| Titel: | Rotirende Dampfmaschinen. | 
| Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 389 | 
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                        Rotirende Dampfmaschinen.
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              									VIII [c.d/3,4].
                        Rotirende Dampfmaschinen.
                        
                     
                        
                           In verschiedenen Nummern des Engineering vom Anfang
                              									dieses Jahres findet sich ein Bericht über die im November 1874 in New-York
                              									angestellten Versuche mit rotirenden Dampfmaschinen neuerer Systeme, welchem
                              									Referent, nachdem gerade über dieses so viel von Erfindern heimgesuchte Gebiet wenig
                              									thatsächliche Versuchsresultate vorliegen, folgende Notizen entnimmt.
                           Die untersuchten Maschinen waren außer der sogen. Lidgerwood-Maschine, von welcher die Zeichnung in diesem Journal
                              									1874 212 281 bereits veröffentlicht wurde, die rotirenden
                              									Dampfmaschinen von Gallahue, Massey und Myers, erstere in Fig. 5, die Massey-Maschine (welche auch schon 1872 205 182 mitgetheilt ist) in Fig. 6, endlich die Myers'sche MaschineNach Rose (Engineering, Juni 1875 S. 485) wurden auf die von Edw. Myers am 24. Februar 1873, Nr. 144559, in
                                    											Nordamerika patentirte Maschine bereits früher von A. J. Works und W. C. Reynolds in Belgien (am 19. März 1870, Nr. 27 258) und in
                                    											Frankreich (20. März 1870) Patente ertheilt. Aehnliche Dispositionen wurden
                                    											sogar noch früher patentirt. in Fig. 7 und 8 dargestellt.
                           
                           Zur Erläuterung dieser Skizzen sind nur wenig Worte beizufügen. Die Gallahue-Maschine (Fig. 5 [c/3]) hat in der Mittelachse eines cylindrischen
                              									Gehäuses A die Maschinenwelle C gelagert, mit derselben fest verbunden einen concentrischen Cylinder B, welcher den Kolben D
                              									trägt. Die Welle C ist hohl und dient als
                              									Dampfausströmungsrohr; der ringförmige Raum zwischen B
                              									und C empfängt den eintretenden Dampf. Hinter dem Kolben
                              										D gestatten zwei Oeffnungen a und b dem frischen Dampf den Eintritt; von
                              										D führen die beiden Austrittsöffnungen c und d ins Innere der Welle
                              										C. Das feste Widerlager, welches bei jeder
                              									rotirenden Maschine im Gegensatze zum beweglichen Kolben vorhanden sein muß —
                              									analog den festen Cylinderdeckeln einer oscillirenden Maschine — wird durch
                              									zwei Schieber E und F
                              									gebildet, die durch einen äußeren Steuermechanismus abwechselnd vor- und
                              									zurückgeschoben werden.
                           Bei der Myers-Maschine (Fig. 7 und 8 [d/4]), welche, wie aus den Zeichnungen ersichtlich ist, als gekuppelte
                              									Maschine mit zwei gegen einander versetzten Kolben arbeitet, ist dasselbe Princip
                              									durchgeführt, nur ist hier das feste Widerlager durch die continuirliche Berührung
                              									eines rotirenden Cylinders E mit der Oberkante des
                              									Gehäuses A gebildet, so daß der äußere
                              									Steuerungsmechanismus vollständig erspart wird. Dieser Cylinder E ist excentrisch gegen das Gehäuse in kreisförmigen
                              									Nuthen im Boden und Deckel des Gehäuses gelagert und darf daher mit dem an der
                              									centrisch gelagerten Welle B befestigten Kolben D nicht fest verbunden sein, sondern durch Vermittelung
                              									zweier cylinderförmigen Backen C, welche im Cylinder E drehbar eingelassen sind und sich gleichzeitig in
                              									einem Längsschlitz über den Arm des Kolbens D
                              									verschieben können.
                           Der Dampf tritt durch den linken Canal ein, durch den rechten aus (Fig. 8) und bewirkt
                              									dadurch die Bewegung der Welle in der Richtung des Pfeiles; durch Vertauschung der
                              									Function von Dampfeintritt und Austritt mittels des von Hand verstellbaren Schiebers
                              										s ist die Reversirung in einfachster Weise
                              									vorzunehmen.
                           Die Maschine von Massey endlich, dargestellt in Fig. 6 [d/3] unterscheidet sich wesentlich von den beiden schon
                              									beschriebenen Maschinen. Der Kolben wirkt nicht während des ganzen Umkreises,
                              									sondern nur so lange er den Weg αβ im
                              									Gehäuse zurücklegt; statt eines sind dagegen drei um 120° versetzte Kolben
                              									angebracht, so daß gleichfalls eine continuirliche Kraftabgabe erzielt wird. Die
                              									Kolben verschieben sich hier gleichfalls in einem cylindrischen Gehäuse E; hier ist aber letzteres mit der  Maschinenwelle fest verbunden,
                              									während die Kolben D radial verschiebbar sind. Das feste
                              									Widerlager endlich wird durch die Berührung des Cylinders E mit der oberen Kante des Gehäuses A,
                              									vermittels der Beilage L gebildet.
                           Die Wirkungsweise der Maschine ist nun leicht verständlich. Sobald ein Kolben die
                              									Kante α berührt, wird er durch die im Inneren
                              									des Cylinders E angebrachte, am Gehäuse A befestigte Führungstrommel J nach auswärts geschoben und während des Weges α β wider den Mantel des Gehäuses abgedichtet. Gleichzeitig
                              									wird durch einen in der Abbildung angedeuteten Leitcurvenmechanismus das Dampfventil
                              									geöffnet und der Kolben D somit von frischem Dampf in
                              									der Richtung des Pfeiles vorwärts geschoben. Dabei kann durch verschiedene
                              									Gestaltung der Leitcurve in gewissen Grenzen die Expansion varürt werden, bis
                              									endlich bei β der Kolben D den Mantel des Gehäuses verläßt und dem ausgenützten Dampf freien
                              									Austritt gestattet, während bei α schon ein
                              									zweiter Kolben eingetroffen ist und das Entweichen frischen Dampfes verhindert. Der
                              									Kolben aber, welcher β verlassen hat, wird dem
                              									oberen excentrischen Theil des Gehäuses entsprechend durch den Führungsmechanismus
                              									bei J nach einwärts gezogen, bis er endlich in den
                              									Einschnitt des Cylinders E gelangt und auf diese Weise
                              									das Widerlager bei L passirt, um bei α wieder herausgeschoben zu werden und aufs neue
                              									zur Action zu gelangen. Bewegungsumkehr läßt sich bei der hier vorliegenden Maschine
                              									nicht bewerkstelligen; dagegen hat sie vor den übrigen die Möglichkeit der Expansion
                              									voraus, von welcher übrigens bei den jetzt zu beschreibenden Versuchen kein Gebrauch
                              									gemacht worden ist.
                           Die Versuche wurden in der Weise angestellt, daß einerseits die effective Kraftabgabe
                              									des Motors durch einen auf die Riemenscheibe der Maschinenwelle aufgesetzten Prony'schen Zaum direct gemessen wurde, während
                              									andererseits die Spannung des ein- und austretenden Dampfes (erstere leider
                              									nur vor dem Drosselventile), die Temperatur und Menge des
                              									zu- und abfließenden Condensationswassers, in welches der Dampf durch eine
                              									Brause einströmte, endlich die Tourenzahl der Maschine in Zwischenräumen von 5 zu 5
                              									Minuten aufgenommen wurden. Jedem der Concurrenten war es freigestellt, die Maschine
                              									mit der am besten geeignet scheinenden Geschwindigkeit laufen zu lassen; inwieweit
                              									dadurch die Admissionsspannung in der Maschine beeinflußt wurde, ist ebenfalls nicht
                              									constatirt worden.
                           Die hauptsächlichsten der erhaltenen Versuchsresultate sind in nachfolgender Tabelle
                              									zusammengestellt.
                           
                           
                              
                                 Daten,
                                 Lidgerwood.
                                 Gallahue.
                                 Massey.
                                 Myers.
                                 
                              
                                 Dauer des Versuches Stdn.
                                 5
                                 5
                                 5
                                 5
                                 
                              
                                 Dampfspannung (eff.) des Eintrittsdampfes at
                                 5,44
                                 5,25
                                 4,64
                                 4,60
                                 
                              
                                 Dampfspannung (eff.) des Exhaustdampfes at
                                 0,14
                                 0,5
                                 0,03
                                 0,01
                                 
                              
                                 Umdrehungen pro Minute
                                 117
                                 133
                                 193
                                 187
                                 
                              
                                 Effective Leistung e
                                 5,013
                                 1,869
                                 3,694
                                 9,624
                                 
                              
                                 Dampfverbrauch pro Stunde und Pferdekraft k
                                 60
                                 180
                                 118
                                 49
                                 
                              
                                 Entsprech. Kohlenverbrauch (1/7) k
                                 8,6
                                 25,7
                                 17
                                 7
                                 
                              
                           Am Interessantesten sind hierin die angegebenen Ziffern des Dampfverbrauches, aus
                              									welchem jedoch zunächst das Resultat der Gallahue-Maschine ausgeschieden werden muß, welche, wie die
                              									Untersuchung ergab, durch die beiden Schieber E und F (vergl. Fig. 5) continuirlich
                              									Dampf durchblasen ließ. Auch die übrigen Resultate sind in soweit nicht vollkommen
                              									genau, als das thatsächlich verbrauchte Dampfquantum nicht nach dem Wasserverbrauch
                              									des Kessels gemessen wurde, sondern in einer nicht ganz verläßlichen Weise aus der
                              									Temperaturerhöhung des abfließenden Condensationswassers. Aber auch nur eine
                              									beiläufige Richtigkeit der hier gegebenen Zahlen vorausgesetzt, läßt sich nicht
                              									verkennen, welche horrenden Dampfverluste bei den rotirenden Dampfmaschinen
                              									stattfinden, wenn selbst die beste derselben, jene von Myers, bei einer effectiven Leistung von 9e 49k Dampf pro Stunde und Pferdekraft
                              									verzehrt, während selbst die schlechteste oscillirende Dampfmaschine bei gleicher
                              									Größe und Dampfspannung wohl kaum mehr als 30 bis 35k erfordert. Wie sich somit der
                              									Dampfverbrauch einer rotirenden Maschine gestalten muß, wenn sie nicht mehr im
                              									Paradezustand eines Concurrenzversuches sondern durch den Gebrauch abgenützt und
                              									heruntergekommen ist, läßt sich leicht ermessen, so daß gegenwärtig in keiner Weise
                              									abzusehen ist, wie je die rotirende Dampfmaschine, trotz ihrer gerühmten
                              									Einfachheit, die oscillirende verdrängen soll.
                           
                              Fr.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
