| Titel: | Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever, Fabrikdirector in Stolberg. | 
| Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 234 | 
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                        Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever,
                           								Fabrikdirector in Stolberg.Mit Bewilligung aus dem „Amtlichen Bericht über die Wiener
                                          													Weltausstellung im J. 1873“; erstattet von
                                 										der Centralcommission des deutschen Reiches. III. Gruppe: Chemische Industrie; von Prof. Dr. A. W. Hofmann. (Vieweg und Sohn. Braunschweig 1875. Pr. 6,6
                                 									Mark.)
                        Hasenclever, über Fabrikation der Schwefelsäure.
                        
                     
                        
                           Nur in wenigen Zweigen der chemischen Technologie dürften gleiche Fortschritte
                              									constatirt werden können, wie sie in der Schwefelsäure-Industrie in den
                              									letzten zehn Jahren stattgefunden haben. Einestheils hat sich die Production in
                              									quantitativer Beziehung. ungemein. entfaltet durch die gesteigerte Fabrikation von
                              									Soda, Potasche und Mineraldünger, durch die künstliche Darstellung des Alizarins und
                              									die Nitroglycerinbereitung etc., anderentheils aber hat auch die Methode der
                              									Fabrikation der Schwefelsäure wesentliche Veränderungen erfahren.
                           Während frühere Arbeiten vorzugsweise darauf gerichtet waren, neue Verfahrungsarten
                              									und Apparate für die Darstellung der Schwefelsäure aufzufinden, ist man in den
                              									letzten Jahren hauptsächlich bemüht gewesen, neue Bezugsquellen für schwefelige
                              									Säure ausfindig zu machen, die Verbrennungsöfen zu verbessern und den nun seit einem
                              									Jahrhundert benützten Proceß in den Bleikammern theoretisch aufzuklären, um ihn in
                              									der Praxis zu vervollkommnen.
                           Außer den hierauf bezüglichen Mittheilungen verschiedener Chemiker und Techniker in
                              									den Zeitschriften sind folgende, die Schwefelsäurefabrikation betreffende, Werke
                              									erschienen:
                           1. M. J. Kolb: Etude sur la fabrication
                                 										de l'acide sulfurique considerée au point de vue théorique et technologique.
                                 										Lille 1865.
                           
                           2. Dr. C. A. Winkler: Untersuchungen über die chemischen Vorgänge in den Gay-Lussac'schen Condensationsapparaten der
                              									Schwefelsäurefabriken. Freiberg 1867
                           3. Handbuch der chemischen Technologie, herausgegeben von P. A.
                              										Bolley. II. Band, 1.
                              									Gruppe von Dr. P. Schwarzenberg. Braunschweig 1869.
                           4. F. Bode: Beiträge zur Theorie und
                              									Praxis der Schwefelsäurefabrikation. Berlin 1872.
                           5. Henry Arthur smith: The Chemistry of
                                 										sulphuric acid manufacture. London 1873. (In deutsche Bearbeitung unter dem
                              									Titel: Die Chemie der Schwefelsäurefabrikation, von H. A. Smith. Aus dem Englischen übersetzt von Fr. Bode. Freiburg 1874.)
                           6. Lorenzo Parodi: Sull' extrazione
                                 										dello solfo in Sicilia, e sugli usi industriali del medesimo. Firenze
                              									1873.
                           Die Zahl der Schwefelverbindungen, welche zur Fabrikation von Schwefelsäure
                              									Verwendung finden, ist in den letzten zehn Jahren bedeutend gewachsen. Nur in
                              									wenigen Fabriken benützt man zur Darstellung der Schwefelsäure noch den Schwefel;
                              									vorherrschend wird Schwefelkies hierzu verwendet, daneben in vereinzelten Fällen
                              									Bleistein, Kupferstein, Kupferkies, Zinkblende und Laming'sche Masse.
                           Ueber neue Constructionen der Schwefelöfen ist Nichts veröffentlicht worden.
                              									Bemerkenswerth ist immerhin die in einigen Fabriken erfolgte Umwandlung der Kiesöfen
                              									in Schwefelbrenner durch einfaches Einführen von Gußplatten an die Stelle der
                              									Roststäbe, welche durch die hohen Kiespreise in den Jahren 1871 bis 1873
                              									hervorgerufen wurde. Heidenreich in Hannover änderte
                              									zuerst seine Oefen in der angeführten Weise; in der genannten Fabrik wurden in 24
                              									Stunden 120 Kg. Schwefel pro Qu.-M. verbrannt.
                           Auch in Stettin, Hamburg und an anderen Orten hat man in den letzten Jahren
                              									Schwefelsäure aus Schwefel dargestellt, während man früher Kies verwendete. Nachdem
                              									die Preise der Kiese gefallen, hat man in vielen Fabriken die Darstellung der
                              									Schwefelsäure aus Schwefel wieder aufgegeben.
                           Die Ausfuhr an Schwefel aus Sicilien hat in den letzten Jahren die in der Tabelle
                              									angeführten Zahlen erreicht.
                           
                              
                                 1862
                                 143 323
                                 Tonnen.
                                 
                              
                                 1863
                                 147 035
                                 Tonnen.
                                 
                              
                                 1864
                                 139 841
                                 Tonnen.
                                 
                              
                                 1865
                                 138 232
                                 Tonnen.
                                 
                              
                                 1866
                                 179 110
                                 Tonnen.
                                 
                              
                                 1867
                                 192 320
                                 Tonnen.
                                 
                              
                                 1868
                                 172 387
                                 Tonnen.
                                 
                              
                                 1869
                                 170 141
                                 Tonnen.
                                 
                              
                                 1870
                                 172 751
                                 Tonnen.
                                 
                              
                                 1871
                                 171 236
                                 Tonnen.
                                 
                              
                           
                           Seit vielen Jahren wird der Schwefel in den Weinbergen Frankreichs, Italiens und
                              									Spaniens gegen die Traubenkrankheit in großen Quantitäten angewendet. Die vermehrte
                              									Production an Schießpulver und Ultramarin erfordert ebenfalls große Mengen Schwefel,
                              									so daß die durch die Einführung von Schwefelkies zur Säurefabrikation bedingte
                              									Verminderung des Consums von Schwefel den Export aus Sicilien kaum herabgedrückt
                              									hat.
                           Schwefelkiesröstung. Die Verwendung des Schwefelkieses zur
                              									Darstellung von Schwefelsäure ist jetzt beinahe allgemein geworden und die Förderung
                              									dieses Minerales ist daher in den letzten zehn Jahren ganz bedeutend gestiegen. Die
                              									größten Quantitäten, welche in England verbraucht werden, kommen aus Spanien,
                              									Portugal und Norwegen. Die Einfuhr von Schwefelkies und Schwefel nach Großbritannien
                              									betrug in Tonnen:
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 216, S. 236
                              Schwefelkies
                                    											aus:; Schwefel aus; Jahr; Norwegen; Deutschland; Belgien; Portugal;
                                 										Spanien; Italien; Verschiedenen Bezugsquellen; Summe; Sicilien.
                              
                           Frankreich bezieht den Schwefelkies der Hauptsache nach aus Chessy und Saint Bel bei
                              									Lyon; im Norden wird belgischer Kies in untergeordneten Quantitäten verarbeitet. Der
                              									in Deutschland verbrauchte Schwefelkies stammt vorzugsweise von den Gruben der
                              									Gewerkschaften Sicilia und Siegena bei Siegen; geringe Quantitäten liefern einige
                              									rheinische Gruben, das Feinkieslager bei Schwelm, der Rammelsberg im Harz etc.
                           
                           Die Schwefelkiesproduction (in Tonnen) betrug in den Gruben
                              									von:
                           
                              
                                 Jahr.
                                 Belgien.
                                 Chessy und Saint Bel bei Lyon.
                                 Goslar.
                                 Siegen.
                                 Insämmtlichen preußischen Gruben, außer Siegen und
                                    											Goslar.
                                 
                              
                                 1862
                                 —
                                 45 973
                                 —
                                 14 850
                                 7461
                                 
                              
                                 1863
                                 36 244
                                 59 699
                                 —
                                 28 765
                                 5934
                                 
                              
                                 1864
                                 28 956
                                 61 103
                                 —
                                 29 115
                                 3437
                                 
                              
                                 1865
                                 31 818
                                 63 538
                                 —
                                 34 060
                                 4187
                                 
                              
                                 1866
                                 55 004
                                 65 222
                                 —
                                 50 875
                                 4302
                                 
                              
                                 1867
                                 41 298
                                 75 653
                                 1599
                                 71 835
                                 4756
                                 
                              
                                 1868
                                 37 933
                                 75 656
                                 2635
                                 90 100
                                 3953
                                 
                              
                                 1869
                                 31 670
                                 91 020
                                 2689
                                 64 789
                                 6394
                                 
                              
                                 1870
                                 28 665
                                 63 464
                                 3228
                                 92 048
                                 3191
                                 
                              
                                 1871
                                 42 272
                                 68 797
                                 3324
                                 110 432
                                 4574
                                 
                              
                                 1872
                                 40 932
                                 99 000
                                 3640
                                 144 745
                                 964
                                 
                              
                                 1873
                                 
                                 127 000
                                 1217
                                 123 172
                                 3748
                                 
                              
                           Die Oefen, welche man zur Röstung von Schwefelkies anwendet, sind verschieden, je
                              									nachdem Stücke, Graupen oder Feinkies in denselben verbrannt werden sollen. Die
                              									Stückkiesbrenner stimmen meist darin überein, daß die Erze auf eisernen Roststäben
                              									abgeröstet werden. Die in England gebräuchlichen Kilns sind mehrfach, zumal
                              									neuerdings von H. A. Smith beschrieben und durch
                              									Zeichnungen erläutert worden. Die einzelnen Oefen sind durch kleine Gewölbe von
                              									einander getrennt und in solcher Zahl verbunden, daß die Gase, welche aus denselben
                              									in die Bleikammer gelangen, einen ziemlich constanten Gehalt an schwefliger Säure
                              									haben. Jede Abtheilung ist durch eine besondere Thür von unten abgesperrt, durch
                              									welche die ausgebrannten Stückerze entfernt werden. Diese Thüren sind geschlossen,
                              									wenn von oben eine frische Ladung Kies in den Ofen gelangt, wodurch ein Entweichen
                              									großer Quantitäten von schwefliger Säure während des Oeffnens der oberen Thür bei
                              									einer frischen Beschickung verhindert wird. Ist der Niveauunterschied zwischen dem
                              									Ofen und dem Eintrittsrohr der Gase in die Kammer ein beträchtlicher, so wird Luft
                              									eingesogen und es kann daher keine schweflige Säure beim Oeffnen einer Arbeitsthür
                              									entweichen.
                           Die belgischen Kiesöfen haben meist feste Roste und befindet sich ein großer Canal
                              									unter denselben, der mit einem Schornstein in Verbindung steht. Bevor von oben eine
                              									frische Charge Schwefelkies eingebracht wird, gehen die Arbeiter in den Canal und
                              									entfernen die ausgebrannten Kiese, welche auf den Rosten liegen, durch Auskratzen
                              									mit langen eisernen 
                              									Haken. Damit die Leute bei dieser Arbeit nicht vom Staub zu sehr belästigt werden,
                              									öffnen sie den Schieber, welcher den Canal mit dem Schornstein verbindet, so daß
                              									ihnen reichlich frische Luft zuströmt. Diese Einrichtung gewährt gleichzeitig einen
                              									anderen Vortheil. Könnte man den Luftzutritt zum Ofen hermetisch absperren, so würde
                              									man im Stande sein zu verhindern, daß schweflige Säure aus dem Ofen entweicht, wenn
                              									die Arbeitsthüren des Kiesofens zum Einwerfen einer neuen Beschickung geöffnet
                              									werden. Da indessen hermetische Verschlüsse bei Röstöfen nicht anzubringen sind, so
                              									kann man diese Verluste mit Hilfe des langen Canales zweckmäßig vermeiden. Man
                              									schließt die von außen zum Canal führende Thür möglichst dicht und öffnet den zum
                              									Schornstein führenden Schieber gerade so weit, daß die durch die Undichtigkeiten der
                              									Thür eindringende Luft unter den Roststäben nach dem Schornstein hinzieht und nicht
                              									zwischen den Roststäben in den Ofen aufsteigt. Durch zu starken Zug würde durch die
                              									Arbeitsthüren Luft in den Ofen aspirirt und schweflige Säure aus dem Schornstein
                              									entweichen. Die Röstung stagnirt also so lange, bis die neue Beschickung im Ofen
                              									ausgebreitet ist; man schließt dann den Schieber wieder und öffnet die Thür, welche
                              									zum Canal führt, so weit, als es die gute Abröstung im Kiesofen verlangt.
                           In Frankreich hat man seit Jahren drehbare Roststäbe in den Kiesöfen. Bereits im J.
                              									1848 waren solche bekannt. Sie sind einestheils für den Arbeiter bequem und bieten
                              									andererseits für die Röstung den Vortheil, daß bei dem Hin- und Herbewegen
                              									der Roststäbe nur die unterste Lage der Beschickung ausfällt (vergl. 1874 212 54Die im Text eingefügten Literaturangaben aus Dingler's polytechn. Journal sind theilweise von der Redaction
                                    											dieses Journals hinzugesetzt.). Die einzelnen Abtheilungen sind
                              									meist durch Bogen von einander getrennt; die Oefen gleichen den englischen, nur ist
                              									die Kiesschicht niedriger, da meist reichere, leicht entzündliche Erze geröstet
                              									werden.
                           In Deutschland sind Stückkiesöfen nach französischen, belgischen und englischen
                              									Mustern in Gebrauch. Eine Combination des französischen und belgischen Ofens wurde
                              									im J. 1866 in der chemischen Fabrik Rhenania bei Stolberg eingeführt, und hat diese
                              									Construction seither weitere Verbreitung gefunden. Die ausgebrannten Kiese werden
                              									durch drehbare Roststäbe entfernt, weil nach dem belgischen Verfahren die Arbeiter
                              									mit ihren langen Haken leicht in noch schwefelreiche Lagen eindringen und die
                              									Abbrände alsdann einen zu hohen Schwefelgehalt behalten. Unter den Rosten ist auf
                              									der Rhenania der lange Canal der belgischen Oefen beibehalten, welcher eine neue
                              									Beschickung ohne Verlust an schwefliger Säure gestattet. Außerdem erlaubt er unter
                              									den Rost  bequem einen
                              									Wagen zu schieben, in welchen die Kiesabbrände direct einfallen und ohne Umladung
                              									abgeführt werden. Gestatten es die Terrainverhältnisse nicht anders, so kann der
                              									Wagen eine niedrige Form erhalten und das Schienengleise mit dem Niveau der
                              									Hüttensohle in gleicher Höhe liegen. Die Beschickung der Oefen mit Stückkiesen
                              									geschieht auf der Rhenania bei Stolberg und an anderen Orten, wo die Anfuhr auf den
                              									Kiesofen keine Schwierigkeiten macht, durch eine im Gewölbe befindliche Oeffnung und
                              									dauert dann das Einfüllen nicht länger als 20 Seeunden. Ist es zu umständlich, die
                              									Erze auf den Ofen zu schaffen, so wirft man dieselben mit Schaufeln durch die
                              									Arbeitsthüren ein. 400 Kg. sind auf diese Weise in fünf Minuten in den Ofen zu
                              									bringen. Da das Chargiren immer eine Störung für den Ofengang ist, so erscheint es
                              									zweckmäßig, diese Störung auf die kleinste Dauer zu beschränken.
                           Arme Stückkiese werden in Freiberg und Oker in sogen. Kilns geröstet. Es sind dies
                              									kleine Schachtöfen mit seitlichem Gasabzug und niedrigem Gewölbe, in welchem hohe
                              									Erzschichten gehalten werden. (Vergl. Graham-Otto's Lehrbuch der Chemie, II.
                              									Band, I. Abth. 549.)
                           Was die Röstung von Feinkies und Graupen betrifft, so geschieht dieselbe zuweilen in
                              									der Weise, daß diese Erze ebenfalls mit den Stücken geröstet werden. Dieses
                              									Verfahren ist indessen nicht günstig, insofern die Röstung des ganzen Kiesquantums
                              									mangelhaft wird.
                           Besser ist die Verarbeitung des Feinkieses zu „Klütten“
                              									(Stöckeln, boulets, balls).
                              									Das feine Erz wird zu dem Ende mit mehr oder weniger Thon und Wasser gemengt, in
                              									Kugeln geformt oder in Stückchen geschnitten. Die getrockneten Klütten werden dann
                              									für sich oder mit Stückerzen gemischt in den für Stückkies beschriebenen Oefen
                              									geröstet. Englische Fabriken, welche spanische kupferhaltige Kiese rösten, mischen
                              									die fein gemahlenen Erze mit Wasser (ohne Thon) und formen den Brei, der durch
                              									seinen Gehalt an Vitriol zusammenhängt, zu Klütten (vergl. 1874 214 471).
                           Für die Röstung der Feinkiese und Graupen sind in den letzten Jahren Verschiedene
                              									Oefen construirt worden.
                           Im J. 1862 führte man in Feiberg die sogen. Schüttöfen ein, deren originelle und
                              									sinnreiche Construction von Moritz Gerstenhöfer herrührt.
                              									Dieselben sind in den meisten technischen Journalen beschrieben. In Schwarzenberg's Arbeit über Schwefelsäurefabrikation (S.
                              									415) sind besonders deutliche, nach genauem Maß ausgeführte Zeichnungen gegeben. F.
                              										Bode beschreibt in seiner oben genannten Broschüre
                              									die Construction sehr ausführlich. Er beschäftigt sich zumal  eingehend mit allen gegen die
                              										Gerstenhöfer'schen Oefen erhobenen Bedenken und sucht
                              									dieselben zu beseitigen.
                           Zur Röstung im Gerstenhöfer'schen Schüttofen müssen die
                              									Erze im feingepulverten Zustande angewendet werden. Die Entschwefelung erfolgt beim
                              									Herabfallen der Erze in einem Schachtraume von ca. 5 M. Höhe, 1,25 M. Breite und
                              									0,80 M. Tiefe. Dieser Schachtraum ist mit dreiseitigen Prismen aus feuerfestem Thon,
                              									welche mit einer Kante nach unten und einer Fläche nach oben gekehrt sind, so
                              									ausgesetzt, daß zwischen denselben Zwischenräume bleiben und die einzelnen
                              									Erzkörnchen von einem Prisma aufs andere fallen. Die Erze gelangen durch einen
                              									Aufgebeapparat continuirlich in den Ofen, die Abbrände werden unten von Zeit zu Zeit
                              									entfernt. Der Ofen wird vor der Beschickung mit Erzen durch Holz oder Kohlen warm
                              									gefeuert; sobald die geschwefelten Erze in den Ofen gelangen, entfernt man das
                              									Feuer, da nunmehr die Verbrennung des Schwefels in den Erzen die zur Röstung
                              									erforderliche Temperatur liefert. Von reichen Erzen läßt man kleine, von armen Erzen
                              									große Mengen durch den Ofen Passiren.
                           Statt unten im Ofen Roststäbe einzulegen und diese nach dem Anwärmen wieder
                              									auszuziehen, brachte der Verfasser bei den Gerstenhöfer'schen Oefen, welche in Stolberg gebaut wurden, eine bleibende
                              									seitliche Feuerung an. Dieselbe wurde bei regelmäßigem Gang mit Steinen zugesetzt,
                              									beim Wechsel von Erzen oder Störungen im Betrieb vorübergehend in Gebrauch genommen.
                              									In Stolberg zog man auch das Erz direct aus dem Ofen in einen Wagen, welcher
                              									unterhalb des Schiebers angebracht ist. Beide Vorrichtungen bezeichnet Bode als Verbesserungen am Gerstenhöfer'schen Schüttofen.
                           Der Gerstenhöfer'sche Schüttofen gewährt den großen
                              									Vortheil, daß arme Schwefelerze ohne Brennmaterial geröstet werden können und dabei
                              									reiche, für den Bleikammerproceß taugliche Gase von constanter Zusammensetzung
                              									resultiren. Kommt es hierbei auf vollständige Abröstung nicht an, so steht der Gerstenhöfer'sche Ofen unerreicht da. In Vendrin
                              									(Belgien), wo der gute Schwefelkies verkauft und nur der schlechte zur Darstellung
                              									von Säure benützt wird, werden mit dem Gerstenhöfer'schen
                              									Ofen zufriedenstellende Betriebsresultate erzielt; ebenso in Freiberg, wo nur eine
                              									Vorröstung von gemischten Erzen verlangt wird.
                           Zur Röstung von schwefelreichem Feinkies hat sich der Ofen keinen allgemeinen Eingang
                              									verschafft; er functionirt weder in Frankreich noch in England (außer in Swansea für
                              									Kupferstein) und wurde in der chemischen Fabrik zu Chauny (Dep. Aisne), in Widnes
                              									(Lancashire), in 
                              									Nienburg a. d. Weser und in Stolberg wegen ungenügender Abröstung und zu großer
                              									Flugstaubbildung wieder außer Betrieb gesetzt (vergl. 1874 214 118 476).
                           Ein Ofen für Feinkies von Perret war 1867 auf der Pariser
                              									Ausstellung im Modell ausgestellt; Schwarzenberg hat
                              									denselben (im Handbuch der chemischen Technologie, II
                              									421) genau beschrieben.
                           Dieser Ofen besteht aus mehreren Etagen horizontaler Platten, welche über einen
                              									Stückkiesofen angebracht sind. Die Platten, welche in einem Abstand von 30 Cm. auf
                              									einander folgen, sind 5 bis 8 Cm. hoch mit Feinkies bedeckt und werden von den
                              									Röstgasen bestrichen, welche auf ihrem Wege von unten nach oben die Erze
                              									entschwefeln. Der Perret'sche Ofen ist in der chemischen
                              									Fabrik Wohlgelegen bei Mannheim seit Jahren in Betrieb, im Uebrigen wohl nur auf
                              									Frankreich beschränkt geblieben. Die ursprünglich ausgeführten Constructionen
                              									erhoben sich mehr als 6 M. über die Hüttensohle; sie erforderten viele Arbeit, da
                              									das Erz von einer Etage zur anderen gekrückt wurde, wobei überdies etwas schweflige
                              									Säure verloren ging. Die neuesten Perretschen Oefen sind
                              									wesentlich modificirt und functioniren ganz vorzüglich. Sie sind etwas über 2 M.
                              									hoch und haben nur vier Reihen Platten übereinander, welche alle von der Hüttensohle
                              									beschickt werden. Der Kies brennt auf jeder Platte vollständig aus und es ist daher
                              									nicht nöthig, den Kies von oben nach unten zu schieben. Auf diese Weise werden
                              									gleiche Gewichtsmengen Stückkies und Feinkies abgeröstet.
                           Maletras in Rouen hat zuerst einen Plattenofen nach der
                              										Perret'schen Construction angelegt, in welchem
                              									schwefelreiche Feinkiese für sich ohne Stückkies und ohne Kohlenfeuerung gut
                              									abgeröstet werden. In Dieuze und bei Berlin sind ähnliche Oefen in Betrieb. Die
                              									Röstung von armen Kiesen hat in Dieuze keine befriedigende Resultate gegeben, obwohl
                              									die Erze getrocknet waren, ehe sie in den Ofen gelangten. Der Feinkies von 46 bis 48
                              									Proc. Schwefel wird dagegen auf 3 bis 4 Proc. abgeröstet.
                           Peter Spence ließ sich 1861 (Nr. 3002) in England einen
                              									Ofen patentiren, um Feinkies zu rösten, wie er in ähnlicher Form vor 20 Jahren in
                              									Belgien und Stolberg bei Aachen eingeführt war. Der Ofen wurde mit Feuerung
                              									betrieben, die eine aus Gewölben gebildete Muffel zur Aufnahme der Schwefelerze
                              									erhitzt. Da durch die Arbeitsthüren viel Luft eintritt, so enthalten die Gase nur
                              									wenig schweflige Säure. In der Fabrik von Imeary bei Newcastle-on-Tyne
                              									ist noch ein Spence'scher Ofen im Betrieb; bei Spence selbst soll der Ofen nicht mehr functioniren und
                              									hat derselbe überhaupt nur eine beschränkte Anwendung gefunden (vergl. 1874 214 472).
                           
                           Allhusen in Gateshead bei Newcastle röstet Feinkiese auf
                              									eisernen Platten, welche sich oberhalb der Stückkiese befinden. Ueber die
                              									Betriebsresultate ist nichts bekannt geworden (vergl. 1874 214 474).
                           Die chemische Fabrik Rhenania in Aachen stellte 1873 in
                              									Wien Modelle von Röstöfen aus, welche zuerst in Stolberg nach dem Principe Wilhelm
                              										Helbig's und des Verfassers (1871 199 284. 1872 206 274) gebaut
                              									sind. Die Oefen dienen zur Röstung von feinkörnigen schwefelhaltigen Mineralien und
                              									sind hauptsächlich für Schwefelkies und Zinkblende in Anwendung. Das Neue und
                              									Eigenthümliche in der Construction besteht darin, daß die Erze auf stark geneigten
                              									Ebenen geröstet werden, welche ein Rutschen der darauf lagernden feinkörnigen Masse
                              									zulassen, wenn an der tiefsten Stelle Erz fortgenommen wird (vergl. 1874 212 66).
                           Der im J. 1870 beschriebene Plattenofen ist zur Röstung von Klopfabfällen der
                              									Stückkiese vielfach in Gebrauch und in verschiedenen Fabriken gegenwärtig in der
                              									Ausführung begriffen. Es wird ein Gemenge von dicken Graupen, feinen Graupen, Sand
                              									und Schlich aufgegeben. Die Stückkiese werden dicht bei dem Plattenthurm in
                              									gewöhnlicher Weise geröstet; die von denselben entweichenden heißen Röstgase, welche
                              									über die Platten streichen, wirken entschwefelnd auf den Feinkies. Das Erz passirt
                              									die Platten in Form eines zusammenhängenden Bandes, dessen Dicke durch den Abstand
                              									zweier Platten von einander bestimmt wird. Das Aufgeben von frischem Erz und das
                              									Entfernen der Abbrände geschieht ohne Störung des Betriebes. Man hält den oberen
                              									Spalt gehäuft mit Kies bedeckt, so daß beim Nachrutschen keine schweflige Säure
                              									durch den Trichter entweichen kann. Im unteren Theile des Ofens wird die
                              									ausgebrannte Kiesschicht mittels einer Walze entfernt, welche automatisch durch ein
                              									Wasserrädchen alle fünf Minuten umgedreht wird. Paul Seybel in Liesing bei Wien benützt den Ofen im intermittirenden Betriebe,
                              									indem er alle 6 Stunden durch Drehen der Walze ca. 200 Kg. Kies entfernen läßt. Da
                              									die Feinkiese bei starkem Mehlgehalt schlecht nachrutschen, so empfiehlt sich das
                              									Verfahren von Seybel für Erze in Schlichform. Die
                              									Abröstung erfolgt in Liesing im Plattenofen bei Erzen von Bösing in Ungarn bis zu 4
                              									Proc., bei Erzen aus Steiermark bis 7 und 8 Proc. Schwefel. Die Stückkiesabbrände
                              									der letzten Sorte enthalten noch 5 bis 6 Proc. Schwefel, während die Bösinger
                              									Stückkiese im abgerösteten Zustande nur 2 Proc. enthalten.
                           Die ausgebrannten Feinkiese der Grube Sicilia bei Siegen zeigen einen Schwefelgehalt
                              									von 4 bis 5 Proc., je nach der Größe des Ofens und der Erzquantität, welche den Ofen
                              									passirt. Die ausgebrannten  Stückkiese, welche mit den Klopfabfällen gemischt
                              									abgeröstet werden, enthalten noch 5 Proc. Schwefel, während die reinen Stücke bis zu
                              									2 Proc. entschwefelt sind. In der gesonderten Röstung liegt ein wesentlicher
                              									Fortschritt.
                           Die genannten Plattenöfen geben in den meisten Fällen recht befriedigende Resultate.
                              									In Oker im Harz wurde der Plattenofen für kupferarme schwefelkiesreiche Klopfabfälle
                              									gebaut, wie solche der Rammelsberg massenhaft liefert. Der dortige Betrieb änderte
                              									sich inzwischen und convenirte es nach Vollendung des Baues nicht, die früher dafür
                              									bestimmten Erze im Plattenofen zu rösten. Man beschickte denselben mit kupferreichen
                              									Kiesen, war mit deren Entschwefelung unzufrieden und hat den Ofen wieder
                              									abgebrochen.
                           Man hat bis jetzt immer nur einen Plattenofen hinter einem Stückkiesbrenner gebaut,
                              									nicht aber wie beim Perret'schen Ofen oberhalb jeder
                              									Abtheilung des Stückkiesofens ein System von Platten angebracht.
                           Für die Verwerthung der Klopfabfälle von Stückkiesen genügt ein Thurm, wie solcher in
                              									den publicirten Zeichnungen näher angegeben ist, in welchem innerhalb 24 Stunden 600
                              									bis 1000 Kg. Erz von 0,1 bis 12,0 Mm. Korngröße geröstet werden können. Andere
                              									Combinationen würden eine reichlichere Beschickung ermöglichen; solche Combinationen
                              									werden ohne Zweifel auch gebaut werden.
                           Die Construction, welche (a. a. O. 1872) beschrieben ist, wird bei der Blenderöstung
                              									näher besprochen werden. Der Betrieb dieses Ofens erfordert zur Heizung die
                              									Unterhaltung einer besonderen Feuerung, und ist eine solche Anlage nur dann
                              									statthaft, wenn Kohle und Feinkies billig zu haben sind.
                           Erfahrene Techniker haben Vorschläge zur Construction von Oefen mit geneigten Platten
                              									gemacht, in welchen Feinkiese ohne Nachwirkung von Stückkies und ohne besondere
                              									Feuerung wie beim Ofen von Maletras geröstet werden
                              									könnten. Stehen reiche Kiese zur Disposition, so dürften sich solche Constructionen
                              									bewähren; Erfahrungen über dieselben fehlen bis jetzt.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)