| Titel: | Ueber Wellenkuppelungen; von Professor Grove. | 
| Fundstelle: | Band 216, Jahrgang 1875, Nr. , S. 474 | 
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                        Ueber Wellenkuppelungen; von Professor Grove.Aus den Mittheilungen des Gewerbevereins für Hannover, 1875 S. 292.
                        
                           Mit Benützung des Sellers'schen Aufsatzes über „Transmission of Motion“ im 94. Bande des Journal of the Franklin
                                 										Institute.
                           
                        Mit Abbildungen auf Taf.
                              									X [a.b/3].
                        Grove, über Wellenkuppelungen.
                        
                     
                        
                           Die Kuppelungen spielen in der Anlage der Wellenleitungen eine so wichtige Rolle, daß
                              									die größte Sorgfalt bei ihrer Anordnung und Ausführung am Platze ist. Eine gute
                              									Kuppelung muß folgenden Anforderungen entsprechen. Vor Allem soll sie gegen die
                              									einwirkenden Kräfte dieselbe Festigkeit darbieten, wie die Welle selbst, und ein
                              									Zusammenfallen der Achsen beider Wellenstücke sichern; sie darf nicht lose werden,
                              									dann muß sie ein möglichst geringes Gewicht besitzen und ihr Schwerpunkt genau in
                              									die Drehachse fallen; auch dürfen an ihr keine vorspringenden Theile sein, welche
                              									die Arbeiter bei dem Schmieren der Lager u. s. w. erfassen könnten. Ein leichtes
                              									Herstellen und Lösen der Kuppelung ist wünschenswerth, um das Aufbringen von
                              									Maschinentheilen ohne Theilung derselben auf die Welle zu gestatten. Je geringer
                              									endlich die Ansprüche sind, welche an die Intelligenz der Arbeiter bei der
                              									Herstellung  der
                              									Kuppelung gestellt werden müssen, desto sicherer wird dieselbe ihren Zweck
                              									erfüllen.
                           Eine Verstärkung der Wellenenden zur Erhöhung der Festigkeit der Verbindung ist
                              									unzweckmäßig, weil sie zur Anbringung von gleichen, die Welle vertheuernden und
                              									belastenden Verstärkungen an den Stellen, welche Maschinentheile aufnehmen sollen,
                              									zwingt, wenn man nicht zu der umständlichen und kostspieligen Theilung der
                              									aufzubringenden Gegenstände greifen will. Man kann die Wellenverstärkung ohne
                              									Nachtheil für die Festigkeit der Verbindung entbehren bei geeigneter Construction
                              									der Kuppelung und durch Anbringung derselben in der Nähe der Lager, wo in der Regel
                              									der Wellendurchmesser kleiner sein könnte, als er sich bei cylindrischen Wellen
                              									vorfindet.
                           Leider findet man noch zu häufig die in ihrer Anordnung allerdings einfache, aber mit
                              									großen Mängeln behaftete Muffenkuppelung ausgeführt, bei
                              									welcher über die zu kuppelnden Wellenenden ein gußeiserner cylindrischer Muff
                              									geschoben und durch stark eingetriebene Keile mit den Wellen verbunden wird. Das
                              									erforderliche feste Eintreiben und, bei einer Lösung der Kuppelung, das
                              									Herausschlagen der Keile bilden einen sehr großen Uebelstand, indem leicht die zu
                              									befestigende Hülse zersprengt, sowie die Wellenenden zerschlagen und verbogen
                              									werden. Sodann zieht das Eintreiben des Keiles die von demselben erfaßte
                              									Hülsenhälfte von der Welle ab. Hierdurch wird sowohl der Druck, welcher die zur
                              									Verbindung der Welle und Kuppelhülse erforderliche Reibung erzeugt (namentlich bei
                              									dem gewöhnlich ungleichmäßigen Anliegen des Keiles) auf eine so kleine Fläche
                              									vertheilt, daß ein Anfressen und Losewerden erfolgen muß, als auch eine Entfernung
                              									des Schwerpunktes der Kuppelung von der Drehachse bewirkt, welche bei rascher
                              									Bewegung der Welle nachtheilige Centrifugalkräfte hervorruft. Diese Uebelstände
                              									würde man vermeiden durch Anwendung von Keilen, welche, nur auf der Seite in Welle
                              									und Hülse anliegend, lediglich durch ihre Schubfestigkeit wirkten. Allein dann käme
                              									auch die Reibung in Wegfall, welche die Längenverschiebung verhütete, und die
                              									gewöhnlichen Keilstärken würden nicht zur Uebertragung der Drehkraft genügen. Die
                              									Nachtheile der Keilbefestigung lassen sich beseitigen durch das Aufziehen der Hülsen
                              									auf die Wellen vermittels des starken Druckes einer hydraulischen oder anderen
                              									kräftigen Presse, wie es bei dem Aufziehen der Eisenbahnwagenräder auf die Achsen
                              									jetzt üblich ist. Indem man die Radnabe um etwa 1/250 kleiner als die Achse
                              									herstellt, zwingt man die Nabe beim Aufziehen zu einer Erweiterung, welche die
                              									Reibungsverbindung durch die Elasticität des Materiales bewirkt. Diese Operation
                              									eignet sich aber  nicht
                              									für die Muffenkuppelung, weil sie hier ein Auseinandernehmen der einzelnen
                              									Wellentheile sehr erschweren würde; dagegen kann sie bei der Scheibenkuppelung
                              									zweckmäßig benützt werden.
                           Die Scheibenkuppelung, welche in Fig. 8 und 9 im Längenschnitt und den
                              									Stirnansichten dargestellt ist, hat in neuerer Zeit wegen ihrer Vorzüge vielfache
                              									Anwendung gefunden. Mit jedem Wellenende W wird eine
                              									gußeiserne Scheibe S durch Aufkeilen oder Aufziehen
                              									ihrer Nabe N verbunden. Abgedrehte Schraubbolzen B, welche durch die ausgebohrten, zusammenfallenden
                              									Löcher beider Scheiben gezogen werden, bewirken die Verbindung beider Kuppelhälften
                              									zu einem Ganzen. Um bei dem Anziehen der Muttern die Drehung der Bolzen zu verhüten,
                              									legen sich die Köpfe gegen einen vorspringenden Rand der Nabe. Da die Bolzen
                              									vorzugsweise das Verschieben der beiden Scheiben gegen einander durch ihre
                              									Schubfestigkeit verhüten müssen, der Zug nach ihrer Achse nur untergeordnet
                              									auftritt, so können sie an dem Mutterende schwächer gehalten werden, um große
                              									Muttern zu vermeiden. Die Anzahl der Schrauben ist etwa 3 plus ein Zehntel des Wellendurchmessers (in Centimeter) zu nehmen, wofür
                              									natürlich die nächste ganze Zahl ausgeführt wird.
                           Wenn man die Scheiben nicht aufziehen, sondern aufkeilen will, wodurch sie leichter
                              									verschiebbar auf der Welle bleiben, so kann man durch den vorspringenden Cylinder
                              										V einer Scheibennabe in die entsprechende Höhlung
                              									der anderen Nabe von den Bolzen die auf Verschiebung der Scheibenmittelpunkte
                              									wirkenden Kräfte fern halten. Man muß alsdann die eine Scheibe jeder Kuppelung eines
                              									Wellenstückes um die Höhe des Vorsprunges V auf der
                              									Welle verschieben, um das betreffende Wellenstück herausnehmen zu können. Ein Rand
                              										R an jeder Scheibe verdeckt die Köpfe und Muttern
                              									der Scheiben zur Verhütung von Unglücksfällen. Bei der Bearbeitung zur Kuppelung
                              									dreht man zunächst die sich berührenden Scheibenflächen ab, wobei auch der etwaige
                              									Vorsprung V hergestellt wird, welcher bei der weiteren
                              									Bearbeitung gute Dienste leistet zur Sicherung der richtigen Lage beider Scheiben
                              									gegen einander. Nach einer provisorischen Zusammenfügung der Hälften werden die
                              									Bolzenlöcher gebohrt, sodann durch Einziehen der Bolzen die Scheiben definitiv
                              									verbunden, und in diesem Zustande bohrt man die Nabe aus, auch wird wohl der äußere
                              									Rand R abgedreht, und endlich müssen die Keilnuthen
                              									eingestoßen werden. Auf diese Weise ist das Zusammenfallen der Wellenachsen
                              									gesichert. Will man das nachtheilige Ein- und Ausschlagen der Keile ohne
                              									Anwendung des Aufziehens der Naben unter starkem Druck umgehen, so kann man nach
                              									Angabe von  Prof. Müller in StuttgartMüller: Constructionslehre der Maschinentheile. Stuttgart 1866.
                              									die Keilnuthen gegen die Wellenenden schräg ansteigend herstellen (durch geneigte
                              									Befestigung der Wellen auf dem Arbeitstische) und in diese gleich starke Keile
                              									setzen. Nach der Vereinigung der gegen den Wellenstoß zusammengeschobenen Scheiben
                              									durch die Bolzen B ist eine Verschiebung der Kuppelung
                              									auf der Welle unmöglich.
                           Nur einen Uebelstand hat die Scheibenkuppelung mit der Muffenkuppelung noch gemein.
                              									Bei einer kleinen Verschiedenheit der beiden Wellendurchmesser und diese dürfte in
                              									der Regel bei der gewöhnlichen Genauigkeit der Ausführung vorhanden sein wird die
                              									kleinere Welle in der Kuppelung leicht lose werden da hier die oben erwähnten
                              									Nachtheile des Aufkeilens recht empfindlich auftreten. Zur Beseitigung dieses Uebels
                              									hat der rühmlichst bekannte Amerikaner W. Sellers eine
                              									Kuppelung ausgesonnen und dieselbe nachdem durch angestellte Versuche ihre
                              									Brauchbarkeit erwiesen war in ausgedehntester Weise zur Anwendung gebracht. In Fig. 10 und
                              										11 ist
                              									die Sellers'sche Kuppelung dargestellt und von mir mit
                              									passenden Verhältnißzahlen versehen worden.
                           Jedes Wellenende W wird zunächst von einem durch
                              									Aufschneiden etwas elastisch gemachten gußeisernen Klemmhohlkegel K umgeben welcher innen der Welle entsprechend
                              									cylindrisch ausgebohrt und außen conisch abgedreht ist. Diese Kegel liegen in einer
                              									im Inneren mit ihnen übereinstimmend conisch ausgedrehten gußeisernen Hülse C und werden durch die in Kegel und Hülse
                              									eingearbeiteten Nuthen liegenden Schraubbolzen B gegen
                              									einander zu bewegt und dadurch fest auf die Wellen gezogen wenn auch die Durchmesser
                              									der letzteren etwas verschieden sind. Der in Welle und Kegel eingepaßte Schlüssel
                              										k und die Schraubbolzen B unterstützen vermöge ihrer Schubfestigkeit die Verbindung der Welle mit
                              									dem Kegel K und der Hülse C
                              									welche hauptsächlich durch die bei dem Einklemmen der Kegel zwischen Welle und Hülse
                              									entstehende Reibung bewirkt wird. Auch bei dieser Kuppelung werden die vortretenden
                              									Köpfe und Muttern der Schrauben durch die Ränder R. der
                              									Hülse C verdeckt. Um das Zusammenfallen der Wellenachsen
                              									zu sichern müssen Oberfläche und Höhlung der Klemmkegel dieselbe Achse haben was am
                              									sichersten durch das Abdrehen und Ausbohren bei ein und derselben Aufspannung auf
                              									der Planscheibe erzielt wird. Ein Abdrehen der Hülse C
                              									beseitigt jede excentrisch laufende Masse der Kuppelung und macht dieselbe für rasch
                              									laufende Wellen sehr geeignet.
                           
                           Die in den Fig.
                                 										8 bis 11 eingeschriebenen Bezugeinheiten können nach folgenden empirischen
                              									Formeln bestimmt werden:
                           δ = 0cm,8 + 0,35d
                           k = 0cm,2 + 0,3δ,
                           worin
                           d den Durchmesser der zu kuppelnden Welle,
                           δ die Wandstärke der gußeisernen Kuppelhülse,
                           k die Keilstärke
                           bezeichnet.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
