| Titel: | Ueber gasdichten Stoff; von F. Tieftrunk. | 
| Fundstelle: | Band 217, Jahrgang 1875, S. 324 | 
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                        Ueber gasdichten Stoff; von F. Tieftrunk.
                        Nach den Berichten der deutschen chemischen
                                 Gesellschaft, 1875 S. 918.
                        Mit einer Abbildung.
                        Tieftrunk, über gasdichten Stoff.
                        
                     
                        
                           Die technologische Literatur weist eine außerordentliche Fülle von Vorschlägen nach,
                              wasserdichte Stoffe herzustellen; vielfach wird dabei allerdings mehr beiläufig
                              erwähnt, daß dies oder jenes Mittel ein imprägnirtes Gewebe gleichfalls gasdicht
                              mache. Man meint dabei wohl gemeiniglich atmosphärische Luft, wohl kaum aber
                              Steinkohlenleuchtgas, welchem stets Dämpfe von Ammoniumcarbonat, wie namentlich
                              Dämpfe flüssiger Kohlenwasserstoffe beigemischt sind, die sich erst bei größerer
                              Kälte auszuscheiden pflegen, wesentlich mitbedingend für das Leuchtvermögen sind und
                              in Dampfform, wie tropfbar flüssig, außerordentlich auflösende Kraft gegen viele
                              Substanzen aufweisen.
                           Rubricirt man die Arten besagter Vorschläge des Wasserdichtmachens nach Grothe:
                           1) In die Methoden, welche sich einer Kautschukauflösung bedienen (1870 198 264. 1873 208 159).
                              Erfahrungsgemäß lösen die erwähnten Kohlenwasserstoffe zwar nicht den Kautschuk,
                              aber sie schwellen ihn auf, verleihen ihm eine klebrige Beschaffenheit und lockern
                              so offenbar die Cohärenz der kleinsten Theilchen, was bei nothwendig auf einander
                              folgender Bewegung gleichbedeutend mit Undichtheit für Leuchtgas ist.
                           
                           2) Das Ueberziehen mit Lacken und Firnissen oder mit Metallverbindungen trocknender
                              Oele, sowie mit harzsaurer Thonerde (1870 198 547. 1871
                              200 340) oder Gemischen von Harz, Pech und Gummi mit
                              Petroleum oder Leinöl (1857 145 66. 1860 158 64. 1870 196 375). Auch
                              diese Mittel schaffen nicht lange ein gegen Leuchtgas dichtes Material, da die
                              Kohlenwasserstoffdämpfe wie Ammoniumcarbonat gleichfalls lösend einwirken
                              würden.
                           3) Die Vorschläge, durch einfache Metallsalzlösungen, welche auf den Faserstoff
                              verändernd einwirken sollen (vergl. 1869 193 509. 1870
                              195 95), oder aber durch Tränken mit Theer, Wachs,
                              Paraffin (1863 167 72) und Stearin haben aus ähnlichen
                              Gründen keinen Werth bei Anwendung für Leuchtgas.
                           4) Das Niederschlagen von Thonerde in Geweben durch Verdunstenlassen von
                              Aluminiumacetat (1856 140 368) schafft ebenso wenig eine
                              gasdichte Membrane, hätte aber als einer von mehreren Componenten die lobenswerthe
                              Eigenschaft, dem Gewebe große Geschmeidigkeit zu erhalten.
                           5) Man ist durch auf einander folgende Manipulationen im Stande, gerbsauren Leim in
                              Geweben niederzuschlagen (vergl. 1858 147 79. 1871 200 339. 1873 209 371), oder
                              man erzeugt durch Einlegen baumwollener Stoffe in gerbsäurehaltige Bäder, namentlich
                              in Frankreich, eine Art Leder, welches z.B. eine Verwendung zu Bälgen trockener
                              Gaszähler nicht ausschließt. Das einzige Mittel, welches das bisher hierzu
                              verwendete Leder ersetzte, war Fischblase, die jedoch auch nur eine Zeit lang in
                              ihren Falten völlige Geschmeidigkeit behielt und von Zeit zu Zeit mit Glycerin
                              getränkt werden mußte.
                           All diesen Vorschlägen gegenüber verdient eines Wasser- und namentlich auch
                              leuchtgasdichten Gewebes Erwähnung gethan zu werden, welches vom Ingenieur Schülke in Firma S. Elster in
                              Berlin hergestellt wird.Der Genannte imprägnirt Gewebe verschiedenster Qualität und schlägt in ihren
                                    Zwischenräumen ein Material nieder, welches bei großer Elasticität die
                                    nothwendige Festigkeit besitzt und durch die lösenden Bestandtheile der
                                    Leuchtgase weder klebrig wird, noch die Dichtigkeit, sowie Elasticität
                                    verliert. Legt man dieses Präparat drei Tage in Kohlenwasserstoffe, welche
                                    bei – 20° dem Leuchtgase entzogen sind, und erwärmt constant
                                    bis 40°, so erkennt man nach dieser Zeit, daß weder die Elasticität
                                    eingebüßt, noch die Gasdichtigkeit aufgehoben ist. Dasselbe ergibt sich beim
                                    Digeriren mit Ammoniumcarbonatlösung, sowie mit Schwefelkohlenstoff. Da
                                    solcher Stoff nicht beschränkt wie Fischblase in allen Längen- und
                                    Breitendimensionen sich herstellen läßt, so ist nicht zu zweifeln, daß er in
                                    der Technik die mannigfachste Anwendung finden wird, wo bisher sich ein
                                    sichtbarer Mangel an einem guten gasdichten Stoff bemerkbar machte.Daraus angefertigte Bälge für trockene Gaszähler sind mit absichtlichen
                              Unterbrechungen während des verflossenen Winters ein halbes Jahr in Thätigkeit
                              gewesen, ohne daß sich bis jetzt ein Uebelstand daran bemerkbar gemacht hat.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 217, S. 326
                              
                           Eine zweite Verwendung des gasdichten Gewebes beruht in der Herstellung ausgezeichnet
                              wirkender Membranregulatoren, Apparate, die dazu dienen, für die Gasrohrleitung einzelner Häuser,
                              Etagen oder für einzelne Flammen den Druck des Gases constant zu halten, wenn
                              derselbe vor dem Regulator sich verändert. Man wendet für solche Zwecke zumeist noch
                              nasse Regulatoren an, d.h. mit einer Sperrflüssigkeit gefüllte cylindrische
                              Behälter, in denen eine schwimmende Glocke sich hebt und senkt, je nach dem Zutritt
                              oder Abfluß des darunter gelangenden Gases, und welche so die Regulirung bewirkt.
                              Die mannigfachen Unbequemlichkeiten solcher Apparate führten zur Construction
                              trockener Regulatoren, woselbst Fischblase die Regulirung vermittelte, die aber
                              wegen den bekannten Uebelständen letzterer erst mit Einführung besagter sehr
                              elastischer Membrane allgemeinere Verwendung erhalten.
                           Der nebenstehende Holzschnitt zeigt einen solchen Apparat, wie er zur Regulirung der
                              Flamme eines Argandbrenners A dient. Das bei a eintretende Gas gelangt in den durch die Membrane c nach oben geschlossenen Raum b und strömt durch die Canäle d, d zum Consum.
                              Im Centrum der Membrane ist gasdicht der Stab e
                              eingelassen, an welchem unten der Kegel f sitzt. Erhält
                              das einströmende Gas einen höheren Druck, so hebt sich die Membrane c, mit ihr der Kegel f,
                              verschließt also den Zutritt zu o; durch den Verbrauch
                              oberhalb d nimmt der Druck in b wieder ab, damit senkt sich die Membrane, öffnet bei f und läßt wieder Gas ein. Diese Zustände wiederholen
                              sich in sehr kleinen Zeitintervallen und bewirken dadurch ein so sicheres Reguliren
                              der Flamme, daß nach des Verfassers Beobachtungen der gezeichnete Argandbrenner
                              constant 150l Gas pro Stunde consumirte,
                              der Druck des Gases mochte 30 oder 54mm
                              Wassersäule betragen. Erheischen besondere Untersuchungen für größere Gasquantitäten
                              einen constant inne zu haltenden Druck, so wendet man größere Apparate auf gleichem
                              Princip beruhend an, deren Regulirstange e sich oberhalb
                              der Membrane c fortsetzt und hier an einen horizontal
                              leicht drehbaren Hebel anstößt, auf welchem ein hin und her schiebbares Gewicht den
                              erforderlichen Druck auf 1/2mm Wassersäule
                              genau und absolut constant angibt.
                           Diese Thatsachen brachten den Verf. auf den Gedanken, ob solche Volumregulatoren sich
                              nicht auch zur Constanthaltung der Temperaturen bei Luft- und Oelbädern verwenden lassen würden. Der
                              Apparat wurde nach Wegnahme von A vor einen
                              Bunsenbrenner in die Gasleitung mittels Schläuchen eingeschaltet, ein Luftbad
                              geheizt und die Temperaturschwankungen bei Eintritt der öffentlichen Beleuchtung, wo
                              der Druck des Gases in dem betreffenden Gaswerk von 30 sich auf 54mm Wassersäule erhebt, beobachtet. Die
                              Schwankungen der Temperatur des Luftbades betrugen im Maximum 1,0°, ein
                              Resultat, wie es in den meisten Fällen genügen und geeignet sein wird, diesem Regulator einen Platz neben
                              den üblichen, oft difficilen und zerbrechlichen Thermoregulatoren einzuräumen.Die Firma J. Schober (Berlin, Adalbertstraße 35)
                                    erklärt sich bereit, obige Regulatoren anzufertigen.