| Titel: | Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever, Fabrikdirector in Stolberg. | 
| Autor: | Robert Hasenclever | 
| Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 331 | 
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                        Fabrikation der Schwefelsäure; von Robert Hasenclever, Fabrikdirector in Stolberg.
                        (Fortsetzung von S. 243 dieses
                           								Bandes.)
                        Hasenclever, über Fabrikation der Schwefelsäure.
                        
                     
                        
                           Bestimmung des Schwefels in den Kiesen. Was die chemische
                              									Untersuchung der gerösteten Kiese auf Schwefel betrifft, so wird dieselbe meist so
                              									ausgeführt, daß man das fein gepulverte Erz im Kolben mit einem Gemenge von 2 Th.
                              									Salpetersäure und 1 Th. Salzsäure erhitzt, zur Trockne eindampft und nochmals mit
                              									etwas Salzsäure behandelt, um die überschüssige Salpetersäure zu verjagen. Alsdann
                              									löst man die schwefelsauren Salze durch Behandlung des Rückstandes mit Salzsäure und
                              									Wasser, filtrirt und fällt die Schwefelsäure mittels Chlorbarium als Bariumsulfat
                              									aus. Die Chemiker sind vielfach bestrebt gewesen, den Fabrikanten eine raschere
                              									Methode für diesen Zweck anzugeben.
                           Pelouze (1861 162 366)
                              									publicirte 1861 ein Verfahren, nach welchem man die Kiese zur Bestimmung des
                              									Schwefelgehaltes mit chlorsaurem Kalium und einer gewogenen Menge reinen
                              									Natriumcarbonates im Platintiegel aufschließt. Die geschmolzene Masse wird in Wasser
                              									gelöst und der Ueberschuß von Soda volumetrisch durch Sättigung mit einer Säure
                              									bestimmt. Barreswil machte auf die Fehlerquelle dieser
                              									Methode bei Gegenwart von Arsenverbindungen in den Pyriten aufmerksam. Bottomley und Bocheroff wiesen
                              									ebenfalls auf die Ungenauigkeiten derselben hin. J. KolbJ. Kolb: Notes sur l'éssai
                                       												des pyrites de fer, 1869. hat interessante vergleichende
                              									Versuche über Schwefelbestimmungen mittels der vorhin erwähnten ponderalen und der
                              									von Pelouze angegebenen volumetrischen Methode
                              									angestellt. Die Resultate differirten um mehrere Procente. Kolb fand die Fehlerquelle einerseits in der Bildung von Natriumsilicat
                              									und andererseits in der Zersetzung des Kaliumchlorates bei Gegenwart von Eisenoxyd
                              									in Chlor, Sauerstoff und Aetzkali. Kolb schlägt vor, das
                              									fein gepulverte Erz mit 5g Soda und 50g Kupferoxyd bei dunkler Rothglut zusammen zu schmelzen, die
                              									geschmolzene Masse mit heißem Wasser zu behandeln, zu filtriren und im Filtrat die
                              									überschüssige Soda volumetrisch zu bestimmen.
                           In den Freiberger Fabriken mengt man (nach Schwarzenberg,
                              									S. 424) 1g fein
                              									geriebenen Kies mit 3g
                              									wasserfreiem Natriumcarbonat und eben so viel Salpeter. Dieses Gemenge bringt man in
                              									ein eisernes Schälchen, schmilzt es in einer roth glühenden Muffel zusammen, löst es
                              										 in heißem Wasser
                              									auf und filtrirt die Lösung in ein Becherglas, in dem sich etwas Salzsäure befindet,
                              									welche die überschüssige Soda sättigt. Dann läßt man die Flüssigkeit, welche sauer
                              									reagiren soll, kurze Zeit sieden und bestimmt die darin enthaltene Schwefelsäure,
                              									welche dem Schwefelgehalt des Kieses äquivalent ist, volumetrisch mit
                              									Chlorbariumlösung, die man so gestellt hat, daß je 1cc derselben 2 Proc. Schwefel
                              									anzeigt.
                           Verwerthung der abgerösteten Schwefelkiese. In der
                              									französischen Abtheilung der Wiener Weltausstellung hatte die chemische Fabrik der
                              									Gesellschaft St. Gobain, Chauny und Cirey Eisen ausgestellt, welches aus nicht kupferhaltigen
                              									Schwefelkiesrückständen dargestellt worden war. Die gute Abröstung der
                              									Schwefelkiese, welche die Erze zur Verhüttung auf Eisen tauglich macht, soll dadurch
                              									bewerkstelligt werden, daß man die Feinkiese in dünnen Schichten erkalten läßt und
                              									zu wiederholten Malen im Perret'schen Ofen abröstet.
                              									Diese Röstung wird in der Weise vorgenommen, daß abwechselnd eine Platte mit
                              									Abbränden und die folgende mit frischem Kies beschickt wird. Die bei der Verbrennung
                              									des Feinkieses sich entwickelnden heißen Gase bestreichen dann die mit den Abbränden
                              									bedeckten Platten und bewirken eine Nachröstung.
                           Im J. 1859 wies List im Schwefelkies der Grube Sicilia
                              									zuerst Zink nach. P. W. Hofmann fand, daß in den
                              									Abbränden der Rostöfen dieses Zink als schwefelsaures Salz vorhanden ist, und
                              									gewinnt dasselbe durch eine methodische Auslaugung (1875 215 239).
                           Richters (1871 199 292) theilt
                              									mit, in wie weit und unter welchen Bedingungen die Verhüttung so schwefelreicher
                              									Erze, wie die Kiesabbrände in Deutschland sind, vom chemischen Standpunkte aus
                              									gelingen dürfte. In der That sind mehrfach Versuche gemacht worden, die
                              									ausgebrannten Schwefelkiese zur Darstellung von Roheisen zu verwenden; bis jetzt hat
                              									sich indessen noch keines der besprochenen Verfahren Eingang verschafft. In England
                              									werden die Rückstände der spanischen, portugiesischen und ein Theil der norwegischen
                              									Kiese nach der Röstung weiter verarbeitet (vergl. 1874 211 349. 214 467). Wedding und Ulrich haben die Behandlung der
                              									ausgebrannten Kiese in England genau studirt und in der Zeitschrift für
                              									Berg-, Hütten- und Salinenwesen im preußischen Staate, XIX S. 298, beschrieben.
                           Das abgeröstete Erz wird von den chemischen Fabriken an die Kupferhütten geliefert
                              									mit einem Durchschnittsgehalte von 3,66 Proc. Schwefel, 58,25 Proc. Eisen und 4,14
                              									Proc. Kupfer. Dasselbe wird zunächst gemahlen, mit 15 bis 20 Proc. Kochsalz gemischt
                              									und im Muffel- oder  flammofen einer chlorirenden Röstung unterworfen. Die
                              									dabei sich entwickelnden Gase werden in einem Coaksthurm, durch welchen Wasser
                              									strömt, condensirt und so ein Gemenge von Salzsäure und Schwefelsäure gewonnen.
                              									Durch die Röstung ist das Kupfer in lösliches Chlorid übergeführt worden, welches
                              									durch Wasser und dann durch die Säure aus dem Condensationsthurm extrahirt wird. Das
                              									Kupfer wird alsdann mit Eisen ausgefällt. Nach neunmaligem Auslaugen enthalten die
                              									Rückstände nur noch 0,08 bis 0,2 Proc. Kupfer und 0,16 bis 0,25 Proc. Schwefel, und
                              									werden meist als sogenanntes purple
                                    											ore oder blue billy im Hohofen auf Eisen verschmolzen. Ein Theil
                              									findet zum Ausfüttern der Puddelöfen Verwendung, und ein anderer kleiner Theil wird
                              									mit Kohle zu Eisenschwamm reducirt und zur Kupferfällung in den Laugen benützt.
                           Claudet ließ sich in England ein Verfahren Patentiren, um
                              									durch Fällung mit Jodkalium aus den Laugen das Silber zu gewinnen, welches als
                              									Chlorsilber in Salzlaugen gelöst ist (1872 206 30).
                           Als die Kohlen in Lancashire 5 Shilling die Tonne kosteten, fällte Phillips aus den Laugen nach der Kupferextraction das
                              									Eisen aus und stellte durch Verdampfung ein schönes Glaubersalz aus denselben dar.
                              									Bei den jetzigen Kohlenpreisen ist diese Fabrikation eingestellt worden.
                           Die chemischen Fabriken zu Aussig und zu Griesheim hatten in Wien Thallium in großen
                              									Quantitäten ausgestellt. Dieses von Crookes und Lamy entdeckte Metall wird aus den beim Verbrennen von
                              									Schwefelkies entstandenen Flugstaub dargestellt, welcher sich in den Canälen
                              									zwischen Rostöfen und Bleikammer absetzt. Max Schaffner
                              									hat das Verfahren beschrieben, nach welchen in Aussig Thallium dargestellt wird
                              									(1872 205 55; vergl. 1874 211
                              									323).
                           Röstung verschiedener Schwefelmetalle. Bleistein wird in
                              									Freiberg und im Harz zur Schwefelsäurefabrikation verwendet und zu dem Zwecke in
                              									großen weiten Schachtöfen von 250 Ctr. Inhalt geröstet. Der Stein verliert bei
                              									diesen Operationen die Hälfte seines Schwefelgehaltes und gibt Gase, welche ungefähr
                              									4 bis 6 Proc. schwefliger Säure enthalten.
                           Kupferkies wird sowohl in Chessy als auch in Oker am Harz zur
                              									Schwefelsäuredarstellung benützt und zu diesem Zwecke in kleinen Schachtöfen (Kilns)
                              									geröstet. Auch in Mansfeld werden Kupferkiese in Schachtöfen entschwefelt, nachdem
                              									man die Gerstenhöfer'schen Oefen für diesen Zweck
                              									verlassen hat. In Swansea dagegen wird der pulverisirte  Stein in Gerstenhöfer'schen Oefen geröstet, mit deren Leistung man dort zufrieden
                              									ist. Die Bleikammern liegen in Swansea etwa 20m von den Oefen entfernt, so daß sich der
                              									größte Theil des Flugstaubes in den langen, zu den Kammern führenden Canälen vor dem
                              									Eintritt in die Bleikammer absetzt.
                           In dem Berichte über die Londoner Ausstellung von 1862 erwähnt A. W. Hofmann,Reports by the Juries, 1862 S. 15. daß
                              										Lawes in Barking-Creek an der Themse das zur
                              									Reinigung des Leuchtgases angewendete schwefelreich gewordene Eisenoxyd zur
                              									Schwefelsäurefabrikation benützt. Diese sogen. Laming'sche Masse wird jetzt auch von der Gesellschaft St. Gobain in Aubervilliers bei Paris, von Seybel in Liesing bei Wien, von Kunheim und Comp. in Berlin und in anderen
                              									Fabriken zur Darstellung von Schwefelsäure angewendet. Die Röstung geschieht zum
                              									Theil auf Thonplatten, zum Theil in Oefen mit engen Roststäben; es werden gute, zur
                              									Schwefelsäurefabrikation taugliche Gase gewonnen.
                           Auch die Zinkblende hat in den letzten Jahren eine ausgedehntere Verwendung zur
                              									Darstellung von Schwefelsäure gefunden und wird aller Wahrscheinlichkeit nach
                              									demnächst in größerem Umfange für diesen Zweck benützt werden. Es ist das Verdienst
                              									der chemischen Fabrik Rhenania in Stolberg bei Aachen,
                              									die Verwerthung der beim Rösten der Zinkblende entweichenden Gase consequent studirt
                              									und am vollkommensten durchgeführt zu haben. Schon vor zwanzig Jahren wurde in
                              									Stolberg nach einem Patent von F. W. Hasenclever in einem
                              									Flammofen, der zwei Etagen hatte, Zinkblende geröstet. Die obere Sohle desselben
                              									bildete eine aus Gewölben construirte Muffel, in welcher eine Vorröstung von
                              									Zinkblende stattfand; die sich entwickelnde schwefelige Säure wurde in die
                              									Bleikammern geleitet. Auf dem unteren Herde wurde alsdann die Abröstung des Erzes
                              									vervollständigt. Bei niedrigem Kiespreise rentirte sich die Blenderöstung nicht, da
                              									die Entschwefelung in der Muffel unvollständig blieb und Gase mit einem zu geringen
                              									Gehalte an schwefeliger Säure in die Bleikammer gelangten. Verbessert wurde der
                              									einfache Muffelofen durch Eugen Godin, dessen Idee aber
                              									erst 1865 nach seinem Tode in Stolberg ausgeführt wurde. Die Erze hatten, ehe sie
                              									auf die von den Feuerungsgasen erhitzte Sohle des Flammofens gelangten, sieben
                              									übereinanderliegende Platten aus feuerfestem Thon zu Passiren. Die unten
                              									abgerösteten Erze wurden ausgezogen, die Beschickung der zweiten Platte auf die
                              									erste geschoben, die der dritten auf die zweite u. s. f., und in die siebente
                              									Abtheilung frisches Erz eingefüllt. Die Abröstung erfolgte in diesem Ofen in
                              									befriedigender Weise und die  Gase waren reich an schwefliger Säure; dagegen war der
                              									Arbeitslohn kostspielig und der Gasverlust während der Beschickung bedeutend. Gab
                              									man stärkeren Zug, so wurden die Gase durch den Eintritt der Luft bei den Thüren zu
                              									sehr verdünnt.
                           Im J. 1866 wurde in Stolberg der Gerstenhöfer'sche Ofen
                              									zur Blenderöstung eingeführt und längere Zeit benützt. Es gelang jedoch im
                              									günstigsten Falle, nur die Hälfte des Schwefelgehaltes der Zinkblende nutzbar zu
                              									machen; dagegen war die Menge Flugstaub (bei dem meist feinkörnigen Zustande der
                              									dort verwendeten Zinkblende) außerordentlich groß, so daß sich der Schüttofen für
                              									Blenderöstung in Stolberg ebenso wenig als in Borbeck und Swansea bewährt hat.
                           Seit dem J. 1870 combinirte man in Stolberg den vor Jahren angewendeten Muffelofen
                              									mit einem System von Platten nach der Construction von Hasenclever und Helbig. Das System hat seitdem
                              									unter Beibehaltung des Princips der geneigten Platten wesentliche Modificationen
                              									erfahren, bis sich ein Röstofen für Zinkblende ausgebildet hat, der seit einigen
                              									Jahren in unveränderter Form beibehalten werden konnte (1872 206 274). Die Feuergase, welche die Muffel umspült haben, erhitzen von
                              									unten eine aus Platten gebildete geneigte Ebene von etwa 8m Länge. Auf dieser geneigten Fläche
                              									rutscht das Erz abwärts bis zu einer am unteren Ende befindlichen Walze und gelangt
                              									in dem Maße, als diese bewegt wird, zuerst in die Muffel, wird dann durch Handarbeit
                              									in den unteren Herd gekrückt und dort zur Zinkverhüttung fertig geröstet. Die an
                              									schwefliger Säure noch armen Gase, welche von der Muffel entweichen, passiren die
                              									geneigte Ebene, reichern sich dort an und rösten die Blende vor. Da feinkörnige
                              									Körper beim Anschütten in Haufen an ihrer Oberfläche einen annähernd constanten
                              									Winkel von 33° bilden, so würde beim Herabrutschen auf der mit 43°
                              									geneigten Fläche am Ende der schiefen Ebene eine mehr als 1m,5 hohe Erzschicht entstehen, und
                              									eine Röstung im Inneren unmöglich sein. Damit die Erzschicht nicht zu dick wird,
                              									sind von 50 zu 50cm
                              									senkrecht zur geneigten Fläche Scheidewände angebracht, welche mit einem Abstände
                              									von einigen Centimeter bis zur geneigten Ebene eingemauert sind. Auf diese Weise
                              									werden auf der ganzen Fläche dünne Erzschichten hergestellt. Der so construirte Ofen
                              									functionirt in Oberhausen und Stolberg und ist in Lethmathe bei Iserlohn und Rosdzin
                              									in Schlesien im Bau begriffen. Der Kohlenverbrauch ist derselbe wie bei den in den
                              									Zinkhütten üblichen gewöhnlichen Röstöfen (28 Proc. Steinkohlen auf 100 rohe
                              									Zinkblende). Der Arbeitslohn stellt sich um 1,60 Mark pro pro 100k rohe Blende
                              									höher.
                           
                           In Freiberg kommt eine schwarze Blende, welcher in nicht unbeträchtlichen Mengen
                              									Schwefelkiese beigemengt sind, für die Schwefelsäurefabrikation zur Verwendung,
                              									indem die Stückerze in großen Schachtöfen (Kilns) vorgeröstet werden. Die Abbrände
                              									werden alsdann gemahlen und in einem Flammofen ohne Benützung der schwefeligen Säure
                              									fertig geröstet.
                           
                              
                                 (Fortsetzung folgt.)