren in der Tiefe erschlossen werden,
                              									erleichtern den Auftrieb des Bohrschlammes stets, anstatt ihn zu
                              									beeinträchtigen.
                           Solche Fälle kommen häufig beim Bohren auf Bergöl vor, daher auch das
                              									Reactionsfreifallbohren für Tiefbohrungen auf Bergöl von besonderer Wichtigkeit ist.
                              									Unter anderen Beispielen führe ich an, daß in  Targowiska bei einer Tiefe von 250 Meter über 4 Meter
                              									Tiefe in sandigen Schiefern gebohrt ward, ohne daß ein Auslöffeln des Bohrloches
                              									nöthig und möglich gewesen wäre, indem hervorgebrochene Gase den Bohrschlamm
                              									beständig vom Ort bis zum Mundloche, sogar oft über dasselbe emportrieben.
                           Die wesentlichen Vortheile des Reactionsfreifallbohrens lassen sich in Folgendem
                              									ausdrücken.
                           1) Der Auftrieb des Bohrschlammens findet bei Handbohrungen nahezu ununterbrochen,
                              									bei Dampfbohrungen continuirlich statt und wird beschleunigt je nach der
                              									Geschwindigkeit, die man den tiefsten Wassermolecülen ertheilt. Das Löffeln des
                              									Bohrschlammes fällt ganz hinweg, desgleichen werden die mit dem Auslöffeln
                              									verbundenen Vorrichtungen und die durch diese Arbeit hervorgerufenen häufigen
                              									Unfälle vermieden. Selbst bei hartem Gesteine braucht nicht, wie dies beim
                              									Diamantbohren oft nöthigt genug ist, das Bohrmehl ausgelöffelt zu werden.
                           2) Der bisher übliche Bohrmeisel ist ersetzt durch ein leicht anzufertigendes, bequem
                              									zu handhabendes Bohrstück, welches trotz großer Dimensionen möglichst ungehindert
                              									und rasch vordringen kann, da der Stoß vollständig ausgebeutet wird und nicht, wie
                              									bei dem bisherigen Erdbohren, auf Durchdringung des Bohrschlammes ein bedeutender
                              									Theil des mechanischen Nutzeffectes des niederfallenden Bohrers aufzuwenden ist.
                           3) Man sichert durch dieses Verfahren die Arbeit des Freifallinstrumentes vor
                              									unregelmäßigem Abwerfen auch bei einer großen Anzahl von Spielen in der Minute, weil
                              									es durch den Druck von unten gegen den Freifallschirm, also durch den lebhaften
                              									Wasserauftrieb befördert wird.
                           4) Die Drehung des Bohrstückes erfolgt durch die Reaction des Wassers sehr
                              									vollkommen, kann beliebig verändert und gesteigert, auch der Stoß und Druck des
                              									ein- resp. ausströmenden Wassers zu allen möglichen Ventilabschlüssen und
                              									Hebelvorrichtungen ausgenützt werden.
                           5) Das Bohrstück erweitert vermöge der Drehung das Bohrloch um so viel, daß die
                              									Sicherheitsröhren nachgetrieben werden können, jedenfalls eine Röhrentour länger
                              									ausfällt, als bei den bisher üblichen Bohrverfahren, einestheils wegen der größeren
                              									Geschwindigkeit, mit welcher gebohrt wird, anderentheils wegen der genau
                              									cylindrischen Form, welche das Bohrloch durch drehende Bewegung der Bohrerschneiden
                              									einnimmt.
                           6) Während sich das Gestängbohren und vor allen Bohrverfahren das Diamantbohren durch
                              									Schwere der Gestänge, durch außerordentliches Kraft- und Zeiterforderniß zum
                              									Einlassen und Herausziehen der Bohrwerkzeuge wenig vortheilhaft auszeichnet, sind
                              									dagegen die Bohrwerkzeuge  bei dem Reactionsfreifallbohren bequem zu handhaben, sie werden rasch, gefahrlos,
                              									übrigens selten gezogen. Der Effect- und Zeitverlust gegenüber allen bisher
                              									bekannten Bohrmethoden ist bei diesem Verfahren auf ein Minimum reducirt.
                           7) Das Reactionsfreifallbohren ist trotz der Schnelligkeit, mit welcher gebohrt wird,
                              									überraschend billig; beispielsweise sind die Kosten einer Bohrung nach diesem
                              									Verfahren denen gegenüber, welche durch Anwendung des Diamantbohrverfahrens
                              									erwachsen würden, um 50 Proc. niedriger.
                           Da mithin durch diesen Schritt nicht nur die Bohreinrichtung und Bohrmanipulation
                              									sehr vereinfacht, sondern auch ermöglicht ist, in kurzer Zeit ohne erhebliche Kosten
                              									selbst unter erschwerenden Umständen große Tiefen mit beliebigem Durchmesser
                              									abbohren zu können, so darf ich mich wohl der Hoffnung hingeben, daß dieses neue
                              									Bohrsystem sich bald Bahn brechen und, wenn auch in seinen Einzelheiten mehr und
                              									mehr vervollkommnet, zur Hebung des Bohrwesens und damit zugleich des Bergwesens in
                              									Etwas beitragen dürfte.Das Verfahren wurde dem Erfinder, Hrn. Ingenieur Jul. Noth, patentirt; die Ausführung der Werkzeuge dem
                                    											Maschinenfabrikanten Zieleniewski in Krakau
                                    											übertragen.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
