| Titel: | Versuche in Prevali zur directen Darstellung von Stabeisen und Stahl aus Erzen und zur Verwendung von Braunkohlen bei der Darstellung von Roheisen. | 
| Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 70 | 
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                        Versuche in Prevali zur directen Darstellung von
                           Stabeisen und Stahl aus Erzen und zur Verwendung von Braunkohlen bei der Darstellung von
                           Roheisen.
                        Versuche zur directen Darstellung von Roheisen und
                           Stahl.
                        
                     
                        
                           Die Hüttenberger Eisenwerks-Gesellschaft hat mit W. Siemens in London schon im Januar 1873 ein Uebereinkommen
                              getroffen, um das (1873 209 1 beschriebene) Verfahren zur
                              Herstellung von gepuddelten Eisen- und Stahlluppen direct aus Eisenerzen zur
                              Ausführung zu bringen. Aus dem (von der österr. Zeitschrift für Berg- und
                              Hüttenwesen, 1875 S. 120 veröffentlichten) Bericht des Generaldirectors v. Frey an den österreichischen Ackerbauminister über den
                              Erfolg des Siemens'schen Verfahrens, sowie über Versuche,
                              Braunkohle im Hohofen zu verwenden,Vergl. auch den vom Generaldirector E. Heyrowsky
                                    in der Generalversammlung des berg- und hüttenmännischen Vereins für
                                    Kärnten gehaltenen (in der Zeitschrift desselben, Mai 1875 S. 135 ff.
                                    mitgetheilten) Vortrag. beanspruchen nachstehende Mittheilungen allgemeines Interesse.
                           Der Apparat, in welchem in Prevali gearbeitet wurde, ist ein nach
                              dem Simens'schen Regenerativsystem geheizter sogen.
                              Rotativofen. Die Erze, welche in Anwendung kamen, waren theils Brauneisensteine vom
                              Hüttenberger Erzberge, theils Magneteisensteine von dem der Gesellschaft
                              eigenthümlich gehörigen Bergbaue am Sonntagberg nächst St. Veit. Die
                              Gas-Generatoren wurden mit Braunkohlen von Liescha geheizt. Als
                              Reductions- und beziehungsweise Kohlungsmittel wurden abwechslungsweise
                              Holzkohlenpulver und zerkleinerte Steinkohlencoaks verwendet, von welchen
                              Materialien übrigens selbstverständlich nur ganz unbedeutende Mengen bei dem
                              Processe Verwendung fanden.
                           Die Versuche wurden durch zwei Monate vorgenommen, führten aber,
                              wenn sie auch von wissenschaftlichem Interesse waren, zu einem eigentlichen
                              praktischen Resultate vorläufig nicht, und zwar deshalb nicht, weil 1) das durch die
                              verschiedenen Chargen
                              gewonnene Product ein ungleichartiges, zum Theile unbrauchbares war, im besten Falle
                              aber eine mangelhafte Qualität zeigte; 2) weil der Proceß, insoferne er überhaupt
                              noch ein verwendbares Product brachte, nur mit ökonomisch unmöglichen Resultaten
                              durchführbar war. Einzelne Chargen gaben direct aus den Erzen dargestellte
                              Eisen-Luppen, welche sich unter dem Dampfhammer schmieden ließen; diese so
                              hergestellten Luppen ließen sich auch anstandslos auf sogen. Rohzaggel auswalzen,
                              letztere nahmen im Schweißofen gut Hitze an und konnten selbst auf feinere
                              Quadrat- und Flachdimensionen ausgewalzt werden. Das so dargestellte Eisen
                              zeigte aber bei einiger Sehnigkeit einen vollständig faulweichen Bruch und hatte
                              alle Fehler eines faulweichen Eisens, wäre also kaum oder doch nur zu sehr
                              schlechten Preisen verwerthbar. Die Schlacke war eben nicht rein ausgeschieden und
                              einzelne Eisenpartien waren oxydirt; damit aber sind auch die Mängel des von Siemens vorgeschlagenen Processes vollkommen
                              charakterisirt.
                           Der Reductionsproceß kann nur ein unvollständiger sein, weil das
                              Reductionsmittel nur mechanisch mit dem zu reducirenden Erze in Verbindung gebracht
                              wird. Siemens will die Reduction unter den schwierigsten
                              Verhältnissen, nämlich in einem Apparate durchführen, welcher, wenigstens zeitweise,
                              durch eine oxydirende Flamme geheizt wird. Die im Rotator zur Verbrennung
                              gelangenden Gase werden immer um so mehr oxydirende Eigenschaft haben, je höher die
                              Temperatur ist, auf welche man aspirirt. So lange aber eine oxydirende Flamme im
                              Spiele ist, so lange wird es unvermeidlich sein, daß selbst, wenn der
                              Reductionsproceß noch so vollständig erfolgt wäre, nicht einzelne Partien des
                              reducirten, eventuell auch schon von der Schlacke getrennten Eisens sofort wieder
                              oxydirt werden. Zur Abtrennung der Schlacke ist die höchste Temperatur erforderlich;
                              wollte diese aber bei reducirender oder auch nur bei neutraler Eigenschaft der
                              Flamme erzielt werden, so erweisen sich zum Mindesten die angewendeten Apparate als
                              unzureichend. Im Allgemeinen waren die Versuchsresultate entsprechender bei der
                              Verwendung der reichen Magneteisensteine, als bei jener der besten Hüttenberger
                              Braunerze. Es ist aber auch von vorneherein klar, daß je weniger erdige
                              Bestandtheile abzuscheiden sind, um so wahrscheinlicher das Gelingen des Processes
                              sein wird.
                           Die Versuche wurden eingestellt, nicht um dieselben nicht wieder
                              aufzunehmen sondern um vor Allem eine Reihe von Experimenten im Tiegel im chemischen
                              Laboratorium und mit den Feuerungsapparaten vorzunehmen – letztere
                              hauptsächlich zu dem Zwecke, um es, wenn nur immer möglich, dahin zu bringen, daß
                              die Flamme selbst bei der Erzielung der höchsten Temperaturen einen reducirenden
                              oder doch neutralen Charakter bewahre. Der mit der unmittelbaren Leitung der
                              Versuche beauftragte Hohofendirector Wilhelm Hupfelt war
                              drei Mal in England, um zu sehen, welche Fortschritte Siemens in der Hütte zu Birmingham mit dem Processe gemacht habe, und um
                              von Siemens Nachschlage und Weisungen einzuholen. William
                              Siemens war selbst in Prevali anwesend. In den mit
                              Siemens gehaltenen Conferenzen gewann Verf. die
                              Ueberzeugung, die sich Hupfelt auch schon in England
                              verschafft hatte, daß, wenn überhaupt das von Siemens vorgeschlagene Verfahren zu
                              einem praktischen Ziele führen soll, sehr wesentliche Verbesserungen nothwendig sein
                              werden. Solche Verbesserungen zu ersinnen und die einschlägigen Experimente
                              vorzunehmen, bildet nun die nächste Aufgabe; doch meint Verf., daß man über die
                              Durchführung einer Art Anreicherungsprocesses oder über die Trennung des
                              Reductions- von dem Schmelzprocesse nicht wegkommen, daß man aber
                              möglicherweise auch schon damit etwas für die steierischen Verhältnisse
                              Werthhabendes erreichen werde. – Inzwischen wurden auf dem gesellschaftlichen Hohofen zu
                              Prevali in der Zeit vom 30. December 1874 bis 30. Januar 1875 Versuche vorgenommen,
                              Holzkohlen oder Steinkohlencoaks durch rohe Braunkohlen zu
                                 ersetzen, und können die dabei erreichten Resultate immerhin als sehr
                              erfreuliche bezeichnet werden. Die zur Verwendung gebrachten Braunkohlen stammten
                              ebenfalls von Liescha nächst Prevali; sie gehören zu den armen Braunkohlen.
                           Bei einem Zusatze von 33,3 Proc. Braunkohle oder bei 100k Coaks zu 50k Braunkohle war der Ofengang noch ein
                              durchaus befriedigender. Das dabei erblasene Roheisen war ein graues, meist
                              hochgraues Bessemerroheisen. Es scheint der Braunkohlenzusatz um so zulässiger zu
                              sein beim Betriebe auf gare Eisensorten, bei welchen eine gare, sehr flüssige
                              Schlacke abfällt, weil diese sich mit der feinen Braunkohlenlösche nicht zu
                              betriebstörenden Klumpen zusammenbacken kann.
                           Im äußerlichen Verhalten zeigt das gefallene Roheisen keinen
                              Unterschied gegen das mit Coaks gewonnene. Es zeigte auch die gleiche
                              Dünnflüssigkeit und beim Zerschlagen die gleiche Zähigkeit und Festigkeit. Die eben
                              im Zuge befindlichen Analysen, sowie die praktische Verarbeitung im
                              Bessemerconverter und im Puddelofen werden über die qualitativen Unterschiede
                              genauen Aufschluß geben.
                           Verf. will nicht behaupten, daß mit dem Braunkohlenzusatze über
                              das angegebene Verhältniß von 33 Proc. nicht werde gegangen werden können; es wird
                              dies um so leichter gehen, je reiner die Kohle und je weniger dieselbe wegen ihres
                              Wassergehaltes dem Zerfallen unterworfen ist. So viel läßt sich aber mit
                              Bestimmtheit behaupten, weil es eben aus den vorgenommenen Versuchen hervorgeht, daß
                              es möglich ist, in einem gewissen Verhältnisse Braunkohlen den Steinkohlencoaks
                              zuzumengen, und daß es bei einem Verhältnisse von 33 Proc., nämlich 2/3 sehr
                              aschenreiche Fünfkirchner Coaks und 1/3 Braunkohlen, selbst bei Verwendung der armen
                              Lieschaer-Kohle keine wesentlichen Anstände gegeben hat.
                           Was den ökonomischen Erfolg betrifft, so bezifferte sich derselbe
                              mit 22 kr. ö. W. per Centner Roheisen, und ist gegründete Aussicht vorhanden, daß er
                              bei einem regelmäßigen und längeren Betrieb noch wesentlich bedeutender sein werde.
                              So erfreulich nun diese Erfolge auch an und für sich sind, so berechtigen selbe doch
                              wohl nicht zu der Annahme, daß beim Hohofenbetriebe Steinkohlencoaks durch
                              Braunkohlen vollständig ersetzt werden können. Zur Lockerhaltung der Schmelzsäule
                              werden immer Coaks verwendet werden müssen, während die beim Einrücken in die höhere
                              Temperaturzone des Hohofens zerfallende Braunkohle Gase abgibt, welche offenbar den
                              Hohofenproceß günstig beeinflussen.
                           Was nun das Aequivalentverhältniß betrifft, in welchem Lieschaer
                              Braunkohle zu Prevali statt Steinkohlencoaks verwendet wurde, so ist vor Allem
                              hervorzuheben, daß die besseren, übrigens zerreiblicheren und viel kostspieligeren
                              Ostrauer Steinkohlencoaks in der Weise ersetzt wurden, daß statt 50k Ostrauer und 50k Fünfkirchner Coaks verwendet worden sind:
                              88k Fünfkirchner Coaks und 28k Braunkohle, daß mithin 50k Ostrauer Coaks ersetzt wurden durch 38k Fünfkirchner Coaks und 28k Braunkohlen, also durch 66k des genannten Brennstoffgemenges.
                           Da nun erfahrungsgemäß im besten Falle 120k Fünfkirchner Coaks äquivalent sind mit
                              100k Ostrauer, so kann angenommen
                              werden, daß 18k Ostrauer Coaks durch 28k Braunkohlen, oder daß 100k Ostrauer Coaks durch 155k Braunkohle, oder auch daß 100k Fünfkirchner Coaks durch 130k Braunkohle ersetzt worden sind.
                           
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 217, S. 72
                              Roheisen; aus; erblasen mit; Fe; C
                                 gebunden; Graphit; Si; Mn; S; P; Cu; Ti; Summe; Prevali; 66,6 Proc. Fünfkirchner
                                 Coaks; 33,3 Proc. rohe Lieschaer; Braunkohle; 37 Proc. Kalkzuschlag, Weißerze;
                                 Kolán; 25 Proc. Ostrauer Coaks; 25 Proc. Fünfkirchner Coaks; 25 Proc.
                                 harte Holzkohle; 25 Proc. rohe Braunkohle; bis; Spuren; Heft; tiefgrau;
                                 lichtgrau; Holzkohle; Neuberg; Turrach; Vordernberg; Georg-Marienhütte;
                                 Coaks; Hörde; Pirna; Askam; Millom; Spur; Workington
                              
                           
                           In Folge der augenblicklich überaus ungünstigen Conjunctur fand
                              die Außerbetriebsetzung des Prevalier Hohofens statt, und dieser Umstand ist die
                              einzige Ursache, aus welcher mit der Verwendung von Braunkohlen in dem genannten
                              Hohofen nicht weiter vorgegangen werden konnte.
                           Anknüpfend hieran bringt die citirte Quelle (S. 773) die Analyse des zu Prevali bei einem Zusatz von 33 1/3 Proc.
                              Lieschaer Braunkohle erblasenen hochgrauen Roheisens; zum Vergleiche hat v. Frey auch die Analysen einer Reihe anderer
                              Bessemer-Roheisensorten (in der Tabelle S. 72) beigefügt.
                           Die Zusammensetzung des bei Braunkohlenzusatz erblasenen Prevalier
                              Roheisens ist sonach eine für den Bessemer-Frischproceß besonders günstige,
                              und zeigt der Vergleich mit den Analysen anderer, als vorzüglich bekannter
                              Bessemer-Roheisensorten, daß die Qualität des mit dem Braunkohlenzusatz
                              erblasenen Roheisens kaum hinter derjenigen der angeführten Sorten zurücksteht,
                              einige sogar übertrifft.
                           In Uebereinstimmung mit dem Ergebnisse der Analyse zeigte sich das
                              Prevalier (Braunkohlen-) Roheisen beim Convertiren als ein vollständig
                              geeignetes Material; der Verlauf der Chargen war ein durchaus normaler, die
                              technischen Resultate waren vollständig entsprechend und erwies sich die Qualität
                              des erzeugten Stahles als eine vorzügliche.