| Titel: | Ueber das Vor- und Rückwärtswalzen; von R. M. Daelen. | 
| Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 313 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        Ueber das Vor- und Rückwärtswalzen; von
                           									R. M.
                              								Daelen.
                        Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1875
                              									S. 97.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              									VI.
                        Daelen, über das Vor- und Rückwärtswalzen.
                        
                     
                        
                           Da unstreitig für die Verarbeitung des Eisens wie des Stahles das Walzwerk der
                              									wichtigste Apparat ist, so werden naturgemäß für die Vervollkommnung desselben
                              									bedeutende Anstrengungen gemacht. Nichts desto weniger ist es noch nicht gelungen,
                              									für das Vor- und Rückwärtswalzen eine Vorrichtung herzustellen, welche allen
                              									Anforderungen genügt. Die einfachste von allen ist jedenfalls das Trio; es wird
                              									aber, sobald der Durchmesser der Walzen das Maß von 500 bis 600mm überschreitet, das
                              									Aufheben des Walzpaketes schwierig und muß mit Hilfe einer mechanischen Vorrichtung
                              									geschehen, welche, wenn viele Kaliber vorhanden sind, nicht einfach herzustellen
                              									ist.
                           
                           Bei Blechwalzwerken hat man sich in letzter Zeit dadurch geholfen, daß man das
                              									Kammwalzengetriebe wie für ein gewöhnliches Trio einrichtet, der Ober- und
                              									Unterwalze aber einen größeren, der Mittelwalze dagegen einen bedeutend kleineren
                              									Durchmesser gibt als den Kammwalzen und letztere schwebend — nicht
                              									angekuppelt lagert, so daß sie während des Walzens einmal gegen die Oberwalze und
                              									dann gegen die Unterwalze angedrückt und durch Reibung mitgenommen wird. Das
                              									Walzpaket ist dann nur um die Höhe des Durchmessers der Mittelwalze zu heben. Ein
                              									solches Walzwerk ist aber immerhin noch complicirter als eines mit zwei Walzen,
                              									welche auf einfache Weise umgesteuert werden.
                           Die Zwillingsmaschine ohne Schwungrad mit Umsteuerung ist hierfür der einfachste
                              									Apparat und würde gewiß allen Anforderungen entsprechen, wenn nicht dabei der große
                              									Uebelstand einträte, daß die Cylinderdurchmesser bedeutend größer genommen werden
                              									müssen als bei der Maschine mit Schwungrad, und eine Zahnradübersetzung schwer zu
                              									vermeiden ist. In Folge dessen wird der Dampfverbrauch bedeutend größer, und der
                              									Verschleiß durch Bruch auch nicht geringer als bei Anwendung einer Dampfmaschine mit
                              									Schwungrad, welche einmal direct und dann durch die bekannte Reversirvorrichtung mit
                              									fünf Zahnrädern wirkt. An dieser ist in der letzten Zeit die doppelte
                              									Klauenkuppelung durch zwei hydraulische Frictionskuppelungen ersetzt und dadurch der
                              									Stoß vermieden worden, welche Einrichtung gewiß Aussicht auf allgemeine Einführung
                              									hat, wenn sie sich auf die Dauer gut bewährt.
                           Bei Walzenstraßen mit nur einem oder zwei Ständerpaaren, welche z. B. für die
                              									Fabrikation von schweren Blechen in den meisten Fällen genügen, geschieht die
                              									Umsteuerung der Walzen am einfachsten durch die Aufstellung je einer Dampfmaschine
                              									an jedem Ende der Straße, welche verschiedene Umdrehungsrichtungen haben. Nach jedem
                              									Durchgange des Walzpaketes wird die eine Maschine ab- und die andere
                              									angekuppelt, und sind zu diesem Zwecke die Ausrückvorrichtungen der Kuppelungen
                              									durch ein unterirdisch liegendes Gestänge mit einander verbunden. Diese Einrichtung
                              									hat den Vortheil, daß stets eine Maschine zur Aushilfe als Reserve dient, wenn die
                              									andere in Reparatur genommen werden muß; in diesem Falle muß allerdings mit
                              									Ueberheben gewalzt werden, und muß diejenige Maschine, welche die für eine
                              									Walzenstraße ohne Reversirvorrichtung verkehrte Umdrehungsrichtung hat, mit
                              									Umsteuerung versehen sein.
                           Die großen Durchmesser der Blechwalzen und die dadurch bedingte große
                              									Umfangsgeschwindigkeit derselben gestatten eine genüge Umdrehungszahl der
                              									Dampfmaschine, welche z. B. bei 800mm Walzendurchmesser  wohl 30 pro Minute nicht
                              									überschreiten dürfte, und sind dabei die durch das Einrücken der Klauenkuppelung
                              									entstehenden Stöße nicht so heftig, daß dadurch Brüche veranlaßt würden —
                              									vorausgesetzt, daß die Klauen immer erst zum Eingriff kommen, wenn sie ganz
                              									eingerückt sind. Ist aber eine bedeutend größere Tourenzahl erforderlich, so wird
                              									auch bei diesem System des Reversirens die Anwendung von Frictionskuppelungen
                              									vortheilhaft; denn obgleich dabei außer den beiden Kammwalzen keine Zahnräder
                              									vorkommen, und die Klauenkuppelung an der Reversirvorrichtung mit fünf Zahnrädern
                              									noch bei 80 Umdrehungen pro Minute aus- und eingerückt wird, so verdient die
                              									Vorrichtung, welche ohne Stöße functionirt, doch jedenfalls den Vorzug.
                           Die hydraulische Frictionskuppelung an Walzwerken ist leicht zu steuern und wirkt
                              									ohne Stoß und Geräusch; der einzige bemerkenswerthe Nachtheil, der Verschleiß der
                              									Bremsflächen, ist nur zu vermeiden durch Anwendung eines so hohen Druckes auf
                              									dieselben, daß ein Gleiten, welches der plötzliche Angriff der Walzen leicht
                              									veranlaßt, unmöglich wird. Um dies zu erreichen, ist es nöthig, die Bremsflächen mit
                              									möglichst großem Radius anzubringen, und beide Bedingungen werden durch die auf Tafel VI angegebene Construction erfüllt.
                           Die in Figur 1
                              										[a/1] gezeichnete hydraulische Frictionskuppelung
                              									besteht aus den beiden Scheiben a und b, deren erstere auf der Schwungradachse festgekeilt
                              									ist, während die andere auf dem Ende lose ruht und den Ring d trägt, welcher durch Schrauben daran befestigt ist.
                           Durch den hydraulischen Druck werden die beiden Scheiben von einander entfernt, und
                              									der Ring d bei e (Fig. 3 [d/2]) gegen die Scheibe a
                              									gepreßt, wodurch Reibung entsteht und die Scheibe b
                              									mitgenommen wird. Der zwischen dem Ring d und der
                              									Scheibe b festgeklemmte Gummiring hat die Form einer
                              									Manschette, deren langer Rand vom Wasser gegen die Scheibe a gepreßt wird, wodurch die Dichtung entsteht. Die Brechspindel c greift wie bei einer gewöhnlichen Griffstauche in die
                              									rosettenförmige Höhlung der Scheibe b ein und überträgt
                              									die Bewegung durch den Muff f auf die Kammwalzenspindel.
                              									Um bei eintretendem Verschleiß nicht die ganze Scheibe b
                              									auswechseln zu müssen, kann an der äußeren Seite ein Muff mittels Keilen befestigt
                              									werden, welcher die rosettenförmige Höhlung besitzt. Das Wasser wird mit einer
                              									Pressung von 15 bis 20at durch das Rohr g, den Kurbelzapfen, die Kurbel und die
                              									Schwungradachse zugeleitet, welche letztere zu diesem Zwecke durchbohrt sind und auf
                              									diese Weise gleichzeitig von innen gekühlt werden. Sollte vorkommenden Falles die
                              									Durchbohrung  der Kurbel
                              									nicht herzustellen sein, so kann auch der Kurbelzapfen ganz durchbohrt und von dem
                              									hinteren Ende desselben wieder ein Rohr mit Krümmer zur Achse geführt werden, wo es
                              									zwischen Lager und Kurbelnabe eintritt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
