| Titel: | Darstellung von mangan- und phosphorreichem Roheisen in Belgien und Erzeugung von Feinkorneisen daraus; von Le Chatellier. | 
| Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 342 | 
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                        Darstellung von mangan- und
                           								phosphorreichem Roheisen in Belgien und Erzeugung von Feinkorneisen daraus; von
                           									Le
                              								Chatellier.
                        Le Chatellier, Darstellung von mangan- und phosphorreichem
                           								Roheisen und Erzeugung von Feinkorneisen daraus.
                        
                     
                        
                           Roheisendarstellung. In der Umgegend von Lüttich (zu
                              									Ougrée, Grevignée, Dolhain und Espérance) erzielt man aus Erzen (Minette von
                              									Luxemburg, Oligiste von Vezin, Raseneisenstein von Campine), welche ein gewöhnliches
                              									Frischroheisen mit 1 bis 2, zuweilen bis 4 Proc. Phosphor geben, ein ausgezeichnetes
                              									Material für die Darstellung von Feinkorneisen, wenn man dieselben mit
                              									manganhaltigen Erzen, z. B. aus dem Nassauischen mit 15 Proc. metallischem Mangan
                              									und 33 Proc.  Eisen,
                              									unter Umständen verschmilzt, welche die Entstehung eines manganreichen Roheisens
                              									gestatten. Zwar wird durch das Mangan der Phosphor nicht entfernt; aber es trägt
                              									dann beim Puddeln eines solchen Roheisens auf Feinkorn der Mangangehalt zur besseren
                              									Abscheidung des Phosphors bei, und es entsteht eine sehr dünnflüssige Schlacke,
                              									welche sich leichter durch Zängen der Luppe entfernen läßt. Als Mittel zur Erzielung
                              									eines manganreichen Eisens haben sich bewährt:
                           a) dreiförmige Hohöfen von etwa 16 bis 17m Höhe mit 2 bis 2m,2 hohem und 1m,6 weitem Gestelle,
                              										3m,5 weiter Gicht
                              									und 4m,8 weitem
                              									Kohlensack, wobei besonders das hohe Gestell mit geraden Wänden zur
                              									Temperatursteigerung für die Manganreduction beiträgt;
                           b) stärkerer Kalkzuschlag als für ordinäres
                              									Frischroheisen, welcher bei der hohen Temperatur im Gestell etwa verschlacktes
                              									Manganoxydul frei macht, so daß sich dasselbe reduciren kann. Die Erze sind zum
                              									Theil sehr kalkhaltig;
                           c) langsamer Ofengang durch verminderte Windpressung (10
                              									bis 14cm), indem sich
                              									dann weniger Mangan verschlackt, allerdings aber das Feuer sich leichter an den
                              									Wänden aufzieht und das Gestell leichter zerstört. Die schwache Windpressung
                              									erfordert porösere Coaks, welche leichter eine erwünschte reducirende Atmosphäre
                              									auch in höheren Ofentheilen gibt. Windtemperatur durchschnittlich 240°. Wegen
                              									Erniedrigung der Temperatur durch die schwache Windpressung bedarf es eines hohen
                              									Gestelles.
                           Zu Grevignée bestand z. B. eine Beschickung für manganhaltiges Eisen aus 1000k Coaks, 500k Kalk, 1500k ordinärem und 500k Manganerz; für
                              									ordinäres Frischroheisen aus 1000k Coaks, 850k Kalk und 2500k ordinäres Erz. Man erzeugt 3 Sorten
                              									Roheisen: A) mit mehr als 6 Proc. Mangan und mit
                              									Spiegelflächen, etwas kleiner als bei deutschem Roheisen; B) mit 3 bis 6 Proc. Mangan, mit kleinen, kaum zu erkennenden Facetten;
                              										C) mit weniger als 3 Proc. Mangan, gefleckt ohne
                              									Facetten. Letzteres (C) hat im Vergleich zu ordinärem
                              									Frischroheisen (D) nachstehende Zusammensetzung:
                           
                              
                                 
                                 Kohlenstoff
                                 Phosphor
                                 Schwefel
                                 Silicium
                                 Mangan
                                 
                              
                                 
                                    C
                                    
                                 3
                                 1–2
                                 0,01–0,1
                                 0,5–1,0
                                 0,25–3,5
                                 
                              
                                 
                                    D
                                    
                                 2
                                 1–2
                                 0,3
                                 0,2–0,5
                                 0
                                 
                              
                           Danach enthält C mehr Kohlenstoff und Silicium als D wegen heißeren Ofenganges, weniger Schwefel bei
                              									kalk- und manganreicher Schlacke, aber dieselbe Menge Phosphor.
                           Die erfolgenden Schlacken sind innen grün, oberflächlich braun und enthalten ½
                              									bis ⅓ des Mangangehaltes vom Erze. Durch Zusatz von  viel Kalk erfolgt
                              									manganreicheres Spiegeleisen und eine zerfallende Schlacke. Ougrée arbeitet indeß
                              									mit einer kieselsäurereicheren Schlacke der Brennmaterialersparung wegen. Im
                              									Nachstehenden folgen einige Roheisen- und Schlackenanalysen.
                           
                              Roheisen:
                              
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                                    c
                                    
                                 
                                    d
                                    
                                 
                                    e
                                    
                                 
                                    f
                                    
                                 
                                    g
                                    
                                 
                                    h
                                    
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 3,5
                                 —
                                 —
                                 6,29
                                 2,25
                                 2,12
                                 —
                                 —
                                 
                              
                                 Silicium
                                 1,0
                                 0,60
                                 0,44
                                 0,70
                                 0,98
                                 0,97
                                 0,213
                                 0,376
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 —
                                 nicht
                                 bestimmt
                                 —
                                 0,009
                                 0,05
                                 0,04
                                 —
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 1,6
                                 1,09
                                 1,46
                                 —
                                 1,20
                                 0,52
                                 1,84
                                 2,804
                                 
                              
                                 Mangan
                                 2–3
                                 3,04
                                 1,60
                                 5,27
                                 2,65
                                 2,73
                                 0,279
                                 —
                                 
                              
                                 Kupfer
                                 —
                                 —
                                 —
                                 —
                                 0,03
                                 —
                                 —
                                 —
                                 
                              
                           a Grevignée. b bis d Ougrée. e und f Dolhain. g und h Espérance.
                           Schlacke.
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                                    c
                                    
                                 
                                    d
                                    
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 32,75
                                 35,00
                                 39,00
                                 38,00
                                 
                              
                                 Kalkerde
                                 36,00
                                 45,00
                                 40,00
                                 41,00
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 9,77
                                 —
                                 —
                                 —
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 17,82
                                 13,00
                                 12,00
                                 14,60
                                 
                              
                                 Eisenoxydul
                                 0,93
                                 3,76
                                 2,17
                                 2,17
                                 
                              
                                 Manganoxydul
                                 1,21
                                 0,50
                                 2,00
                                 1,50
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,74
                                 0,59
                                 —
                                 0,45
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                 —
                                 0,36
                                 1,625
                                 0,20
                                 
                              
                           a Kalk- und magnesiareiche zerfallende Schlacke
                              									von Roheisen mit 6 Proc. Mangan. b bis d Schlacke von Espérance.
                           Feinkorndarstellung. Aus dem erwähnten Roheisen wird
                              									Feinkorn dargestellt für feinen Draht, feines Blech, Achsen und Bandagen für
                              									Eisenbahnen u. s. w. in gewöhnlichen Puddelöfen, welche nur zu Dugrée zwei Herde
                              									haben. Die Ueberhitze dient zum Heizen von horizontalen Dampfkesseln, und zwar sind
                              									zu Grevignée für einen Kessel 2 Oefen, zu Ougrée für einen Kessel 2 bis 4 Oefen
                              									vorhanden. Die Luppen werden unter Dampfhämmern bearbeitet von 2500k Bärgewicht. Die
                              									Chargen bestehen aus einer Gattirung von manganhaltigem Eisen mit Weißeisen, welches
                              									aus etwas reineren Erzen bei höherer Temperatur erzeugt ist als das gewöhnliche
                              									Frischroheisen. Dieses Weißeisen enthält gewöhnlich weniger als 1 Proc. Phosphor.
                              									Zuweilen wird das manganhaltige Eisen für sich behandelt, wenn dasselbe nicht über 5
                              									Proc. Mangan enthält; wenn darüber, so gelingt das Frischen nicht vollständig.
                           Die Chargen betragen 200 bis 225k, z. B. für Blecheisen erster Qualität 175k Spiegeleisen mit 7 Proc. Mangan
                              									und 50k Weißeisen zum
                              									Frischen oder 50k
                              									deutsches Spiegeleisen mit 12 Proc. Mangan und 175k Weißeisen;  für zweite Qualität Roheisen
                              									mit 5 Proc. Mangan. Zu Dolhain für Stahl und Feinkorn von Extraqualität ½ bis
                              									⅔ Roheisen A mit mehr als 6 Proc. Mangan, das
                              									übrige Weißeisen; für Stahl zweiter Qualität und Feinkorn zu Draht ⅓ A und ⅔ Weißeisen; für Feinkorn zweiter Qualität
                              									½ B mit 3 bis 6 Proc. Mangan und ½
                              									Weißeisen oder Roheisen C mit weniger als 3 Proc. Mangan
                              									allein. Je bessere Qualität man erzeugen will, um so langsamer arbeitet man bei
                              									möglichst hoher Temperatur. Für Feinkorn erster Qualität macht man nur 4 Chargen in
                              									12 Stunden mit 900k
                              									Roheisen, während bei ordinärem Eisen 8 Chargen in 12 St. mit 1700k Roheisen.
                           Die Luppen werden gezängt und zerbrochen, dann classificirt in solche mit hinreichend
                              									feinem und gleichmäßigem Korn, und in solche mit sehnigen Partien, welche minder
                              									gutes Eisen liefern. Man hat bei Verarbeitung von manganhaltigem Roheisen 5 Proc.
                              									Verlust, bei gewöhnlichem Eisen 10 Proc.; ersterer entspricht bei der langsamen
                              									Arbeit der Qualität vorhandenen Kohlenstoffes, Phosphors und Mangans. Auf 1 Th.
                              									erhaltene Producte geht durchschnittlich 1 Th. Steinkohlen. Den günstigen Einfluß
                              									des Mangans auf die Entfernung des Phosphors zeigen die folgenden Analysen von
                              									gewöhnlichem Eisen (a bis c)
                              									und Feinkorneisen (d).
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                                    c
                                    
                                 
                                    d
                                    
                                 
                              
                                 
                                 Gehämmert
                                 Gewalzt
                                 Blech
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,173
                                 0,053
                                 0,106
                                 0,016
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,662
                                 0,299
                                 0,299
                                 0,103
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 0,807
                                 0,614
                                 0,266
                                 0,277
                                 
                              
                           Es enthielt ferner ein Stab mit gleichförmigem Feinkorn auf dem Bruche (b) und mit theilweise sehniger Textur (c) aus Roheisen (a):
                           
                              
                                 
                                 
                                    a
                                    
                                 
                                    b
                                    
                                 
                                    c
                                    
                                 
                              
                                 Silicium
                                 1,0
                                 —
                                 —
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 1,6
                                 0,055
                                 0,03
                                 
                              
                                 Mangan
                                 2–3
                                 —
                                 —
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 3,5
                                 —
                                 —
                                 
                              
                                 Schlacken und Kohlenstoff
                                 1,300
                                 1,60
                                 
                              
                           Hieraus ergibt sich, daß Nr. b etwa 0,4 Proc. Kohlenstoff
                              									enthält, Nr. c nichts; ferner Nr. b um die Hälfte mehr Phosphor als Nr. c, Nr.
                              										b die Hälfte weniger eingeschlossene Schlacke
                              									enthält, völlig unangreifbar von Salpetersäure, während Nr. c einen rothschwarzen Rückstand hinterläßt, von magnetischem Eisenoxyd,
                              									wonach die Oxydation bei c weiter fortgeschritten ist.
                              									Trotzdem ist die Eisenqualität nicht besser, weil die eingeschlossenen Schlacken
                              									hochoxydirt und nicht hinreichend flüssig sind und die Masse unhomogen machen.
                           
                           Der Einfluß des Mangans bei der Benützung des phosphorreichen Roheisens auf gutes
                              									Feinkorn ist ein sehr complicirter; dasselbe macht die Schlacke flüssiger, es
                              									bleiben wie beim Bessemern geringe Mengen Mangan im Eisen, welche nützlich wirken;
                              									dann wirkt das Mangan durch seine chemischen Eigenschaften während des Processes
                              									selbst. Indem sich dasselbe oxydirt, gibt es eine starke Basis, welche die Oxydation
                              									der Unreinigkeiten des Eisens erleichtert, welche im Allgemeinen als Säuren wirken.
                              									Aehnlich verhält es sich z. B. mit dem Antimonblei. Beide Metalle für sich oxydiren
                              									langsam bei Rothglut, in Verbindung aber verbrennen beide rasch unter Bildung von
                              									antimonsaurem Bleioxyd. Die Dünnflüssigkeit der manganhaltigen Schlacken wirkt der
                              									Entstehung von Sehnen entgegen, ähnlich wie der Aschengehalt von Holz wegen seines
                              									Alkaligehaltes. (Annales
                                    											des mines, t. VI. p. 216 durch die berg- und hüttenmännische
                                    											Zeitung, 1875 S. 73.)