| Titel: | Ueber phosphorhaltigen Stahl; von Adolph Greiner, Ingenieur zu Seraing. | 
| Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 33 | 
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                        Ueber phosphorhaltigen Stahl; von Adolph Greiner, Ingenieur zu
                           Seraing.
                        Aus der Revue universelle, 1874 t. XXXV p.
                              623.
                        Greiner, über phosphorhaltigen Stahl.
                        
                     
                        
                           Nachdem Euverte, Director des Stahlhüttenwerkes
                              Terrenoire, durch seine interessanten MittheilungenS. Revue universelle, 1874 t. XXXV p. 458. die Aufmerksamkeit der Metallurgen auf die Rolle gelenkt hatte, welche
                              Mangan und Phosphor im Stahle spielen, hielt es der Verfasser der vorliegenden
                              Mittheilungen für angemessen, die vom Ersteren gebrachten geschichtlichen Notizen
                              durch einige Bemerkungen über den Zustand dieser hüttenmännischen Frage in
                              Deutschland, wo dieselbe seit einigen Jahren bedeutende Fortschritte gemacht hat, zu
                              ergänzen durch die auf einer mit Habets im J. 1869
                              gemachten Reise gesammelten Beobachtungen und unter Hinzufügung neuerer Nachrichten
                              von Eberhardt und Bleichsteiner, welche sich auf zwei deutschen Werken mit der Fabrikation
                              von Phosphorstahl eingehend beschäftigt haben.
                           
                           Das erste Werk, welches Phosphorstahl producirte, war die Königin-Marienhütte zu Kainsdorf bei Zwickau; einige Jahre später
                              führte auch die Maxhütte bei Schwandorf (Bayern) diese
                              Fabrikation ein. Auf beiden Werken zeigt das Bessemerverfahren ein ganz besonderes
                              Gepräge, von welchem der Verf. durch kurze Beschreibung der hauptsächlichsten
                              Charaktere dieser Methode einen Begriff zu geben versucht.
                           Rohmaterialien. – Das in Zwickau verwendete
                              Roheisen hatte die nachstehende durchschnittliche procentische Zusammensetzung:
                           
                              
                                 Silicium
                                 2,50
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,04
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,10 bis 0,12
                                 
                              
                                 Mangan
                                 2,60 bis 4,00
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 3,50
                                 
                              
                           Das Maxhütter Roheisen enthielt in 100 Th.
                              durchschnittlich:
                           
                              
                                 Phosphor
                                 0,10 im Minimum,
                                 
                              
                                 Mangan
                                 4,00 ungefähr.
                                 
                              
                           Demnach sind diese Roheisensorten gleichzeitig manganhaltig
                              und phosphorhaltig; denn wenn die oben angeführten analytischen Ergebnisse
                              „durchschnittliche“ sind, so läßt sich voraussetzen, daß
                              wohl manche Charge mehr Phosphor als 0,10 bis 0,12 Proc. enthalten haben mag; wie
                              wir weiter unten sehen werden, sind Roheisensorten mit beinahe 0,20 Proc.
                              verschmolzen worden. Merkwürdigerweise enthielten die in Rede stehenden
                              Roheisensorten neben Phosphor, diesem Gifte für das Eisen, auch Mangan, das
                              Gegengift für denselben und zwar in einer sehr beträchtlichen, eine gute
                              Beschaffenheit des Productes sichernden Menge.
                           Diese Roheisensorten, leichtflüssig, wie alles manganhaltige Roheisen, nehmen bei
                              ihrer Behandlung im Cupolofen, bevor sie in den Converter gelangen, einen ziemlichen
                              Antheil von den dem Brennmaterial beigemengten Verunreinigungen auf. Die Maxhütter
                              Coaks, die zuweilen 20 Proc. Asche hinterlassen, gaben an das Roheisen auch noch
                              einen gewissen Antheil von ihrem Phosphorgehalt ab, welcher selbst bei
                              verhältnißmäßig reinen Coaks bis 0,33, ja selbst bis 0,40 Proc. betragen kann. Wie
                              es scheint, wirkt der in den Coaks oft in großer Menge enthaltene Schwefel beim
                              Verschmelzen manganhaltigen Roheisens nur wenig schädlich; ebenso wie beim
                              Hochofenbetriebe nimmt ein Theil des Mangans bei seinem Uebergange in die Schlacken
                              diesen aus dem Brennmateriale herstammenden Schwefel mit sich.
                           Bezüglich der Zusammensetzung des Roheisens im Augenblicke seines Eintrittes liegen
                              dem Verf. Bestimmungen nicht vor. Und doch ist dies ein recht wesentlicher Punkt,
                              welchem bei der Vergleichung des Betriebes eines Werkes mit dem eines anderen keineswegs die
                              verdiente Aufmerksamkeit gewidmet wird.
                           Die Umwandlung des Roheisens. – Die erste Periode
                              der Operation bietet nichts besonders bemerkenswerthes dar. In der zweiten Periode
                              verläuft in Folge des starken Gehaltes an Mangan, welches sich rasch oxydirt, die
                              Reaction der Oxyde auf das Kohleneisenbad sehr stürmisch; die sehr leichten
                              Schlacken werden durch den Gebläsewind gewaltsam ausgetrieben. Um dieses
                              Hinausschleudern der Schlacken und das unvermeidliche Mitreißen von Metall zu
                              vermeiden, macht man die Converter höher als gewöhnlich, ihre Höhe übersteigt das
                              Zweifache ihres Durchmessers. Dabei ist ihre Form beinahe cylindrisch; oben laufen
                              sie in eine enge Mündung aus; unten sind sie mit einem beweglichen, gewöhnlich aus
                              einem einzigen Stücke bestehenden Boden von feuerfestem Thon geschlossen. Das Futter
                              wird in Folge der Einwirkung der manganhaltigen Schlacken bald angefressen. Auf
                              beiden Hüttenwerken legt man der Fabrikation der feuerfesten Producte große
                              Bedeutung bei; eine gehörige Zusammensetzung der Masse, zu der sehr viel Quarz
                              genommen wird, und eine sorgfältige Beachtung detaillirter Vorsichtsmaßregeln bei
                              ihrer Anfertigung sind für einen guten Gang des Ganzen sehr wesentlich. Auffallend
                              ist die Erscheinung, daß das durch den Wind entkohlte Metall am Ende der
                              Frischoperation noch so viel Mangan enthält, daß es nicht nöthig ist, das Roheisen
                              noch mit Spiegeleisen zu versetzen. Sobald man erkannt hat, daß der Moment der
                              Beendigung des Processes eingetreten ist, so wird das Metall direct in die
                              Gießpfanne abgelassen.
                           Anzeichen von der Beendigung des Processes. – Das
                              Spectroskop, mit welchem man die Beendigung eines gewöhnlichen Bessemerfrischens
                              deutlich erkennen kann, ist bei der Verarbeitung von manganhaltigem Roheisen
                              schwieriger zu handhaben. Die äußerst intensive Flamme, welche das Mangan bei seiner
                              Oxydation gibt und die den Beobachter zwingt, seine Augen durch blaue Gläser zu
                              schützen, liefert ein eigenthümliches, von H. Wedding
                              S. Preußische Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und
                                    Salinenwesen etc. Bd. 17, Jahrg. 1869. abgebildetes und sehr kenntliches Spectrum. Am Schlusse der
                              Entkohlungsperiode jedoch steigt ein dicker Rauch von braunen Oxyden aus dem Bade
                              empor und dieser wird schließlich so stark, daß er die so deutlichen Angaben des
                              Apparates gänzlich verhüllt. Verfolgt man nun das Verschwinden der schwarzen
                              Streifen des Spectrums aufmerksam, so wird man bemerken, daß gegen Ende der
                              Operation die erste im Blau gelegene Gruppe von Streifen verschwindet, während die
                              zweite, im Grün gelegene Gruppe unmerklich schwächer wird. Ist auch diese Gruppe
                              verschwunden, so kommt die Reihe an die dritte, im Gelb, und dann an die vierte, im
                              Roth gelegene Gruppe, indem dieselben verschwinden und zwar in der umgekehrten
                              Reihenfolge von derjenigen, in welcher sie aufgetreten waren.
                           Sind sämmtliche Gruppen von Absorptionsstreifen verschwunden, und ist das Spectrum
                              durch den dicken Oxydrauch wieder continuirlich geworden, so beseitigt man das
                              Spectroskop und gibt noch eine oder zwei Minuten lang Wind, um ein möglichst stark
                              entkohltes Metall zu erhalten.
                           Ein untrügliches Mittel, das Ende des angestrebten Entkohlungsgrades zu erkennen, ist
                              die sogen. „Spießprobe“, welche auch bei dem Martin-Verfahren üblich, in dem vorliegenden Falle
                              aber praktischer und leichter ausführbar ist. Man verfährt dabei in nachstehender
                              Weise. Die Birne wird auf einen Augenblick in horizontale Stellung gebracht, der
                              Wind wird abgestellt und dann eine ziemlich lange Eisenstange in das Metallbad
                              eingetaucht. Dabei setzt sich Schlacke und zugleich Metall an die Stange; die
                              erstere enthält zahlreiche Metalltröpfchen. Die Färbung der Schlacke und die
                              Beschaffenheit der Metallkügelchen sind charakteristisch. Die Schlacke, im Inneren stets gelblich gefärbt und klar, zeigt äußerlich eine
                           
                              
                                 schwarze     Färbung, wenn der Stahl
                                 sehr weich ist,
                                 
                              
                                 braune              
                                    „          „      „      „
                                 weich ist,
                                 
                              
                                 orange              
                                    „          „      „      „
                                 halbhart ist,
                                 
                              
                                 dunkelgelbe      
                                    „          „      „      „
                                 hart ist.
                                 
                              
                           Von den Metallkügelchen probirt man zwei bis drei, indem man ein jedes für sich auf
                              einen rein abgewischten Ambos mit glatter, gehärteter Bahn mit dem Hammer
                              plattschlägt. Bei einiger Uebung und mit Beachtung der Größe der Kügelchen ist man
                              im Stande, die Härte des Metalles richtig zu beurtheilen, besonders wenn man die
                              Vorsichtsmaßregel beobachtet, die Eisenstange mit der anhängenden Schlacke in Wasser
                              zu tauchen.
                           Man hat auch die Beobachtung gemacht, daß die Kügelchen von weichem Stahl sich unter
                              dem Hammer vollständig zu Scheibchen mit ganzen Rändern plattschlagen lassen,
                              während die Kügelchen von hartem Stahl an den Rändern rissig werden. Zwischen diesen
                              beiden Extremen vermag man nach dem mehr oder minder starken Einreißen der Ränder
                              den erhaltenen Stahl sehr gut zu beurtheilen und kann das Blasen weiter fortsetzen,
                              wenn man den angestrebten Grad von Entkohlung noch nicht erreicht zu haben
                              glaubt.
                           
                           Das Abstechen. – Die
                                 Ingots (Stahlblöcke). – Auf der Königin-Marienhütte
                              produciren zwei Converters von 5t
                              Fassungsraum im Verlaufe von 24 Stunden und in 14 Abstichen 63t Stahl. Der Metallabgang beträgt nur 10
                              Proc.; die manganhaltigen Schlacken sind bekanntlich sehr dünnflüssig und schließen
                              sehr wenig Granalien ein.
                           Der Stahl selbst ist auffallend dünnflüssig, da das Mangan, welches das Roheisen
                              dünnflüssig macht, diese Eigenschaft auch dem Stahle mittheilt. Es kommt zuweilen
                              vor, daß am unteren Theile der Ingotform (Coquille) zufällig ein Riß entstanden ist,
                              durch welche dann fast die ganze Stahlmasse eines eben gegossenen Ingots ausfließt,
                              so daß von derselben nur ein einige Millimeter starkes Häutchen zurückbleibt,
                              welches nach dem Herausnehmen aus der Form die äußere Gestalt des Zains
                              beibehält.
                           Der Mangangehalt des Marienhütter und des Maxhütter Stahles verleiht dem Producte
                              Schweißbarkeit; viele Ingots, die bei der weiteren Bearbeitung unter dem Hammer oder
                              im Walzwerke reißen, verlieren diese Risse bei der nachfolgenden Arbeit, indem sie
                              in Folge der stärkeren Hitze, welche manganhaltiger Stahl leicht erträgt, wieder
                              zusammenschweißen.
                           Die durchschnittliche Zusammensetzung des Zwickauer Stahles ist die nachstehende:
                           
                              
                                 Silicium
                                 0,40 bis 0,70
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,06
                                 
                              
                                 Phosphor
                                 0,10 bis 0,15
                                 
                              
                                 Mangan
                                 0,40 bis 0,70
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 0,15 ungefähr.
                                 
                              
                           Wie man sieht, ist die Entkohlung so weit getrieben, als dies nur möglich ist. Der
                              Verfasser machte eine Operation mit, bei welcher folgende Resultate erzielt
                              wurden:
                           
                              
                                 
                                 Roheisen
                                 Stahl
                                 
                              
                                 Silicium
                                 2,50
                                 1,18
                                 
                              
                                 Schwefel
                                 0,04
                                 0,06
                                 
                              
                                 Phosphor
                                   2,187
                                   0,185
                                 
                              
                                 Mangan
                                 2,60
                                 nicht bestimmt.
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                 3,59
                                 0,10
                                 
                              
                           Die im Vorstehenden besprochenen Stahlsorten sind demnach Phosphorstahl, in denen der
                              Phosphor in Folge einer entsprechenden Verminderung des Kohlenstoffgehaltes einen
                              weiten Spielraum hat.
                           In Zwickau hat die Praxis gelehrt, daß der Stahl bei einem Phosphorgehalte von mehr
                              als 0,20 Proc. zu brüchig wird, und man betrachtet diese Grenze als ein Maximum,
                              welches man für gewöhnlich nicht erreichen darf.
                           Auswalzen der Schienen aus phosphorhaltigem Stahl.
                                 – Die einzige Verwendung, zu welcher der phosphorhaltige Stahl der
                              Marienhütte und Maxhütte taugt, ist die Benützung zur Herstellung der
                              Stahlkopfschienen. Man betrachtet jene Stahlarten sogar als unanwendbar für eine
                              laufende Fabrikation von homogenen Stahlschienen. Für den gedachten Zweck werden die
                              Ingots zu Deckplatten von 40 bis 50mm
                              Stärke und der Breite der Schienenpakete, mit einer Rippe in der Mitte gewalzt.
                              Unter diese Decken legt man Rohschienen von phosphorhaltigem Grobkorneisen, unten
                              hin dagegen bringt man zur Bildung des Fußes der Eisenbahnschienen einen Flachstab
                              von sehnigem Eisen. Das Grobkorneisen dient zur Verbindung des Stahlkopfes mit der
                              aus sehnigem Eisen bestehenden Basis. Derartig zusammengesetzte Pakete ertragen eine
                              saftige Schweißwärme vollkommen, und die Walzarbeit hat die größte Aehnlichkeit mit
                              dem Auswalzen gewöhnlicher Eisenbahnschienen. Man erhält auf diese Weise eine
                              „gemischte“ Schiene, deren Dauerhaftigkeit bei gutem
                              Fabrikationsverfahren sehr groß ist. Denn die betreffenden Werke bürgen für eine
                              zehnjährige Dauer ihres Fabrikats; die Zwickauer Hütte allein lieferte seit 7 bis 8
                              Jahren 132500t, und neue Erweiterungen der
                              dortigen Anlagen sprechen für die günstigen Aussichten dieses ganz speciellen
                              Fabrikationszweiges.
                           Bemerkungen über die Rolle des Phosphors und des Mangans im
                                 Stahle. – Der Phosphor macht den Stahl, wie allgemein bekannt ist,
                              kaltbrüchig und vermindert die Dehnung des Metalles, wenn es einer Zug- oder
                              einer Biegungsbelastung unterworfen wird, in sehr merklichem Grade. Verf. hat
                              nachgewiesen, daß aus phosphorhaltigem Roheisen nach dem Heaton'schen Verfahren dargestellter Stahl bei geeigneter Belastung nur
                              sehr geringe Verlängerungen erleidet. Während guter Stahl mit 0,45 bis 0,60
                              Kohlenstoffgehalt bis zum Zerreißen sich um 9 bis 10 Proc. seiner ursprünglichen
                              Länge ausdehnt, verlängerte sich der aus Mosel-Roheisen fabricirte
                              Heatonstahl von gleichem Härtegrade um nur 3 bis 4 Proc. Die Verlängerung eines
                              anderen, kohlenstoffarmen Stahles von Hayange, welcher sich, nach seinem
                              Kohlenstoffgehalte allein zu urtheilen, um 12 bis 20 Proc. hätte verlängern können,
                              erreichte kaum 3 Proc. Die erstere dieser beiden Stahlsorten enthielt 0,25 bis 0,38,
                              die zweite 0,38 bis 0,50 Proc. Phosphor. Zur Vergleichung mögen hier Angaben über
                              die Festigkeit einiger von anderen Werken stammenden Stahlsorten Platz finden.
                           
                           Stahl von Fagersta (Schweden).
                           
                              
                                 Kohlenstoffgehalt
                                 Bruchbelastung
                                 Verlängerung
                                 
                              
                                 1,00
                                 Proc.
                                     89–103k
                                          2–6
                                    Proc.
                                 
                              
                                 0,70
                                 
                                 71–92
                                 4–6
                                 
                              
                                 0,45
                                 
                                 70–73
                                   9–10
                                 
                              
                                 0,35
                                 
                                 48–49
                                 12
                                 
                              
                                 0,30
                                 
                                 42–44
                                 11–22
                                 
                              
                           Stahl von Neuberg (Oesterreich).
                           
                              
                                 Kohlenstoffgehalt
                                 Bruchbelastung
                                 Verlängerung
                                 
                              
                                         
                                    0,88–1,12 Proc.
                                       89–105k
                                               
                                    5 Proc.
                                 
                              
                                 0,62–0,88
                                    73–89
                                   5–10
                                 
                              
                                 0,38–0,62
                                 56,5–73
                                 10–20
                                 
                              
                                 0,15–0,38
                                       48–56,5
                                 20–25
                                 
                              
                                 0,05–0,15
                                    40–48
                                 25–30
                                 
                              
                           Stahl von Seraing (Belgien).
                           
                              
                                 Kohlenstoffgehalt
                                 
                                 Bruchbelastung
                                 
                                 Verlängerung
                                 
                              
                                 0,64 u. darüber Proc.0,55 – 0,65
                                 
                                    
                                    
                                    69–110k
                                 
                                    
                                    
                                    5–10 Proc.
                                 
                              
                                 0,45 – 0,550,35 – 0,45
                                 
                                    
                                    
                                 56–69
                                 
                                    
                                    
                                  10–20
                                 
                              
                                 0,25 – 0,35
                                 
                                 48–56
                                 
                                  20–25
                                 
                              
                           Wedding (Preußische Zeitschrift, Jahrg. 1866) berichtet,
                              daß zu Königshütte (Oberschlesien) aus einem 0,49 Proc. Phosphor enthaltenden
                              Roheisen bei normalem Gange des Converters ohne Mühe ein Stahl erzeugt werden
                              konnte, der sich walzen, schmieden und schweißen ließ und ein feines, homogenes Korn
                              zeigte, indessen zu starke Kaltbrüchigkeit besaß, um zu Achsen, Bandagen und
                              Bahnschienen verarbeitet werden zu können.
                           Zu Seraing wurde ein Versuch mit Roheisen ausgeführt, welches 0,69 Proc. Phosphor
                              enthielt; die Schienen ließen sich sehr gut auswalzen, der Stahl war jedoch spröde
                              wie Glas.
                           Es ist demnach wesentliche Aufgabe, den Kohlenstoffgehalt von phosphorhaltigem Stahl
                              möglichst zu vermindern, um nicht der vom Phosphor bedingten Sprödigkeit noch die
                              vom Kohlenstoffe herrührende natürliche Härte des Productes hinzuzufügen.
                           Diese Thatsache ist heutzutage allgemein bekannt, und die Ergebnisse einer ziemlich
                              bedeutenden Anzahl von Analysen gestatten in Bezug auf den Phosphorgehalt eine
                              Maximalgrenze von 0,20 bis 0,25 Proc. festzustellen, – ein Gehalt, über
                              welchen hinaus das Metall zu wenig Widerstandsfähigkeit besitzt, um industrielle
                              Verwendung finden zu können. Ferner ist zu beachten, daß der Phosphor nicht allein
                              die Elasticität des Stahles in kaltem Zustande in so schädlicher Weise vermindert,
                              sondern ihn auch seiner Hämmerbarkeit und Streckbarkeit in der Hitze beraubt. Phosphorhaltige Ingots
                              reißen leicht unter dem Hammer und zwischen den Walzen und geben nur dann guten
                              Stahl mit reiner, glatten Oberfläche, wenn sie Mangan enthalten.
                           Das Mangan übt insoferne einen wohlthätigen Einfluß auf den Stahl aus, als es ihn
                              sehr schweißbar und sehr dehnbar macht. Bekanntlich beseitigt dieses Metall aus dem
                              entkohlten Bade das vorhandene Eisenoxyd, in Folge dessen das im Zustande feiner
                              Zertheilung zwischen den Metallmolecülen eingelagerte Oxyd vollständig verschwindet.
                              Sollte es dieses in dem nicht manganhaltigen Stahle eingelagerte Oxyd sein, welches
                              dem Zusammenschweißen der Theilchen des letzteren hindernd entgegentritt?
                           Wie dem auch sein mag, es ist eine dem Eisenhüttenmann bekannte Thatsache, daß
                              schwefelhaltige, phosphorhaltige und sehr harte kohlenstoffreiche Stahlsorten (Verf.
                              sah dergleichen, welche über 1,50 Proc. Kohlenstoff enthielten) sich vollkommen
                              schweißen lassen, wenn sie hinlänglich Mangan enthalten. Sie vertragen alsdann
                              Hitzen, welche bis zur saftigen Weißglut gesteigert werden können. Man hat geglaubt,
                              daß das Mangan, welches das Roheisen kaltbrüchig (spröde) macht, eine gleiche
                              Einwirkung auf den Stahl ausübe. Die nachstehenden Analysen geben den Beweis, daß
                              der Stahl verhältnißmäßig viel Mangan enthalten kann, ohne daß dieser Körper den
                              gedachten Einfluß auf ihn ausübt. Zu beachten ist, daß sämmtliche nach dieser
                              Richtung hin analysirten Stahlproben weichen Stahl repräsentiren.
                           Stahl für Reffye-Geschütze
                              von
                           
                              
                                 
                                 Terrenoire
                                 Barroin
                                 
                              
                                 Silicium
                                      0,02
                                   0,05
                                 
                              
                                 Schwefel
                                        ?
                                     ?
                                 
                              
                                 Phosphor
                                      0,021
                                   0,042
                                 
                              
                                 Mangan
                                      0,24
                                   0,24
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                      0,29
                                   0,31
                                 
                              
                           Stahl für Eisenbahnschienen von
                           
                              
                                 
                                 Creusot
                                 Rive de Gier
                                 Terrenoire
                                 Seraing.
                                 
                              
                                 Mangan
                                 0,55
                                 0,56
                                 0,86
                                 0,65
                                 
                              
                           Stahl für Kurbelachsen von
                           
                              
                                 
                                 Seraing
                                 Seraing
                                 Essen.
                                 
                              
                                 Mangan
                                 0,60
                                 0,60
                                 0,85.
                                 
                              
                           Kurz, ein Mangangehalt gestattet, Stahlsorten im Walzwerke zu verarbeiten, welche in
                              Folge ihres Gehaltes an Metalloiden, ohne jenen Gehalt, dazu ganz untauglich sein
                              würden.
                           Zum Schlusse bemerkt der Verfasser, daß man seiner Ansicht nach bei Berücksichtigung
                              der in der vorstehenden Mittheilung angeführten Thatsachen und Beobachtungen den phosphorhaltigen
                              Stahlsorten eine gewisse Rolle in der Eisenindustrie zuzuschreiben berechtigt ist,
                              deren Wichtigkeit man jedoch nicht übertreiben mag, wenn man sich nicht verrechnen
                              will; ferner daß das Verfahren der Marienhütte und der Maxhütte das rechte ist. Im
                              Uebrigen wird die Zukunft bald lehren, ob die Eisenbahngesellschaften sich gern dazu
                              verstehen werden, die Stahlkopfschienen ihrem Werthe nach zu bezahlen.
                           
                              H. H.